Poetische Tafeln (Q106)

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Deutsch
Poetische Tafeln
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    WIe zeiget sich nun als auf einem öffentlichen SchauPlatze das keusche und liebseelige Jungfräulein/ die Poeterey/ allen denen/ die zu ihr ein Belieben tragen/ und an Sinnreichen Erfindungen die Augen des Gemüthes belustigen wollen. Der Nahme den sie führet/ stammet nach [aq]Boccatii[/aq] Bericht in [aq]Genealogiâ Deorum[/aq], von dem Griechischen Worte [griech.], welches so viel heißt als machen/ weil der Poet nach den Grund-sätzen seiner Kunst den Vers oder Reim machet/ damit er so wohl was wahrhafftig ist/ zierlich beschreibet/ als auch/ etwas von ihm selbst erfindet/ und solches/ ob es vorhin nichts war/ geschicklich ausbildet und gestaltet. In welchem Stücke die Poesie etwas Göttliches bey sich hat/ nach Außage des unvergleichlichen Heldes der gelehrten [aq]Jul. Caes. Scaligeri[/aq]. Die andere Wissenschafften/ [G: [aq]Lib. I. Pöet. c. 1[/aq].] spricht er/ erzehlen blößlich das Ding oder Wesen/ wie es an ihm selbst etwa gewesen oder sey; Die Poesie aber machet gleichsam eine andere Natur/ zwinget (was sonst ungut) mehr als ein gutes zu haben: und also ist sie Göttlich/ und machet ihre Liebhaber zu Nachfolgern und Vorstellern alles dessen/ was Göttlich/ himmlisch/ herrlich/ hoch/ in der Natur das anmuthigste/ und in der Tugend das [S] lieblichste sein kan. [...] ¶ [aq]§. II[/aq]. Nicht weniger nachdencklich ist bey uns Deutschen der Nahme Tichter/ und Tichtkunst/ vom tichten/ oder dichten/ welches entweder so viel heißt als/ etwas genau zusammen fügen/ daß es an einander bleibet/ oder einem Dinge scharff nachsinnen und genau nachdencken: In welchem Verstande die H. Schrifft saget/ daß das tichten und trachten des Menschen böse sey/ von Jugend auf. [aq]I[/aq]. B. Mos. [aq]VI. 5[/aq]. Syrach [aq]XVII. 30[/aq].
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    (1-2) [71-72]
    [aq]§. III[/aq]. Die Bild-Kunst eignet ihr ein Himmel-blaues Kleid zu/ damit man aus dem eußerlichen Zeichen ihre innerliche Eigenschafft beurtheilen könne. Keine Farbe stehet ihr besser an als diese/ weil sie ihrem ersten Ursprunge nach himmlisch ist/ und anfänglich zu dem Gottesdienst gebrauchet worden. Der gelehrte Holländer [aq]Anton. Rodorn. Scriekkius[/aq] sagt davon also: [aq]Divi-[/aq] [G: [aq]lib. I. adversar. Scal. l d.[/aq]] [aq]nam esse Poeticam antiqui & recentiores omnes crediderunt, & loquuntur. Metri originem suggestam afflatu divino, quod magnum mundum certâ ratione quasi metro dirigat, ipso vero videmus[/aq]. Und der [aq]Phoenix[/aq] unserer Zeit [aq]Casp. Barth[/aq]. meldet über die Worte [aq]Papiae: Theologi Poetae ideò dicebantur, quoniam de Diis carmina faciebant; Sane verò antiqua Theologia humana in[/aq] [G: [aq]V. m. Augustin. l. 6. de C. D. c. 5. p. m. 584[/aq].] [aq]literis Poeticis & mysteria Numinum introducta ab iisdem, ut exemplo Orphei vides apud Lactantium[/aq]. Ja auch nach dem Zeugnisse des allerberedesten unter den Römern/ [aq]Ciceronis[/aq], hat niemals ein Barbarisches und wildes Volck den Nahmen eines Poeten vernachtheiliget/ sondern sie sind allezeit hoch und heilig gehalten worden. Um welcher Ursache willen auch die alten Heyden vor gewiß und unfehlbar gegläubet: Es könte keiner sich mit dieser holdseligen Nymphen befreunden/ wenn ihn nicht die mildreiche Gunst des Himmels vor anderen Leuten [S] beglückseliget/ und seiner Natur eine sondere Fähigkeit eingepräget/ dadurch der Verstand erleuchtet/ und die Sinnen begeistert würden. Welches [aq]Socrates[/aq] andeuten wollen/ wenn er zu dem [aq]Jone[/aq] gesprochen: Wenn er (jo) von dem [aq]Homero[/aq] wohl reden wolte/ so könte ihm hierinn nicht so wohl die Kunst behülfflich seyn/ als eine Göttliche Gewalt/ die ihn bewegen müste; gleich als ein Magnetstein/ welcher nicht allein das Eisen an sich zeucht/ sondern auch demselben eine Ziehungs-Krafft/ mittheilet/ daß ein ander Eisen daran hangen bleibet/ eben als das vorige am Magnet. Als wolt er sagen; man sehe zwar/ daß von dem Magneten das Eisen angezogen würde/ aber die Ursache wäre unbekant: Solche Bewandniß hätte es auch mit der Poeterey/ die sich auf eine unerforschliche Weise in dieses oder jenes Natur befindet. ¶ [aq]§. IV[/aq]. Bey einem ieglichen/ der sich einer Kunst ergeben will/ werden nach Außage der Weltweisen/ dreyerley erfordert: Nemlich die Natur/ die Unterweisung und die Ubung In allen andern Wissenschafften können die zwo letzten Stücke viel verrichten/ In der Poesie aber wird nothwendig die natürliche Neigung vorangesetzet; Wohin des [aq]Ciceronis[/aq] Worte zielen: [aq]Sic à summis ho-[/aq] [G: [aq]Orat. pro Arch[/aq].] [aq]minibus eruditissimisque accepimus, coeterarum rerum studia & doctrinâ, & praeceptis & arte constare; Poetam naturâ ipsâ valere & mentis viribus excitari, & quasi divino Spiritu afflari[/aq]; Welchen [G: [aq]lib. 2[/aq].] nicht ungleich seind die in den [aq]Tusculani[/aq]schen Fragen gelesen werden: [aq]Mihi verò ne haec quidem notiora & illustriora carere vi divinâ videntur, ut ego aut Poetam grave plerumque carmen sine coelesti aliquo mentis instinctu, putem fundere & c[/aq]. Und [aq]Ovidius[/aq] hat frey heraus bekant: ¶ Es ist ein Gott in uns/ so bald sich der nur reget ¶ Brennt unser Geist auch an und wird mit ihm beweget.
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    (3-4) [73-74]
    [aq]§. VIII[/aq]. Ins gemein wird davor gehalten/ daß die Hirten-Lieder die ältesten unter allen Gedichten seyn; Andere hergegen wollen erhärten/ daß von den Wintzern oder Weinhäckern die ersten Gedichte gesungen worden/ dahin sie denn die Sprüche der Propheten ziehen. [aq]Jerem. XXIIX. 33. 45[/aq]. Der Creter wird nicht mehr sein Lied singen/ Und [aq]Esa. V. 1[/aq]. Ich will meinem Lieben ein Lied meines Vetters singen. Damit sie diese Meinung desto scheinbarer machen/ gebrauchen sie das Griechische Wörtlein [griech.], [aq]Carmen[/aq], und wollen es von dem Hebräischen [hebr.] [aq]vinea vel racemus[/aq] herführen. ¶ Dem sey nun wie ihm wolle/ so wird doch keiner leichtlich das undenckliche Alter der Poesie streitig machen können. Aus der H. Schrifft ist offenbahr/ daß schon zu Moses Zeiten die Lieder im Ge- [G: [aq]Alsted. Chronol. p. 485[/aq].] brauch gewesen/ gestaltsam er im zweytausend/ vier hundert und drey und funfzigsten Jahre der Welt/ als Pharao im Rothen Meer umgekommen/ GOtt mit einem schönen Loblied gedancket. [aq]Exod. XV[/aq]. Denckwürdig ist auch/ daß das Triumph-Lied der Israeliter über den erhaltenen Sieg von den Amoritern/ zwischen dem Fluß [aq]Arnon[/aq] und [aq]Jabock[/aq], [aq]Num. XXI. 27[/aq]. Von einem [aq]Chananaei[/aq]schen Poeten verfertiget worden. Der um die Grundsprachen Hochbelobte [aq]Buxtorfius[/aq] hat aus einem Alten [aq]Rabbinen Mosche Schem tobh[/aq] angemerckt/ daß auch zu [aq]Amasiae[/aq] des Jüdischen Königes Zeiten/ dessen [aq]2. Reg. XIV[/aq]. gedacht wird/ auf die Leichsteine in Reimen bestehende Grabschrifften eingehauen worden. Und führet auch etwas weniges zum Beyspiel an. [aq](a[/aq] [[aq]Tractat. de Prosodiâ Metricâ Thes. Grammat. annex. pag. 636[/aq].]) Der [S] Königliche Poet/ dessen Parnassus die Burg Zion gewesen/ hat sein gantzes Leben mit heiligen Liedern und Psalmen bezeichnet. Als er ein Hirtenknabe gewesen/ hat er den [aq]XXIII[/aq]. gedichtet/ vor Erlegung des Riesens [aq]Goliath. 1. Sam. XVII[/aq]. Den [aq]XX[/aq]. in seinem Elende [aq]I. Sam. XXII[/aq]. Wieder [aq]Doeg[/aq] den [aq]LII[/aq]. und CIX. Bey seinem Abschied von [aq]Nobe[/aq] den [aq]XXXIV. 1. Sam. XXV[/aq]. Wieder die Philister den [aq]LVI[/aq]. In der Höle Adullam den [aq]LVII[/aq]. zu [aq]Kegila, I. Sam. XXIII[/aq]. Den [aq]LV[/aq]. wieder die [aq]Siphiter, I. Sam. XXIII[/aq]. und [aq]XXVI[/aq]. Den [aq]XI[/aq]. und [aq]LIV[/aq]. In der Hölen/ den [aq]CXLII[/aq]. in seiner Regierung machet er den [aq]L[/aq]. und [aq]CI[/aq]. Als er die Bundeslade eingeholet/ [aq]2. Sam. VI[/aq]. Den [aq]CXVIII[/aq]. Als ihm Christus verheissen worden/ den [aq]LXXXIX[/aq]. und [aq]CX[/aq]. Seine Sieg-Lieder seind der [aq]XXI. XLVI. LX. LXIIX[/aq]. und [aq]LXXXIII[/aq], Psalm. Seine Buß- und Thränen-Lieder/ der [aq]III. IV. V[/aq]. und [aq]LI[/aq]. Seine Lob- und Danck-Lieder/ der [aq]XCIII[/aq]. und [aq]LXXI[/aq]. Daher der ZuchtLehrer Syrach mit Wahrheit von ihm gesagt: [aq]Cap. XLVII. 9[/aq]. Für ein iegliches Werck danckt er dem Heiligen/ dem Höchsten mit einem schönen Liede. Ich wil hie nicht weitleufftig gedencken/ daß des Davids wohlgerathener Sohn/ König Salomon tausend und fünf Lieder ertichtet: von dem gleichfals in der H. Schrifft [aq]I[/aq]. Kön. [aq]IV[/aq]. 32. zu lesen ist. Daraus gar wohl zu schliessen/ daß die Poeterey schon dazumahl im Flor gewesen/ und lange zuvor den Leuten ist bekant worden. ¶ [aq]§. IX[/aq]. Von den Hebräern und Chaldäern schreiten wir zu ihren Gräntz-Nachbarn/ den Arabern und Persern;
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    (7-8) [77-78]
    [aq]XVI[/aq]. Aber lasset uns ein wenig weiter gehen/ und den vorigen Zustand der Poeterey mit dem heutigen in etwas genauer überlegen: Vorzeiten ward diese keusche Jungfrau in großen Ehren gehalten/ und von allerhand Stands-Personen bedienet. Da schämeten sich nicht die klügsten Leute/ die durch das Orakel zu Delphos vor weise ausgeruffen worden/ mit ihr Gemeinschafft zu halten. Ich will nicht von dem [aq]Orpheus, Linus, Musaeus, Thales, Cleobulus, Pittacus, Periander, Chilo, Bias, Socrates, Plato[/aq], und [aq]Aristoteles[/aq] weitläufftig melden/ wie sie so wohl die Poeterey geliebet/ als auch viel darinnen verrichtet. Von dem letzten wird gelesen/ daß er mehr als fünff undn viertzig tausend Gedichte verfer- [[aq]Vid. Alexand. Donatus, Instit. Poëtic. lib. I. p. 36[/aq].] tiget; worinn ihm der berühmte Sternkündiger [aq]Zoroaster[/aq], der [aq]Bactrianer[/aq] König vorgegangen/ als der nach [aq]Plinii[/aq] Bericht im [aq]30[/aq]. Buch [aq]cap. I[/aq]. zwantzig mahl hundert tausend Vers von der [aq]Philosophie[/aq] soll gemachet haben. [aq]Conf. Augustin. de Civ. D. lib. XXI. p.m. 981. T. 2[/aq]. Was bey den Römern darauf gehalten worden/ ist fast unnöthig zuerzehlen; [aq]Varro[/aq] hat dadurch nicht den geringsten Preiß verdienet. Ja Käyser/ Fürsten und andere vornehme Herren/ haben ihre Würde durch den unverwelcklichen Lorbeer-Krantz viel herrlicher und scheinbarer gemachet. Was [aq]Augustus, Tiberius, Germanicus, Claudius, Nero[/aq] und andere nach ihm/ dieser Kunst zu Ehren gethan/ ist der beständigen Unvergessenheit [S] längst einverleibet. Was soll ich von den alten Kirchenlehrern sagen/ unter denen die niemals genug gelobte Poeterey/ als in einem köstlichen Pallast gewohnet? [aq]Cyprianus, Hilarius, Ambrosius, Fulgentius, Nazianzenus, Juvenculus, Venantius, Licentius, Sedulius, Prudentius, Paulinus[/aq] u.a.m. haben ingesamt allerhand schöne Poetische Schrifften hinterlassen/ und werden mit höchster Beliebung auch auf den heutigen Tag durchgesuchet. Diese aber wird nach Hochverständiger Leute Gutdüncken keiner zur Gnüge verstehen/ wo er nicht von der lieblichen Poeterey eine Wissenschafft und Vorschmack hat. Dannenher es auch keinem [aq]Studioso Theologiae[/aq] zur Schande oder Schaden gereichet/ daß er diese Kunst in einer und andern Sprache verstehet/ wie etliche frühzeitige Klüglinge meinen; sondern es ist vielmehr nöthig/ daß der jenige/ so einmahl der Kirchen Gottes mit Nutzen vorzustehen gedencket/ nebst den Grundsprachen auch auf die Deutsche Muttersprache acht habe/ und darin ein geschickliches Lied aufsetzen lerne. Man bläuet sich viel Jahre/ voran im Griechischen/ ein wenig weiter im Lateinischen/ endlich aber ist es unsere Deutsche Sprache/ davon man sich ernähret/ und die so wohl den Geistlichen/ als Weltlichen/ ihr Brodt verdienen muß/ und gleichwohl ist man so wenig darum bekümmert. Schreibet der Edle Hr. [aq]Schottelius[/aq] in seiner SprachKunst/ in der ersten Lobrede. Ein Hocherleuchteter Lehrer der H. Schrifft zu Straßburg/ hat gar verständog gerathen/ Es soll ein ieglicher/ der zu Kirchen-Diensten befördert werden will/ zu seiner erbaulichen Ergetzlichkeit deutsche Poeten lesen/ und ein Gedicht zu Papier bringen lernen: Weil man dadurch zierlich und beweglich reden/ eine Sache mit dringenden Worten vorbringen/ und zu Erweckung brünstoger Andacht/ nach Begebenheit auch ein Geistliches Lied werde verabfassen können. (Harsdorff im Sendschreiben vor die Welt- Feld- und Garten-Betrachtungen.) Auf gleichen Zweck zielet auch die Vermahnung des [aq]Laurentu à Villa Vincentio[/aq], (welcher sich sonsten nicht gescheuet/ fast sein gantzes Buch aus des [aq]Andreae Hyperu[/aq] zu schreiben/ ohne daß er was weniges geendert/ wie [aq]Enoch[/aq] [S] [aq]Hannman[/aq] über [aq]Opitii Prosodie[/aq] errinert am [aq]125[/aq]. Blat) an die Prediger/ wenn er sie zu Ausübung der reinen Muttersprach reitzet [aq]lib. 3. de Ratione Stud. Theolog. c. 8. p. 429. Nam quò quis sermonis patrii est peritior, & in eodem disertior, eò judicatur ad docendum populum magis idoneus. Ac decet omninò concionatorem aliquid supra vulgus praestare in Sermonis patrii munditie ac puritate: Et non modò verbis quibusdam elegantibus & acquisitis, verùm etiam copiâ eorundem locupletatum prodire. Puritatem sermonis patrii non haurias, nisi vel ex convictu familiari eorum, qui tersissimè & nitidissimè illum sonant, vel ex libris commendatissimâ dialecto editis: qualis multorum judicio censetur in Italiâ dialectus Tuscanica: in Galliâ Turonesis: in Germaniâ Misnensis, in Britanniâ Londinensis[/aq]. Dannenher der Seel. Herr [aq]Lutherus[/aq] sich so sehr um die Reinigkeit der Teutschen Sprache bemühet/ daß er billich von fremden [aq]Nationen[/aq] gelobet wird.
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    (47-49) [117-119]
    WEil die Poeterey so wol weltliche als Göttliche Sachen in sich begreifft/ wie im Anfang des vorhergehenden [aq]3[/aq]. Cap angedeutet/ mag sie mit Recht und Ehren eine Aeltere [aq]Philosophia[/aq] genennet werden: wie sie denn auch der vornehme [aq]Platonist/ Maximus Tyrius sermon. 6. p. m. 57. adde Lipsii Manuduct. ad Philosophiam Stoicam lib. I Dissertat. 7[/aq]. mit diesem Titel beleget. Sintemal sie dem Alter nach/ nicht alleine den Geschichtschreibern/ sondern allen andern Scribenten vorgehet. Und seyn die Poeten/ ehe der Name [aq]Sophia[/aq], oder [aq]Philosophia[/aq] aufkommen/ vor weise Leute geschätzet worden. [aq]Plato[/aq] heisset sie der Weisheit Väter und Erhalter; weil sie zuerst in [G: Sihe den Eingang c. 2. [aq]§. 6[/aq].] dem guten Wandel und löblichen Sitten die Leute unterrichtet: als die [aq]Druides[/aq] bey den alten [aq]Celtis[/aq]; bey den [aq]Thraciern Zamolxis[/aq] und [aq]Orpheus[/aq]; bey den Griechen [aq]Musaeus[/aq] und [aq]Linus[/aq]. Welche alle zu ihren Zeiten berühmte Poeten gewesen. Von dem [aq]Orpheus[/aq] findet man bey den [aq]Autoren[/aq] unterschiedliche Meinungen/ die ich hie mit stillschweigen nicht vorüber gehen kan. Aus dem [aq]Aristotele[/aq] meldet [aq]Cicero lib. I. de naturâ Deorum[/aq], daß er gemeinet/ es hätte niemals derselbe [aq]Orpheus[/aq], von dem bey den Poeten so viel gelesen wird/ gelebet. Andere wollen nicht zugeben/ daß er weise und gelehrt gewesen sey/ wie [aq]AElianus lib. VIII. Histor. Var. cap. VI[/aq]. aus [aq]Androtione[/aq] mit folgenden Worten anführet. [aq]Ajunt, neminem antiquorum Thracum novisse literas. Imò, quotquot barbarorum Europam inhabitant, turpissimum duxerunt literis uti. At qui in Asiâ sunt, magis, ut fama est, iis sunt usi. Unde est, quod dicere audent[/aq], [S][aq]ne Orpheum quidem fuisse sapientem, quia Thrax fuerit, sed alios ejus fabulas ementitos[/aq]. Hingegen hält ihn [aq]Lactantius Instit. Divin. lib. I. cap. V[/aq]. vor den ältesten Poeten. [aq]Teodoretus[/aq] meldet aq[]Serm. 2[/aq]. [griech.]. daß er noch vor dem Trojanischen Kriege gelebet. [aq]Augustin. lib. XVIII. cap. XIV. de civit. Dei[/aq] gedencket so wol seiner/ als des [aq]Lini[/aq] und [aq]Musaei[/aq] mit folgenden Worten: [aq]Per idem temporis intervallum (quô Haebraeis judices praeesse coeperunt, ut praecedenti capite XIII. innuit) exstiterunt Poëtae, qui etiam Theologi dicerentur, quoniam de Diis carmina faciebant, &c. Ex quorum numero fuisse perhibentur Orpheus, Musaeus, Linus. Verùm isti Theologi Deos coluerunt, non pro Diis culti sunt. Idem capite XXIV. ejusdem libri scribit: Eodem Romulo regnante Thales Milesius fuisse perhibetur, unus è septem Sapientibus, qui post Theologos Poëtas, in quibus Orpheus maximè omnium nobilitatus est, Sophi appellati sunt, quod est Latinê Sapientes. Confer. Justin. Martyr. Orat. ad Gentes[/aq].
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    (57-58) [127-128]
    [aq]§. XI[/aq]. Aber wenn wier gleich alle [aq]Fabeln[/aq], so von Natürlichen [G: [aq]Masen. cap. 5[/aq].] Dingen und der SittenLehr handeln/ beyseit setzen und paßiren lassen/ so bleibet dennoch ein nicht geringer Scrupel und Zweiffel übrig/ ob man zulassen soll was von den Göttern gedichtet worden? Es ist unleugbar/ daß die Alten um dem gemeinen Mann ihre Geheimnisse der Lehren zu verbergen/ gleich einem köstlichen Schatz in die Erde/ unter die Fabeln verstecket haben. [aq]Solebant Poetae fabulis quasi nubeculis quibusdam sua & mysteria & praecepta Philosophiae naturalis & moralis operire atque involvere: sicut Medicus acerbiora Pharmaca exhibiturus prius oras pocula circum conspergit mellis dulcis flavoque liquore[/aq]. schreibt mein hoch-geehrter Patron Hr. von Birken [aq]in Monumento Dom. August. Sacr. Teuton. praefix. §. 37[/aq]. Nichts desto weniger ist übel und unrecht gethan/ daß ihrer viel von den Göttern als von groben Säuen geredet/ wie [aq]Scaliger l. 4. c. 1. Poet. p. m. 414[/aq]. klaget. Imgleichen [aq]Tertullian. adversus gentes c. 14[/aq]. Es sey nicht leicht einer unter den alten Poeten gefunden [S] worden/ der nicht die Götter solte beschimpffet haben. [aq]Etsi fabula cantat crimen Numinum falsum, delectari tamen falso crimine, crimen est, urtheilet gar wohl Augustinus lib. IX. de C. D. cap. 12. p. 556[/aq]. Ja selbst der Heyden eigene Zeugnisse seind dawieder/ und bestraffen sie deshalben/ wie bey dem [aq]Isocrate[/aq] in [aq]Busiride[/aq] zuvernehmen. [aq]Pythagoras[/aq] soll gesagt haben/ daß [aq]Homerus[/aq] in der Hölle gemartert würde/ weil er so viel schändliche [aq]Fabeln[/aq] in seine Gedichte gesetzet; [aq]Dionys. Longin[/aq]. [griech.] spricht von ihm. Er hätte aus den Göttern Menschen gemacht/ weil er ihnen so viel Laster und Schand-thaten angedichtet; und die Sternen unter unzüchti- [G: [aq]lib. 10. de Rep. & Dial. a[/aq]. [?] [aq]f. 581[/aq]] ge Bildnisse verhüllet. Dieser Ursache wegen hat [aq]Plato[/aq] weder den [aq]Homerum[/aq] noch andere/ die ebenmäßige Freyheit der Schmachsüchtigen Feder gestattet/ im Stadwesen dulden wollen/ da er doch sonsten den [aq]Poeten[/aq] nicht hat abgeneigt seyn können/ wo er sich selbst nicht hätte zu bestraffen gesuchet/ alldieweil er ein guter [aq]Poet[/aq] mit gewesen/ wie [aq]Jul. Caes. Scaliger apicular. part. I. p. 13[/aq]. andeutet. [aq]Dion. Chrysostom. orat. 53[/aq]. schreibt von des [aq]Platonis[/aq] Gesetz also: [aq]Plato Homerum reprehendit in fabulosis sermonibus de Diis, ut qui nequaquam hominibus conducentia ea dixerit, nempe cupiditates, & mutuas insidias & adulteria & contentiones, litesque de Diis recitans: undè noluit eum participem esse civitatis Reipublicaeque suae sapientis, ut ipse putabat, futurae, ne haec audirent de Diis Juvenes. Conf. Theodoret. lib. 2. de curat. Graec. affect. Euseb. lib. 13. de praeparat. Evang. cap. 1. & 2. Athenaeus lib. 2. Max. Tyrius Serm. 7[/aq]. Das ärgeste ist/ daß sie allerhand Ubelthäter mit unter die Götter gezehlet. Worüber auch [aq]Nazianzenus[/aq] mit diesen Versen geeyfert: ¶ [aq]Nunc Graeci fingunt, quorum vaesania Divos[/aq] ¶ [...] ¶ [G: Verthäd. der Kunstliebenden 2. Theil [aq]p. 200[/aq].] [aq]Jupiter[/aq]-Jungfrau-Raub hatte nicht gnugsam an des Tages Licht kommen können/ da man solchen nicht unter die Sterne gesetzt hät- [S] te. Es wäre nicht genug gewest/ daß man sie in Marmel ausgehauen/ in Metall gegossen/ in die Gemähle gesetzet/ und in offentlichen Freuden-Spielen dargestellet hätte/ wenn man ihnen nicht noch dazu den Himmel zu einem Schauplatz einräumete/ die Sternen durch sie abbildete/ und die gantze Welt zum Beschau einladete. Deßwegen hat die Königin [aq]Dido[/aq] von ihrer eigenen Person bey [aq]Ausonio[/aq] den Leser gewarnet/ daß er nicht alles/ was bey Poeten von ihr gemeldet wäre/ gläuben solte/ wenn sie also heraus gebrachen: ¶ [aq]Vos magis Historicis lectores credite de me[/aq] [G: [aq]Epigramm. III[/aq].] ¶ [...] ¶ Was von mier Geschichte melden könnt ihr Leser besser gläuben/ ¶ [...] ¶ [aq]§. XII[/aq]. Etliche wollen zwar die Poeten hierin entschuldigen/ vorgebend/ sie hätten die Götter nicht nach ihrem Wesen beschrieben/ sondern nur nach dem gemeinen Wahn des Pöfels/ den er von ihnen geschöpffet. Daß sie aber so viel Götter ertichtet/ davon giebt [aq]Cicer. lib. 2. de Natur. Deor[/aq]. den Bescheid: [aq]Suscepit vita hominum consuetudoque communis, ut beneficiis excellentes viros in Coelum famâ, ac voluntate tollerent. Hinc Hercules, hinc Castor & Pollux, hinc Aesculapius[/aq]. Wenn von dem [aq]Jupiter[/aq] geredet wird/ [G: [aq]Voss. lib. I. de Idololatr. cap. 14. p. 110[/aq].] so ist zu wissen/ daß die Alten ihre Fürsten und Könige mit diesem Nahmen beehret/ weil sie über alle eine Gewalt/ und also gleichsam was Göttliches an sich hatten. [...] Andere meinen/ man müß einen Unterscheid halten/ unter denen Sachen die sich in Wahrheit begeben/ und de-[S]nen die Poeten/ also zu reden/ ein Färbchen angestrichen/ welches [G: [aq]Lib. de Fals. Religion. cap. XI. p. m. 27[/aq].] auch [aq]Lactantius[/aq] erinnert/ wenn er von dem [aq]Jupiter[/aq] und der [aq]Danae[/aq] schreibet: [aq]Danaen violaturus Jupiter aureos nummos largiter in ejus sinum infudit. Haec stupri merces fuit. At Poetae, qui quasi de Deo loquebantur, ne auctoritatem creditae majestatis infringerent, finxerunt ipsum in aureo imbre delapsum, câdem figurâ, quâ imbres ferreos dicunt, cum multitudinem telorum sagittarumque describunt. Rapuisse in aquila dicitur Catamitum. Poeticus color est. Sed aut per legionem rapuit, cujus insigne aquila est; aut navis, in quâ est impositus, tutelam habuit in aquila figuratam: sicut taurum, cum rapuit & transvexit Europam. Eodem modò convertisse in bovem traditur Io, Inachi filiam, quae ut iram Junonis effugeret, ut erat jam setis obsita, jambos tranâsse dicitur mare, in Aegyptumque venisse at´que ibi receptâ pristina formâ Dea facta, quae nunc Isis vocatur, &c. Non res ipsas gestas finxerunt Poetae, sed rebus gestis addiderunt quendam colorem: cum Poetae officium sit in eo, ut ea, quae gesta sunt verè, in aliquas species obliquis figurationibus cum decore aliquo conversa traducat[/aq]. ¶ [aq]§. XIII[/aq]. Dem sey nun wie ihm wolle/ und ob gleich etliche Außlegungen zu den nachtheiligen Fabeln gemacht würden/ so ist doch gewiß/ daß dadurch die guten und erbaren Sitten untertretten/ und die züchtigen Gemüther geärgert werden/ deßwegen man sie gantz nicht billigen kan. Zu dem Ende ermahnen auch verständige Leute/ daß Christliche Poeten so viel als müglich dieselbe Getichte/ darinnen schandbare Possen enthalten/ mit Fleiße fliehen/ und in ihren Schrifften sich der Heidnischen Abgötterey nicht gebrauchen sollen. Denn es ist fast unverantwortlich/ daß ein Christ/ der den wahren Gott aus seinem Wort und mannichfaltigen Wunderwercken erkennet/ die ärgerliche Götzen in seinem Munde oder Feder führet/ und unter geistliche Sachen vermänget/ nicht anders als wenn ein Heyde in seinem blinden Wahn von den Göttern und Göttinnen schwärmete. Pfui des Teufflischen Wesens/ saget mein HöstchgeEhrter Hr. Rist im Vorbericht seines Schauplatzes/ und der mehr als Heydnischen Blindheit/ daß [S] ihr/ die ihr euch der wahren Erkäntniß Christi rühmet/ so gar nicht schämet der elenden Heyden-Götter/ welche ihrer Alten Lehrer und Mährlein-schreiber selbst-eigenem Bekäntniß nach/ Hurer/ Ehebrecher/ Diebe und Räuber/ ja gar leibhaffte Teuffel gewesen/ so andächtig anzuruffen/ und so meisterlich heraus zu streichen. Träget aber iemand sonderlich Belieben zu den Alten Poeten/ und begehret etwas daraus zu nehmen/ der sehe wohl zu/ daß er nicht gleichsam mit heißhungerigem Magen alles was ihm vorkommt/ zu sich nehme/ sondern mit Bedachtsamkeit auslese was ihm dienet/ und nicht gar zu schwer verdauen fällt/ damit er keinen Schaden davon tragen dörffe. Er soll es nach [aq]Augustini[/aq] [G: [aq]de Doctrin. Christian[/aq].] Ermahnung anfangen/ wie die Israeliter mit den Egyptern thaten/ da sie die güldene Geschirre aber nicht die Götzen/ ob sie schon gülden waren/ mit sich genommen haben. Er kan die Sichel seines Verstandes auf der Alten Poeten Wetzstein schleiffen/ doch darff er nicht eine Aerndte von diesen Feldern ohne einiges Bedencken anstellen/ damit er nicht statt des Getreides lauter Unkraut/ und vor die Mühe Verdrüßlichkeit einsamle.
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    (41-45) [111-115]
    [aq]§. XI[/aq]. Aber wenn wier gleich alle [aq]Fabeln[/aq], so von Natürlichen [G: [aq]Masen. cap. 5[/aq].] Dingen und der SittenLehr handeln/ beyseit setzen und paßiren lassen/ so bleibet dennoch ein nicht geringer Scrupel und Zweiffel übrig/ ob man zulassen soll was von den Göttern gedichtet worden? Es ist unleugbar/ daß die Alten um dem gemeinen Mann ihre Geheimnisse der Lehren zu verbergen/ gleich einem köstlichen Schatz in die Erde/ unter die Fabeln verstecket haben. [aq]Solebant Poetae fabulis quasi nubeculis quibusdam sua & mysteria & praecepta Philosophiae naturalis & moralis operire atque involvere: sicut Medicus acerbiora Pharmaca exhibiturus prius oras pocula circum conspergit mellis dulcis flavoque liquore[/aq]. schreibt mein hoch-geehrter Patron Hr. von Birken [aq]in Monumento Dom. August. Sacr. Teuton. praefix. §. 37[/aq]. Nichts desto weniger ist übel und unrecht gethan/ daß ihrer viel von den Göttern als von groben Säuen geredet/ wie [aq]Scaliger l. 4. c. 1. Poet. p. m. 414[/aq]. klaget. Imgleichen [aq]Tertullian. adversus gentes c. 14[/aq]. Es sey nicht leicht einer unter den alten Poeten gefunden [S] worden/ der nicht die Götter solte beschimpffet haben. [aq]Etsi fabula cantat crimen Numinum falsum, delectari tamen falso crimine, crimen est, urtheilet gar wohl Augustinus lib. IX. de C. D. cap. 12. p. 556[/aq]. Ja selbst der Heyden eigene Zeugnisse seind dawieder/ und bestraffen sie deshalben/ wie bey dem [aq]Isocrate[/aq] in [aq]Busiride[/aq] zuvernehmen. [aq]Pythagoras[/aq] soll gesagt haben/ daß [aq]Homerus[/aq] in der Hölle gemartert würde/ weil er so viel schändliche [aq]Fabeln[/aq] in seine Gedichte gesetzet; [aq]Dionys. Longin[/aq]. [griech.] spricht von ihm. Er hätte aus den Göttern Menschen gemacht/ weil er ihnen so viel Laster und Schand-thaten angedichtet; und die Sternen unter unzüchti- [G: [aq]lib. 10. de Rep. & Dial. a[/aq]. [?] [aq]f. 581[/aq]] ge Bildnisse verhüllet. Dieser Ursache wegen hat [aq]Plato[/aq] weder den [aq]Homerum[/aq] noch andere/ die ebenmäßige Freyheit der Schmachsüchtigen Feder gestattet/ im Stadwesen dulden wollen/ da er doch sonsten den [aq]Poeten[/aq] nicht hat abgeneigt seyn können/ wo er sich selbst nicht hätte zu bestraffen gesuchet/ alldieweil er ein guter [aq]Poet[/aq] mit gewesen/ wie [aq]Jul. Caes. Scaliger apicular. part. I. p. 13[/aq]. andeutet. [aq]Dion. Chrysostom. orat. 53[/aq]. schreibt von des [aq]Platonis[/aq] Gesetz also: [aq]Plato Homerum reprehendit in fabulosis sermonibus de Diis, ut qui nequaquam hominibus conducentia ea dixerit, nempe cupiditates, & mutuas insidias & adulteria & contentiones, litesque de Diis recitans: undè noluit eum participem esse civitatis Reipublicaeque suae sapientis, ut ipse putabat, futurae, ne haec audirent de Diis Juvenes. Conf. Theodoret. lib. 2. de curat. Graec. affect. Euseb. lib. 13. de praeparat. Evang. cap. 1. & 2. Athenaeus lib. 2. Max. Tyrius Serm. 7[/aq]. Das ärgeste ist/ daß sie allerhand Ubelthäter mit unter die Götter gezehlet. Worüber auch [aq]Nazianzenus[/aq] mit diesen Versen geeyfert: ¶ [aq]Nunc Graeci fingunt, quorum vaesania Divos[/aq] ¶ [...] ¶ [G: Verthäd. der Kunstliebenden 2. Theil [aq]p. 200[/aq].] [aq]Jupiter[/aq]-Jungfrau-Raub hatte nicht gnugsam an des Tages Licht kommen können/ da man solchen nicht unter die Sterne gesetzt hät- [S] te. Es wäre nicht genug gewest/ daß man sie in Marmel ausgehauen/ in Metall gegossen/ in die Gemähle gesetzet/ und in offentlichen Freuden-Spielen dargestellet hätte/ wenn man ihnen nicht noch dazu den Himmel zu einem Schauplatz einräumete/ die Sternen durch sie abbildete/ und die gantze Welt zum Beschau einladete. Deßwegen hat die Königin [aq]Dido[/aq] von ihrer eigenen Person bey [aq]Ausonio[/aq] den Leser gewarnet/ daß er nicht alles/ was bey Poeten von ihr gemeldet wäre/ gläuben solte/ wenn sie also heraus gebrachen: ¶ [aq]Vos magis Historicis lectores credite de me[/aq] [G: [aq]Epigramm. III[/aq].] ¶ [...] ¶ Was von mier Geschichte melden könnt ihr Leser besser gläuben/ ¶ [...] ¶ [aq]§. XII[/aq]. Etliche wollen zwar die Poeten hierin entschuldigen/ vorgebend/ sie hätten die Götter nicht nach ihrem Wesen beschrieben/ sondern nur nach dem gemeinen Wahn des Pöfels/ den er von ihnen geschöpffet. Daß sie aber so viel Götter ertichtet/ davon giebt [aq]Cicer. lib. 2. de Natur. Deor[/aq]. den Bescheid: [aq]Suscepit vita hominum consuetudoque communis, ut beneficiis excellentes viros in Coelum famâ, ac voluntate tollerent. Hinc Hercules, hinc Castor & Pollux, hinc Aesculapius[/aq]. Wenn von dem [aq]Jupiter[/aq] geredet wird/ [G: [aq]Voss. lib. I. de Idololatr. cap. 14. p. 110[/aq].] so ist zu wissen/ daß die Alten ihre Fürsten und Könige mit diesem Nahmen beehret/ weil sie über alle eine Gewalt/ und also gleichsam was Göttliches an sich hatten. [...] Andere meinen/ man müß einen Unterscheid halten/ unter denen Sachen die sich in Wahrheit begeben/ und de-[S]nen die Poeten/ also zu reden/ ein Färbchen angestrichen/ welches [G: [aq]Lib. de Fals. Religion. cap. XI. p. m. 27[/aq].] auch [aq]Lactantius[/aq] erinnert/ wenn er von dem [aq]Jupiter[/aq] und der [aq]Danae[/aq] schreibet: [aq]Danaen violaturus Jupiter aureos nummos largiter in ejus sinum infudit. Haec stupri merces fuit. At Poetae, qui quasi de Deo loquebantur, ne auctoritatem creditae majestatis infringerent, finxerunt ipsum in aureo imbre delapsum, câdem figurâ, quâ imbres ferreos dicunt, cum multitudinem telorum sagittarumque describunt. Rapuisse in aquila dicitur Catamitum. Poeticus color est. Sed aut per legionem rapuit, cujus insigne aquila est; aut navis, in quâ est impositus, tutelam habuit in aquila figuratam: sicut taurum, cum rapuit & transvexit Europam. Eodem modò convertisse in bovem traditur Io, Inachi filiam, quae ut iram Junonis effugeret, ut erat jam setis obsita, jambos tranâsse dicitur mare, in Aegyptumque venisse at´que ibi receptâ pristina formâ Dea facta, quae nunc Isis vocatur, &c. Non res ipsas gestas finxerunt Poetae, sed rebus gestis addiderunt quendam colorem: cum Poetae officium sit in eo, ut ea, quae gesta sunt verè, in aliquas species obliquis figurationibus cum decore aliquo conversa traducat[/aq]. ¶ [aq]§. XIII[/aq]. Dem sey nun wie ihm wolle/ und ob gleich etliche Außlegungen zu den nachtheiligen Fabeln gemacht würden/ so ist doch gewiß/ daß dadurch die guten und erbaren Sitten untertretten/ und die züchtigen Gemüther geärgert werden/ deßwegen man sie gantz nicht billigen kan. Zu dem Ende ermahnen auch verständige Leute/ daß Christliche Poeten so viel als müglich dieselbe Getichte/ darinnen schandbare Possen enthalten/ mit Fleiße fliehen/ und in ihren Schrifften sich der Heidnischen Abgötterey nicht gebrauchen sollen. Denn es ist fast unverantwortlich/ daß ein Christ/ der den wahren Gott aus seinem Wort und mannichfaltigen Wunderwercken erkennet/ die ärgerliche Götzen in seinem Munde oder Feder führet/ und unter geistliche Sachen vermänget/ nicht anders als wenn ein Heyde in seinem blinden Wahn von den Göttern und Göttinnen schwärmete. Pfui des Teufflischen Wesens/ saget mein HöstchgeEhrter Hr. Rist im Vorbericht seines Schauplatzes/ und der mehr als Heydnischen Blindheit/ daß [S] ihr/ die ihr euch der wahren Erkäntniß Christi rühmet/ so gar nicht schämet der elenden Heyden-Götter/ welche ihrer Alten Lehrer und Mährlein-schreiber selbst-eigenem Bekäntniß nach/ Hurer/ Ehebrecher/ Diebe und Räuber/ ja gar leibhaffte Teuffel gewesen/ so andächtig anzuruffen/ und so meisterlich heraus zu streichen. Träget aber iemand sonderlich Belieben zu den Alten Poeten/ und begehret etwas daraus zu nehmen/ der sehe wohl zu/ daß er nicht gleichsam mit heißhungerigem Magen alles was ihm vorkommt/ zu sich nehme/ sondern mit Bedachtsamkeit auslese was ihm dienet/ und nicht gar zu schwer verdauen fällt/ damit er keinen Schaden davon tragen dörffe. Er soll es nach [aq]Augustini[/aq] [G: [aq]de Doctrin. Christian[/aq].] Ermahnung anfangen/ wie die Israeliter mit den Egyptern thaten/ da sie die güldene Geschirre aber nicht die Götzen/ ob sie schon gülden waren/ mit sich genommen haben. Er kan die Sichel seines Verstandes auf der Alten Poeten Wetzstein schleiffen/ doch darff er nicht eine Aerndte von diesen Feldern ohne einiges Bedencken anstellen/ damit er nicht statt des Getreides lauter Unkraut/ und vor die Mühe Verdrüßlichkeit einsamle.
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    (41-45) [111-115]
    [aq]§. III[/aq]. Die Bild-Kunst eignet ihr ein Himmel-blaues Kleid zu/ damit man aus dem eußerlichen Zeichen ihre innerliche Eigenschafft beurtheilen könne. Keine Farbe stehet ihr besser an als diese/ weil sie ihrem ersten Ursprunge nach himmlisch ist/ und anfänglich zu dem Gottesdienst gebrauchet worden. Der gelehrte Holländer [aq]Anton. Rodorn. Scriekkius[/aq] sagt davon also: [aq]Divi-[/aq] [G: [aq]lib. I. adversar. Scal. l d.[/aq]] [aq]nam esse Poeticam antiqui & recentiores omnes crediderunt, & loquuntur. Metri originem suggestam afflatu divino, quod magnum mundum certâ ratione quasi metro dirigat, ipso vero videmus[/aq]. Und der [aq]Phoenix[/aq] unserer Zeit [aq]Casp. Barth[/aq]. meldet über die Worte [aq]Papiae: Theologi Poetae ideò dicebantur, quoniam de Diis carmina faciebant; Sane verò antiqua Theologia humana in[/aq] [G: [aq]V. m. Augustin. l. 6. de C. D. c. 5. p. m. 584[/aq].] [aq]literis Poeticis & mysteria Numinum introducta ab iisdem, ut exemplo Orphei vides apud Lactantium[/aq]. Ja auch nach dem Zeugnisse des allerberedesten unter den Römern/ [aq]Ciceronis[/aq], hat niemals ein Barbarisches und wildes Volck den Nahmen eines Poeten vernachtheiliget/ sondern sie sind allezeit hoch und heilig gehalten worden. Um welcher Ursache willen auch die alten Heyden vor gewiß und unfehlbar gegläubet: Es könte keiner sich mit dieser holdseligen Nymphen befreunden/ wenn ihn nicht die mildreiche Gunst des Himmels vor anderen Leuten [S] beglückseliget/ und seiner Natur eine sondere Fähigkeit eingepräget/ dadurch der Verstand erleuchtet/ und die Sinnen begeistert würden. Welches [aq]Socrates[/aq] andeuten wollen/ wenn er zu dem [aq]Jone[/aq] gesprochen: Wenn er (jo) von dem [aq]Homero[/aq] wohl reden wolte/ so könte ihm hierinn nicht so wohl die Kunst behülfflich seyn/ als eine Göttliche Gewalt/ die ihn bewegen müste; gleich als ein Magnetstein/ welcher nicht allein das Eisen an sich zeucht/ sondern auch demselben eine Ziehungs-Krafft/ mittheilet/ daß ein ander Eisen daran hangen bleibet/ eben als das vorige am Magnet. Als wolt er sagen; man sehe zwar/ daß von dem Magneten das Eisen angezogen würde/ aber die Ursache wäre unbekant: Solche Bewandniß hätte es auch mit der Poeterey/ die sich auf eine unerforschliche Weise in dieses oder jenes Natur befindet. ¶ [aq]§. IV[/aq]. Bey einem ieglichen/ der sich einer Kunst ergeben will/ werden nach Außage der Weltweisen/ dreyerley erfordert: Nemlich die Natur/ die Unterweisung und die Ubung In allen andern Wissenschafften können die zwo letzten Stücke viel verrichten/ In der Poesie aber wird nothwendig die natürliche Neigung vorangesetzet; Wohin des [aq]Ciceronis[/aq] Worte zielen: [aq]Sic à summis ho-[/aq] [G: [aq]Orat. pro Arch[/aq].] [aq]minibus eruditissimisque accepimus, coeterarum rerum studia & doctrinâ, & praeceptis & arte constare; Poetam naturâ ipsâ valere & mentis viribus excitari, & quasi divino Spiritu afflari[/aq]; Welchen [G: [aq]lib. 2[/aq].] nicht ungleich seind die in den [aq]Tusculani[/aq]schen Fragen gelesen werden: [aq]Mihi verò ne haec quidem notiora & illustriora carere vi divinâ videntur, ut ego aut Poetam grave plerumque carmen sine coelesti aliquo mentis instinctu, putem fundere & c[/aq]. Und [aq]Ovidius[/aq] hat frey heraus bekant: ¶ Es ist ein Gott in uns/ so bald sich der nur reget ¶ Brennt unser Geist auch an und wird mit ihm beweget.
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    (3-4) [73-74]
    Die Druiden seind alte heidnische Priester bey den Deutschen gewesen/ die in natürlichen Dingen und der Sitten Lehre den Leuten Unterricht ertheilet. Wie aus des Caesaris Wor- [S] ten abzunehmen [aq]lib. b. de bell. Gall. Inprimis hoc volunt persuadere, non interire animas, sed ab aliis post mortem transire ad alios, atque hoc maximè ad virtutem excitari putant, metu mortis neglecto. Multa praeterea de sideribus, atque eorum motu: de mundi, ac terrarum magnitudine de rerum naturâ, de Deorum immortalium vi ac potestate disputant & Juventuti tradunt[/aq]. Der Hochgelährte und um Deutschland wohlverdiente Hr. [aq]D. Schottelius[/aq] schreibet davon in seiner Sprachkunst in der [aq]4[/aq]. LobRede also. Die Druiden haben gleich den [aq]Pythagoricis[/aq], ohne sonderliche schrifftliche Aufzeichnung ihre Geheimniße fortgepflantzet/ damit nicht durch die Gemeinmachung ihr heiliches Ansehen verringert/ auch damit das verständliche Gedächtniß/ als etwas Göttliches desto mehr ausgeübet/ und die volle Gereitschafft ihrer Weißheit darinn erhalten würde. Darauf führet gedachter [aq]Autor[/aq] folgendes aus [aq]D. Schardio[/aq] an: Die Deutschen haben vormahls ihre gelährte und weisen/ Druiden genant/ gehabt/ die an statt der Zeitbücher Lieder gemacht/ und dieselbe zur lebendigen Gedächtniß ihrer/ der Deutschen dapffern Thaten pflegen zu singen. etc. Haben also die Barden und Druiden ihre sonderliche und geheiligte Schulen gehabt/ Reime/ Gesänge/ Gedichte von den Göttern und den alten Deutschen Helden gemacht/ dazu die Jugend/ doch nur dieselbe/ welche zu ihrem heiligen und hohen Stande gewürdiget wurden/ gelehret und unterrichtet. [aq]Aventinus[/aq] nennet diese Schüler Sananner oder Schranner. Solche Schulen hatten die Alten Deutschen/ und also ward die Jugend von den Geistlichen darinnen unterwiesen/ ruffet [aq]Cluverius[/aq] aus [aq]in Germ. Antiq. lib. I. cap. 24[/aq].
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    (25-26) [95-96]
    Die Hebräer haben in ihrer [aq]Cabala[/aq], welches eine Wissenschafft ist von den Geheimnissen/ so theils in eintzeln Buchstaben/ theils in gantzen Worten bestehet/ ([aq]Cabala est divinae revelationis ad salutiferam Dei & formarum separatum contemplationem tradita symbolica receptio. Johan. Reuchlin. lib. I. de arte Cabalisticâ[/aq].) sehr viel seltzame Dinge durch die Wortforschung hervorgebracht/ in dem sie einem jeden Buchstaben im Alphabeth eine Bedeutung zugelegt. Davon der H. Kirchenlehrer [aq]Hieronymus in Epist. ad Paulam, und in praefat. commentar[/aq]. über die Klaglieder [aq]Jeremiae[/aq] handelt. [aq]Aleph[/aq] heisst [aq]doctrina, Beth domus, Ghimel plenitudo, Daleth Tabularum[/aq], welche Buchstaben/ wenn sie mit ihrer Auslegung zusammen gesetzt werden/ diesen Verstand geben: [aq]Doctrina domus plenitudo Tabularum[/aq], und also von ihm erkläret seyn: [aq]Doctrina Ecclesiae, quae est Domus DEI[/aq], [G: [aq]I[/aq]. B. Mos.] [aq]in librorum divinorum reperiatur plenitudine, &c[/aq]. Von dem ersten Wort der H. Schrift/ [aq]Bereschit[/aq], (mit welchem Nahmen sie auch ein theil der Cabalae benennen/ und ihnen so viel als [aq]Cosmologia[/aq] ist/ darinn von der Kraft und Würkung aller erschaffenen Dinge am Himmel und auf Erden gehandelt wird/ und unterschieden ist von der [aq]Merchiana[/aq], als dem 2. Theil der [aq]Cabalae[/aq], so die Göttlichen Sachen/ Buchstaben/ Zahlen/ Linien und Punkten begreifft/ daher sie auch von etlichen [aq]Cabala Elementaria[/aq], von andern aber [aq]Theologia Symbolica[/aq], genennet wird) hat [aq]Picus Mirandulanus[/aq] in seinem [aq]Heptaplo[/aq] viel nachdenkliche Meinungen aufgezeichnet/ wie bey ihm zu [S] lesen. Sieh was [aq]Nicolaus Causinus in Eloq. Sacr. & profan. f. 174. seqq[/aq]. und [aq]Caramuel. Apparat. Philosophic. lib. 2. de omnium gentium characteribus & literis secretis[/aq], insonderheit aber [aq]Athanasius Kircherus in Oedipo AEgypt. Tom. 2. classe 4[/aq]. angemerket. Wir Deutschen können an stat der Hebräer [aq]Cabala[/aq] die ZahlBuchstaben gebrauchen/ unter denen entweder ¶ a gilt [aq]10[/aq] ¶ [...] ¶ Oder den Mitlautenden wird eine gewisse Zifer zugelegt/ davon bey Hn. Harsdörffern im [aq]CXLVII[/aq]. Gesprächspiel/ wie auch im Poet. Trichter [aq]8[/aq]. Stunde. [aq]§. 12. &c[/aq]. ausführlich zu vernehmen ist. Daß die Griechen gleicher weise die [aq]5[/aq]. Buchstaben [griech.] vor heimlich und geistlich geachtet/ erwehnet [aq]Isidorus[/aq]. ¶ Durch die erste das [griech.] ist das menschlich Leben abgebildet/ wie bekant; durch die andere der Tod/ sintemahl das [griech.] bey den Namen der Verurtheilten von den Richtern gesetzet worden. Die dritte zeigt auf das Creutz Christi/ damit alle Betrübte zum Trost sollen gezeichnet werden/ welche Meinung auch etliche den Hebräern beygemessen/ weil bey dem Propheten Ezechiel befohlen wird [aq]Signa Tau in fronte gementium & dolentium[/aq]: Zeichne ein [aq]Tau[/aq] auf die Stirne der Seuftzenden und Klagenden. Die [aq]2[/aq]. übrigen/ als [griech.] und [griech.] eignet ihm unser Heiland selbst zu/ wenn er von sich sagt: Ich bin das [griech.] und [griech.]/ der Anfang und das Ende. Diesen hat [aq]Justinus Martyr[/aq] in seiner [aq]2. Apologia ad Antonium[/aq] noch das [aq]X[/aq] zugesellet/ wodurch gleicher weise das Creutz Christi angedeutet würde.
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    (70-71) [140-141]
    Etliche gelehrte Leute haben beobachtet/ daß die Ebræer mit den Deutschen [G: [aq]lib. 5. Op. p. 1024[/aq].] im Verse-machen ziemlich übereinkommen/ zu welchem Ende [aq]Clajus[/aq] geschrieben: [aq]Germani ut Hebraei carmina scribunt, observantes in fine Rythmum, id est[/aq], [griech.], [aq]ut[/aq]: ¶ [G: [aq]Grammat. German. de ratio. Carm. German[/aq].] HERR JESU Christ/ ¶ [...] [S] ¶ [aq]Versus non quantitate (ut apud Latinos & Graecos diphthongo, vocali ante vocalem & positione) sed numero syllabarum mensurantur, sic tamen, ut[/aq] [griech.] [aq]&[/aq] [griech.], [aq]i. e. acutus & gravis accentus observetur. Juxta quam pedes censentur aut Jambi, aut Trochaei, & carmen fit vel Jambicum, vel Trochaicum. Syllabae enim, quae communi pronunciatione non elevantur, sed raptim, tanquam scheva apud Ebraeos, (ut geliebt/[/aq] bekannt) [aq]pronuntiantur, in compositione versûs nequaquam elevandae sunt, sed deprimendae: & contra, syllabae longae, & accentum sustinentes, nequaquam deprimendae, sed elevandae sunt, ut[/aq]: ¶ Im Gesetze steht geschrieben/ ¶ [...] ¶ [aq]Trochaici sunt. Nam si Jambici essent, syllabae deprimendae elevarentur, & elevandae deprimerentur. Binis enim syllabis fit dimensio, quarum prior deprimitur, altera elevatur, in carmine Jambico; in Trochaico verò prior elevatur, posterior deprimitur[/aq]. ¶ [aq]§. III[/aq]. Hiebey fället auch vor zu erinnern/ daß viel Lateinische Getichte/ aber Geistliche/ nicht nach ihrer rechten [aq]quanti[/aq]tät; sondern nach dem [aq]accent[/aq] gesetzet seyn. Diese Abmessung nennet [aq]Beda lib. de metris Rythmum[/aq][?], und schreibt davon also: ¶ [aq]Videtur Rythmus metris esse consimilis verborum modulata compositio, non metricâ compositione, sed numero syllabarum, ad judicium aurium examinata; ut sunt carmina vulgarium Poëtarum Et quod Rhythmus per se sine metro esse potest; metrum verò sine rhythmo esse non potest. Quod liquidius ita definitur Metrum est ratio cum modulatione: Rhythmus est modulatio sine ratione. Plerunque tamen, casu quodam, invenies etiam rationem in Rhythmo, non artificii moderatione servatam; sed sono & ipsa modulatione ducente: quem vulgares Poetae necesse est faciant rusticè, docti faciant doctè. Quomodo ad instar Jambici metri pulcerrimè factus est hymnus ille praeclarus[/aq]: [S] ¶ * [* [aq]fortè O Rex, vel Rex aevierne[/aq].] [aq]Rex aeterne Domine[/aq], ¶ [...] ¶ [aq]Et alii Ambrosiani non pauci. Iem ad formam metri Trochaici, canunt hymnum de die Judicii per Alphabetum[/aq]: ¶ [aq]Apparebit repentina dies magna DOMINI[/aq],
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    (124-126) [194-196]
    [aq]§. XX[/aq]. Zum Beschluß dieser Tafel/ damit ich nun wieder auf die Stükke/ so in einer Rede zu betrachten sind/ komme/ soll sie ([aq]i[/aq]) erbar und höflich seyn: Es soll sich auch der Poet höchstes Fleisses von Beschreibung abscheulicher Sachen enthalten/ wo nicht der Inhalt des Getichtes nohtwendig solche erfodert: Denn sonst wird es dem Leser oder Zuhörer einen Ekkel machen/ da doch iederzeit sein Zwekk dahin gerichtet seyn soll/ daß seine Erfindung beliebt werde. Von den Lacedaemoniern meldet [aq]Valer. Max. lib. VI. cap. IV[/aq]. daß sie des [aq]Archilochi[/aq] Schriften aus ihrer Stadt weggeschaft haben/ weil etliche schandbare Sachen darinnen enthalten gewesen: welche sie ihren Kindern nicht haben wollen vortragen lassen/ auf daß derselben zarte Gemüther und Sitten dadurch nicht bemakelt würden. Wie vielmehr will denn einem Christlichen Poeten geziemen/ vor so schädlichen Sachen einen Abscheu zu haben/ der künftig einmahl/ wie Christus bey [aq]Matthaeo[/aq] am [aq]XII, 36[/aq]. lehret/ von einem ieden unnützen Worte Rechenschaft geben soll. [aq]Augustinus[/aq] schreibt im ersten Buch seiner Bekäntnüß im [aq]XVI. cap[/aq]. von den heydnischen Poeten also: [aq]Non omninò per hanc turpitudinem verba ista commodiùs discuntur; sed per haec verba turpitudo ista confidentiùs perpetratur. Non accuso verba quasi vasa electa atque pretiosa; sed vinum erroris, quod in eis nobis propinatur ab erbriis doctoribus. Conf. Lactant. Firmian. lib. V. Divin. Institut[/aq].
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    (286) [356]
    WIe zeiget sich nun als auf einem öffentlichen SchauPlatze das keusche und liebseelige Jungfräulein/ die Poeterey/ allen denen/ die zu ihr ein Belieben tragen/ und an Sinnreichen Erfindungen die Augen des Gemüthes belustigen wollen. Der Nahme den sie führet/ stammet nach [aq]Boccatii[/aq] Bericht in [aq]Genealogiâ Deorum[/aq], von dem Griechischen Worte [griech.], welches so viel heißt als machen/ weil der Poet nach den Grund-sätzen seiner Kunst den Vers oder Reim machet/ damit er so wohl was wahrhafftig ist/ zierlich beschreibet/ als auch/ etwas von ihm selbst erfindet/ und solches/ ob es vorhin nichts war/ geschicklich ausbildet und gestaltet. In welchem Stücke die Poesie etwas Göttliches bey sich hat/ nach Außage des unvergleichlichen Heldes der gelehrten [aq]Jul. Caes. Scaligeri[/aq]. Die andere Wissenschafften/ [G: [aq]Lib. I. Pöet. c. 1[/aq].] spricht er/ erzehlen blößlich das Ding oder Wesen/ wie es an ihm selbst etwa gewesen oder sey; Die Poesie aber machet gleichsam eine andere Natur/ zwinget (was sonst ungut) mehr als ein gutes zu haben: und also ist sie Göttlich/ und machet ihre Liebhaber zu Nachfolgern und Vorstellern alles dessen/ was Göttlich/ himmlisch/ herrlich/ hoch/ in der Natur das anmuthigste/ und in der Tugend das [S] lieblichste sein kan. [...] ¶ [aq]§. II[/aq]. Nicht weniger nachdencklich ist bey uns Deutschen der Nahme Tichter/ und Tichtkunst/ vom tichten/ oder dichten/ welches entweder so viel heißt als/ etwas genau zusammen fügen/ daß es an einander bleibet/ oder einem Dinge scharff nachsinnen und genau nachdencken: In welchem Verstande die H. Schrifft saget/ daß das tichten und trachten des Menschen böse sey/ von Jugend auf. [aq]I[/aq]. B. Mos. [aq]VI. 5[/aq]. Syrach [aq]XVII. 30[/aq].
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    (1-2) [71-72]
    [aq]§. III[/aq]. Die Bild-Kunst eignet ihr ein Himmel-blaues Kleid zu/ damit man aus dem eußerlichen Zeichen ihre innerliche Eigenschafft beurtheilen könne. Keine Farbe stehet ihr besser an als diese/ weil sie ihrem ersten Ursprunge nach himmlisch ist/ und anfänglich zu dem Gottesdienst gebrauchet worden. Der gelehrte Holländer [aq]Anton. Rodorn. Scriekkius[/aq] sagt davon also: [aq]Divi-[/aq] [G: [aq]lib. I. adversar. Scal. l d.[/aq]] [aq]nam esse Poeticam antiqui & recentiores omnes crediderunt, & loquuntur. Metri originem suggestam afflatu divino, quod magnum mundum certâ ratione quasi metro dirigat, ipso vero videmus[/aq]. Und der [aq]Phoenix[/aq] unserer Zeit [aq]Casp. Barth[/aq]. meldet über die Worte [aq]Papiae: Theologi Poetae ideò dicebantur, quoniam de Diis carmina faciebant; Sane verò antiqua Theologia humana in[/aq] [G: [aq]V. m. Augustin. l. 6. de C. D. c. 5. p. m. 584[/aq].] [aq]literis Poeticis & mysteria Numinum introducta ab iisdem, ut exemplo Orphei vides apud Lactantium[/aq]. Ja auch nach dem Zeugnisse des allerberedesten unter den Römern/ [aq]Ciceronis[/aq], hat niemals ein Barbarisches und wildes Volck den Nahmen eines Poeten vernachtheiliget/ sondern sie sind allezeit hoch und heilig gehalten worden. Um welcher Ursache willen auch die alten Heyden vor gewiß und unfehlbar gegläubet: Es könte keiner sich mit dieser holdseligen Nymphen befreunden/ wenn ihn nicht die mildreiche Gunst des Himmels vor anderen Leuten [S] beglückseliget/ und seiner Natur eine sondere Fähigkeit eingepräget/ dadurch der Verstand erleuchtet/ und die Sinnen begeistert würden. Welches [aq]Socrates[/aq] andeuten wollen/ wenn er zu dem [aq]Jone[/aq] gesprochen: Wenn er (jo) von dem [aq]Homero[/aq] wohl reden wolte/ so könte ihm hierinn nicht so wohl die Kunst behülfflich seyn/ als eine Göttliche Gewalt/ die ihn bewegen müste; gleich als ein Magnetstein/ welcher nicht allein das Eisen an sich zeucht/ sondern auch demselben eine Ziehungs-Krafft/ mittheilet/ daß ein ander Eisen daran hangen bleibet/ eben als das vorige am Magnet. Als wolt er sagen; man sehe zwar/ daß von dem Magneten das Eisen angezogen würde/ aber die Ursache wäre unbekant: Solche Bewandniß hätte es auch mit der Poeterey/ die sich auf eine unerforschliche Weise in dieses oder jenes Natur befindet. ¶ [aq]§. IV[/aq]. Bey einem ieglichen/ der sich einer Kunst ergeben will/ werden nach Außage der Weltweisen/ dreyerley erfordert: Nemlich die Natur/ die Unterweisung und die Ubung In allen andern Wissenschafften können die zwo letzten Stücke viel verrichten/ In der Poesie aber wird nothwendig die natürliche Neigung vorangesetzet; Wohin des [aq]Ciceronis[/aq] Worte zielen: [aq]Sic à summis ho-[/aq] [G: [aq]Orat. pro Arch[/aq].] [aq]minibus eruditissimisque accepimus, coeterarum rerum studia & doctrinâ, & praeceptis & arte constare; Poetam naturâ ipsâ valere & mentis viribus excitari, & quasi divino Spiritu afflari[/aq]; Welchen [G: [aq]lib. 2[/aq].] nicht ungleich seind die in den [aq]Tusculani[/aq]schen Fragen gelesen werden: [aq]Mihi verò ne haec quidem notiora & illustriora carere vi divinâ videntur, ut ego aut Poetam grave plerumque carmen sine coelesti aliquo mentis instinctu, putem fundere & c[/aq]. Und [aq]Ovidius[/aq] hat frey heraus bekant: ¶ Es ist ein Gott in uns/ so bald sich der nur reget ¶ Brennt unser Geist auch an und wird mit ihm beweget.
    Eine Fundstelle
    (3-4) [73-74]
    [aq]§. VIII[/aq]. Ins gemein wird davor gehalten/ daß die Hirten-Lieder die ältesten unter allen Gedichten seyn; Andere hergegen wollen erhärten/ daß von den Wintzern oder Weinhäckern die ersten Gedichte gesungen worden/ dahin sie denn die Sprüche der Propheten ziehen. [aq]Jerem. XXIIX. 33. 45[/aq]. Der Creter wird nicht mehr sein Lied singen/ Und [aq]Esa. V. 1[/aq]. Ich will meinem Lieben ein Lied meines Vetters singen. Damit sie diese Meinung desto scheinbarer machen/ gebrauchen sie das Griechische Wörtlein [griech.], [aq]Carmen[/aq], und wollen es von dem Hebräischen [hebr.] [aq]vinea vel racemus[/aq] herführen. ¶ Dem sey nun wie ihm wolle/ so wird doch keiner leichtlich das undenckliche Alter der Poesie streitig machen können. Aus der H. Schrifft ist offenbahr/ daß schon zu Moses Zeiten die Lieder im Ge- [G: [aq]Alsted. Chronol. p. 485[/aq].] brauch gewesen/ gestaltsam er im zweytausend/ vier hundert und drey und funfzigsten Jahre der Welt/ als Pharao im Rothen Meer umgekommen/ GOtt mit einem schönen Loblied gedancket. [aq]Exod. XV[/aq]. Denckwürdig ist auch/ daß das Triumph-Lied der Israeliter über den erhaltenen Sieg von den Amoritern/ zwischen dem Fluß [aq]Arnon[/aq] und [aq]Jabock[/aq], [aq]Num. XXI. 27[/aq]. Von einem [aq]Chananaei[/aq]schen Poeten verfertiget worden. Der um die Grundsprachen Hochbelobte [aq]Buxtorfius[/aq] hat aus einem Alten [aq]Rabbinen Mosche Schem tobh[/aq] angemerckt/ daß auch zu [aq]Amasiae[/aq] des Jüdischen Königes Zeiten/ dessen [aq]2. Reg. XIV[/aq]. gedacht wird/ auf die Leichsteine in Reimen bestehende Grabschrifften eingehauen worden. Und führet auch etwas weniges zum Beyspiel an. [aq](a[/aq] [[aq]Tractat. de Prosodiâ Metricâ Thes. Grammat. annex. pag. 636[/aq].]) Der [S] Königliche Poet/ dessen Parnassus die Burg Zion gewesen/ hat sein gantzes Leben mit heiligen Liedern und Psalmen bezeichnet. Als er ein Hirtenknabe gewesen/ hat er den [aq]XXIII[/aq]. gedichtet/ vor Erlegung des Riesens [aq]Goliath. 1. Sam. XVII[/aq]. Den [aq]XX[/aq]. in seinem Elende [aq]I. Sam. XXII[/aq]. Wieder [aq]Doeg[/aq] den [aq]LII[/aq]. und CIX. Bey seinem Abschied von [aq]Nobe[/aq] den [aq]XXXIV. 1. Sam. XXV[/aq]. Wieder die Philister den [aq]LVI[/aq]. In der Höle Adullam den [aq]LVII[/aq]. zu [aq]Kegila, I. Sam. XXIII[/aq]. Den [aq]LV[/aq]. wieder die [aq]Siphiter, I. Sam. XXIII[/aq]. und [aq]XXVI[/aq]. Den [aq]XI[/aq]. und [aq]LIV[/aq]. In der Hölen/ den [aq]CXLII[/aq]. in seiner Regierung machet er den [aq]L[/aq]. und [aq]CI[/aq]. Als er die Bundeslade eingeholet/ [aq]2. Sam. VI[/aq]. Den [aq]CXVIII[/aq]. Als ihm Christus verheissen worden/ den [aq]LXXXIX[/aq]. und [aq]CX[/aq]. Seine Sieg-Lieder seind der [aq]XXI. XLVI. LX. LXIIX[/aq]. und [aq]LXXXIII[/aq], Psalm. Seine Buß- und Thränen-Lieder/ der [aq]III. IV. V[/aq]. und [aq]LI[/aq]. Seine Lob- und Danck-Lieder/ der [aq]XCIII[/aq]. und [aq]LXXI[/aq]. Daher der ZuchtLehrer Syrach mit Wahrheit von ihm gesagt: [aq]Cap. XLVII. 9[/aq]. Für ein iegliches Werck danckt er dem Heiligen/ dem Höchsten mit einem schönen Liede. Ich wil hie nicht weitleufftig gedencken/ daß des Davids wohlgerathener Sohn/ König Salomon tausend und fünf Lieder ertichtet: von dem gleichfals in der H. Schrifft [aq]I[/aq]. Kön. [aq]IV[/aq]. 32. zu lesen ist. Daraus gar wohl zu schliessen/ daß die Poeterey schon dazumahl im Flor gewesen/ und lange zuvor den Leuten ist bekant worden. ¶ [aq]§. IX[/aq]. Von den Hebräern und Chaldäern schreiten wir zu ihren Gräntz-Nachbarn/ den Arabern und Persern;
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    (7-8) [77-78]
    [aq]XVI[/aq]. Aber lasset uns ein wenig weiter gehen/ und den vorigen Zustand der Poeterey mit dem heutigen in etwas genauer überlegen: Vorzeiten ward diese keusche Jungfrau in großen Ehren gehalten/ und von allerhand Stands-Personen bedienet. Da schämeten sich nicht die klügsten Leute/ die durch das Orakel zu Delphos vor weise ausgeruffen worden/ mit ihr Gemeinschafft zu halten. Ich will nicht von dem [aq]Orpheus, Linus, Musaeus, Thales, Cleobulus, Pittacus, Periander, Chilo, Bias, Socrates, Plato[/aq], und [aq]Aristoteles[/aq] weitläufftig melden/ wie sie so wohl die Poeterey geliebet/ als auch viel darinnen verrichtet. Von dem letzten wird gelesen/ daß er mehr als fünff undn viertzig tausend Gedichte verfer- [[aq]Vid. Alexand. Donatus, Instit. Poëtic. lib. I. p. 36[/aq].] tiget; worinn ihm der berühmte Sternkündiger [aq]Zoroaster[/aq], der [aq]Bactrianer[/aq] König vorgegangen/ als der nach [aq]Plinii[/aq] Bericht im [aq]30[/aq]. Buch [aq]cap. I[/aq]. zwantzig mahl hundert tausend Vers von der [aq]Philosophie[/aq] soll gemachet haben. [aq]Conf. Augustin. de Civ. D. lib. XXI. p.m. 981. T. 2[/aq]. Was bey den Römern darauf gehalten worden/ ist fast unnöthig zuerzehlen; [aq]Varro[/aq] hat dadurch nicht den geringsten Preiß verdienet. Ja Käyser/ Fürsten und andere vornehme Herren/ haben ihre Würde durch den unverwelcklichen Lorbeer-Krantz viel herrlicher und scheinbarer gemachet. Was [aq]Augustus, Tiberius, Germanicus, Claudius, Nero[/aq] und andere nach ihm/ dieser Kunst zu Ehren gethan/ ist der beständigen Unvergessenheit [S] längst einverleibet. Was soll ich von den alten Kirchenlehrern sagen/ unter denen die niemals genug gelobte Poeterey/ als in einem köstlichen Pallast gewohnet? [aq]Cyprianus, Hilarius, Ambrosius, Fulgentius, Nazianzenus, Juvenculus, Venantius, Licentius, Sedulius, Prudentius, Paulinus[/aq] u.a.m. haben ingesamt allerhand schöne Poetische Schrifften hinterlassen/ und werden mit höchster Beliebung auch auf den heutigen Tag durchgesuchet. Diese aber wird nach Hochverständiger Leute Gutdüncken keiner zur Gnüge verstehen/ wo er nicht von der lieblichen Poeterey eine Wissenschafft und Vorschmack hat. Dannenher es auch keinem [aq]Studioso Theologiae[/aq] zur Schande oder Schaden gereichet/ daß er diese Kunst in einer und andern Sprache verstehet/ wie etliche frühzeitige Klüglinge meinen; sondern es ist vielmehr nöthig/ daß der jenige/ so einmahl der Kirchen Gottes mit Nutzen vorzustehen gedencket/ nebst den Grundsprachen auch auf die Deutsche Muttersprache acht habe/ und darin ein geschickliches Lied aufsetzen lerne. Man bläuet sich viel Jahre/ voran im Griechischen/ ein wenig weiter im Lateinischen/ endlich aber ist es unsere Deutsche Sprache/ davon man sich ernähret/ und die so wohl den Geistlichen/ als Weltlichen/ ihr Brodt verdienen muß/ und gleichwohl ist man so wenig darum bekümmert. Schreibet der Edle Hr. [aq]Schottelius[/aq] in seiner SprachKunst/ in der ersten Lobrede. Ein Hocherleuchteter Lehrer der H. Schrifft zu Straßburg/ hat gar verständog gerathen/ Es soll ein ieglicher/ der zu Kirchen-Diensten befördert werden will/ zu seiner erbaulichen Ergetzlichkeit deutsche Poeten lesen/ und ein Gedicht zu Papier bringen lernen: Weil man dadurch zierlich und beweglich reden/ eine Sache mit dringenden Worten vorbringen/ und zu Erweckung brünstoger Andacht/ nach Begebenheit auch ein Geistliches Lied werde verabfassen können. (Harsdorff im Sendschreiben vor die Welt- Feld- und Garten-Betrachtungen.) Auf gleichen Zweck zielet auch die Vermahnung des [aq]Laurentu à Villa Vincentio[/aq], (welcher sich sonsten nicht gescheuet/ fast sein gantzes Buch aus des [aq]Andreae Hyperu[/aq] zu schreiben/ ohne daß er was weniges geendert/ wie [aq]Enoch[/aq] [S] [aq]Hannman[/aq] über [aq]Opitii Prosodie[/aq] errinert am [aq]125[/aq]. Blat) an die Prediger/ wenn er sie zu Ausübung der reinen Muttersprach reitzet [aq]lib. 3. de Ratione Stud. Theolog. c. 8. p. 429. Nam quò quis sermonis patrii est peritior, & in eodem disertior, eò judicatur ad docendum populum magis idoneus. Ac decet omninò concionatorem aliquid supra vulgus praestare in Sermonis patrii munditie ac puritate: Et non modò verbis quibusdam elegantibus & acquisitis, verùm etiam copiâ eorundem locupletatum prodire. Puritatem sermonis patrii non haurias, nisi vel ex convictu familiari eorum, qui tersissimè & nitidissimè illum sonant, vel ex libris commendatissimâ dialecto editis: qualis multorum judicio censetur in Italiâ dialectus Tuscanica: in Galliâ Turonesis: in Germaniâ Misnensis, in Britanniâ Londinensis[/aq]. Dannenher der Seel. Herr [aq]Lutherus[/aq] sich so sehr um die Reinigkeit der Teutschen Sprache bemühet/ daß er billich von fremden [aq]Nationen[/aq] gelobet wird.
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    (47-49) [117-119]
    WEil die Poeterey so wol weltliche als Göttliche Sachen in sich begreifft/ wie im Anfang des vorhergehenden [aq]3[/aq]. Cap angedeutet/ mag sie mit Recht und Ehren eine Aeltere [aq]Philosophia[/aq] genennet werden: wie sie denn auch der vornehme [aq]Platonist/ Maximus Tyrius sermon. 6. p. m. 57. adde Lipsii Manuduct. ad Philosophiam Stoicam lib. I Dissertat. 7[/aq]. mit diesem Titel beleget. Sintemal sie dem Alter nach/ nicht alleine den Geschichtschreibern/ sondern allen andern Scribenten vorgehet. Und seyn die Poeten/ ehe der Name [aq]Sophia[/aq], oder [aq]Philosophia[/aq] aufkommen/ vor weise Leute geschätzet worden. [aq]Plato[/aq] heisset sie der Weisheit Väter und Erhalter; weil sie zuerst in [G: Sihe den Eingang c. 2. [aq]§. 6[/aq].] dem guten Wandel und löblichen Sitten die Leute unterrichtet: als die [aq]Druides[/aq] bey den alten [aq]Celtis[/aq]; bey den [aq]Thraciern Zamolxis[/aq] und [aq]Orpheus[/aq]; bey den Griechen [aq]Musaeus[/aq] und [aq]Linus[/aq]. Welche alle zu ihren Zeiten berühmte Poeten gewesen. Von dem [aq]Orpheus[/aq] findet man bey den [aq]Autoren[/aq] unterschiedliche Meinungen/ die ich hie mit stillschweigen nicht vorüber gehen kan. Aus dem [aq]Aristotele[/aq] meldet [aq]Cicero lib. I. de naturâ Deorum[/aq], daß er gemeinet/ es hätte niemals derselbe [aq]Orpheus[/aq], von dem bey den Poeten so viel gelesen wird/ gelebet. Andere wollen nicht zugeben/ daß er weise und gelehrt gewesen sey/ wie [aq]AElianus lib. VIII. Histor. Var. cap. VI[/aq]. aus [aq]Androtione[/aq] mit folgenden Worten anführet. [aq]Ajunt, neminem antiquorum Thracum novisse literas. Imò, quotquot barbarorum Europam inhabitant, turpissimum duxerunt literis uti. At qui in Asiâ sunt, magis, ut fama est, iis sunt usi. Unde est, quod dicere audent[/aq], [S][aq]ne Orpheum quidem fuisse sapientem, quia Thrax fuerit, sed alios ejus fabulas ementitos[/aq]. Hingegen hält ihn [aq]Lactantius Instit. Divin. lib. I. cap. V[/aq]. vor den ältesten Poeten. [aq]Teodoretus[/aq] meldet aq[]Serm. 2[/aq]. [griech.]. daß er noch vor dem Trojanischen Kriege gelebet. [aq]Augustin. lib. XVIII. cap. XIV. de civit. Dei[/aq] gedencket so wol seiner/ als des [aq]Lini[/aq] und [aq]Musaei[/aq] mit folgenden Worten: [aq]Per idem temporis intervallum (quô Haebraeis judices praeesse coeperunt, ut praecedenti capite XIII. innuit) exstiterunt Poëtae, qui etiam Theologi dicerentur, quoniam de Diis carmina faciebant, &c. Ex quorum numero fuisse perhibentur Orpheus, Musaeus, Linus. Verùm isti Theologi Deos coluerunt, non pro Diis culti sunt. Idem capite XXIV. ejusdem libri scribit: Eodem Romulo regnante Thales Milesius fuisse perhibetur, unus è septem Sapientibus, qui post Theologos Poëtas, in quibus Orpheus maximè omnium nobilitatus est, Sophi appellati sunt, quod est Latinê Sapientes. Confer. Justin. Martyr. Orat. ad Gentes[/aq].
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    (57-58) [127-128]
    [aq]§. XI[/aq]. Aber wenn wier gleich alle [aq]Fabeln[/aq], so von Natürlichen [G: [aq]Masen. cap. 5[/aq].] Dingen und der SittenLehr handeln/ beyseit setzen und paßiren lassen/ so bleibet dennoch ein nicht geringer Scrupel und Zweiffel übrig/ ob man zulassen soll was von den Göttern gedichtet worden? Es ist unleugbar/ daß die Alten um dem gemeinen Mann ihre Geheimnisse der Lehren zu verbergen/ gleich einem köstlichen Schatz in die Erde/ unter die Fabeln verstecket haben. [aq]Solebant Poetae fabulis quasi nubeculis quibusdam sua & mysteria & praecepta Philosophiae naturalis & moralis operire atque involvere: sicut Medicus acerbiora Pharmaca exhibiturus prius oras pocula circum conspergit mellis dulcis flavoque liquore[/aq]. schreibt mein hoch-geehrter Patron Hr. von Birken [aq]in Monumento Dom. August. Sacr. Teuton. praefix. §. 37[/aq]. Nichts desto weniger ist übel und unrecht gethan/ daß ihrer viel von den Göttern als von groben Säuen geredet/ wie [aq]Scaliger l. 4. c. 1. Poet. p. m. 414[/aq]. klaget. Imgleichen [aq]Tertullian. adversus gentes c. 14[/aq]. Es sey nicht leicht einer unter den alten Poeten gefunden [S] worden/ der nicht die Götter solte beschimpffet haben. [aq]Etsi fabula cantat crimen Numinum falsum, delectari tamen falso crimine, crimen est, urtheilet gar wohl Augustinus lib. IX. de C. D. cap. 12. p. 556[/aq]. Ja selbst der Heyden eigene Zeugnisse seind dawieder/ und bestraffen sie deshalben/ wie bey dem [aq]Isocrate[/aq] in [aq]Busiride[/aq] zuvernehmen. [aq]Pythagoras[/aq] soll gesagt haben/ daß [aq]Homerus[/aq] in der Hölle gemartert würde/ weil er so viel schändliche [aq]Fabeln[/aq] in seine Gedichte gesetzet; [aq]Dionys. Longin[/aq]. [griech.] spricht von ihm. Er hätte aus den Göttern Menschen gemacht/ weil er ihnen so viel Laster und Schand-thaten angedichtet; und die Sternen unter unzüchti- [G: [aq]lib. 10. de Rep. & Dial. a[/aq]. [?] [aq]f. 581[/aq]] ge Bildnisse verhüllet. Dieser Ursache wegen hat [aq]Plato[/aq] weder den [aq]Homerum[/aq] noch andere/ die ebenmäßige Freyheit der Schmachsüchtigen Feder gestattet/ im Stadwesen dulden wollen/ da er doch sonsten den [aq]Poeten[/aq] nicht hat abgeneigt seyn können/ wo er sich selbst nicht hätte zu bestraffen gesuchet/ alldieweil er ein guter [aq]Poet[/aq] mit gewesen/ wie [aq]Jul. Caes. Scaliger apicular. part. I. p. 13[/aq]. andeutet. [aq]Dion. Chrysostom. orat. 53[/aq]. schreibt von des [aq]Platonis[/aq] Gesetz also: [aq]Plato Homerum reprehendit in fabulosis sermonibus de Diis, ut qui nequaquam hominibus conducentia ea dixerit, nempe cupiditates, & mutuas insidias & adulteria & contentiones, litesque de Diis recitans: undè noluit eum participem esse civitatis Reipublicaeque suae sapientis, ut ipse putabat, futurae, ne haec audirent de Diis Juvenes. Conf. Theodoret. lib. 2. de curat. Graec. affect. Euseb. lib. 13. de praeparat. Evang. cap. 1. & 2. Athenaeus lib. 2. Max. Tyrius Serm. 7[/aq]. Das ärgeste ist/ daß sie allerhand Ubelthäter mit unter die Götter gezehlet. Worüber auch [aq]Nazianzenus[/aq] mit diesen Versen geeyfert: ¶ [aq]Nunc Graeci fingunt, quorum vaesania Divos[/aq] ¶ [...] ¶ [G: Verthäd. der Kunstliebenden 2. Theil [aq]p. 200[/aq].] [aq]Jupiter[/aq]-Jungfrau-Raub hatte nicht gnugsam an des Tages Licht kommen können/ da man solchen nicht unter die Sterne gesetzt hät- [S] te. Es wäre nicht genug gewest/ daß man sie in Marmel ausgehauen/ in Metall gegossen/ in die Gemähle gesetzet/ und in offentlichen Freuden-Spielen dargestellet hätte/ wenn man ihnen nicht noch dazu den Himmel zu einem Schauplatz einräumete/ die Sternen durch sie abbildete/ und die gantze Welt zum Beschau einladete. Deßwegen hat die Königin [aq]Dido[/aq] von ihrer eigenen Person bey [aq]Ausonio[/aq] den Leser gewarnet/ daß er nicht alles/ was bey Poeten von ihr gemeldet wäre/ gläuben solte/ wenn sie also heraus gebrachen: ¶ [aq]Vos magis Historicis lectores credite de me[/aq] [G: [aq]Epigramm. III[/aq].] ¶ [...] ¶ Was von mier Geschichte melden könnt ihr Leser besser gläuben/ ¶ [...] ¶ [aq]§. XII[/aq]. Etliche wollen zwar die Poeten hierin entschuldigen/ vorgebend/ sie hätten die Götter nicht nach ihrem Wesen beschrieben/ sondern nur nach dem gemeinen Wahn des Pöfels/ den er von ihnen geschöpffet. Daß sie aber so viel Götter ertichtet/ davon giebt [aq]Cicer. lib. 2. de Natur. Deor[/aq]. den Bescheid: [aq]Suscepit vita hominum consuetudoque communis, ut beneficiis excellentes viros in Coelum famâ, ac voluntate tollerent. Hinc Hercules, hinc Castor & Pollux, hinc Aesculapius[/aq]. Wenn von dem [aq]Jupiter[/aq] geredet wird/ [G: [aq]Voss. lib. I. de Idololatr. cap. 14. p. 110[/aq].] so ist zu wissen/ daß die Alten ihre Fürsten und Könige mit diesem Nahmen beehret/ weil sie über alle eine Gewalt/ und also gleichsam was Göttliches an sich hatten. [...] Andere meinen/ man müß einen Unterscheid halten/ unter denen Sachen die sich in Wahrheit begeben/ und de-[S]nen die Poeten/ also zu reden/ ein Färbchen angestrichen/ welches [G: [aq]Lib. de Fals. Religion. cap. XI. p. m. 27[/aq].] auch [aq]Lactantius[/aq] erinnert/ wenn er von dem [aq]Jupiter[/aq] und der [aq]Danae[/aq] schreibet: [aq]Danaen violaturus Jupiter aureos nummos largiter in ejus sinum infudit. Haec stupri merces fuit. At Poetae, qui quasi de Deo loquebantur, ne auctoritatem creditae majestatis infringerent, finxerunt ipsum in aureo imbre delapsum, câdem figurâ, quâ imbres ferreos dicunt, cum multitudinem telorum sagittarumque describunt. Rapuisse in aquila dicitur Catamitum. Poeticus color est. Sed aut per legionem rapuit, cujus insigne aquila est; aut navis, in quâ est impositus, tutelam habuit in aquila figuratam: sicut taurum, cum rapuit & transvexit Europam. Eodem modò convertisse in bovem traditur Io, Inachi filiam, quae ut iram Junonis effugeret, ut erat jam setis obsita, jambos tranâsse dicitur mare, in Aegyptumque venisse at´que ibi receptâ pristina formâ Dea facta, quae nunc Isis vocatur, &c. Non res ipsas gestas finxerunt Poetae, sed rebus gestis addiderunt quendam colorem: cum Poetae officium sit in eo, ut ea, quae gesta sunt verè, in aliquas species obliquis figurationibus cum decore aliquo conversa traducat[/aq]. ¶ [aq]§. XIII[/aq]. Dem sey nun wie ihm wolle/ und ob gleich etliche Außlegungen zu den nachtheiligen Fabeln gemacht würden/ so ist doch gewiß/ daß dadurch die guten und erbaren Sitten untertretten/ und die züchtigen Gemüther geärgert werden/ deßwegen man sie gantz nicht billigen kan. Zu dem Ende ermahnen auch verständige Leute/ daß Christliche Poeten so viel als müglich dieselbe Getichte/ darinnen schandbare Possen enthalten/ mit Fleiße fliehen/ und in ihren Schrifften sich der Heidnischen Abgötterey nicht gebrauchen sollen. Denn es ist fast unverantwortlich/ daß ein Christ/ der den wahren Gott aus seinem Wort und mannichfaltigen Wunderwercken erkennet/ die ärgerliche Götzen in seinem Munde oder Feder führet/ und unter geistliche Sachen vermänget/ nicht anders als wenn ein Heyde in seinem blinden Wahn von den Göttern und Göttinnen schwärmete. Pfui des Teufflischen Wesens/ saget mein HöstchgeEhrter Hr. Rist im Vorbericht seines Schauplatzes/ und der mehr als Heydnischen Blindheit/ daß [S] ihr/ die ihr euch der wahren Erkäntniß Christi rühmet/ so gar nicht schämet der elenden Heyden-Götter/ welche ihrer Alten Lehrer und Mährlein-schreiber selbst-eigenem Bekäntniß nach/ Hurer/ Ehebrecher/ Diebe und Räuber/ ja gar leibhaffte Teuffel gewesen/ so andächtig anzuruffen/ und so meisterlich heraus zu streichen. Träget aber iemand sonderlich Belieben zu den Alten Poeten/ und begehret etwas daraus zu nehmen/ der sehe wohl zu/ daß er nicht gleichsam mit heißhungerigem Magen alles was ihm vorkommt/ zu sich nehme/ sondern mit Bedachtsamkeit auslese was ihm dienet/ und nicht gar zu schwer verdauen fällt/ damit er keinen Schaden davon tragen dörffe. Er soll es nach [aq]Augustini[/aq] [G: [aq]de Doctrin. Christian[/aq].] Ermahnung anfangen/ wie die Israeliter mit den Egyptern thaten/ da sie die güldene Geschirre aber nicht die Götzen/ ob sie schon gülden waren/ mit sich genommen haben. Er kan die Sichel seines Verstandes auf der Alten Poeten Wetzstein schleiffen/ doch darff er nicht eine Aerndte von diesen Feldern ohne einiges Bedencken anstellen/ damit er nicht statt des Getreides lauter Unkraut/ und vor die Mühe Verdrüßlichkeit einsamle.
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    (41-45) [111-115]
    [aq]Johannes Magnus[/aq] will [aq]libro I. Historiae Suecicae cap. 7[/aq]. behaupten/ daß die Gothen eher als die Lateiner/ und also fast tausend und zwey hundert Jahr vor Christi Gebuhrt/ ihre Buchstaben gehabt. Welches/ wenn man es recht bedenckt/ gantz und gar der vorigen Meinung zu wieder läufft/ und dannenher nicht unbillich dem Unvergleichlichen [aq]Vossio[/aq] und dem [aq]Cornelio Agrippa lib. I. de Vanit. Scientiar. cap. II[/aq]. verdächtig vorkömmt. Denn weil [aq]Gulphilas[/aq], wie allbereit erwehnet/ die Gothische Buchstaben erfunden/ und um das Jahr Christi [aq]364[/aq]. gelebt hat/ so können sie ja nicht so lange zuvor/ als [aq]Johannes[/aq] und [aq]Olaus[/aq] wollen/ dieselbigen gehabt haben. Es wäre denn/ daß offt ernanter Bischoff nicht so wohl die Gothischen Buchstaben erfunden/ als in üblichen Gebrauch gebracht hätte: Wohin [aq]Theodorus Zwingerus in V. H. Theatr. volum. IV. lib. I. gehet. Vossius[/aq] schreibet in seinem überaus gelehrten [aq]Aristarcho lib. I. cap. IX. pag. m. 38[/aq]. davon/ wie folget: [aq]Plane vereor, ne hoc majori gentis suae amore scripserint, quàm veritatis. Lubens quidem illud dedero, quod Ulphilas Gothicas dicitur literas invenisse, id ex eo profectum videri, quod antequam ille Biblia in Gothicam transtulisset linguam, paucis ex eâ gente literae essent cognitae, ac propterea nec habere illas nationibus crederentur: Attamen istud persuadere mihi non possum, fuisse Gothis suas literas, antequam eas haberent Latini. Siquidem tardè admodum has didicére gentes ad Septentrionem sitae; etiam quae Orienti, unde homines & Scriptura, non paulo viciniores, ac cultioribus populis commerciis magis frequentatae, Sanè Thraces, utcunque apud eas Orphea natum fabulentur, nec dum literas nôrunt Aeliani aetate. &c[/aq].
    Eine Fundstelle
    (21) [91]
    [aq]Johannes Magnus[/aq] will [aq]libro I. Historiae Suecicae cap. 7[/aq]. behaupten/ daß die Gothen eher als die Lateiner/ und also fast tausend und zwey hundert Jahr vor Christi Gebuhrt/ ihre Buchstaben gehabt. Welches/ wenn man es recht bedenckt/ gantz und gar der vorigen Meinung zu wieder läufft/ und dannenher nicht unbillich dem Unvergleichlichen [aq]Vossio[/aq] und dem [aq]Cornelio Agrippa lib. I. de Vanit. Scientiar. cap. II[/aq]. verdächtig vorkömmt. Denn weil [aq]Gulphilas[/aq], wie allbereit erwehnet/ die Gothische Buchstaben erfunden/ und um das Jahr Christi [aq]364[/aq]. gelebt hat/ so können sie ja nicht so lange zuvor/ als [aq]Johannes[/aq] und [aq]Olaus[/aq] wollen/ dieselbigen gehabt haben. Es wäre denn/ daß offt ernanter Bischoff nicht so wohl die Gothischen Buchstaben erfunden/ als in üblichen Gebrauch gebracht hätte: Wohin [aq]Theodorus Zwingerus in V. H. Theatr. volum. IV. lib. I. gehet. Vossius[/aq] schreibet in seinem überaus gelehrten [aq]Aristarcho lib. I. cap. IX. pag. m. 38[/aq]. davon/ wie folget: [aq]Plane vereor, ne hoc majori gentis suae amore scripserint, quàm veritatis. Lubens quidem illud dedero, quod Ulphilas Gothicas dicitur literas invenisse, id ex eo profectum videri, quod antequam ille Biblia in Gothicam transtulisset linguam, paucis ex eâ gente literae essent cognitae, ac propterea nec habere illas nationibus crederentur: Attamen istud persuadere mihi non possum, fuisse Gothis suas literas, antequam eas haberent Latini. Siquidem tardè admodum has didicére gentes ad Septentrionem sitae; etiam quae Orienti, unde homines & Scriptura, non paulo viciniores, ac cultioribus populis commerciis magis frequentatae, Sanè Thraces, utcunque apud eas Orphea natum fabulentur, nec dum literas nôrunt Aeliani aetate. &c[/aq].
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    (21) [91]
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    (29) [99]
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    (52) [122]
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    Eine Fundstelle
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    Eine Fundstelle
    (319) [389]
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    WIe zeiget sich nun als auf einem öffentlichen SchauPlatze das keusche und liebseelige Jungfräulein/ die Poeterey/ allen denen/ die zu ihr ein Belieben tragen/ und an Sinnreichen Erfindungen die Augen des Gemüthes belustigen wollen. Der Nahme den sie führet/ stammet nach [aq]Boccatii[/aq] Bericht in [aq]Genealogiâ Deorum[/aq], von dem Griechischen Worte [griech.], welches so viel heißt als machen/ weil der Poet nach den Grund-sätzen seiner Kunst den Vers oder Reim machet/ damit er so wohl was wahrhafftig ist/ zierlich beschreibet/ als auch/ etwas von ihm selbst erfindet/ und solches/ ob es vorhin nichts war/ geschicklich ausbildet und gestaltet. In welchem Stücke die Poesie etwas Göttliches bey sich hat/ nach Außage des unvergleichlichen Heldes der gelehrten [aq]Jul. Caes. Scaligeri[/aq]. Die andere Wissenschafften/ [G: [aq]Lib. I. Pöet. c. 1[/aq].] spricht er/ erzehlen blößlich das Ding oder Wesen/ wie es an ihm selbst etwa gewesen oder sey; Die Poesie aber machet gleichsam eine andere Natur/ zwinget (was sonst ungut) mehr als ein gutes zu haben: und also ist sie Göttlich/ und machet ihre Liebhaber zu Nachfolgern und Vorstellern alles dessen/ was Göttlich/ himmlisch/ herrlich/ hoch/ in der Natur das anmuthigste/ und in der Tugend das [S] lieblichste sein kan. [...] ¶ [aq]§. II[/aq]. Nicht weniger nachdencklich ist bey uns Deutschen der Nahme Tichter/ und Tichtkunst/ vom tichten/ oder dichten/ welches entweder so viel heißt als/ etwas genau zusammen fügen/ daß es an einander bleibet/ oder einem Dinge scharff nachsinnen und genau nachdencken: In welchem Verstande die H. Schrifft saget/ daß das tichten und trachten des Menschen böse sey/ von Jugend auf. [aq]I[/aq]. B. Mos. [aq]VI. 5[/aq]. Syrach [aq]XVII. 30[/aq].
    Eine Fundstelle
    (1-2) [71-72]
    [aq]§. III[/aq]. Die Bild-Kunst eignet ihr ein Himmel-blaues Kleid zu/ damit man aus dem eußerlichen Zeichen ihre innerliche Eigenschafft beurtheilen könne. Keine Farbe stehet ihr besser an als diese/ weil sie ihrem ersten Ursprunge nach himmlisch ist/ und anfänglich zu dem Gottesdienst gebrauchet worden. Der gelehrte Holländer [aq]Anton. Rodorn. Scriekkius[/aq] sagt davon also: [aq]Divi-[/aq] [G: [aq]lib. I. adversar. Scal. l d.[/aq]] [aq]nam esse Poeticam antiqui & recentiores omnes crediderunt, & loquuntur. Metri originem suggestam afflatu divino, quod magnum mundum certâ ratione quasi metro dirigat, ipso vero videmus[/aq]. Und der [aq]Phoenix[/aq] unserer Zeit [aq]Casp. Barth[/aq]. meldet über die Worte [aq]Papiae: Theologi Poetae ideò dicebantur, quoniam de Diis carmina faciebant; Sane verò antiqua Theologia humana in[/aq] [G: [aq]V. m. Augustin. l. 6. de C. D. c. 5. p. m. 584[/aq].] [aq]literis Poeticis & mysteria Numinum introducta ab iisdem, ut exemplo Orphei vides apud Lactantium[/aq]. Ja auch nach dem Zeugnisse des allerberedesten unter den Römern/ [aq]Ciceronis[/aq], hat niemals ein Barbarisches und wildes Volck den Nahmen eines Poeten vernachtheiliget/ sondern sie sind allezeit hoch und heilig gehalten worden. Um welcher Ursache willen auch die alten Heyden vor gewiß und unfehlbar gegläubet: Es könte keiner sich mit dieser holdseligen Nymphen befreunden/ wenn ihn nicht die mildreiche Gunst des Himmels vor anderen Leuten [S] beglückseliget/ und seiner Natur eine sondere Fähigkeit eingepräget/ dadurch der Verstand erleuchtet/ und die Sinnen begeistert würden. Welches [aq]Socrates[/aq] andeuten wollen/ wenn er zu dem [aq]Jone[/aq] gesprochen: Wenn er (jo) von dem [aq]Homero[/aq] wohl reden wolte/ so könte ihm hierinn nicht so wohl die Kunst behülfflich seyn/ als eine Göttliche Gewalt/ die ihn bewegen müste; gleich als ein Magnetstein/ welcher nicht allein das Eisen an sich zeucht/ sondern auch demselben eine Ziehungs-Krafft/ mittheilet/ daß ein ander Eisen daran hangen bleibet/ eben als das vorige am Magnet. Als wolt er sagen; man sehe zwar/ daß von dem Magneten das Eisen angezogen würde/ aber die Ursache wäre unbekant: Solche Bewandniß hätte es auch mit der Poeterey/ die sich auf eine unerforschliche Weise in dieses oder jenes Natur befindet. ¶ [aq]§. IV[/aq]. Bey einem ieglichen/ der sich einer Kunst ergeben will/ werden nach Außage der Weltweisen/ dreyerley erfordert: Nemlich die Natur/ die Unterweisung und die Ubung In allen andern Wissenschafften können die zwo letzten Stücke viel verrichten/ In der Poesie aber wird nothwendig die natürliche Neigung vorangesetzet; Wohin des [aq]Ciceronis[/aq] Worte zielen: [aq]Sic à summis ho-[/aq] [G: [aq]Orat. pro Arch[/aq].] [aq]minibus eruditissimisque accepimus, coeterarum rerum studia & doctrinâ, & praeceptis & arte constare; Poetam naturâ ipsâ valere & mentis viribus excitari, & quasi divino Spiritu afflari[/aq]; Welchen [G: [aq]lib. 2[/aq].] nicht ungleich seind die in den [aq]Tusculani[/aq]schen Fragen gelesen werden: [aq]Mihi verò ne haec quidem notiora & illustriora carere vi divinâ videntur, ut ego aut Poetam grave plerumque carmen sine coelesti aliquo mentis instinctu, putem fundere & c[/aq]. Und [aq]Ovidius[/aq] hat frey heraus bekant: ¶ Es ist ein Gott in uns/ so bald sich der nur reget ¶ Brennt unser Geist auch an und wird mit ihm beweget.
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    (3-4) [73-74]
    [aq]§. VIII[/aq]. Ins gemein wird davor gehalten/ daß die Hirten-Lieder die ältesten unter allen Gedichten seyn; Andere hergegen wollen erhärten/ daß von den Wintzern oder Weinhäckern die ersten Gedichte gesungen worden/ dahin sie denn die Sprüche der Propheten ziehen. [aq]Jerem. XXIIX. 33. 45[/aq]. Der Creter wird nicht mehr sein Lied singen/ Und [aq]Esa. V. 1[/aq]. Ich will meinem Lieben ein Lied meines Vetters singen. Damit sie diese Meinung desto scheinbarer machen/ gebrauchen sie das Griechische Wörtlein [griech.], [aq]Carmen[/aq], und wollen es von dem Hebräischen [hebr.] [aq]vinea vel racemus[/aq] herführen. ¶ Dem sey nun wie ihm wolle/ so wird doch keiner leichtlich das undenckliche Alter der Poesie streitig machen können. Aus der H. Schrifft ist offenbahr/ daß schon zu Moses Zeiten die Lieder im Ge- [G: [aq]Alsted. Chronol. p. 485[/aq].] brauch gewesen/ gestaltsam er im zweytausend/ vier hundert und drey und funfzigsten Jahre der Welt/ als Pharao im Rothen Meer umgekommen/ GOtt mit einem schönen Loblied gedancket. [aq]Exod. XV[/aq]. Denckwürdig ist auch/ daß das Triumph-Lied der Israeliter über den erhaltenen Sieg von den Amoritern/ zwischen dem Fluß [aq]Arnon[/aq] und [aq]Jabock[/aq], [aq]Num. XXI. 27[/aq]. Von einem [aq]Chananaei[/aq]schen Poeten verfertiget worden. Der um die Grundsprachen Hochbelobte [aq]Buxtorfius[/aq] hat aus einem Alten [aq]Rabbinen Mosche Schem tobh[/aq] angemerckt/ daß auch zu [aq]Amasiae[/aq] des Jüdischen Königes Zeiten/ dessen [aq]2. Reg. XIV[/aq]. gedacht wird/ auf die Leichsteine in Reimen bestehende Grabschrifften eingehauen worden. Und führet auch etwas weniges zum Beyspiel an. [aq](a[/aq] [[aq]Tractat. de Prosodiâ Metricâ Thes. Grammat. annex. pag. 636[/aq].]) Der [S] Königliche Poet/ dessen Parnassus die Burg Zion gewesen/ hat sein gantzes Leben mit heiligen Liedern und Psalmen bezeichnet. Als er ein Hirtenknabe gewesen/ hat er den [aq]XXIII[/aq]. gedichtet/ vor Erlegung des Riesens [aq]Goliath. 1. Sam. XVII[/aq]. Den [aq]XX[/aq]. in seinem Elende [aq]I. Sam. XXII[/aq]. Wieder [aq]Doeg[/aq] den [aq]LII[/aq]. und CIX. Bey seinem Abschied von [aq]Nobe[/aq] den [aq]XXXIV. 1. Sam. XXV[/aq]. Wieder die Philister den [aq]LVI[/aq]. In der Höle Adullam den [aq]LVII[/aq]. zu [aq]Kegila, I. Sam. XXIII[/aq]. Den [aq]LV[/aq]. wieder die [aq]Siphiter, I. Sam. XXIII[/aq]. und [aq]XXVI[/aq]. Den [aq]XI[/aq]. und [aq]LIV[/aq]. In der Hölen/ den [aq]CXLII[/aq]. in seiner Regierung machet er den [aq]L[/aq]. und [aq]CI[/aq]. Als er die Bundeslade eingeholet/ [aq]2. Sam. VI[/aq]. Den [aq]CXVIII[/aq]. Als ihm Christus verheissen worden/ den [aq]LXXXIX[/aq]. und [aq]CX[/aq]. Seine Sieg-Lieder seind der [aq]XXI. XLVI. LX. LXIIX[/aq]. und [aq]LXXXIII[/aq], Psalm. Seine Buß- und Thränen-Lieder/ der [aq]III. IV. V[/aq]. und [aq]LI[/aq]. Seine Lob- und Danck-Lieder/ der [aq]XCIII[/aq]. und [aq]LXXI[/aq]. Daher der ZuchtLehrer Syrach mit Wahrheit von ihm gesagt: [aq]Cap. XLVII. 9[/aq]. Für ein iegliches Werck danckt er dem Heiligen/ dem Höchsten mit einem schönen Liede. Ich wil hie nicht weitleufftig gedencken/ daß des Davids wohlgerathener Sohn/ König Salomon tausend und fünf Lieder ertichtet: von dem gleichfals in der H. Schrifft [aq]I[/aq]. Kön. [aq]IV[/aq]. 32. zu lesen ist. Daraus gar wohl zu schliessen/ daß die Poeterey schon dazumahl im Flor gewesen/ und lange zuvor den Leuten ist bekant worden. ¶ [aq]§. IX[/aq]. Von den Hebräern und Chaldäern schreiten wir zu ihren Gräntz-Nachbarn/ den Arabern und Persern;
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    (7-8) [77-78]
    [aq]XVI[/aq]. Aber lasset uns ein wenig weiter gehen/ und den vorigen Zustand der Poeterey mit dem heutigen in etwas genauer überlegen: Vorzeiten ward diese keusche Jungfrau in großen Ehren gehalten/ und von allerhand Stands-Personen bedienet. Da schämeten sich nicht die klügsten Leute/ die durch das Orakel zu Delphos vor weise ausgeruffen worden/ mit ihr Gemeinschafft zu halten. Ich will nicht von dem [aq]Orpheus, Linus, Musaeus, Thales, Cleobulus, Pittacus, Periander, Chilo, Bias, Socrates, Plato[/aq], und [aq]Aristoteles[/aq] weitläufftig melden/ wie sie so wohl die Poeterey geliebet/ als auch viel darinnen verrichtet. Von dem letzten wird gelesen/ daß er mehr als fünff undn viertzig tausend Gedichte verfer- [[aq]Vid. Alexand. Donatus, Instit. Poëtic. lib. I. p. 36[/aq].] tiget; worinn ihm der berühmte Sternkündiger [aq]Zoroaster[/aq], der [aq]Bactrianer[/aq] König vorgegangen/ als der nach [aq]Plinii[/aq] Bericht im [aq]30[/aq]. Buch [aq]cap. I[/aq]. zwantzig mahl hundert tausend Vers von der [aq]Philosophie[/aq] soll gemachet haben. [aq]Conf. Augustin. de Civ. D. lib. XXI. p.m. 981. T. 2[/aq]. Was bey den Römern darauf gehalten worden/ ist fast unnöthig zuerzehlen; [aq]Varro[/aq] hat dadurch nicht den geringsten Preiß verdienet. Ja Käyser/ Fürsten und andere vornehme Herren/ haben ihre Würde durch den unverwelcklichen Lorbeer-Krantz viel herrlicher und scheinbarer gemachet. Was [aq]Augustus, Tiberius, Germanicus, Claudius, Nero[/aq] und andere nach ihm/ dieser Kunst zu Ehren gethan/ ist der beständigen Unvergessenheit [S] längst einverleibet. Was soll ich von den alten Kirchenlehrern sagen/ unter denen die niemals genug gelobte Poeterey/ als in einem köstlichen Pallast gewohnet? [aq]Cyprianus, Hilarius, Ambrosius, Fulgentius, Nazianzenus, Juvenculus, Venantius, Licentius, Sedulius, Prudentius, Paulinus[/aq] u.a.m. haben ingesamt allerhand schöne Poetische Schrifften hinterlassen/ und werden mit höchster Beliebung auch auf den heutigen Tag durchgesuchet. Diese aber wird nach Hochverständiger Leute Gutdüncken keiner zur Gnüge verstehen/ wo er nicht von der lieblichen Poeterey eine Wissenschafft und Vorschmack hat. Dannenher es auch keinem [aq]Studioso Theologiae[/aq] zur Schande oder Schaden gereichet/ daß er diese Kunst in einer und andern Sprache verstehet/ wie etliche frühzeitige Klüglinge meinen; sondern es ist vielmehr nöthig/ daß der jenige/ so einmahl der Kirchen Gottes mit Nutzen vorzustehen gedencket/ nebst den Grundsprachen auch auf die Deutsche Muttersprache acht habe/ und darin ein geschickliches Lied aufsetzen lerne. Man bläuet sich viel Jahre/ voran im Griechischen/ ein wenig weiter im Lateinischen/ endlich aber ist es unsere Deutsche Sprache/ davon man sich ernähret/ und die so wohl den Geistlichen/ als Weltlichen/ ihr Brodt verdienen muß/ und gleichwohl ist man so wenig darum bekümmert. Schreibet der Edle Hr. [aq]Schottelius[/aq] in seiner SprachKunst/ in der ersten Lobrede. Ein Hocherleuchteter Lehrer der H. Schrifft zu Straßburg/ hat gar verständog gerathen/ Es soll ein ieglicher/ der zu Kirchen-Diensten befördert werden will/ zu seiner erbaulichen Ergetzlichkeit deutsche Poeten lesen/ und ein Gedicht zu Papier bringen lernen: Weil man dadurch zierlich und beweglich reden/ eine Sache mit dringenden Worten vorbringen/ und zu Erweckung brünstoger Andacht/ nach Begebenheit auch ein Geistliches Lied werde verabfassen können. (Harsdorff im Sendschreiben vor die Welt- Feld- und Garten-Betrachtungen.) Auf gleichen Zweck zielet auch die Vermahnung des [aq]Laurentu à Villa Vincentio[/aq], (welcher sich sonsten nicht gescheuet/ fast sein gantzes Buch aus des [aq]Andreae Hyperu[/aq] zu schreiben/ ohne daß er was weniges geendert/ wie [aq]Enoch[/aq] [S] [aq]Hannman[/aq] über [aq]Opitii Prosodie[/aq] errinert am [aq]125[/aq]. Blat) an die Prediger/ wenn er sie zu Ausübung der reinen Muttersprach reitzet [aq]lib. 3. de Ratione Stud. Theolog. c. 8. p. 429. Nam quò quis sermonis patrii est peritior, & in eodem disertior, eò judicatur ad docendum populum magis idoneus. Ac decet omninò concionatorem aliquid supra vulgus praestare in Sermonis patrii munditie ac puritate: Et non modò verbis quibusdam elegantibus & acquisitis, verùm etiam copiâ eorundem locupletatum prodire. Puritatem sermonis patrii non haurias, nisi vel ex convictu familiari eorum, qui tersissimè & nitidissimè illum sonant, vel ex libris commendatissimâ dialecto editis: qualis multorum judicio censetur in Italiâ dialectus Tuscanica: in Galliâ Turonesis: in Germaniâ Misnensis, in Britanniâ Londinensis[/aq]. Dannenher der Seel. Herr [aq]Lutherus[/aq] sich so sehr um die Reinigkeit der Teutschen Sprache bemühet/ daß er billich von fremden [aq]Nationen[/aq] gelobet wird.
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    (47-49) [117-119]
    WEil die Poeterey so wol weltliche als Göttliche Sachen in sich begreifft/ wie im Anfang des vorhergehenden [aq]3[/aq]. Cap angedeutet/ mag sie mit Recht und Ehren eine Aeltere [aq]Philosophia[/aq] genennet werden: wie sie denn auch der vornehme [aq]Platonist/ Maximus Tyrius sermon. 6. p. m. 57. adde Lipsii Manuduct. ad Philosophiam Stoicam lib. I Dissertat. 7[/aq]. mit diesem Titel beleget. Sintemal sie dem Alter nach/ nicht alleine den Geschichtschreibern/ sondern allen andern Scribenten vorgehet. Und seyn die Poeten/ ehe der Name [aq]Sophia[/aq], oder [aq]Philosophia[/aq] aufkommen/ vor weise Leute geschätzet worden. [aq]Plato[/aq] heisset sie der Weisheit Väter und Erhalter; weil sie zuerst in [G: Sihe den Eingang c. 2. [aq]§. 6[/aq].] dem guten Wandel und löblichen Sitten die Leute unterrichtet: als die [aq]Druides[/aq] bey den alten [aq]Celtis[/aq]; bey den [aq]Thraciern Zamolxis[/aq] und [aq]Orpheus[/aq]; bey den Griechen [aq]Musaeus[/aq] und [aq]Linus[/aq]. Welche alle zu ihren Zeiten berühmte Poeten gewesen. Von dem [aq]Orpheus[/aq] findet man bey den [aq]Autoren[/aq] unterschiedliche Meinungen/ die ich hie mit stillschweigen nicht vorüber gehen kan. Aus dem [aq]Aristotele[/aq] meldet [aq]Cicero lib. I. de naturâ Deorum[/aq], daß er gemeinet/ es hätte niemals derselbe [aq]Orpheus[/aq], von dem bey den Poeten so viel gelesen wird/ gelebet. Andere wollen nicht zugeben/ daß er weise und gelehrt gewesen sey/ wie [aq]AElianus lib. VIII. Histor. Var. cap. VI[/aq]. aus [aq]Androtione[/aq] mit folgenden Worten anführet. [aq]Ajunt, neminem antiquorum Thracum novisse literas. Imò, quotquot barbarorum Europam inhabitant, turpissimum duxerunt literis uti. At qui in Asiâ sunt, magis, ut fama est, iis sunt usi. Unde est, quod dicere audent[/aq], [S][aq]ne Orpheum quidem fuisse sapientem, quia Thrax fuerit, sed alios ejus fabulas ementitos[/aq]. Hingegen hält ihn [aq]Lactantius Instit. Divin. lib. I. cap. V[/aq]. vor den ältesten Poeten. [aq]Teodoretus[/aq] meldet aq[]Serm. 2[/aq]. [griech.]. daß er noch vor dem Trojanischen Kriege gelebet. [aq]Augustin. lib. XVIII. cap. XIV. de civit. Dei[/aq] gedencket so wol seiner/ als des [aq]Lini[/aq] und [aq]Musaei[/aq] mit folgenden Worten: [aq]Per idem temporis intervallum (quô Haebraeis judices praeesse coeperunt, ut praecedenti capite XIII. innuit) exstiterunt Poëtae, qui etiam Theologi dicerentur, quoniam de Diis carmina faciebant, &c. Ex quorum numero fuisse perhibentur Orpheus, Musaeus, Linus. Verùm isti Theologi Deos coluerunt, non pro Diis culti sunt. Idem capite XXIV. ejusdem libri scribit: Eodem Romulo regnante Thales Milesius fuisse perhibetur, unus è septem Sapientibus, qui post Theologos Poëtas, in quibus Orpheus maximè omnium nobilitatus est, Sophi appellati sunt, quod est Latinê Sapientes. Confer. Justin. Martyr. Orat. ad Gentes[/aq].
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    (57-58) [127-128]
    [aq]§. XI[/aq]. Aber wenn wier gleich alle [aq]Fabeln[/aq], so von Natürlichen [G: [aq]Masen. cap. 5[/aq].] Dingen und der SittenLehr handeln/ beyseit setzen und paßiren lassen/ so bleibet dennoch ein nicht geringer Scrupel und Zweiffel übrig/ ob man zulassen soll was von den Göttern gedichtet worden? Es ist unleugbar/ daß die Alten um dem gemeinen Mann ihre Geheimnisse der Lehren zu verbergen/ gleich einem köstlichen Schatz in die Erde/ unter die Fabeln verstecket haben. [aq]Solebant Poetae fabulis quasi nubeculis quibusdam sua & mysteria & praecepta Philosophiae naturalis & moralis operire atque involvere: sicut Medicus acerbiora Pharmaca exhibiturus prius oras pocula circum conspergit mellis dulcis flavoque liquore[/aq]. schreibt mein hoch-geehrter Patron Hr. von Birken [aq]in Monumento Dom. August. Sacr. Teuton. praefix. §. 37[/aq]. Nichts desto weniger ist übel und unrecht gethan/ daß ihrer viel von den Göttern als von groben Säuen geredet/ wie [aq]Scaliger l. 4. c. 1. Poet. p. m. 414[/aq]. klaget. Imgleichen [aq]Tertullian. adversus gentes c. 14[/aq]. Es sey nicht leicht einer unter den alten Poeten gefunden [S] worden/ der nicht die Götter solte beschimpffet haben. [aq]Etsi fabula cantat crimen Numinum falsum, delectari tamen falso crimine, crimen est, urtheilet gar wohl Augustinus lib. IX. de C. D. cap. 12. p. 556[/aq]. Ja selbst der Heyden eigene Zeugnisse seind dawieder/ und bestraffen sie deshalben/ wie bey dem [aq]Isocrate[/aq] in [aq]Busiride[/aq] zuvernehmen. [aq]Pythagoras[/aq] soll gesagt haben/ daß [aq]Homerus[/aq] in der Hölle gemartert würde/ weil er so viel schändliche [aq]Fabeln[/aq] in seine Gedichte gesetzet; [aq]Dionys. Longin[/aq]. [griech.] spricht von ihm. Er hätte aus den Göttern Menschen gemacht/ weil er ihnen so viel Laster und Schand-thaten angedichtet; und die Sternen unter unzüchti- [G: [aq]lib. 10. de Rep. & Dial. a[/aq]. [?] [aq]f. 581[/aq]] ge Bildnisse verhüllet. Dieser Ursache wegen hat [aq]Plato[/aq] weder den [aq]Homerum[/aq] noch andere/ die ebenmäßige Freyheit der Schmachsüchtigen Feder gestattet/ im Stadwesen dulden wollen/ da er doch sonsten den [aq]Poeten[/aq] nicht hat abgeneigt seyn können/ wo er sich selbst nicht hätte zu bestraffen gesuchet/ alldieweil er ein guter [aq]Poet[/aq] mit gewesen/ wie [aq]Jul. Caes. Scaliger apicular. part. I. p. 13[/aq]. andeutet. [aq]Dion. Chrysostom. orat. 53[/aq]. schreibt von des [aq]Platonis[/aq] Gesetz also: [aq]Plato Homerum reprehendit in fabulosis sermonibus de Diis, ut qui nequaquam hominibus conducentia ea dixerit, nempe cupiditates, & mutuas insidias & adulteria & contentiones, litesque de Diis recitans: undè noluit eum participem esse civitatis Reipublicaeque suae sapientis, ut ipse putabat, futurae, ne haec audirent de Diis Juvenes. Conf. Theodoret. lib. 2. de curat. Graec. affect. Euseb. lib. 13. de praeparat. Evang. cap. 1. & 2. Athenaeus lib. 2. Max. Tyrius Serm. 7[/aq]. Das ärgeste ist/ daß sie allerhand Ubelthäter mit unter die Götter gezehlet. Worüber auch [aq]Nazianzenus[/aq] mit diesen Versen geeyfert: ¶ [aq]Nunc Graeci fingunt, quorum vaesania Divos[/aq] ¶ [...] ¶ [G: Verthäd. der Kunstliebenden 2. Theil [aq]p. 200[/aq].] [aq]Jupiter[/aq]-Jungfrau-Raub hatte nicht gnugsam an des Tages Licht kommen können/ da man solchen nicht unter die Sterne gesetzt hät- [S] te. Es wäre nicht genug gewest/ daß man sie in Marmel ausgehauen/ in Metall gegossen/ in die Gemähle gesetzet/ und in offentlichen Freuden-Spielen dargestellet hätte/ wenn man ihnen nicht noch dazu den Himmel zu einem Schauplatz einräumete/ die Sternen durch sie abbildete/ und die gantze Welt zum Beschau einladete. Deßwegen hat die Königin [aq]Dido[/aq] von ihrer eigenen Person bey [aq]Ausonio[/aq] den Leser gewarnet/ daß er nicht alles/ was bey Poeten von ihr gemeldet wäre/ gläuben solte/ wenn sie also heraus gebrachen: ¶ [aq]Vos magis Historicis lectores credite de me[/aq] [G: [aq]Epigramm. III[/aq].] ¶ [...] ¶ Was von mier Geschichte melden könnt ihr Leser besser gläuben/ ¶ [...] ¶ [aq]§. XII[/aq]. Etliche wollen zwar die Poeten hierin entschuldigen/ vorgebend/ sie hätten die Götter nicht nach ihrem Wesen beschrieben/ sondern nur nach dem gemeinen Wahn des Pöfels/ den er von ihnen geschöpffet. Daß sie aber so viel Götter ertichtet/ davon giebt [aq]Cicer. lib. 2. de Natur. Deor[/aq]. den Bescheid: [aq]Suscepit vita hominum consuetudoque communis, ut beneficiis excellentes viros in Coelum famâ, ac voluntate tollerent. Hinc Hercules, hinc Castor & Pollux, hinc Aesculapius[/aq]. Wenn von dem [aq]Jupiter[/aq] geredet wird/ [G: [aq]Voss. lib. I. de Idololatr. cap. 14. p. 110[/aq].] so ist zu wissen/ daß die Alten ihre Fürsten und Könige mit diesem Nahmen beehret/ weil sie über alle eine Gewalt/ und also gleichsam was Göttliches an sich hatten. [...] Andere meinen/ man müß einen Unterscheid halten/ unter denen Sachen die sich in Wahrheit begeben/ und de-[S]nen die Poeten/ also zu reden/ ein Färbchen angestrichen/ welches [G: [aq]Lib. de Fals. Religion. cap. XI. p. m. 27[/aq].] auch [aq]Lactantius[/aq] erinnert/ wenn er von dem [aq]Jupiter[/aq] und der [aq]Danae[/aq] schreibet: [aq]Danaen violaturus Jupiter aureos nummos largiter in ejus sinum infudit. Haec stupri merces fuit. At Poetae, qui quasi de Deo loquebantur, ne auctoritatem creditae majestatis infringerent, finxerunt ipsum in aureo imbre delapsum, câdem figurâ, quâ imbres ferreos dicunt, cum multitudinem telorum sagittarumque describunt. Rapuisse in aquila dicitur Catamitum. Poeticus color est. Sed aut per legionem rapuit, cujus insigne aquila est; aut navis, in quâ est impositus, tutelam habuit in aquila figuratam: sicut taurum, cum rapuit & transvexit Europam. Eodem modò convertisse in bovem traditur Io, Inachi filiam, quae ut iram Junonis effugeret, ut erat jam setis obsita, jambos tranâsse dicitur mare, in Aegyptumque venisse at´que ibi receptâ pristina formâ Dea facta, quae nunc Isis vocatur, &c. Non res ipsas gestas finxerunt Poetae, sed rebus gestis addiderunt quendam colorem: cum Poetae officium sit in eo, ut ea, quae gesta sunt verè, in aliquas species obliquis figurationibus cum decore aliquo conversa traducat[/aq]. ¶ [aq]§. XIII[/aq]. Dem sey nun wie ihm wolle/ und ob gleich etliche Außlegungen zu den nachtheiligen Fabeln gemacht würden/ so ist doch gewiß/ daß dadurch die guten und erbaren Sitten untertretten/ und die züchtigen Gemüther geärgert werden/ deßwegen man sie gantz nicht billigen kan. Zu dem Ende ermahnen auch verständige Leute/ daß Christliche Poeten so viel als müglich dieselbe Getichte/ darinnen schandbare Possen enthalten/ mit Fleiße fliehen/ und in ihren Schrifften sich der Heidnischen Abgötterey nicht gebrauchen sollen. Denn es ist fast unverantwortlich/ daß ein Christ/ der den wahren Gott aus seinem Wort und mannichfaltigen Wunderwercken erkennet/ die ärgerliche Götzen in seinem Munde oder Feder führet/ und unter geistliche Sachen vermänget/ nicht anders als wenn ein Heyde in seinem blinden Wahn von den Göttern und Göttinnen schwärmete. Pfui des Teufflischen Wesens/ saget mein HöstchgeEhrter Hr. Rist im Vorbericht seines Schauplatzes/ und der mehr als Heydnischen Blindheit/ daß [S] ihr/ die ihr euch der wahren Erkäntniß Christi rühmet/ so gar nicht schämet der elenden Heyden-Götter/ welche ihrer Alten Lehrer und Mährlein-schreiber selbst-eigenem Bekäntniß nach/ Hurer/ Ehebrecher/ Diebe und Räuber/ ja gar leibhaffte Teuffel gewesen/ so andächtig anzuruffen/ und so meisterlich heraus zu streichen. Träget aber iemand sonderlich Belieben zu den Alten Poeten/ und begehret etwas daraus zu nehmen/ der sehe wohl zu/ daß er nicht gleichsam mit heißhungerigem Magen alles was ihm vorkommt/ zu sich nehme/ sondern mit Bedachtsamkeit auslese was ihm dienet/ und nicht gar zu schwer verdauen fällt/ damit er keinen Schaden davon tragen dörffe. Er soll es nach [aq]Augustini[/aq] [G: [aq]de Doctrin. Christian[/aq].] Ermahnung anfangen/ wie die Israeliter mit den Egyptern thaten/ da sie die güldene Geschirre aber nicht die Götzen/ ob sie schon gülden waren/ mit sich genommen haben. Er kan die Sichel seines Verstandes auf der Alten Poeten Wetzstein schleiffen/ doch darff er nicht eine Aerndte von diesen Feldern ohne einiges Bedencken anstellen/ damit er nicht statt des Getreides lauter Unkraut/ und vor die Mühe Verdrüßlichkeit einsamle.
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    (41-45) [111-115]
    Die Hebräer haben in ihrer [aq]Cabala[/aq], welches eine Wissenschafft ist von den Geheimnissen/ so theils in eintzeln Buchstaben/ theils in gantzen Worten bestehet/ ([aq]Cabala est divinae revelationis ad salutiferam Dei & formarum separatum contemplationem tradita symbolica receptio. Johan. Reuchlin. lib. I. de arte Cabalisticâ[/aq].) sehr viel seltzame Dinge durch die Wortforschung hervorgebracht/ in dem sie einem jeden Buchstaben im Alphabeth eine Bedeutung zugelegt. Davon der H. Kirchenlehrer [aq]Hieronymus in Epist. ad Paulam, und in praefat. commentar[/aq]. über die Klaglieder [aq]Jeremiae[/aq] handelt. [aq]Aleph[/aq] heisst [aq]doctrina, Beth domus, Ghimel plenitudo, Daleth Tabularum[/aq], welche Buchstaben/ wenn sie mit ihrer Auslegung zusammen gesetzt werden/ diesen Verstand geben: [aq]Doctrina domus plenitudo Tabularum[/aq], und also von ihm erkläret seyn: [aq]Doctrina Ecclesiae, quae est Domus DEI[/aq], [G: [aq]I[/aq]. B. Mos.] [aq]in librorum divinorum reperiatur plenitudine, &c[/aq]. Von dem ersten Wort der H. Schrift/ [aq]Bereschit[/aq], (mit welchem Nahmen sie auch ein theil der Cabalae benennen/ und ihnen so viel als [aq]Cosmologia[/aq] ist/ darinn von der Kraft und Würkung aller erschaffenen Dinge am Himmel und auf Erden gehandelt wird/ und unterschieden ist von der [aq]Merchiana[/aq], als dem 2. Theil der [aq]Cabalae[/aq], so die Göttlichen Sachen/ Buchstaben/ Zahlen/ Linien und Punkten begreifft/ daher sie auch von etlichen [aq]Cabala Elementaria[/aq], von andern aber [aq]Theologia Symbolica[/aq], genennet wird) hat [aq]Picus Mirandulanus[/aq] in seinem [aq]Heptaplo[/aq] viel nachdenkliche Meinungen aufgezeichnet/ wie bey ihm zu [S] lesen. Sieh was [aq]Nicolaus Causinus in Eloq. Sacr. & profan. f. 174. seqq[/aq]. und [aq]Caramuel. Apparat. Philosophic. lib. 2. de omnium gentium characteribus & literis secretis[/aq], insonderheit aber [aq]Athanasius Kircherus in Oedipo AEgypt. Tom. 2. classe 4[/aq]. angemerket. Wir Deutschen können an stat der Hebräer [aq]Cabala[/aq] die ZahlBuchstaben gebrauchen/ unter denen entweder ¶ a gilt [aq]10[/aq] ¶ [...] ¶ Oder den Mitlautenden wird eine gewisse Zifer zugelegt/ davon bey Hn. Harsdörffern im [aq]CXLVII[/aq]. Gesprächspiel/ wie auch im Poet. Trichter [aq]8[/aq]. Stunde. [aq]§. 12. &c[/aq]. ausführlich zu vernehmen ist. Daß die Griechen gleicher weise die [aq]5[/aq]. Buchstaben [griech.] vor heimlich und geistlich geachtet/ erwehnet [aq]Isidorus[/aq]. ¶ Durch die erste das [griech.] ist das menschlich Leben abgebildet/ wie bekant; durch die andere der Tod/ sintemahl das [griech.] bey den Namen der Verurtheilten von den Richtern gesetzet worden. Die dritte zeigt auf das Creutz Christi/ damit alle Betrübte zum Trost sollen gezeichnet werden/ welche Meinung auch etliche den Hebräern beygemessen/ weil bey dem Propheten Ezechiel befohlen wird [aq]Signa Tau in fronte gementium & dolentium[/aq]: Zeichne ein [aq]Tau[/aq] auf die Stirne der Seuftzenden und Klagenden. Die [aq]2[/aq]. übrigen/ als [griech.] und [griech.] eignet ihm unser Heiland selbst zu/ wenn er von sich sagt: Ich bin das [griech.] und [griech.]/ der Anfang und das Ende. Diesen hat [aq]Justinus Martyr[/aq] in seiner [aq]2. Apologia ad Antonium[/aq] noch das [aq]X[/aq] zugesellet/ wodurch gleicher weise das Creutz Christi angedeutet würde.
    Eine Fundstelle
    (70-71) [140-141]
    Etliche gelehrte Leute haben beobachtet/ daß die Ebræer mit den Deutschen [G: [aq]lib. 5. Op. p. 1024[/aq].] im Verse-machen ziemlich übereinkommen/ zu welchem Ende [aq]Clajus[/aq] geschrieben: [aq]Germani ut Hebraei carmina scribunt, observantes in fine Rythmum, id est[/aq], [griech.], [aq]ut[/aq]: ¶ [G: [aq]Grammat. German. de ratio. Carm. German[/aq].] HERR JESU Christ/ ¶ [...] [S] ¶ [aq]Versus non quantitate (ut apud Latinos & Graecos diphthongo, vocali ante vocalem & positione) sed numero syllabarum mensurantur, sic tamen, ut[/aq] [griech.] [aq]&[/aq] [griech.], [aq]i. e. acutus & gravis accentus observetur. Juxta quam pedes censentur aut Jambi, aut Trochaei, & carmen fit vel Jambicum, vel Trochaicum. Syllabae enim, quae communi pronunciatione non elevantur, sed raptim, tanquam scheva apud Ebraeos, (ut geliebt/[/aq] bekannt) [aq]pronuntiantur, in compositione versûs nequaquam elevandae sunt, sed deprimendae: & contra, syllabae longae, & accentum sustinentes, nequaquam deprimendae, sed elevandae sunt, ut[/aq]: ¶ Im Gesetze steht geschrieben/ ¶ [...] ¶ [aq]Trochaici sunt. Nam si Jambici essent, syllabae deprimendae elevarentur, & elevandae deprimerentur. Binis enim syllabis fit dimensio, quarum prior deprimitur, altera elevatur, in carmine Jambico; in Trochaico verò prior elevatur, posterior deprimitur[/aq]. ¶ [aq]§. III[/aq]. Hiebey fället auch vor zu erinnern/ daß viel Lateinische Getichte/ aber Geistliche/ nicht nach ihrer rechten [aq]quanti[/aq]tät; sondern nach dem [aq]accent[/aq] gesetzet seyn. Diese Abmessung nennet [aq]Beda lib. de metris Rythmum[/aq][?], und schreibt davon also: ¶ [aq]Videtur Rythmus metris esse consimilis verborum modulata compositio, non metricâ compositione, sed numero syllabarum, ad judicium aurium examinata; ut sunt carmina vulgarium Poëtarum Et quod Rhythmus per se sine metro esse potest; metrum verò sine rhythmo esse non potest. Quod liquidius ita definitur Metrum est ratio cum modulatione: Rhythmus est modulatio sine ratione. Plerunque tamen, casu quodam, invenies etiam rationem in Rhythmo, non artificii moderatione servatam; sed sono & ipsa modulatione ducente: quem vulgares Poetae necesse est faciant rusticè, docti faciant doctè. Quomodo ad instar Jambici metri pulcerrimè factus est hymnus ille praeclarus[/aq]: [S] ¶ * [* [aq]fortè O Rex, vel Rex aevierne[/aq].] [aq]Rex aeterne Domine[/aq], ¶ [...] ¶ [aq]Et alii Ambrosiani non pauci. Iem ad formam metri Trochaici, canunt hymnum de die Judicii per Alphabetum[/aq]: ¶ [aq]Apparebit repentina dies magna DOMINI[/aq],
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    (124-126) [194-196]
    [aq]§. XX[/aq]. Zum Beschluß dieser Tafel/ damit ich nun wieder auf die Stükke/ so in einer Rede zu betrachten sind/ komme/ soll sie ([aq]i[/aq]) erbar und höflich seyn: Es soll sich auch der Poet höchstes Fleisses von Beschreibung abscheulicher Sachen enthalten/ wo nicht der Inhalt des Getichtes nohtwendig solche erfodert: Denn sonst wird es dem Leser oder Zuhörer einen Ekkel machen/ da doch iederzeit sein Zwekk dahin gerichtet seyn soll/ daß seine Erfindung beliebt werde. Von den Lacedaemoniern meldet [aq]Valer. Max. lib. VI. cap. IV[/aq]. daß sie des [aq]Archilochi[/aq] Schriften aus ihrer Stadt weggeschaft haben/ weil etliche schandbare Sachen darinnen enthalten gewesen: welche sie ihren Kindern nicht haben wollen vortragen lassen/ auf daß derselben zarte Gemüther und Sitten dadurch nicht bemakelt würden. Wie vielmehr will denn einem Christlichen Poeten geziemen/ vor so schädlichen Sachen einen Abscheu zu haben/ der künftig einmahl/ wie Christus bey [aq]Matthaeo[/aq] am [aq]XII, 36[/aq]. lehret/ von einem ieden unnützen Worte Rechenschaft geben soll. [aq]Augustinus[/aq] schreibt im ersten Buch seiner Bekäntnüß im [aq]XVI. cap[/aq]. von den heydnischen Poeten also: [aq]Non omninò per hanc turpitudinem verba ista commodiùs discuntur; sed per haec verba turpitudo ista confidentiùs perpetratur. Non accuso verba quasi vasa electa atque pretiosa; sed vinum erroris, quod in eis nobis propinatur ab erbriis doctoribus. Conf. Lactant. Firmian. lib. V. Divin. Institut[/aq].
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    (286) [356]
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    (309) [379]
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    (335) [405]
    WIe zeiget sich nun als auf einem öffentlichen SchauPlatze das keusche und liebseelige Jungfräulein/ die Poeterey/ allen denen/ die zu ihr ein Belieben tragen/ und an Sinnreichen Erfindungen die Augen des Gemüthes belustigen wollen. Der Nahme den sie führet/ stammet nach [aq]Boccatii[/aq] Bericht in [aq]Genealogiâ Deorum[/aq], von dem Griechischen Worte [griech.], welches so viel heißt als machen/ weil der Poet nach den Grund-sätzen seiner Kunst den Vers oder Reim machet/ damit er so wohl was wahrhafftig ist/ zierlich beschreibet/ als auch/ etwas von ihm selbst erfindet/ und solches/ ob es vorhin nichts war/ geschicklich ausbildet und gestaltet. In welchem Stücke die Poesie etwas Göttliches bey sich hat/ nach Außage des unvergleichlichen Heldes der gelehrten [aq]Jul. Caes. Scaligeri[/aq]. Die andere Wissenschafften/ [G: [aq]Lib. I. Pöet. c. 1[/aq].] spricht er/ erzehlen blößlich das Ding oder Wesen/ wie es an ihm selbst etwa gewesen oder sey; Die Poesie aber machet gleichsam eine andere Natur/ zwinget (was sonst ungut) mehr als ein gutes zu haben: und also ist sie Göttlich/ und machet ihre Liebhaber zu Nachfolgern und Vorstellern alles dessen/ was Göttlich/ himmlisch/ herrlich/ hoch/ in der Natur das anmuthigste/ und in der Tugend das [S] lieblichste sein kan. [...] ¶ [aq]§. II[/aq]. Nicht weniger nachdencklich ist bey uns Deutschen der Nahme Tichter/ und Tichtkunst/ vom tichten/ oder dichten/ welches entweder so viel heißt als/ etwas genau zusammen fügen/ daß es an einander bleibet/ oder einem Dinge scharff nachsinnen und genau nachdencken: In welchem Verstande die H. Schrifft saget/ daß das tichten und trachten des Menschen böse sey/ von Jugend auf. [aq]I[/aq]. B. Mos. [aq]VI. 5[/aq]. Syrach [aq]XVII. 30[/aq].
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    (1-2) [71-72]
    [aq]§. III[/aq]. Die Bild-Kunst eignet ihr ein Himmel-blaues Kleid zu/ damit man aus dem eußerlichen Zeichen ihre innerliche Eigenschafft beurtheilen könne. Keine Farbe stehet ihr besser an als diese/ weil sie ihrem ersten Ursprunge nach himmlisch ist/ und anfänglich zu dem Gottesdienst gebrauchet worden. Der gelehrte Holländer [aq]Anton. Rodorn. Scriekkius[/aq] sagt davon also: [aq]Divi-[/aq] [G: [aq]lib. I. adversar. Scal. l d.[/aq]] [aq]nam esse Poeticam antiqui & recentiores omnes crediderunt, & loquuntur. Metri originem suggestam afflatu divino, quod magnum mundum certâ ratione quasi metro dirigat, ipso vero videmus[/aq]. Und der [aq]Phoenix[/aq] unserer Zeit [aq]Casp. Barth[/aq]. meldet über die Worte [aq]Papiae: Theologi Poetae ideò dicebantur, quoniam de Diis carmina faciebant; Sane verò antiqua Theologia humana in[/aq] [G: [aq]V. m. Augustin. l. 6. de C. D. c. 5. p. m. 584[/aq].] [aq]literis Poeticis & mysteria Numinum introducta ab iisdem, ut exemplo Orphei vides apud Lactantium[/aq]. Ja auch nach dem Zeugnisse des allerberedesten unter den Römern/ [aq]Ciceronis[/aq], hat niemals ein Barbarisches und wildes Volck den Nahmen eines Poeten vernachtheiliget/ sondern sie sind allezeit hoch und heilig gehalten worden. Um welcher Ursache willen auch die alten Heyden vor gewiß und unfehlbar gegläubet: Es könte keiner sich mit dieser holdseligen Nymphen befreunden/ wenn ihn nicht die mildreiche Gunst des Himmels vor anderen Leuten [S] beglückseliget/ und seiner Natur eine sondere Fähigkeit eingepräget/ dadurch der Verstand erleuchtet/ und die Sinnen begeistert würden. Welches [aq]Socrates[/aq] andeuten wollen/ wenn er zu dem [aq]Jone[/aq] gesprochen: Wenn er (jo) von dem [aq]Homero[/aq] wohl reden wolte/ so könte ihm hierinn nicht so wohl die Kunst behülfflich seyn/ als eine Göttliche Gewalt/ die ihn bewegen müste; gleich als ein Magnetstein/ welcher nicht allein das Eisen an sich zeucht/ sondern auch demselben eine Ziehungs-Krafft/ mittheilet/ daß ein ander Eisen daran hangen bleibet/ eben als das vorige am Magnet. Als wolt er sagen; man sehe zwar/ daß von dem Magneten das Eisen angezogen würde/ aber die Ursache wäre unbekant: Solche Bewandniß hätte es auch mit der Poeterey/ die sich auf eine unerforschliche Weise in dieses oder jenes Natur befindet. ¶ [aq]§. IV[/aq]. Bey einem ieglichen/ der sich einer Kunst ergeben will/ werden nach Außage der Weltweisen/ dreyerley erfordert: Nemlich die Natur/ die Unterweisung und die Ubung In allen andern Wissenschafften können die zwo letzten Stücke viel verrichten/ In der Poesie aber wird nothwendig die natürliche Neigung vorangesetzet; Wohin des [aq]Ciceronis[/aq] Worte zielen: [aq]Sic à summis ho-[/aq] [G: [aq]Orat. pro Arch[/aq].] [aq]minibus eruditissimisque accepimus, coeterarum rerum studia & doctrinâ, & praeceptis & arte constare; Poetam naturâ ipsâ valere & mentis viribus excitari, & quasi divino Spiritu afflari[/aq]; Welchen [G: [aq]lib. 2[/aq].] nicht ungleich seind die in den [aq]Tusculani[/aq]schen Fragen gelesen werden: [aq]Mihi verò ne haec quidem notiora & illustriora carere vi divinâ videntur, ut ego aut Poetam grave plerumque carmen sine coelesti aliquo mentis instinctu, putem fundere & c[/aq]. Und [aq]Ovidius[/aq] hat frey heraus bekant: ¶ Es ist ein Gott in uns/ so bald sich der nur reget ¶ Brennt unser Geist auch an und wird mit ihm beweget.
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    (3-4) [73-74]
    [aq]§. VIII[/aq]. Ins gemein wird davor gehalten/ daß die Hirten-Lieder die ältesten unter allen Gedichten seyn; Andere hergegen wollen erhärten/ daß von den Wintzern oder Weinhäckern die ersten Gedichte gesungen worden/ dahin sie denn die Sprüche der Propheten ziehen. [aq]Jerem. XXIIX. 33. 45[/aq]. Der Creter wird nicht mehr sein Lied singen/ Und [aq]Esa. V. 1[/aq]. Ich will meinem Lieben ein Lied meines Vetters singen. Damit sie diese Meinung desto scheinbarer machen/ gebrauchen sie das Griechische Wörtlein [griech.], [aq]Carmen[/aq], und wollen es von dem Hebräischen [hebr.] [aq]vinea vel racemus[/aq] herführen. ¶ Dem sey nun wie ihm wolle/ so wird doch keiner leichtlich das undenckliche Alter der Poesie streitig machen können. Aus der H. Schrifft ist offenbahr/ daß schon zu Moses Zeiten die Lieder im Ge- [G: [aq]Alsted. Chronol. p. 485[/aq].] brauch gewesen/ gestaltsam er im zweytausend/ vier hundert und drey und funfzigsten Jahre der Welt/ als Pharao im Rothen Meer umgekommen/ GOtt mit einem schönen Loblied gedancket. [aq]Exod. XV[/aq]. Denckwürdig ist auch/ daß das Triumph-Lied der Israeliter über den erhaltenen Sieg von den Amoritern/ zwischen dem Fluß [aq]Arnon[/aq] und [aq]Jabock[/aq], [aq]Num. XXI. 27[/aq]. Von einem [aq]Chananaei[/aq]schen Poeten verfertiget worden. Der um die Grundsprachen Hochbelobte [aq]Buxtorfius[/aq] hat aus einem Alten [aq]Rabbinen Mosche Schem tobh[/aq] angemerckt/ daß auch zu [aq]Amasiae[/aq] des Jüdischen Königes Zeiten/ dessen [aq]2. Reg. XIV[/aq]. gedacht wird/ auf die Leichsteine in Reimen bestehende Grabschrifften eingehauen worden. Und führet auch etwas weniges zum Beyspiel an. [aq](a[/aq] [[aq]Tractat. de Prosodiâ Metricâ Thes. Grammat. annex. pag. 636[/aq].]) Der [S] Königliche Poet/ dessen Parnassus die Burg Zion gewesen/ hat sein gantzes Leben mit heiligen Liedern und Psalmen bezeichnet. Als er ein Hirtenknabe gewesen/ hat er den [aq]XXIII[/aq]. gedichtet/ vor Erlegung des Riesens [aq]Goliath. 1. Sam. XVII[/aq]. Den [aq]XX[/aq]. in seinem Elende [aq]I. Sam. XXII[/aq]. Wieder [aq]Doeg[/aq] den [aq]LII[/aq]. und CIX. Bey seinem Abschied von [aq]Nobe[/aq] den [aq]XXXIV. 1. Sam. XXV[/aq]. Wieder die Philister den [aq]LVI[/aq]. In der Höle Adullam den [aq]LVII[/aq]. zu [aq]Kegila, I. Sam. XXIII[/aq]. Den [aq]LV[/aq]. wieder die [aq]Siphiter, I. Sam. XXIII[/aq]. und [aq]XXVI[/aq]. Den [aq]XI[/aq]. und [aq]LIV[/aq]. In der Hölen/ den [aq]CXLII[/aq]. in seiner Regierung machet er den [aq]L[/aq]. und [aq]CI[/aq]. Als er die Bundeslade eingeholet/ [aq]2. Sam. VI[/aq]. Den [aq]CXVIII[/aq]. Als ihm Christus verheissen worden/ den [aq]LXXXIX[/aq]. und [aq]CX[/aq]. Seine Sieg-Lieder seind der [aq]XXI. XLVI. LX. LXIIX[/aq]. und [aq]LXXXIII[/aq], Psalm. Seine Buß- und Thränen-Lieder/ der [aq]III. IV. V[/aq]. und [aq]LI[/aq]. Seine Lob- und Danck-Lieder/ der [aq]XCIII[/aq]. und [aq]LXXI[/aq]. Daher der ZuchtLehrer Syrach mit Wahrheit von ihm gesagt: [aq]Cap. XLVII. 9[/aq]. Für ein iegliches Werck danckt er dem Heiligen/ dem Höchsten mit einem schönen Liede. Ich wil hie nicht weitleufftig gedencken/ daß des Davids wohlgerathener Sohn/ König Salomon tausend und fünf Lieder ertichtet: von dem gleichfals in der H. Schrifft [aq]I[/aq]. Kön. [aq]IV[/aq]. 32. zu lesen ist. Daraus gar wohl zu schliessen/ daß die Poeterey schon dazumahl im Flor gewesen/ und lange zuvor den Leuten ist bekant worden. ¶ [aq]§. IX[/aq]. Von den Hebräern und Chaldäern schreiten wir zu ihren Gräntz-Nachbarn/ den Arabern und Persern;
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    (7-8) [77-78]
    [aq]XVI[/aq]. Aber lasset uns ein wenig weiter gehen/ und den vorigen Zustand der Poeterey mit dem heutigen in etwas genauer überlegen: Vorzeiten ward diese keusche Jungfrau in großen Ehren gehalten/ und von allerhand Stands-Personen bedienet. Da schämeten sich nicht die klügsten Leute/ die durch das Orakel zu Delphos vor weise ausgeruffen worden/ mit ihr Gemeinschafft zu halten. Ich will nicht von dem [aq]Orpheus, Linus, Musaeus, Thales, Cleobulus, Pittacus, Periander, Chilo, Bias, Socrates, Plato[/aq], und [aq]Aristoteles[/aq] weitläufftig melden/ wie sie so wohl die Poeterey geliebet/ als auch viel darinnen verrichtet. Von dem letzten wird gelesen/ daß er mehr als fünff undn viertzig tausend Gedichte verfer- [[aq]Vid. Alexand. Donatus, Instit. Poëtic. lib. I. p. 36[/aq].] tiget; worinn ihm der berühmte Sternkündiger [aq]Zoroaster[/aq], der [aq]Bactrianer[/aq] König vorgegangen/ als der nach [aq]Plinii[/aq] Bericht im [aq]30[/aq]. Buch [aq]cap. I[/aq]. zwantzig mahl hundert tausend Vers von der [aq]Philosophie[/aq] soll gemachet haben. [aq]Conf. Augustin. de Civ. D. lib. XXI. p.m. 981. T. 2[/aq]. Was bey den Römern darauf gehalten worden/ ist fast unnöthig zuerzehlen; [aq]Varro[/aq] hat dadurch nicht den geringsten Preiß verdienet. Ja Käyser/ Fürsten und andere vornehme Herren/ haben ihre Würde durch den unverwelcklichen Lorbeer-Krantz viel herrlicher und scheinbarer gemachet. Was [aq]Augustus, Tiberius, Germanicus, Claudius, Nero[/aq] und andere nach ihm/ dieser Kunst zu Ehren gethan/ ist der beständigen Unvergessenheit [S] längst einverleibet. Was soll ich von den alten Kirchenlehrern sagen/ unter denen die niemals genug gelobte Poeterey/ als in einem köstlichen Pallast gewohnet? [aq]Cyprianus, Hilarius, Ambrosius, Fulgentius, Nazianzenus, Juvenculus, Venantius, Licentius, Sedulius, Prudentius, Paulinus[/aq] u.a.m. haben ingesamt allerhand schöne Poetische Schrifften hinterlassen/ und werden mit höchster Beliebung auch auf den heutigen Tag durchgesuchet. Diese aber wird nach Hochverständiger Leute Gutdüncken keiner zur Gnüge verstehen/ wo er nicht von der lieblichen Poeterey eine Wissenschafft und Vorschmack hat. Dannenher es auch keinem [aq]Studioso Theologiae[/aq] zur Schande oder Schaden gereichet/ daß er diese Kunst in einer und andern Sprache verstehet/ wie etliche frühzeitige Klüglinge meinen; sondern es ist vielmehr nöthig/ daß der jenige/ so einmahl der Kirchen Gottes mit Nutzen vorzustehen gedencket/ nebst den Grundsprachen auch auf die Deutsche Muttersprache acht habe/ und darin ein geschickliches Lied aufsetzen lerne. Man bläuet sich viel Jahre/ voran im Griechischen/ ein wenig weiter im Lateinischen/ endlich aber ist es unsere Deutsche Sprache/ davon man sich ernähret/ und die so wohl den Geistlichen/ als Weltlichen/ ihr Brodt verdienen muß/ und gleichwohl ist man so wenig darum bekümmert. Schreibet der Edle Hr. [aq]Schottelius[/aq] in seiner SprachKunst/ in der ersten Lobrede. Ein Hocherleuchteter Lehrer der H. Schrifft zu Straßburg/ hat gar verständog gerathen/ Es soll ein ieglicher/ der zu Kirchen-Diensten befördert werden will/ zu seiner erbaulichen Ergetzlichkeit deutsche Poeten lesen/ und ein Gedicht zu Papier bringen lernen: Weil man dadurch zierlich und beweglich reden/ eine Sache mit dringenden Worten vorbringen/ und zu Erweckung brünstoger Andacht/ nach Begebenheit auch ein Geistliches Lied werde verabfassen können. (Harsdorff im Sendschreiben vor die Welt- Feld- und Garten-Betrachtungen.) Auf gleichen Zweck zielet auch die Vermahnung des [aq]Laurentu à Villa Vincentio[/aq], (welcher sich sonsten nicht gescheuet/ fast sein gantzes Buch aus des [aq]Andreae Hyperu[/aq] zu schreiben/ ohne daß er was weniges geendert/ wie [aq]Enoch[/aq] [S] [aq]Hannman[/aq] über [aq]Opitii Prosodie[/aq] errinert am [aq]125[/aq]. Blat) an die Prediger/ wenn er sie zu Ausübung der reinen Muttersprach reitzet [aq]lib. 3. de Ratione Stud. Theolog. c. 8. p. 429. Nam quò quis sermonis patrii est peritior, & in eodem disertior, eò judicatur ad docendum populum magis idoneus. Ac decet omninò concionatorem aliquid supra vulgus praestare in Sermonis patrii munditie ac puritate: Et non modò verbis quibusdam elegantibus & acquisitis, verùm etiam copiâ eorundem locupletatum prodire. Puritatem sermonis patrii non haurias, nisi vel ex convictu familiari eorum, qui tersissimè & nitidissimè illum sonant, vel ex libris commendatissimâ dialecto editis: qualis multorum judicio censetur in Italiâ dialectus Tuscanica: in Galliâ Turonesis: in Germaniâ Misnensis, in Britanniâ Londinensis[/aq]. Dannenher der Seel. Herr [aq]Lutherus[/aq] sich so sehr um die Reinigkeit der Teutschen Sprache bemühet/ daß er billich von fremden [aq]Nationen[/aq] gelobet wird.
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    (47-49) [117-119]
    WEil die Poeterey so wol weltliche als Göttliche Sachen in sich begreifft/ wie im Anfang des vorhergehenden [aq]3[/aq]. Cap angedeutet/ mag sie mit Recht und Ehren eine Aeltere [aq]Philosophia[/aq] genennet werden: wie sie denn auch der vornehme [aq]Platonist/ Maximus Tyrius sermon. 6. p. m. 57. adde Lipsii Manuduct. ad Philosophiam Stoicam lib. I Dissertat. 7[/aq]. mit diesem Titel beleget. Sintemal sie dem Alter nach/ nicht alleine den Geschichtschreibern/ sondern allen andern Scribenten vorgehet. Und seyn die Poeten/ ehe der Name [aq]Sophia[/aq], oder [aq]Philosophia[/aq] aufkommen/ vor weise Leute geschätzet worden. [aq]Plato[/aq] heisset sie der Weisheit Väter und Erhalter; weil sie zuerst in [G: Sihe den Eingang c. 2. [aq]§. 6[/aq].] dem guten Wandel und löblichen Sitten die Leute unterrichtet: als die [aq]Druides[/aq] bey den alten [aq]Celtis[/aq]; bey den [aq]Thraciern Zamolxis[/aq] und [aq]Orpheus[/aq]; bey den Griechen [aq]Musaeus[/aq] und [aq]Linus[/aq]. Welche alle zu ihren Zeiten berühmte Poeten gewesen. Von dem [aq]Orpheus[/aq] findet man bey den [aq]Autoren[/aq] unterschiedliche Meinungen/ die ich hie mit stillschweigen nicht vorüber gehen kan. Aus dem [aq]Aristotele[/aq] meldet [aq]Cicero lib. I. de naturâ Deorum[/aq], daß er gemeinet/ es hätte niemals derselbe [aq]Orpheus[/aq], von dem bey den Poeten so viel gelesen wird/ gelebet. Andere wollen nicht zugeben/ daß er weise und gelehrt gewesen sey/ wie [aq]AElianus lib. VIII. Histor. Var. cap. VI[/aq]. aus [aq]Androtione[/aq] mit folgenden Worten anführet. [aq]Ajunt, neminem antiquorum Thracum novisse literas. Imò, quotquot barbarorum Europam inhabitant, turpissimum duxerunt literis uti. At qui in Asiâ sunt, magis, ut fama est, iis sunt usi. Unde est, quod dicere audent[/aq], [S][aq]ne Orpheum quidem fuisse sapientem, quia Thrax fuerit, sed alios ejus fabulas ementitos[/aq]. Hingegen hält ihn [aq]Lactantius Instit. Divin. lib. I. cap. V[/aq]. vor den ältesten Poeten. [aq]Teodoretus[/aq] meldet aq[]Serm. 2[/aq]. [griech.]. daß er noch vor dem Trojanischen Kriege gelebet. [aq]Augustin. lib. XVIII. cap. XIV. de civit. Dei[/aq] gedencket so wol seiner/ als des [aq]Lini[/aq] und [aq]Musaei[/aq] mit folgenden Worten: [aq]Per idem temporis intervallum (quô Haebraeis judices praeesse coeperunt, ut praecedenti capite XIII. innuit) exstiterunt Poëtae, qui etiam Theologi dicerentur, quoniam de Diis carmina faciebant, &c. Ex quorum numero fuisse perhibentur Orpheus, Musaeus, Linus. Verùm isti Theologi Deos coluerunt, non pro Diis culti sunt. Idem capite XXIV. ejusdem libri scribit: Eodem Romulo regnante Thales Milesius fuisse perhibetur, unus è septem Sapientibus, qui post Theologos Poëtas, in quibus Orpheus maximè omnium nobilitatus est, Sophi appellati sunt, quod est Latinê Sapientes. Confer. Justin. Martyr. Orat. ad Gentes[/aq].
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    (57-58) [127-128]
    [aq]§. XI[/aq]. Aber wenn wier gleich alle [aq]Fabeln[/aq], so von Natürlichen [G: [aq]Masen. cap. 5[/aq].] Dingen und der SittenLehr handeln/ beyseit setzen und paßiren lassen/ so bleibet dennoch ein nicht geringer Scrupel und Zweiffel übrig/ ob man zulassen soll was von den Göttern gedichtet worden? Es ist unleugbar/ daß die Alten um dem gemeinen Mann ihre Geheimnisse der Lehren zu verbergen/ gleich einem köstlichen Schatz in die Erde/ unter die Fabeln verstecket haben. [aq]Solebant Poetae fabulis quasi nubeculis quibusdam sua & mysteria & praecepta Philosophiae naturalis & moralis operire atque involvere: sicut Medicus acerbiora Pharmaca exhibiturus prius oras pocula circum conspergit mellis dulcis flavoque liquore[/aq]. schreibt mein hoch-geehrter Patron Hr. von Birken [aq]in Monumento Dom. August. Sacr. Teuton. praefix. §. 37[/aq]. Nichts desto weniger ist übel und unrecht gethan/ daß ihrer viel von den Göttern als von groben Säuen geredet/ wie [aq]Scaliger l. 4. c. 1. Poet. p. m. 414[/aq]. klaget. Imgleichen [aq]Tertullian. adversus gentes c. 14[/aq]. Es sey nicht leicht einer unter den alten Poeten gefunden [S] worden/ der nicht die Götter solte beschimpffet haben. [aq]Etsi fabula cantat crimen Numinum falsum, delectari tamen falso crimine, crimen est, urtheilet gar wohl Augustinus lib. IX. de C. D. cap. 12. p. 556[/aq]. Ja selbst der Heyden eigene Zeugnisse seind dawieder/ und bestraffen sie deshalben/ wie bey dem [aq]Isocrate[/aq] in [aq]Busiride[/aq] zuvernehmen. [aq]Pythagoras[/aq] soll gesagt haben/ daß [aq]Homerus[/aq] in der Hölle gemartert würde/ weil er so viel schändliche [aq]Fabeln[/aq] in seine Gedichte gesetzet; [aq]Dionys. Longin[/aq]. [griech.] spricht von ihm. Er hätte aus den Göttern Menschen gemacht/ weil er ihnen so viel Laster und Schand-thaten angedichtet; und die Sternen unter unzüchti- [G: [aq]lib. 10. de Rep. & Dial. a[/aq]. [?] [aq]f. 581[/aq]] ge Bildnisse verhüllet. Dieser Ursache wegen hat [aq]Plato[/aq] weder den [aq]Homerum[/aq] noch andere/ die ebenmäßige Freyheit der Schmachsüchtigen Feder gestattet/ im Stadwesen dulden wollen/ da er doch sonsten den [aq]Poeten[/aq] nicht hat abgeneigt seyn können/ wo er sich selbst nicht hätte zu bestraffen gesuchet/ alldieweil er ein guter [aq]Poet[/aq] mit gewesen/ wie [aq]Jul. Caes. Scaliger apicular. part. I. p. 13[/aq]. andeutet. [aq]Dion. Chrysostom. orat. 53[/aq]. schreibt von des [aq]Platonis[/aq] Gesetz also: [aq]Plato Homerum reprehendit in fabulosis sermonibus de Diis, ut qui nequaquam hominibus conducentia ea dixerit, nempe cupiditates, & mutuas insidias & adulteria & contentiones, litesque de Diis recitans: undè noluit eum participem esse civitatis Reipublicaeque suae sapientis, ut ipse putabat, futurae, ne haec audirent de Diis Juvenes. Conf. Theodoret. lib. 2. de curat. Graec. affect. Euseb. lib. 13. de praeparat. Evang. cap. 1. & 2. Athenaeus lib. 2. Max. Tyrius Serm. 7[/aq]. Das ärgeste ist/ daß sie allerhand Ubelthäter mit unter die Götter gezehlet. Worüber auch [aq]Nazianzenus[/aq] mit diesen Versen geeyfert: ¶ [aq]Nunc Graeci fingunt, quorum vaesania Divos[/aq] ¶ [...] ¶ [G: Verthäd. der Kunstliebenden 2. Theil [aq]p. 200[/aq].] [aq]Jupiter[/aq]-Jungfrau-Raub hatte nicht gnugsam an des Tages Licht kommen können/ da man solchen nicht unter die Sterne gesetzt hät- [S] te. Es wäre nicht genug gewest/ daß man sie in Marmel ausgehauen/ in Metall gegossen/ in die Gemähle gesetzet/ und in offentlichen Freuden-Spielen dargestellet hätte/ wenn man ihnen nicht noch dazu den Himmel zu einem Schauplatz einräumete/ die Sternen durch sie abbildete/ und die gantze Welt zum Beschau einladete. Deßwegen hat die Königin [aq]Dido[/aq] von ihrer eigenen Person bey [aq]Ausonio[/aq] den Leser gewarnet/ daß er nicht alles/ was bey Poeten von ihr gemeldet wäre/ gläuben solte/ wenn sie also heraus gebrachen: ¶ [aq]Vos magis Historicis lectores credite de me[/aq] [G: [aq]Epigramm. III[/aq].] ¶ [...] ¶ Was von mier Geschichte melden könnt ihr Leser besser gläuben/ ¶ [...] ¶ [aq]§. XII[/aq]. Etliche wollen zwar die Poeten hierin entschuldigen/ vorgebend/ sie hätten die Götter nicht nach ihrem Wesen beschrieben/ sondern nur nach dem gemeinen Wahn des Pöfels/ den er von ihnen geschöpffet. Daß sie aber so viel Götter ertichtet/ davon giebt [aq]Cicer. lib. 2. de Natur. Deor[/aq]. den Bescheid: [aq]Suscepit vita hominum consuetudoque communis, ut beneficiis excellentes viros in Coelum famâ, ac voluntate tollerent. Hinc Hercules, hinc Castor & Pollux, hinc Aesculapius[/aq]. Wenn von dem [aq]Jupiter[/aq] geredet wird/ [G: [aq]Voss. lib. I. de Idololatr. cap. 14. p. 110[/aq].] so ist zu wissen/ daß die Alten ihre Fürsten und Könige mit diesem Nahmen beehret/ weil sie über alle eine Gewalt/ und also gleichsam was Göttliches an sich hatten. [...] Andere meinen/ man müß einen Unterscheid halten/ unter denen Sachen die sich in Wahrheit begeben/ und de-[S]nen die Poeten/ also zu reden/ ein Färbchen angestrichen/ welches [G: [aq]Lib. de Fals. Religion. cap. XI. p. m. 27[/aq].] auch [aq]Lactantius[/aq] erinnert/ wenn er von dem [aq]Jupiter[/aq] und der [aq]Danae[/aq] schreibet: [aq]Danaen violaturus Jupiter aureos nummos largiter in ejus sinum infudit. Haec stupri merces fuit. At Poetae, qui quasi de Deo loquebantur, ne auctoritatem creditae majestatis infringerent, finxerunt ipsum in aureo imbre delapsum, câdem figurâ, quâ imbres ferreos dicunt, cum multitudinem telorum sagittarumque describunt. Rapuisse in aquila dicitur Catamitum. Poeticus color est. Sed aut per legionem rapuit, cujus insigne aquila est; aut navis, in quâ est impositus, tutelam habuit in aquila figuratam: sicut taurum, cum rapuit & transvexit Europam. Eodem modò convertisse in bovem traditur Io, Inachi filiam, quae ut iram Junonis effugeret, ut erat jam setis obsita, jambos tranâsse dicitur mare, in Aegyptumque venisse at´que ibi receptâ pristina formâ Dea facta, quae nunc Isis vocatur, &c. Non res ipsas gestas finxerunt Poetae, sed rebus gestis addiderunt quendam colorem: cum Poetae officium sit in eo, ut ea, quae gesta sunt verè, in aliquas species obliquis figurationibus cum decore aliquo conversa traducat[/aq]. ¶ [aq]§. XIII[/aq]. Dem sey nun wie ihm wolle/ und ob gleich etliche Außlegungen zu den nachtheiligen Fabeln gemacht würden/ so ist doch gewiß/ daß dadurch die guten und erbaren Sitten untertretten/ und die züchtigen Gemüther geärgert werden/ deßwegen man sie gantz nicht billigen kan. Zu dem Ende ermahnen auch verständige Leute/ daß Christliche Poeten so viel als müglich dieselbe Getichte/ darinnen schandbare Possen enthalten/ mit Fleiße fliehen/ und in ihren Schrifften sich der Heidnischen Abgötterey nicht gebrauchen sollen. Denn es ist fast unverantwortlich/ daß ein Christ/ der den wahren Gott aus seinem Wort und mannichfaltigen Wunderwercken erkennet/ die ärgerliche Götzen in seinem Munde oder Feder führet/ und unter geistliche Sachen vermänget/ nicht anders als wenn ein Heyde in seinem blinden Wahn von den Göttern und Göttinnen schwärmete. Pfui des Teufflischen Wesens/ saget mein HöstchgeEhrter Hr. Rist im Vorbericht seines Schauplatzes/ und der mehr als Heydnischen Blindheit/ daß [S] ihr/ die ihr euch der wahren Erkäntniß Christi rühmet/ so gar nicht schämet der elenden Heyden-Götter/ welche ihrer Alten Lehrer und Mährlein-schreiber selbst-eigenem Bekäntniß nach/ Hurer/ Ehebrecher/ Diebe und Räuber/ ja gar leibhaffte Teuffel gewesen/ so andächtig anzuruffen/ und so meisterlich heraus zu streichen. Träget aber iemand sonderlich Belieben zu den Alten Poeten/ und begehret etwas daraus zu nehmen/ der sehe wohl zu/ daß er nicht gleichsam mit heißhungerigem Magen alles was ihm vorkommt/ zu sich nehme/ sondern mit Bedachtsamkeit auslese was ihm dienet/ und nicht gar zu schwer verdauen fällt/ damit er keinen Schaden davon tragen dörffe. Er soll es nach [aq]Augustini[/aq] [G: [aq]de Doctrin. Christian[/aq].] Ermahnung anfangen/ wie die Israeliter mit den Egyptern thaten/ da sie die güldene Geschirre aber nicht die Götzen/ ob sie schon gülden waren/ mit sich genommen haben. Er kan die Sichel seines Verstandes auf der Alten Poeten Wetzstein schleiffen/ doch darff er nicht eine Aerndte von diesen Feldern ohne einiges Bedencken anstellen/ damit er nicht statt des Getreides lauter Unkraut/ und vor die Mühe Verdrüßlichkeit einsamle.
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    (41-45) [111-115]
    Die Hebräer haben in ihrer [aq]Cabala[/aq], welches eine Wissenschafft ist von den Geheimnissen/ so theils in eintzeln Buchstaben/ theils in gantzen Worten bestehet/ ([aq]Cabala est divinae revelationis ad salutiferam Dei & formarum separatum contemplationem tradita symbolica receptio. Johan. Reuchlin. lib. I. de arte Cabalisticâ[/aq].) sehr viel seltzame Dinge durch die Wortforschung hervorgebracht/ in dem sie einem jeden Buchstaben im Alphabeth eine Bedeutung zugelegt. Davon der H. Kirchenlehrer [aq]Hieronymus in Epist. ad Paulam, und in praefat. commentar[/aq]. über die Klaglieder [aq]Jeremiae[/aq] handelt. [aq]Aleph[/aq] heisst [aq]doctrina, Beth domus, Ghimel plenitudo, Daleth Tabularum[/aq], welche Buchstaben/ wenn sie mit ihrer Auslegung zusammen gesetzt werden/ diesen Verstand geben: [aq]Doctrina domus plenitudo Tabularum[/aq], und also von ihm erkläret seyn: [aq]Doctrina Ecclesiae, quae est Domus DEI[/aq], [G: [aq]I[/aq]. B. Mos.] [aq]in librorum divinorum reperiatur plenitudine, &c[/aq]. Von dem ersten Wort der H. Schrift/ [aq]Bereschit[/aq], (mit welchem Nahmen sie auch ein theil der Cabalae benennen/ und ihnen so viel als [aq]Cosmologia[/aq] ist/ darinn von der Kraft und Würkung aller erschaffenen Dinge am Himmel und auf Erden gehandelt wird/ und unterschieden ist von der [aq]Merchiana[/aq], als dem 2. Theil der [aq]Cabalae[/aq], so die Göttlichen Sachen/ Buchstaben/ Zahlen/ Linien und Punkten begreifft/ daher sie auch von etlichen [aq]Cabala Elementaria[/aq], von andern aber [aq]Theologia Symbolica[/aq], genennet wird) hat [aq]Picus Mirandulanus[/aq] in seinem [aq]Heptaplo[/aq] viel nachdenkliche Meinungen aufgezeichnet/ wie bey ihm zu [S] lesen. Sieh was [aq]Nicolaus Causinus in Eloq. Sacr. & profan. f. 174. seqq[/aq]. und [aq]Caramuel. Apparat. Philosophic. lib. 2. de omnium gentium characteribus & literis secretis[/aq], insonderheit aber [aq]Athanasius Kircherus in Oedipo AEgypt. Tom. 2. classe 4[/aq]. angemerket. Wir Deutschen können an stat der Hebräer [aq]Cabala[/aq] die ZahlBuchstaben gebrauchen/ unter denen entweder ¶ a gilt [aq]10[/aq] ¶ [...] ¶ Oder den Mitlautenden wird eine gewisse Zifer zugelegt/ davon bey Hn. Harsdörffern im [aq]CXLVII[/aq]. Gesprächspiel/ wie auch im Poet. Trichter [aq]8[/aq]. Stunde. [aq]§. 12. &c[/aq]. ausführlich zu vernehmen ist. Daß die Griechen gleicher weise die [aq]5[/aq]. Buchstaben [griech.] vor heimlich und geistlich geachtet/ erwehnet [aq]Isidorus[/aq]. ¶ Durch die erste das [griech.] ist das menschlich Leben abgebildet/ wie bekant; durch die andere der Tod/ sintemahl das [griech.] bey den Namen der Verurtheilten von den Richtern gesetzet worden. Die dritte zeigt auf das Creutz Christi/ damit alle Betrübte zum Trost sollen gezeichnet werden/ welche Meinung auch etliche den Hebräern beygemessen/ weil bey dem Propheten Ezechiel befohlen wird [aq]Signa Tau in fronte gementium & dolentium[/aq]: Zeichne ein [aq]Tau[/aq] auf die Stirne der Seuftzenden und Klagenden. Die [aq]2[/aq]. übrigen/ als [griech.] und [griech.] eignet ihm unser Heiland selbst zu/ wenn er von sich sagt: Ich bin das [griech.] und [griech.]/ der Anfang und das Ende. Diesen hat [aq]Justinus Martyr[/aq] in seiner [aq]2. Apologia ad Antonium[/aq] noch das [aq]X[/aq] zugesellet/ wodurch gleicher weise das Creutz Christi angedeutet würde.
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    (70-71) [140-141]
    Etliche gelehrte Leute haben beobachtet/ daß die Ebræer mit den Deutschen [G: [aq]lib. 5. Op. p. 1024[/aq].] im Verse-machen ziemlich übereinkommen/ zu welchem Ende [aq]Clajus[/aq] geschrieben: [aq]Germani ut Hebraei carmina scribunt, observantes in fine Rythmum, id est[/aq], [griech.], [aq]ut[/aq]: ¶ [G: [aq]Grammat. German. de ratio. Carm. German[/aq].] HERR JESU Christ/ ¶ [...] [S] ¶ [aq]Versus non quantitate (ut apud Latinos & Graecos diphthongo, vocali ante vocalem & positione) sed numero syllabarum mensurantur, sic tamen, ut[/aq] [griech.] [aq]&[/aq] [griech.], [aq]i. e. acutus & gravis accentus observetur. Juxta quam pedes censentur aut Jambi, aut Trochaei, & carmen fit vel Jambicum, vel Trochaicum. Syllabae enim, quae communi pronunciatione non elevantur, sed raptim, tanquam scheva apud Ebraeos, (ut geliebt/[/aq] bekannt) [aq]pronuntiantur, in compositione versûs nequaquam elevandae sunt, sed deprimendae: & contra, syllabae longae, & accentum sustinentes, nequaquam deprimendae, sed elevandae sunt, ut[/aq]: ¶ Im Gesetze steht geschrieben/ ¶ [...] ¶ [aq]Trochaici sunt. Nam si Jambici essent, syllabae deprimendae elevarentur, & elevandae deprimerentur. Binis enim syllabis fit dimensio, quarum prior deprimitur, altera elevatur, in carmine Jambico; in Trochaico verò prior elevatur, posterior deprimitur[/aq]. ¶ [aq]§. III[/aq]. Hiebey fället auch vor zu erinnern/ daß viel Lateinische Getichte/ aber Geistliche/ nicht nach ihrer rechten [aq]quanti[/aq]tät; sondern nach dem [aq]accent[/aq] gesetzet seyn. Diese Abmessung nennet [aq]Beda lib. de metris Rythmum[/aq][?], und schreibt davon also: ¶ [aq]Videtur Rythmus metris esse consimilis verborum modulata compositio, non metricâ compositione, sed numero syllabarum, ad judicium aurium examinata; ut sunt carmina vulgarium Poëtarum Et quod Rhythmus per se sine metro esse potest; metrum verò sine rhythmo esse non potest. Quod liquidius ita definitur Metrum est ratio cum modulatione: Rhythmus est modulatio sine ratione. Plerunque tamen, casu quodam, invenies etiam rationem in Rhythmo, non artificii moderatione servatam; sed sono & ipsa modulatione ducente: quem vulgares Poetae necesse est faciant rusticè, docti faciant doctè. Quomodo ad instar Jambici metri pulcerrimè factus est hymnus ille praeclarus[/aq]: [S] ¶ * [* [aq]fortè O Rex, vel Rex aevierne[/aq].] [aq]Rex aeterne Domine[/aq], ¶ [...] ¶ [aq]Et alii Ambrosiani non pauci. Iem ad formam metri Trochaici, canunt hymnum de die Judicii per Alphabetum[/aq]: ¶ [aq]Apparebit repentina dies magna DOMINI[/aq],
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    (124-126) [194-196]
    [aq]§. XX[/aq]. Zum Beschluß dieser Tafel/ damit ich nun wieder auf die Stükke/ so in einer Rede zu betrachten sind/ komme/ soll sie ([aq]i[/aq]) erbar und höflich seyn: Es soll sich auch der Poet höchstes Fleisses von Beschreibung abscheulicher Sachen enthalten/ wo nicht der Inhalt des Getichtes nohtwendig solche erfodert: Denn sonst wird es dem Leser oder Zuhörer einen Ekkel machen/ da doch iederzeit sein Zwekk dahin gerichtet seyn soll/ daß seine Erfindung beliebt werde. Von den Lacedaemoniern meldet [aq]Valer. Max. lib. VI. cap. IV[/aq]. daß sie des [aq]Archilochi[/aq] Schriften aus ihrer Stadt weggeschaft haben/ weil etliche schandbare Sachen darinnen enthalten gewesen: welche sie ihren Kindern nicht haben wollen vortragen lassen/ auf daß derselben zarte Gemüther und Sitten dadurch nicht bemakelt würden. Wie vielmehr will denn einem Christlichen Poeten geziemen/ vor so schädlichen Sachen einen Abscheu zu haben/ der künftig einmahl/ wie Christus bey [aq]Matthaeo[/aq] am [aq]XII, 36[/aq]. lehret/ von einem ieden unnützen Worte Rechenschaft geben soll. [aq]Augustinus[/aq] schreibt im ersten Buch seiner Bekäntnüß im [aq]XVI. cap[/aq]. von den heydnischen Poeten also: [aq]Non omninò per hanc turpitudinem verba ista commodiùs discuntur; sed per haec verba turpitudo ista confidentiùs perpetratur. Non accuso verba quasi vasa electa atque pretiosa; sed vinum erroris, quod in eis nobis propinatur ab erbriis doctoribus. Conf. Lactant. Firmian. lib. V. Divin. Institut[/aq].
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    (286) [356]
    [aq]Johannes Magnus[/aq] will [aq]libro I. Historiae Suecicae cap. 7[/aq]. behaupten/ daß die Gothen eher als die Lateiner/ und also fast tausend und zwey hundert Jahr vor Christi Gebuhrt/ ihre Buchstaben gehabt. Welches/ wenn man es recht bedenckt/ gantz und gar der vorigen Meinung zu wieder läufft/ und dannenher nicht unbillich dem Unvergleichlichen [aq]Vossio[/aq] und dem [aq]Cornelio Agrippa lib. I. de Vanit. Scientiar. cap. II[/aq]. verdächtig vorkömmt. Denn weil [aq]Gulphilas[/aq], wie allbereit erwehnet/ die Gothische Buchstaben erfunden/ und um das Jahr Christi [aq]364[/aq]. gelebt hat/ so können sie ja nicht so lange zuvor/ als [aq]Johannes[/aq] und [aq]Olaus[/aq] wollen/ dieselbigen gehabt haben. Es wäre denn/ daß offt ernanter Bischoff nicht so wohl die Gothischen Buchstaben erfunden/ als in üblichen Gebrauch gebracht hätte: Wohin [aq]Theodorus Zwingerus in V. H. Theatr. volum. IV. lib. I. gehet. Vossius[/aq] schreibet in seinem überaus gelehrten [aq]Aristarcho lib. I. cap. IX. pag. m. 38[/aq]. davon/ wie folget: [aq]Plane vereor, ne hoc majori gentis suae amore scripserint, quàm veritatis. Lubens quidem illud dedero, quod Ulphilas Gothicas dicitur literas invenisse, id ex eo profectum videri, quod antequam ille Biblia in Gothicam transtulisset linguam, paucis ex eâ gente literae essent cognitae, ac propterea nec habere illas nationibus crederentur: Attamen istud persuadere mihi non possum, fuisse Gothis suas literas, antequam eas haberent Latini. Siquidem tardè admodum has didicére gentes ad Septentrionem sitae; etiam quae Orienti, unde homines & Scriptura, non paulo viciniores, ac cultioribus populis commerciis magis frequentatae, Sanè Thraces, utcunque apud eas Orphea natum fabulentur, nec dum literas nôrunt Aeliani aetate. &c[/aq].
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    (21) [91]
    [aq]§. III[/aq]. Die Bild-Kunst eignet ihr ein Himmel-blaues Kleid zu/ damit man aus dem eußerlichen Zeichen ihre innerliche Eigenschafft beurtheilen könne. Keine Farbe stehet ihr besser an als diese/ weil sie ihrem ersten Ursprunge nach himmlisch ist/ und anfänglich zu dem Gottesdienst gebrauchet worden. Der gelehrte Holländer [aq]Anton. Rodorn. Scriekkius[/aq] sagt davon also: [aq]Divi-[/aq] [G: [aq]lib. I. adversar. Scal. l d.[/aq]] [aq]nam esse Poeticam antiqui & recentiores omnes crediderunt, & loquuntur. Metri originem suggestam afflatu divino, quod magnum mundum certâ ratione quasi metro dirigat, ipso vero videmus[/aq]. Und der [aq]Phoenix[/aq] unserer Zeit [aq]Casp. Barth[/aq]. meldet über die Worte [aq]Papiae: Theologi Poetae ideò dicebantur, quoniam de Diis carmina faciebant; Sane verò antiqua Theologia humana in[/aq] [G: [aq]V. m. Augustin. l. 6. de C. D. c. 5. p. m. 584[/aq].] [aq]literis Poeticis & mysteria Numinum introducta ab iisdem, ut exemplo Orphei vides apud Lactantium[/aq]. Ja auch nach dem Zeugnisse des allerberedesten unter den Römern/ [aq]Ciceronis[/aq], hat niemals ein Barbarisches und wildes Volck den Nahmen eines Poeten vernachtheiliget/ sondern sie sind allezeit hoch und heilig gehalten worden. Um welcher Ursache willen auch die alten Heyden vor gewiß und unfehlbar gegläubet: Es könte keiner sich mit dieser holdseligen Nymphen befreunden/ wenn ihn nicht die mildreiche Gunst des Himmels vor anderen Leuten [S] beglückseliget/ und seiner Natur eine sondere Fähigkeit eingepräget/ dadurch der Verstand erleuchtet/ und die Sinnen begeistert würden. Welches [aq]Socrates[/aq] andeuten wollen/ wenn er zu dem [aq]Jone[/aq] gesprochen: Wenn er (jo) von dem [aq]Homero[/aq] wohl reden wolte/ so könte ihm hierinn nicht so wohl die Kunst behülfflich seyn/ als eine Göttliche Gewalt/ die ihn bewegen müste; gleich als ein Magnetstein/ welcher nicht allein das Eisen an sich zeucht/ sondern auch demselben eine Ziehungs-Krafft/ mittheilet/ daß ein ander Eisen daran hangen bleibet/ eben als das vorige am Magnet. Als wolt er sagen; man sehe zwar/ daß von dem Magneten das Eisen angezogen würde/ aber die Ursache wäre unbekant: Solche Bewandniß hätte es auch mit der Poeterey/ die sich auf eine unerforschliche Weise in dieses oder jenes Natur befindet. ¶ [aq]§. IV[/aq]. Bey einem ieglichen/ der sich einer Kunst ergeben will/ werden nach Außage der Weltweisen/ dreyerley erfordert: Nemlich die Natur/ die Unterweisung und die Ubung In allen andern Wissenschafften können die zwo letzten Stücke viel verrichten/ In der Poesie aber wird nothwendig die natürliche Neigung vorangesetzet; Wohin des [aq]Ciceronis[/aq] Worte zielen: [aq]Sic à summis ho-[/aq] [G: [aq]Orat. pro Arch[/aq].] [aq]minibus eruditissimisque accepimus, coeterarum rerum studia & doctrinâ, & praeceptis & arte constare; Poetam naturâ ipsâ valere & mentis viribus excitari, & quasi divino Spiritu afflari[/aq]; Welchen [G: [aq]lib. 2[/aq].] nicht ungleich seind die in den [aq]Tusculani[/aq]schen Fragen gelesen werden: [aq]Mihi verò ne haec quidem notiora & illustriora carere vi divinâ videntur, ut ego aut Poetam grave plerumque carmen sine coelesti aliquo mentis instinctu, putem fundere & c[/aq]. Und [aq]Ovidius[/aq] hat frey heraus bekant: ¶ Es ist ein Gott in uns/ so bald sich der nur reget ¶ Brennt unser Geist auch an und wird mit ihm beweget.
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    (3-4) [73-74]