Mythenkritik

Opitz, Martin

Buch von der Deutschen Poeterey

| 'Die nahmen der Heidnischen Götter betreffendt/ derer sich die stattlichsten Christlichen Poeten ohne verletzung jhrer religion jederzeit gebrauchet haben/ angesehen das hierunter gemeiniglich die Allmacht Gottes/ welcher die ersten menschen nach den sonderlichen wirckungen seiner unbegreifflichen Maiestet unterschiedene namen gegeben/ als das sie/ wie Maximus Tyrius meldet/ durch Minerven die vorsichtigkeit/ durch den Apollo die Sonne/ durch den Neptunus die Lufft welche die Erde unnd Meer durchstreichet; zuezeiten aber vorneme Leute/ die wie Cicero im andern buche von den Gesetzen saget/ umb jhres vordienstes willen in den Himmel beruffen sein/ zue zeiten was anders angedeutet wird/ ist allbereit hin und wieder so viel bericht darvon geschehen/ das es weiterer außführung hoffentlich nicht wird von nöthen sein.'

Zesen, Philipp von

Scala Heliconis Tevtonici

| 'XII. Die eignen nahmen der Götter und Göttinnen/ wie auch die den heiden sonst übliche und eigne arten zu reden/ sollen von uns Kristen/ nicht muhtwillig und nach beliebung/ sondern sparsam und bedächtig gebrauchet werden. ¶ (So viel hat uns alhier zu erinnern genug gedeuchtet. Solches aber wollen wier mit Gott in einem sonderlichen buche fölliger zu erwegen für die hand nehmen. Unterdessen kan Mutzius Panse/ wie wohl er fast widriger meinung ist/ im Kusse der kristlichen und heidnischen Weisheit, und sein wiederleger Matz Strazza/ wie auch unser erneuerter Helicon/ gelesen werden.'

Harsdörffer, Georg Philipp

Poetischer Trichter

| '3. Weil aber die Heyden vieler Sachen Ursachen nicht erkundigen mögen/ haben sie solche ihren Göttern zugeschrieben/ und denselbigen für die Früchte der Erden/ der Bäume/ des Rebens/ und dergleichen Danckopfer gebracht/ dabey aber ihr Gebet/ und Lobgesang in gebundner Rede verrich- [S]tet; allermaßen ihnen auch gleichergestalt von den Oraculis, oder Götzen-Stimmen geweissaget worden.* [Hierinnen hat der böse Feind/ als Gottes Aff/ der Hebreer Gebrauch bey den Opfern nachahmen wollen.] ¶ 4. Wir Christen/ die wir den allmächtigen Gott/ nicht nur aus seinen Wercken/ sondern auch aus seinem Wort erkennen/ sollen uns der Heyden Fabelwerck enthalten: die sich auch nicht gescheuet/ ihren Göttern solche Laster anzudichten/ mit welchen die Dichter selbsten schändlichst beflecket gewesen. Doch kan man mit Bescheidenheit derer Fabel wol gebrauchen/ in welchen natürliche Ursachen bedeutet/ oder sondere Lehren verborgen sind. Daß aber auch in geistlichen Sachen/ welche durch das Liecht der verständigen Seele erleuchtet werden müssen/ ein Poetischer Geist zu erweisen/ ist unter andern zu ersehen in den Sontagsandachten/ bestehend in einem neulich heraus gegebenem Bild-Lieder-und Gesangbuch/ in dessen Vorrede viel hieher gehöriges zu lesen.' | '10. Der erdichten Personen sind I. Heydnische Götter/ als Apollo/ Cupido/ Venus/ Neptun/ welcher etliche in ihren Gedichten gebrauchen zur Vorstellung des Tags/ der Begierde/ der Liebe/ des Wassers/ etc. Hiervon sagt unser Rüstiger in dem Vorbericht seines Poetischen Schauplatzes also: Pfui des Teuffelischen Wesens/ und der mehr als Heydnischen Blindheit! daß ihr/ die ihr euch der waaren Erkantniß Christi rühmet/ so gar nicht schämet der elenden Heyden Götter/ welche ihrer alten Lehrer und Mährleinschreiber selbst eignen Bekantniß nach/ Hurer/ Ehebrecher/ Diebe und Rauber/ ja gar leibhaffte Teuffel gewesen/ so andächtig anzuruffen/ und so meisterlich herauszustreichen/ etc. Verantwortlicher ist verstorbene Personen in Traumgesichten vorzustellen/ als die Sibyllen/ die Helden/ Poeten/ etc. ¶ 11. II. Kan an stat dieser füglicher gebildet/ und eingeführet werden/ die Tugend/ das Laster/ der Krieg/ die Zeiten/ etc. allermassen solche Bildkunst aus Cesare Ripa in dem VII. Theil der [S] Gesprächspiele ümständig beschrieben werden/ dahin dann der Leser beliebter Kürtze willen verwiesen wird.' | 'ES ist vor unerdenklichen Jahren die Poeterey absonderlich zu des Bacchi Götzendienst gewidmet gewesen/ in dem die Heyden bey Verzehrung ihrer Opfergaben gesprungen und gesungen/ beedes aber ohne Beobachtung der steigenden und fallenden Sylben/ nicht zusammen treffen wollen. Bey diesen Opfern haben sie sich mit Epheu und Wintergrün gekrönet/ einen Bock/ als welcher den Weinberg am meisten schadet/ aufgeopfert/ und sich als Waldmänner mit rauhen Fellen bedecket/ etc. daher dann die Tityri/ Satyri/ und Sileni (welches die Aeltesten und Hofmeister unter ihnen gewesen/) den Ursprung in den Gedichten genommen/ und weil sie ungescheut (unter dem Schein einer grossen Weiß-[S]heit/) bey dem Trunk die Laster hoher Personen zu schimpfen pflegten/ hat es dem gemeinen Mann so wolgefallen/ daß man sie zu mehrerer Belustigung auf den Schauplatz geführet/ und so wol traurige- als freudige Geschichte/ mit veränderten Personen vorstellen lassen/ wie hiervon andere *[Scaliger in Poetic. Causab. de Satyric. Poesi, Heinsius ad Satyram Horat.] ümständig geschrieben.' | '11. Belangend den Inhalt/ ist solcher bereits etlicher massen vermeldet/ und betrifft ins gemein die Lieblichkeit des Feldlebens/ ohn desselben Beschwerniß/ die Ruhe deß Gemüts/ verantwortliche Liebshändel/ und sollen die Heydnischen Götzenbilder/ weche die Italiäner einzuführen pflegen/ hiervon ausgeschlossen werden.' | 'Hierbey möchten etliche vermelden/ daß der Heidnischen Götter und Poëtischen Fabeln keine Meldung beschehen/ [S] die zu den Gedichten nohtwendig scheinen. Hierauf ist zuwissen/ daß ich für verantwortlicher halte/ wann die Christen der Heidnischen Götzen Namen noch im Munde noch in ihrer Feder führen/ oder ja ihrer/ (wie die Juden die fremden Weiber mit abgeschnittnen Haaren und Nägeln annehmen dörfften/) mit grosser Bescheidenheit gebrauchen. An solcher Stelle kan die Personbildung (Prosopopoeja) tretten/ welche die Mahlerey und Poëterey meisterlich vergesellschaftet/ und zu solchem Ende bey aller Begebenheit beygerücket worden ist gebrauchet werden.' | '18. Gleiches Bewantniß hat es mit den eignen Namen/ die von dem Ebräischen/ Griechischen oder Lateinischen herkommen/ und so wol in der gantzen H. Schrifft/ als in dem gemeinen Gebrauch für Taufnamen ungeändert behalten worden/ und scheinet/ daß solches von dem Christenthumb/ welches in Lateinischer Sprache auf uns Teutsche gebracht worden/ [S] biß auf diese Zeit verblieben seye. 9. Hiervon werden ausgeschlossen der Heydnischen Götzen Namen/ die ein Christlicher Poët billich vermeiden/ und sie auch nicht in dem Munde führen sol/ als zur Verachtung. An solcher Stelle aber dienet die Bildkunst/ daß ich den Früling für die Florem/ den Sommer für Cererem/ den Herbst für Bacchum etc. einführe/ beschreibe und ausbilde/ wie in der Xten Betrachtung folget.'

Moller, Alhardus

Tyrocinium Poeseos Tevtonicae

| 'Wann ich aber Hochwerthe Herren/ bey außfertigung dessen/ mich deren in campis Elysiis, (gemäß Heidnischer pietät/) jetzwallenden/ beneben denen so zum Theil in die Triumpf-Palläste himmlischer Thronen/ albereits eingezogenen/ zum theil GOtt Lob noch bey leben herrlichen artis & martis bedienten/ erinnert/'

Kempe, Martin

Neugrünender Palm-Zweig Der Teutschen Helden-Sprache und Poeterey

| "Auch keiner würde nicht bei ih- ¶ nen [den Griechen, J.T.] leicht gelitten/ ¶ Dem Gott wär' unbekant/ Mi- ¶ nerven-Stadt verjagt ¶ Von ihr Protagoras/ weil er ein- ¶ mahl gesagt: ¶ Er wüst' und kennt' ihn nicht;" | 'Wenn man aber dem Nahmen Prometheus/ welcher [griech.] à Providentiâ. stammet/ eigentlich nachsinnen will/ wird dadurch nicht ungeschikklich die Gött-[S.i.O.] [S] liche Vorsorge verstanden. Plutarchus deutet hiermit auf des Menschen Gemüht/ so den irrdischen Leib unterrichtet und Kräfte zuleget; daß er aber das Feuer gestohlen/ wird auf seine Wissenschafft gezogen/ da er die Assyrer erstlich in der Astrologi unterrichtet/ das Gestirn/ Blitz und Donner/ als das rechte himmlische Feuer/ auf Erden den Menschen bekant gemacht und angemerkt hat. vid. Apollodor. Argonaut. libr. 2. Hesiod. Theogon. Diodor. Sicul. & Agaeta rer. schytic. libr. 13. it. Lucian. Er soll zu den Zeiten des Patriarchen Josephs gelebt haben. A. M. 2250. teste Tursellin. Hist. p. 10.' | '92. Um bey die Heidenschafft &c. Famigeratissimus Philologus & Theologus, J. M. Dilherrus lib. 2. Elect. c. 6. p m 146. è Censorin l. de N. D. c. 1. observavit quemlibet gentilium in agro suo habuisse [S.iO] partem aliquam Dîs consecratam, in qua eos colerent. v. Cl. Weitzius in Prudent. undè nostra appellatio quoque traxit originem, quando eos vocamus Heiden/ weil sie auf dem Feld in wäldern und auf Heiden sich aufgehalten und ihren Götzendienst verrichtet.' | "v. 126. Es müst' ein Schöpffer sein. Solches ist bey heidnischen Scribenten mit Uberfluß zu lesen/ dannenhero Lipsius wohl gesprochen cent. 2. Ep. 26. ad Belgas: Est inter communes receptasque notiones, quas natura parens omnibus, quae ubique orbis sunt aut fuerunt gentibus insevit, Deum esse. Avicenna: qui Deum aut NUMEN non agnoscit, non tantùm ratione caret, sed etiam sensu. Nulla gens tàm fera, nemo tàm immanis, cujus mentem non imbuerit Deorum opinio. Cic. 1. de [S.i.O.] [S] Cic. 1. Tuscul. quaest. §. 30. conf. De N. D. §. 43. it. libr. 2. de N. D. §. 15. in hunc sensum quoque Seneca Epist. 117. & Eleganter Minutius Felix, in Octavio. t. 8. Bibliothec. Magn. Patrum fol. 4. Et quid, ait, potest esse tàm apertum, tàmque per spicuum, & confessum, cùm oculos in coelum sustuleris, & quae sunt infrà citràque lustraveris, quàm esse aliquod NUMEN praestantissimae mentis, quo omnis natura inspiretur, moveatur, alatur, gubernetur? Coelum ipsum vide, quàm latè tenditur, quàm rapidè volvitur, vel quod in nocte astris distinguitur, vel quod in nocte astris distinguitur, vel quod in diem Sole lustratur; jam scies, quàm sit in eo summi MODERATORIS mira & divina libratio &c. conf. August. Serm. 143. de temp. fol 652. tom. 10. oper. Hugo Grot. l. 1. de Veritate Relig Christian. c. 2. p. 4. 5. Lactantius indignos censet Philosophorum nomine negantes Deum, l. 7. c. 9. scribens: Qui nullum omninò Deum esse dixerunt, [S.i.O.] non modo Philosophos, sed nec homines quidem dixerim. add. Micraelii Ethnophroniam. Lubin. praefation. in Juvenal. Joh. Ludovic. Ruel. Religion Gentium. circa festa. itemque D. Steph. Klotz. Pneumatic. Disputat. 16. pag. 869."

Kindermann, Balthasar

Der Deutsche Poët

| 'Von den Tirynthiern schreibet der berühmte Herr Eras. Franciscus/ in der Vorrede/ über seine wolaufgebauete Schaubühne/ daß Sie fast bey dem andern Worte gelacht; und solcher Narrentheidung wegen von andern Nationen verachtet worden: Derohalben sie endlich den Delphischen Abgott um Raht gefragt/ wie sie doch dieses Lasters möchten abkommen. Der Abgott antwortete: Wan sie dem Neptun/ ohne lachen/ einen Farren/ an dem Meer-Ufer/ opferten/ würden sie frey davon seyn.' | 'Das II. Kapit. ¶ Darinnen die beyde Fragen erörtert werden/ ob man die heidnischen Poeten/ in Schulen/ gebrauchen/ und der falschen erdichteten Götter-Nahmen/ in unsern Gedichten und Liedern sich bedienen dürffe? [S] ¶ §. 1. Wann wir aber die Liebhaber der Göttlichen Poesie zu beharrlicher ausübung ihres geistigen Gehirns/ aufzumuntern gedencken/ so ist dieß nicht unsere Meinung/ als wenn solches allein und fürnehmlich durch Hülffe der Heidnischen Scribenten geschehen müsse. Zu dergleichen wil ich der studierenden Jugend/ welche wir allhier allein gemeinet seyn/ zur himmlischen Poeterey/ nechst Göttlicher Hülffe/ anzuführen/ keines weges rathen. ¶ §. 2. Denn wer ist wol/ unter den Christlichen Theologen und Philosophen/ welcher nicht gestehen müsse/ daß die jenigen Lehrer gar übel thun/ welche die Zarte Jugend/ in ihren Schulen/ auf die Klugheit und Kunst der Heidnischen Scribenten führen/ und mehr noch wol zuweilen/ als auf die heilige Bibel selbst? ¶ §. 3. Sagt mit doch/ lieber! was es sey/ das wir in Schulen lehren und lernen sollen? Ohne allen zweiffel die Tugend und Weißheit/ welcher wir aber nicht so sehr aus den Fabeln der Heiden/ als aus dem von Gott selbst geoffenbahrtem Worte/ können und müssen schöpffen. ¶ §. 4. Wir fragen Euch/ die ihr in Schulen sitzet/ was doch die rechte Weißheit sey? Daß wir/ nemlich/ dich/ O GOtt/ und den du gesand hast/ JEsum CHristum/ recht erkennen/ und in solcher seiner Erkenntniß/ Ihn/ von grund un-[S]srer Seelen/ lieben und ehren. Daß aber dieses hohe Erkänntnis solte aus den Büchern der verdammten Heiden können erlernet werden/ das wird niemand/ im fall Er nur weis/ wie weit sich solches Erkenntnis erstrecke/ leichtlich erweisen. ¶ §. 5. Denn wie solte doch von denen der warhafftige GOtt mögen erkennet werden/ die sich so vieler Götter berühmt/ so manches von ihnen getichtet/ und in beteurung einer oder der andern wichtigen Sache/ ihnen so vielfältige gantz erlogene Nahmen zugeschrieben? Es ist unmüglich/ und nicht wol zugläuben/ daß ein blinder Führer sich und den/ welchen er führet/ vor einer Grube/ ohne gewissen hineinfall/ sicher kan fürüber führen. ¶ §. 6. Ich mag für diesesmahl nichts gedencken/ von dem hohen Geheimnis der heiligen DreyEinigkeit/ von welchem die Heiden nicht das geringste verstehen und reden können. Denn Gott hat alle Heiden ihre eigene Wege wandeln/ und sie/ nach dem Er von ihnen gnugsam verachtet/ in ihrem verstockten Sinne wandeln lassen. Nun ist es ja Fleisch und Blut nicht möglich/ daß es dergleichen hohes und unerforschliches Geheimnis einigem Menschen offenbahren solte; sondern der Vater muß es thun/ der im Himmel wohnet. [S] ¶ §. 7. Dahero trauen wir/ weder dem Homerus/ noch dem Hesiodus/ noch dem Pindarus/ und andern heidnischen Poeten/ zu/ daß sie/ von dem einigen und wahren GOTT/ was warhafftiges hätten reden und schreiben sollen. Und sind eben diese Leute auf eine solche Thorheit gerahten/ daß sie auch dasjenige von ihren stummen Götzen getichtet und gegläubet/ welches wir uns/ nur nachzusagen/ schämen müssen. Sie haben sich solche höfliche Götter eingebildet/ welche/ so es Menschen weren/ gewiß in keiner erbahren Stadt würden geduldet werden. Wie dann daher Palingenius im I. Buch/ welches Er den Widder nennet/ geschrieben hat: ¶ In coelo est meretrix, in caelo est turpis adulter. ¶ [...][S] ¶ §. 8. Und das heisst recht den von Natur verterbten Menschen noch mehr verterben/ und Feuer zum Feuer tragen/ dafern wir dergleichen ärgerliche Schrifften/ der noch zarten Jugend/ ohne unterscheid und gantz unbedachtsam in die Hände geben. Wir sagen/ ohne unterscheid und gantz unbedachtsam. Denn sonst haben die heidnische Schrifften auch ihren sonderbahren Nutz/ bey den erwachsenen/ welcher doch so groß nicht sein kan/ bey den unerwachsenen. ¶ §. 9. Es lesen ihrer viel/ saget H. D. Mengering in Scrut. Consc. in der 103. GewissensFrage/ die doch gut Evangelisch sein wollen/ den Knaben in der Schulen ehe und mehr Ovidium de arte amandi, dann den lieben Catechismum des heil. Vaters Lutheri. Ja die gantze Woche haben die alte heidnische Hurenjäger und Schandlappen/ Ovidius, Terentius, Virgilius &c. stat und raum in den meisten Schulen; Christus aber auf seinem Esel/ mit dem heil. Catechismo und Gottseliger Kinderzucht/ muß kaum auf den Sonnabend eine Stunde haben. Nun hat es wol seine Maaß/ daß die Kinder die Lateinische Sprache/ auß den Scribenten lernen/ wann man auch Christum zu rechter zeit mit zuliese/ und nicht gar lateinisch würde. Es rühmen auch solche viel-[S]mehr von ihren Knaben/ daß sie viel guter Sententz und Verse aus den heidnischen Poeten können/ dann daß sie sich solten vernehmen lassen/ sie hätten ihre Knaben dazu gehalten/ daß sie viel feiner Trostsprüche/ aus den Sontags- und FestEvangelien/ oder sonst aus Göttlicher heiliger Schrifft gelernet hätten/ wie/ Gott lob! dennoch in etlichen Herrschafften und wenig Städten geschehen ist/ und noch geschicht: Dancken nu auch Gott desfals/ wegen dieses Orts. Des Pfaffenwercks/ meinen sie/ hätten sie schande/ und jenes lassen sie sich düncken/ haben sie grosse Ehre. Denn es diene ad Eloquentiam. Aber sie werden/ an jenem Tage sehen/ daß ihre Zeit und Arbeit übel angelegt/ so sie allein an die Eloquentiam/ in heidnischen Büchern/ gewendet/ mit verlassung des heiligen Catechismi und Vermahnung zur Gottseligkeit. ¶ §. 10. Das HochEhrwürdige Ministerium zu Hamburg schreibet hiervon also: Wir haltens dafür/ wenn man zu des Hn. Lutheri Zeiten/ des Frischlini und Schonaei Comoedien und Tragoedien hätte gehabt/ Er diese viel eher/ als den Plautum und Terentium der Jugend würde recommendiret haben/ biß dieselbe confirmatius Judicium hätte/ und solche heidnische Autores selbst lesen/ und das pretiosum â vili discerniren könte. [S] Und ob gleich ein Unterscheid zwischen einem und andern ist/ und dem Plauto, Terentio, Ciceroni, Demostheni, Virgilio und anderen/ die so allerzierlichst geredet und geschrieben haben/ die neuen Comici, Oratores und Poeten/ vielleicht nicht gleich thun; so ist doch keiner zu verwerffen/ insonderheit sol bey uns Christen die Jugend also informiret werden/ daß sie nicht allein in guten Künsten und Sprachen/ sondern für allen dingen/ in wahrer Gottseeligkeit/ proficire und zunehme/ und solte ja einerley fehlen/ ists viel besser etwas zuentbehren/ in den grossen freyen Künsten und hohen Sprachen/ als an der wahren Gottseligkeit. Denn mit herrlicher Geschickligkeit/ und vieler Gottseligkeit/ kan man den Himmel erben/ und dieser Welt auch nutzbar dienen: Aber mit Epicurischer WeltWeißheit und hohen Sprachen/ ohne Gottseligkeit/ ist weder GOtt noch Menschen recht gedienet. Und für solche hochgelahrte Atheisten ist der Himmel verschlossen. ¶ §. II. Hiermit stimmet auch überein/ der Hocherleuchte Rist/ Mein Ruhmwürdigster Kröhner/ wann Er in seinem Nothwendigen Vorbericht/ bey dem neuen Teutschen Parnaß/ ein solches Urtheil von sich giebet: Wir dürffen/ spricht Er/ uns in aufsetzung vielerhand Getichten/ der heidni-[S]schen Lügen/ und ihrer verfluchten Abgötzen schändlicher Laster und Untugenden/ so wenig bedienen/ so wenig wir von nöthen haben/ daß wir aus Deutschland in die Indien schiffen/ und daselbst/ zu erhaltung des Lebens/ ihre Wurtzeln Aypi und Maniot genannt/ oder auch ihr Korn/ welches sie Abati/ andere aber Mais nennen/ in diese Länder bringen/ dieweil wir/ GOTT lob/ aus Weitzen und Rocken viel besser Brod/ als aus den dürren Indianischen Wurtzeln und gar zu dichten Korn oder Mais können machen. Und daß ich nur dessen ein eintziges Exempel gebe: Warum muß man der lieben Jugend/ in den Schulen eben des Terentien Schauspiele oder Comoedien so gar fleissig fürlesen? ist dann solches gantz nicht zu endern? Antwort. Unsere Herren Schulfüchse (etliche meine ich/ aber nicht alle) sind der gäntzlichen Meinung/ daß dieses herrliche Buch ja so fleissig/ ja auch wol fleissiger/ als der Catechismus oder die Evangelien und Episteln/ in die Jugend müsse geblauet/ und ihnen viel besser/ als die heilige Schrifft/ bekant gemacht werden. Fragestu aber/ warum? Eben darum/ das nicht allein dieses Buch in der Lateinischen Sprache eine gute Redensart führet/ sondern auch/ dieweil wol zwantzig schöne Sprüche oder sententien (welche sie die Schulfüchse Gemmulas Te-[S]rentianas, oder Terentianische Perlen nennen) in denselben zu finden. Ist aber das nicht eine überaus grosse Blindheit/ daß man um etlicher gar wenig guter Zeiten willen/ welche doch gegen wolausgearbeiteten Christlichen Schriften/ nur wie Koht sind zu schätzen/ ein gantzes Buch/ mit heidnischen Narrenpossen angefüllet/ den Knaben in die Köpffe bringet/ und sie zugleich dadurch unterweiset/ wie sie mit der zeit gute Pamphili werden/ mit den schönen Glycerien Kundschaft machen/ ja wol gar von dem Plautinischen Jupiter erlernen sollen/ mit was Behendigkeit man dem Amphitruo Hörner könne auf setzen. Pfuy der grossen Schande/ daß man Christen Kinder/ mit heidnischen Greueln/ wil klug machen: Ich frage aber ein anders: Warum werden doch des überausgelehrten und fürtrefflichen Erasmens von Rotterdam/ unschätzbahre Bücher und Schriften/ an stat dieser Heidnischen/ nicht in die Schulen geführet? Wil man fürwenden: Es finde sich in den Büchern des Erasmen keine so gute Redens- oder Schreibensart/ als bey den Terentien/ Plauten/ uud anderen dieses schlages: So antwortete ich abermahl: daß der jenige/ der dieses darf fürgeben/ gantz und gar kein Latein verstehet. Es hat ja der Erasmus rein/ deutlich und zierlich geschrieben/ wie mir dessen [S] alle rechtschaffene gelahrte Leute werden Zeugnis geben. Will man sagen: Man könne in des Erasmi Büchern solche schöne sententien oder Sprüche nicht haben/ als bey denen heidnischen Schauspielschreibern/ so antworte ich abermahl: daß/ wer solches gläubet/ derselbe verstehe weder gute/ noch böse Sprüche: Ich wil klärlich darthun und beweisen/ daß auf vier Blätern/ in des Erasmens Milite Christiano, oder Christlichen Ritter/ (anderer seiner herrlichen Schrifften zugeschweigen) mehr nützliches und der Jugend zuwissen dienliches/ als in allen Schauspielen des Terentien zufinden/ noch machet man sich dieser wegen kein Gewissen/ wann man die liebe Jugend/ mit sondern Fleisse und Ernst/ verhindert/ daß sie mit den Sprachen ja nicht zugleich den Grund ihres Christentums erlernen/ und so wol zur Gottseligkeit/ als Sprachübung werde gehalten. ¶ Bißhieher mein Ewiggeliebter Herr Ristius. ¶ §. 12. Ob es nu gleich höchstscheltbahr und gantz unverantwortlich ist/ den Kunstverstand der lieben Jugend/ mit den ärgerlichen Schrifften/ der heidnischen Scribenten/ anzufüllen; so folget doch hieraus noch lange nicht/ das Christliche Poeten nicht solten befüget seyn/ in ihren Gedichten/ der Heidni-[S]schen Götter Nahmen bisweilen zugebrauchen. ¶ §. 13. Die Liebe/ saget an einem Orte Herr Harsdörffer/ der Neid/ die Furcht/ die Gewissensplage/ sind so mächtig in den Menschen/ das die Heiden solche für Götter und Beherscher der Menschen Hertzen gehalten. Wir Christen lassen sie für Götzen gelten/ nennen ihren Nahmen/ und gebrauchen ihrer Gestalt/ um sie abscheulich und verhasst zu machen: Weil ihre Vorstellung sich mit der Eigenschafft der Laster/ und Laster straffen/ artig vergleichet: So ist mir wol erläubet/ von dem Avernischen Reiche/ von den Elyserfeldern zusagen/ aber ich muß sie nicht beschreiben/ wie sie die Heiden beschrieben haben.' | '§. 2. Unter denen Himmlischen ist ¶ 1. Saturnus/ ein Gott der goldenen Zeiten/ [...] Daher haben auch nun die Saturnalia ihren Ursprung bekommen/ von welchen Becanus schreibet/ daß der Patriarch Noah die ersten gehalten habe/ den ersten Tag des zehenden Monats/ da Er den Kasten eröffnet/ und das Liecht wieder angeschauet/ daher zum Angedächtniß solcher Freude/ alle seine Nachkommen/ zu selber Zeit/ Gastereyen anzustellen/ und einander mit Lichteren zubeschencken/ hergebracht: und [S] sey ob solcher Ursach das Lichtmeß-Fest bey den Christen/ die Saturnalia bey den Heyden im gebrauch gekommen. ¶ §. 3. 2. Jupiter/ der Gott des Donners und des Blitzes/ [...]; und folgbahr auch das Dictam, davon Tertull. de poenit. c. XI. Aristot. d. mirab. schreiben [...]' | '§. 34. 7. Ceres/ die Göttin des Getreides/ eine Tochter des Saturnus/ und der Ops/ wird mit einem Krantze von Aehren gemahlet/ weil sie darvor gehalten wird/ als habe sie das Getreide erfunden/ von welchem Aberglauben Tertullianus schreibet: Fruges dicuntur (Dij) necessaria vitae invenisse, non instituisse: quod autem invenitur, fuit, & quod fuit, non ejus deputabitur, qui in-[S]venit, sed ejus, qui instituit.' | 'Und diese [die Furien, J.T.] sind darum von den Heyden erdacht/ daß sie etlicher massen die Tyranney des bösen Gewissen möchten abbilden. Welches dan der Heyde Cicero selbst gar wol verstanden/ wan Er in der Rede/ die Er dem Roscio Amerino zu gut gehalten/ also saget: Nolite putare, quemadmodum in fabulis saepenumero videtis, eos, qui aliquid impiè scelerateque commiserint, agitari & perterrefieri, furiarum taedis ardentibus, sua quemque fraus, & suus terror maximè vexat, suum quemque scelus agitat amentiaque afficit, suae malae cogitationes conscientiaeque animi terrent. Hae sunt impijs assiduae domesticaeque furiae, quae dies noctesque Parentum poenas â consceleratissimis filijs repetunt. Und Natalis Comes, saget im 3. B. seiner Mythologie/ am 10. Kapittel: Omnia flagitia, quorum nobis sumus conscij, vel per invidiam, vel per odium, vel propter spem alicujus commodi committuntur. Idcircò [griech.], ultio, & [griech.] caedes est, quod scelus per iram aut odium natum Tisiphone ulciscatur. [griech.] verò invidere significat, quod Megaera per invidiam commissa peccata puniat. At [griechisch] [S] [griechisch] nunquam cessantem significat; Qnae titillatio est voluptatum, per quas in peccantes Alecto animadvertit.'

Neumark, Georg

Poetische Tafeln

| 'Wer hat nicht ehemals von dem Apollo gehöret/ der wegen grosser Erfahrenheit in der Poesie/ bey den Heiden den Nahmen eines Gottes verdienet?' | '§. XI. Aber wenn wier gleich alle Fabeln, so von Natürlichen [G: Masen. cap. 5.] Dingen und der SittenLehr handeln/ beyseit setzen und paßiren lassen/ so bleibet dennoch ein nicht geringer Scrupel und Zweiffel übrig/ ob man zulassen soll was von den Göttern gedichtet worden? Es ist unleugbar/ daß die Alten um dem gemeinen Mann ihre Geheimnisse der Lehren zu verbergen/ gleich einem köstlichen Schatz in die Erde/ unter die Fabeln verstecket haben. Solebant Poetae fabulis quasi nubeculis quibusdam sua & mysteria & praecepta Philosophiae naturalis & moralis operire atque involvere: sicut Medicus acerbiora Pharmaca exhibiturus prius oras pocula circum conspergit mellis dulcis flavoque liquore. schreibt mein hoch-geehrter Patron Hr. von Birken in Monumento Dom. August. Sacr. Teuton. praefix. §. 37. Nichts desto weniger ist übel und unrecht gethan/ daß ihrer viel von den Göttern als von groben Säuen geredet/ wie Scaliger l. 4. c. 1. Poet. p. m. 414. klaget. Imgleichen Tertullian. adversus gentes c. 14. Es sey nicht leicht einer unter den alten Poeten gefunden [S] worden/ der nicht die Götter solte beschimpffet haben. Etsi fabula cantat crimen Numinum falsum, delectari tamen falso crimine, crimen est, urtheilet gar wohl Augustinus lib. IX. de C. D. cap. 12. p. 556. Ja selbst der Heyden eigene Zeugnisse seind dawieder/ und bestraffen sie deshalben/ wie bey dem Isocrate in Busiride zuvernehmen. Pythagoras soll gesagt haben/ daß Homerus in der Hölle gemartert würde/ weil er so viel schändliche Fabeln in seine Gedichte gesetzet; Dionys. Longin. [griech.] spricht von ihm. Er hätte aus den Göttern Menschen gemacht/ weil er ihnen so viel Laster und Schand-thaten angedichtet; und die Sternen unter unzüchti- [G: lib. 10. de Rep. & Dial. a. [?] f. 581] ge Bildnisse verhüllet. Dieser Ursache wegen hat Plato weder den Homerum noch andere/ die ebenmäßige Freyheit der Schmachsüchtigen Feder gestattet/ im Stadwesen dulden wollen/ da er doch sonsten den Poeten nicht hat abgeneigt seyn können/ wo er sich selbst nicht hätte zu bestraffen gesuchet/ alldieweil er ein guter Poet mit gewesen/ wie Jul. Caes. Scaliger apicular. part. I. p. 13. andeutet. Dion. Chrysostom. orat. 53. schreibt von des Platonis Gesetz also: Plato Homerum reprehendit in fabulosis sermonibus de Diis, ut qui nequaquam hominibus conducentia ea dixerit, nempe cupiditates, & mutuas insidias & adulteria & contentiones, litesque de Diis recitans: undè noluit eum participem esse civitatis Reipublicaeque suae sapientis, ut ipse putabat, futurae, ne haec audirent de Diis Juvenes. Conf. Theodoret. lib. 2. de curat. Graec. affect. Euseb. lib. 13. de praeparat. Evang. cap. 1. & 2. Athenaeus lib. 2. Max. Tyrius Serm. 7. Das ärgeste ist/ daß sie allerhand Ubelthäter mit unter die Götter gezehlet. Worüber auch Nazianzenus mit diesen Versen geeyfert: ¶ Nunc Graeci fingunt, quorum vaesania Divos ¶ [...] ¶ [G: Verthäd. der Kunstliebenden 2. Theil p. 200.] Jupiter-Jungfrau-Raub hatte nicht gnugsam an des Tages Licht kommen können/ da man solchen nicht unter die Sterne gesetzt hät- [S] te. Es wäre nicht genug gewest/ daß man sie in Marmel ausgehauen/ in Metall gegossen/ in die Gemähle gesetzet/ und in offentlichen Freuden-Spielen dargestellet hätte/ wenn man ihnen nicht noch dazu den Himmel zu einem Schauplatz einräumete/ die Sternen durch sie abbildete/ und die gantze Welt zum Beschau einladete. Deßwegen hat die Königin Dido von ihrer eigenen Person bey Ausonio den Leser gewarnet/ daß er nicht alles/ was bey Poeten von ihr gemeldet wäre/ gläuben solte/ wenn sie also heraus gebrachen: ¶ Vos magis Historicis lectores credite de me [G: Epigramm. III.] ¶ [...] ¶ Was von mier Geschichte melden könnt ihr Leser besser gläuben/ ¶ [...] ¶ §. XII. Etliche wollen zwar die Poeten hierin entschuldigen/ vorgebend/ sie hätten die Götter nicht nach ihrem Wesen beschrieben/ sondern nur nach dem gemeinen Wahn des Pöfels/ den er von ihnen geschöpffet. Daß sie aber so viel Götter ertichtet/ davon giebt Cicer. lib. 2. de Natur. Deor. den Bescheid: Suscepit vita hominum consuetudoque communis, ut beneficiis excellentes viros in Coelum famâ, ac voluntate tollerent. Hinc Hercules, hinc Castor & Pollux, hinc Aesculapius. Wenn von dem Jupiter geredet wird/ [G: Voss. lib. I. de Idololatr. cap. 14. p. 110.] so ist zu wissen/ daß die Alten ihre Fürsten und Könige mit diesem Nahmen beehret/ weil sie über alle eine Gewalt/ und also gleichsam was Göttliches an sich hatten. [...] Andere meinen/ man müß einen Unterscheid halten/ unter denen Sachen die sich in Wahrheit begeben/ und de-[S]nen die Poeten/ also zu reden/ ein Färbchen angestrichen/ welches [G: Lib. de Fals. Religion. cap. XI. p. m. 27.] auch Lactantius erinnert/ wenn er von dem Jupiter und der Danae schreibet: Danaen violaturus Jupiter aureos nummos largiter in ejus sinum infudit. Haec stupri merces fuit. At Poetae, qui quasi de Deo loquebantur, ne auctoritatem creditae majestatis infringerent, finxerunt ipsum in aureo imbre delapsum, câdem figurâ, quâ imbres ferreos dicunt, cum multitudinem telorum sagittarumque describunt. Rapuisse in aquila dicitur Catamitum. Poeticus color est. Sed aut per legionem rapuit, cujus insigne aquila est; aut navis, in quâ est impositus, tutelam habuit in aquila figuratam: sicut taurum, cum rapuit & transvexit Europam. Eodem modò convertisse in bovem traditur Io, Inachi filiam, quae ut iram Junonis effugeret, ut erat jam setis obsita, jambos tranâsse dicitur mare, in Aegyptumque venisse at´que ibi receptâ pristina formâ Dea facta, quae nunc Isis vocatur, &c. Non res ipsas gestas finxerunt Poetae, sed rebus gestis addiderunt quendam colorem: cum Poetae officium sit in eo, ut ea, quae gesta sunt verè, in aliquas species obliquis figurationibus cum decore aliquo conversa traducat. ¶ §. XIII. Dem sey nun wie ihm wolle/ und ob gleich etliche Außlegungen zu den nachtheiligen Fabeln gemacht würden/ so ist doch gewiß/ daß dadurch die guten und erbaren Sitten untertretten/ und die züchtigen Gemüther geärgert werden/ deßwegen man sie gantz nicht billigen kan. Zu dem Ende ermahnen auch verständige Leute/ daß Christliche Poeten so viel als müglich dieselbe Getichte/ darinnen schandbare Possen enthalten/ mit Fleiße fliehen/ und in ihren Schrifften sich der Heidnischen Abgötterey nicht gebrauchen sollen. Denn es ist fast unverantwortlich/ daß ein Christ/ der den wahren Gott aus seinem Wort und mannichfaltigen Wunderwercken erkennet/ die ärgerliche Götzen in seinem Munde oder Feder führet/ und unter geistliche Sachen vermänget/ nicht anders als wenn ein Heyde in seinem blinden Wahn von den Göttern und Göttinnen schwärmete. Pfui des Teufflischen Wesens/ saget mein HöstchgeEhrter Hr. Rist im Vorbericht seines Schauplatzes/ und der mehr als Heydnischen Blindheit/ daß [S] ihr/ die ihr euch der wahren Erkäntniß Christi rühmet/ so gar nicht schämet der elenden Heyden-Götter/ welche ihrer Alten Lehrer und Mährlein-schreiber selbst-eigenem Bekäntniß nach/ Hurer/ Ehebrecher/ Diebe und Räuber/ ja gar leibhaffte Teuffel gewesen/ so andächtig anzuruffen/ und so meisterlich heraus zu streichen. Träget aber iemand sonderlich Belieben zu den Alten Poeten/ und begehret etwas daraus zu nehmen/ der sehe wohl zu/ daß er nicht gleichsam mit heißhungerigem Magen alles was ihm vorkommt/ zu sich nehme/ sondern mit Bedachtsamkeit auslese was ihm dienet/ und nicht gar zu schwer verdauen fällt/ damit er keinen Schaden davon tragen dörffe. Er soll es nach Augustini [G: de Doctrin. Christian.] Ermahnung anfangen/ wie die Israeliter mit den Egyptern thaten/ da sie die güldene Geschirre aber nicht die Götzen/ ob sie schon gülden waren/ mit sich genommen haben. Er kan die Sichel seines Verstandes auf der Alten Poeten Wetzstein schleiffen/ doch darff er nicht eine Aerndte von diesen Feldern ohne einiges Bedencken anstellen/ damit er nicht statt des Getreides lauter Unkraut/ und vor die Mühe Verdrüßlichkeit einsamle.' | 'Alle corpora fabulosa und Historica, können mit Menschenbildern zu wege gebracht werden/ wie die Bilder der heydnischen Götter.' | '§. II. (a) Die Lyrischen Getichte haben überall ihren Platz/ und sind anfangs zu der Götter Lob von den Heiden/ nachmahls zu Beschreibungen der Örther/ Thaten/ und Verrichtungen/ Erhebung der Künste und Tugenden/ und Vernichtung der Laster gebraucht. Horatius fasst es kürtzlich: ¶ Musa dedit fidibus Divos, puerosque Deorum,' | 'Der Nahme [griech.], welcher noch biß auf heutigen Tag aus der Heydenschaft übergeblieben/ heisst eine Wendung: Denn die Heyden pflagen bey diesen Liedern einen Tantz üm der Götter Altäre zu halten. Erstlich kehrten sie sich von der rechten Seiten zur linken. Dieß geschah bey des Liedes ersten Theil/ davon dasselbige den Nahmen der ersten Strophen wie es scheinet/ überkommen. Hernach dreheten sie [G: Masen. Palaestr. Eloq. ligat. p. 326.] sich von der Linken nach der Rechten. Daher Antistrophe. Letztlich stunden sie vor dem Altar still/ und schlossen durch einen Beysatz (per Epodon) den gantzen Gesang.' | '§. III. Die Bild-Kunst eignet ihr ein Himmel-blaues Kleid zu/ damit man aus dem eußerlichen Zeichen ihre innerliche Eigenschafft beurtheilen könne. Keine Farbe stehet ihr besser an als diese/ weil sie ihrem ersten Ursprunge nach himmlisch ist/ und anfänglich zu dem Gottesdienst gebrauchet worden. Der gelehrte Holländer Anton. Rodorn. Scriekkius sagt davon also: Divi- [G: lib. I. adversar. Scal. l d.] nam esse Poeticam antiqui & recentiores omnes crediderunt, & loquuntur. Metri originem suggestam afflatu divino, quod magnum mundum certâ ratione quasi metro dirigat, ipso vero videmus. Und der Phoenix unserer Zeit Casp. Barth. meldet über die Worte Papiae: Theologi Poetae ideò dicebantur, quoniam de Diis carmina faciebant; Sane verò antiqua Theologia humana in [G: V. m. Augustin. l. 6. de C. D. c. 5. p. m. 584.] literis Poeticis & mysteria Numinum introducta ab iisdem, ut exemplo Orphei vides apud Lactantium. Ja auch nach dem Zeugnisse des allerberedesten unter den Römern/ Ciceronis, hat niemals ein Barbarisches und wildes Volck den Nahmen eines Poeten vernachtheiliget/ sondern sie sind allezeit hoch und heilig gehalten worden. Um welcher Ursache willen auch die alten Heyden vor gewiß und unfehlbar gegläubet: Es könte keiner sich mit dieser holdseligen Nymphen befreunden/ wenn ihn nicht die mildreiche Gunst des Himmels vor anderen Leuten [S] beglückseliget/ und seiner Natur eine sondere Fähigkeit eingepräget/ dadurch der Verstand erleuchtet/ und die Sinnen begeistert würden. Welches Socrates andeuten wollen/ wenn er zu dem Jone gesprochen: Wenn er (jo) von dem Homero wohl reden wolte/ so könte ihm hierinn nicht so wohl die Kunst behülfflich seyn/ als eine Göttliche Gewalt/ die ihn bewegen müste; gleich als ein Magnetstein/ welcher nicht allein das Eisen an sich zeucht/ sondern auch demselben eine Ziehungs-Krafft/ mittheilet/ daß ein ander Eisen daran hangen bleibet/ eben als das vorige am Magnet. Als wolt er sagen; man sehe zwar/ daß von dem Magneten das Eisen angezogen würde/ aber die Ursache wäre unbekant: Solche Bewandniß hätte es auch mit der Poeterey/ die sich auf eine unerforschliche Weise in dieses oder jenes Natur befindet. ¶ §. IV. Bey einem ieglichen/ der sich einer Kunst ergeben will/ werden nach Außage der Weltweisen/ dreyerley erfordert: Nemlich die Natur/ die Unterweisung und die Ubung In allen andern Wissenschafften können die zwo letzten Stücke viel verrichten/ In der Poesie aber wird nothwendig die natürliche Neigung vorangesetzet; Wohin des Ciceronis Worte zielen: Sic à summis ho- [G: Orat. pro Arch.] minibus eruditissimisque accepimus, coeterarum rerum studia & doctrinâ, & praeceptis & arte constare; Poetam naturâ ipsâ valere & mentis viribus excitari, & quasi divino Spiritu afflari; Welchen [G: lib. 2.] nicht ungleich seind die in den Tusculanischen Fragen gelesen werden: Mihi verò ne haec quidem notiora & illustriora carere vi divinâ videntur, ut ego aut Poetam grave plerumque carmen sine coelesti aliquo mentis instinctu, putem fundere & c. Und Ovidius hat frey heraus bekant: ¶ Es ist ein Gott in uns/ so bald sich der nur reget ¶ Brennt unser Geist auch an und wird mit ihm beweget.' | '§. XIII. Der Gebrauch der Edlen Poeterey bestehet entweder in Geistlichen oder in Weltlichen Sachen. Anfänglich ist der wahre Gott damit geehret worden/ Als aber die Heyden ihnen nach ihrem eigenen Wahn gewisse Götzen erdacht/ welches [G: vid. supr. §. 3.] aus Unwissenheit etlicher Sachen/ woher dieses oder jenes seinen Ursprung hätte/ geschehen/ haben sie denen erwehlten Göttern solche ihnen verborgene Kräffte zugeschrieben/ und sie mit Lobgesängen erhoben. In welchem Dienste sie noch mehr bekräftiget worden/ als ihnen der Teuffel durch die Götzenbilder geantwortet/ und auf ihre Fragen Bescheid gegeben. Einem ieden Abgott waren eigene Lieder zugeeignet/ aus welchen etliche der alte Kirchenlehrer Theodoretus Serm. 4. ad Graecos infideles anzeucht: Ne cantemus Julum Cereri, neque ipsi Rheae Lityersam, ne Bacho Dithyrambum, ne Paeana Pythio Apollini, neve Dianae concinamus Hipoesiam, sed rerum omnium conditori Deo hymnos Davidicos proferamus. Conf. Scalig. lib. 1. Poet. c. 44. Athen. lib. 8. c. 13. Jamblich. de Myster. Aegypt. Sect. 3. cap. 9. Coel. Rhodigin. lib. 9. cap. 8. Antiq. Lect.' | 'Welche Gedicht durchaus nicht wahr scheinen/ darum sie [G: Palaestra Eloquent. Ligat. lib. I. cap. V.] auch Masen. in seinem Buch von der Poeterey per se ficta nennet/ (quorum tota substantia ficta esse cognoscitur, ad differentiam alterius fictionis generis, quod per accidens dicitur, cujus substantia ve- [S] risimilis est; licet re ipsa nunquam posit a fuerit, quod factibili per se rerum naturae evenire potuit. Solchen Einwurff haben etliche Gelehrte/ damit des Virgilii Ansehen nicht verkleinert würde/ beantwortet. Was das erste betrifft von dem Baum/ meinen sie/ daß was sonderliches/ den Alten Heydnischen Gottesdienst betreffend/ darunter verborgen sey.' | '§. XVII. Zum dritten dienen die Personen in mancherley Erfindungen. Diese sind entweder wahre oder erdichtete/ zu welchen alle heydnische Götter und Göttinnen gezogen werden/ davon Masenius in offt angezogenem Ohrte weitläufftig geschrieben.'

Pfefferkorn, Georg Michael

Kurze Anleitung in kurzer Zeit einen reinen teutschen Verß zu machen

| '§. 6 Zur Poetischen Zierligkeit / kömt noch dieses/ daß man eine oder die andere Redens-Art von einer Fabel hernehme: Deßwegen man sich die Namen der Heidnischen Götter/ (nicht alß wenn wir sie davor ehren wolten) wie auch die Fabeln aus des Hesiodi Theogonia, Natali comite und anderen bekannt machen soll/ denn/ wie Mathesius in con, 9. H. Luth. p. 98. sagt/ so ist jo in den Fabeln auch hohe Weißheit von den Alten verborgen. ¶ §. 7. Doch ists fein/ wenn ein Mensch sein Carmen nicht ganz und gar anfüllet mit den Namen der Heyden Gözen/ (denn solches wird von den meisten ausgelachet) sondern sich hierinnen mäßget; Auch sie nicht anrüffet; sondern/ wie Harsdörffer spricht/ ihre Namen gebraucht um die Laster und Tugenden dardurch besser darzustellen.'

Birken, Sigmund von

Teutsche Rede- bind- und Dicht-Kunst

| '50 Es waltet auch hier die Frage/ ob ein Christlicher Poet/ in seinen Gedichten/ der Heidnischen Götter Namen gebrauchen dörfe? Die/ so es be-[S]haupten wollen/ halten dafür / daß der Poesy gröste Zierde in einführung solcher Namen bestehe. Sie wenden auch vor/ man verstehe darunter/ nicht die Heidnische Götter/ sondern die Tugenden/ Laster und andere Eigenschaften Gottes und der Menschen. Ferner spötteln sie/ es seyen nur Worte/ und keine Gefahr dabei/ daß jemand dadurch zum Heiden gemacht werde: weil man sie nur nenne/ aber nicht anbete. ¶ 51 Es ist aber hiergegen zu sagen/ daß GOtt/ nicht allein in dem Ersten von seinen Donner-Geboten verboten/ keine andere Götter neben ihm zu haben/ sondern auch sonst ausdrücklich befihlet: Anderer Götter Namen solt ihr nicht gedenken/ und aus eurem Mund (Feder) sollen sie nicht gehört werden. (a [2. Buch Mos. 23. V. 13.]) Diese Götter oder Götzen/ sind entweder Menschen/ die den wahren GOtt nicht erkennet/ oder gar Teufel gewesen/ die auch nun in der Hölle beisammen wohnen. Es haben ihnen auch die Heidnsiche Poe-[S]ten allerhand Laster und Bosheiten zugeschrieben/ als daß sie Ehbrecher und Huren/ Diebe/ Mörder/ Säuffer gewesen/ einander geneidet und angefeindet: welches ja die höchste Unvernunft ist/ weil der Gottheit kein Laster eignet/ sondern vielmehr die höchste Unschuld und Tugendvollkommenheit. Deswegen hat auch Plato/ die Poeten/ von seinem Regir-Staat ausgeschlossen. Da nun ein Heide nicht dulten können/ daß man Göttern Bosheit zugeschrieben: wie solte es dan GOtt an seinen Christen nicht misfallen/ wann sie den Dagon neben die Bundslade stellen/ und mit der Hand/ da sie in der H. Taufe ihm gehuldigt und dem Satan abgesaget/ von Teufeln reden und schreiben. ¶ 52 Man wil zwar sagen/ Homerus, unter den Poeten (soviel man weiß) der ältste/ habe nur eine Fabel geschrieben/ wie heutigs tags die Romanzen oder Geschicht-Gedichte sind/ und unter den Namen der Götter/ das Verhängnis/ den Krieg/ die Liebe und anders dergleichen verstanden. Es ist [S] aber solches nicht erweislich/ weil der Götzendienst schon vor ihme üblich gewesen: und hat er damit Virgilio, Ovidio und andren folgenden Poeten/ von Götzen zu reden/ Ordnung und Anlaß gegeben. ¶ 53 Es ist wol die gröste Gottslästerung/ wan man GOtt mit einem Namen nennet/ den vordessen ein Götz oder Teufel geführet. Wie sol GOtt gut heißen/ da man ihn Jupiter nennet: ob es schon juvans pater, ein Helfe-Vatter/ zu Teutsch heißet. So kan er auch nicht vertragen/ da er die Liebe selber ist/ daß man diese Tugend oder Eigenschaft mit den Namen der geilen Venus bekleide. Die Israeliten/ verstunden/ unter den güldnen Kälbern/ und unter dem Namen Baal/ den wahren GOtt: aber GOtt ergrimmte über das Kalb-Fest/ und wolte darum das ganze Volk verderben. Er sagte auch/ durch den Profeten: Du solst mich nimmer Baal nennen/ und ich wil den Namen der Baalim von ihrem Munde weg thun/ daß man deren nicht mehr gedenken soll. (b [Hos. 2. V. 17.]) [S] ¶ 54 Daß Gefahr hierbei sei/ erhellet gnugsam: da manche sich dermaßen in die Heidnische Altertum-Sachen verlieben/ daß sie darüber/ wo nicht zu Heiden/ jedoch zu Atheisten werden. Hubertus Golzius hat sich nicht gescheuet/ nach verrichteter LänderReise/ dem Wander Götzen Mercurio einen Hymnum zu schreiben. Dergleichen GötzenGedichte/ findet man hin und wieder in den Schriften unserer Poeten/ und werden insonderheit die Venus und ihr Cupido fast von allen/ als Götter/ angeruffen. Justus Lipsius hat/ für seinen Garten/ eine Fürbitte an sie geschrieben. (c [Epist. Cent. I 27.]) Also haben Dan. Heinsius und unser Opitz/ den Kriegs- und Wein-Götzen Marti und Baccho, Lobgesänge verfasset. Von solchen Poeten/ kan man mit eines vornehmen GottesLehrer Worten (d [J. V. Andreae Mythol. man. II 35.]) sagen: Es ist zu zweiflen/ ob GOtt deme beiwohne/ der an höllischen Götzen gefallen hat? und ob der an den Himmel recht gedenke/ der öf-[S]ter die Venus als die GottesMutter Maria/ den Cupido als das HimmelKind Immanuel/ den Phoebum, als den H. Geist/ den Berg Parnaß als den Oelberg/ die Elysische Felder als das Paradeis/ und Fabeln als das himlische Wort der Warheit/ in dem Mund seiner Feder führet? ¶ 55 Daß aber nicht eben alle Zier der Gedichte an diesen Heidnischen Götzengewäsche gelegen sei/ zeigen die erste Christliche Poeten Juvencus, Prudentius, Venantius Fortunatus und mehr andere/ die viel schöne Carmina ohne solchen Götzen-kleck hinterlassen. Die H. Schrift hat viel warhafte schöne Geschichten/ die man/ an stat dieser Lügen/ einführen kan. Es ist auch ohnedas/ der Heidnische Götzen-Krempel/ lauter Affenwerk des Satans/ aus H. Schrift genommen. Was sind Jupiter und Juno anders/ als Adam und Eva/ das erste paar Menschen? Jubal, Tubalkain und Naema/ (e [à rad.[hebr.], amoenus, venustus.]) sind Orfeus/ Vulcanus [S] und Venus. Noah/ ist Janus/ Bacchus und Deucaleon. Was sind die Himmelstürmende Riesen anders/ als die Babylonische Thurn-bauer? Was ist gleicher/ als Jacob oder Mose und Apollo/ beiderseits Exulanten und Hirten? Miriam und Diana? Joseph/ und Phryxus mit der Phädra? ¶ 56 Will man das Gedichte mit Historien zieren/ was ist schöner/ als die Welt-Erschaffung/ welche Ovidius fast ganz aus dem Ersten Buch Mose genommen? Was ist trübseliger/ als der Menschen-Fall/ die Sündflut/ der Sodomer-Gegend SchwefelSee? Was ist himlischer/ als die Erscheinung Gottes/ dem Abraham geschehen/ da er warhafter/ als Baucis und Filemon/ den Gott Elohim bewirtet? Was ist annemlicher/ als das Opfer Isaac/ der Traum und Schäferstand Jacobs/ die Verfolg- und Erhöhung Josefs/ die Hinwerfung und Erhebung des Kinds Mose/ die zehen Plagen von Egypten/ der Gang durch Meer und Jordan/ des Josua Sonnestillstellen/ das Manna oder Himmel-[S]Brod/ die Eroberung des Gelobten Landes? Will man von Tyrannen und Riesen reden: hier sind Nimrod/ Og und Goliath. ¶ 57 Und wil man einen Parnaß und Apollo/ einen Delfis-Tempel/ die Musen und ihren Künste-brunn haben: Hier sind/ die Berge Sion/ Hermon/ Carmel/ Thabor und Libanon; der König David/ mit der Harffe und dem Lieder-Psalter/ mit dem Goliaths-Sieg; der Tempel Salomons mit seiner BundsLade; die gelehrte andächtige Weibspersonen Miriam/ Debora/ zwo Hannen/ die Tochter Jephtha/ die Arabische Königin Maqueda/ die Hulda und Judith/ die H. Gottes Mutter Maria/ und mehr andere; der Jordan/ der Bach Kidron/ und der Brunn Siloha/ so aus dem Berg Sion entqwollen. Und hat nicht JEsus Christus/ der rechte Föbus und Sonne der Gerechtigkeit/ den höllischen Python erwürget/ die Menschheit angenommen/ die Gemeine/ wie Salomon seine Sulamith/ geliebet/ und sie/ wie Perseus die [S] Andromeda/ von dem höllischen Drachen erledigt? Da haben wir/ an stat des Hercules/ den Löwenzwinger Simson und viel andere Helden; an stat der Venus/ die keusche Gottesgebärerin/ da ein Christlicher Poet wol sagen und dichten kan: ¶ Weg mit eurer Huren-Göttin/ Heide/ Mahler und Poet! […] ¶ 58 Aus besagtem wil nun erhellen/ daß auf unsere Frage mit Nein zu antworten sei. Dieses ist zwar erlaubt/ daß man eine Tugend/ oder ein Laster in der person eines Engels oder Knabens/ einer Jungfrauen oder Matron/ oder einen Baum/ wie Jothan in H. Schrift/ einen Fluß/ Stadt oder Land/ und dergleichen/ unter erdichteten Namen/ mit einführet: nur daß es nicht [S] solche seyen/ die von den Heiden angebetet worden. Also kan man dichten/ wie den Paulus ein Engel aus dem Schiffbruch gezogen/ dem Judas Maccabeus ein Schwerd in der Schlacht zugestellt/ und den Tobias in Menschengestalt begleitet; wie ein Gottloser die böse Geister zu Hülfe beruffen. Und hierinn hat man zum Vorgänger den Italischen Poeten Torquato Tasso, welcher solches in seinem Erlösten Jerusalem meisterlich zu werk gerichtet. ¶ 59 Es erscheinet auch hieraus/ was von Schau- und Danz-Spielen zu halten sei/ da Heidnische Götter redend oder sigend eingeführet werden: wovon hier/ um kürze willen/ nur noch diese ehmals hierüber verfasste Verse reden. ¶ Sind sie es dann alleine/ die Walonen/' | 'Man bittet/ daß man mit dieser Lob-Gabe/ wie vordessen die Heidnische Götter mit einer hand voll Meel/ wan nichts bässers in handen gewesen/ vorlieb nehmen wolle.' | '216 Das damals mit-verfärtigte Singspiel Sophia/ leget ein Bei-[S]spiel vor augen/ wie man/ sonder mit Heidnischen Götzen sich zu schleppen/ welchem einem Christlichen Schauplatz sehr übel anstehet/ dergleichen Singspiele anordnen könne. Es hat/ nach art der alten HirtenGesang-Spiele/ nur drei Handlungen/ die da heißen der Reisende/ Regirende und Vermählte Prinz. Den Eingang/ macht die Hoffnung. Im ersten Theil/ erbieten sich/ die Weißheit/ Gottesfurcht und Klugheit (Sophia, Eusebie und Sophrosyne) den Reisenden Prinzen aus- und ein zu führen: gleichwie hingegen die Wollust und Unwissenheit/ (Hedone und Amathia) ihn zu verführen/ sich bereden/ aber von den dreyen verjagt werden. Darnach wird Vatter Rhein von einer aus dem Alsatischen Parnaß herabkommenden Musa berichtet/ wie der Prinz daselbst sich befunden: und schließet/ diese samt ihren Gespielinen/ die Handlung/ mit einem Lied von der KunstLiebe und ReisBegierde.' | 'Es ist aber damit nicht ausgemacht/ daß man allein suche die Menschen zu belustigen oder zu schrecken. Die blinde Heiden/ die vom wahren Gott nichts wusten/ haben hierinn gröblich und verdammlich geirret/ und sich nicht gescheuet/ allerhand Bosheiten offentlich vorzustellen/ wann sie nur besagten Zweck erreichen mochten: da dann Schauspieler und Spielschauer miteinander dahin gefahren/ wo sie nun/ auf dem feurigen Schauplatz ihres Götzen Plutons ein ewiges Traurspiel spielen. ¶ 231 Wir Christen sollen/ gleichwie in allen unsren Verrichtungen/ also auch im Schauspiel-schreiben und Schau-spielen das einige Absehen haben/ daß Gott damit geehret/ und der Neben-Mensch zum Guten möge belehrt werden: da dann das Belusten/ [S] in seiner Maße mit folgen kan. Dieser Zweck wird aber nicht beobachtet/ wann man nicht allein solche Schauspiele vorschreibet/ die Gott verunehren/ und den Leser ärgern/ sondern auch dieselben offentlich vorstellet: da manche Matron oder Jungfrau/ die schamhaftig und züchtig in das Spielhaus gegangen/geil und frech wieder nach Haus gehet. Und solches geschihet/ wo nicht durch die HauptSpiele/ doch durch die schändliche Nachspiele: zu welchen man ja/ an stat der Buhlereyen und losen Händel/ andere lustige Materien/ deren ganze Bücher voll im Druck sind/ erwehlen könte. Wann man bedächte/ wie Gott und seine Engel überall zugegen seyen/ alles mit ansehen und anhören/ und wie die Teufel alle unnütze Gebärden und Reden aufzeichnen/ derentwegen dort ewig (wie unser Heiland vorsaget) von ihnen Rechenschaft zu fordern: ich weiß/ die Furcht vor dem Allherheiligsten All-Aug und All-Ohr/ und der Höllen-Schrecken/ würden uns bald den Lust vergehen machen/ solche Up-[S]pigkeit zu üben und anzuschauen. Es ist auch zu bewundern/ daß man in Schulen die Jugend aus dem Terentio, der ja alle Laster vorträget/ und nicht vielmehr aus dem Terentio Christiano Schonaei/ und andern guten Büchern/ das Latein lernen lässt: da doch Gott einmal nicht fragen wird/ hast du gut Latein geredet? sondern/ bist du ein guter Christ gewesen?' | '11 So ist nun klar und wahr/ daß die edle Poesy/ nach der Musik/ die ältste Kunst/ und vor allen andern Künsten am ersten sei erfun-[S]den worden/ da noch keine Gottes-Staats-Verstand-Tugend-oder Natur-Lehre am tag gewesen. Ja es sind/ von dieser/ nach und nach die andere Wissenschaften entsprungen. Es hat ja Orfeus/ der ältsten Griechischen Poeten einer und unter den Heiden der erste Theologus, die Götter mit Hymnis und Liedern verehret/ und nach dem Vorspiel Amfons/ mit seinen Poetischen Sitten- und Tugend-Lehren/ die wilde in Wäldern und auf Bergen herum schweiffende verstreute Leute/ in Dörfer/ Märkte und Städte zuhauf gesammlet/ und in das Band Menschlicher Gesellschaft eingefangen: daher von ihm die Fabel entstanden/ er habe mit seinem Sing- und Seitenspiel/ die Thiere/ Steine und Bäume an sich gezogen. Die Poesy ist freilich die Kunst/ so mit den Gottes-Liedern angefangen. Sie ist die rechte Pallas/ von deren die Griechen gedichtet/ daß Jupiter sie aus seinem Gehirne [S] gebohren habe: wie dann alle Weißheit von GOtt kommet. ¶ 12 Die Heiden wusten dieses: darum haben sie/ nicht nur eine Pallas oder KunstGöttin/ sondern auch einen Apollo oder Vorsteher der neun Musen erdichtet/ ihm eine Cyther in die Hand/ und die Berge Parnassus und Helikon zur Wohnung gegeben/ einen Brunn daraus herabfließen gemacht/ und vorgegeben/ man trinke Geist-Feuer mit selbigem Wasser in sich/ und man erwache ein guter Poet/ wann man auf dieser Berge einem eingeschlaffen. Dieses hat/ der Feind und Affe Gottes/ von David dem König und Poeten abgesehen: welcher viel Sänger und Poeten/ als Musen/ um und unter sich gehabt/ auf dem Berg Sion gewohnt/ daraus der Brunn Siloha gefloßen/ auf der Harffen gespielet/ und in deren Thon viel Psalmen gesungen. Im I SchäferGedichte des II Theils der Pegnesis/ der Norische Parnaß [S] genannt/ wird dieses umständlicher ausgeführet. ¶ 13 Von den Brunnen insonderheit/ ist bei den Heiden viel Aberglaube gewesen/ und haben sie dieselben/ weil sie also unabläßig rinnen und ihren Lauf behalten/ für Göttlich gehalten/ auch ihneu Nymfen und Najaden zu Vorsteherinnen zugeeignet. Daß aber ein Brunn den Geist der Poesy eingießen soll/ scheinet daher entsprungen zu seyn. In der ersten Welt/ wann die Weibspersonen bei den Brunnen/ um Badens willen/ zusammen kamen/ haben sie die Mannspersonen nach sich gezogen/ welche/ ihre Leibsschönheit zu beschauen/ begierig gewesen: dergleichen mit der Diana und ihren Nymfen/ und mit dem Actäon/ sich zugetragen. Weil nun/ durch solche Anschauung/ in den Herzen der Mannspersonen die Liebe angezündet worden/ haben sie mit Gesang-Rede derselben Weibsbilder Schönheit gepriesen/ und [S] um deren Holdschaft angesuchet. Daher entstunde die Sage und Fabel/ man lerne bei den Brunnen ein Poet seyn/ schöpfe und trinke diese Kunst (mit den Augen/ aber nicht mit dem Munde) aus denselben. Also haben die heilige Hirten Jacob und Mose/ bei Brunnen/ ihre Schönen gefunden die sie hernach geliebet und mit Liedern beehret: wie dann auch sonst gemeinlich junge Poeten/ mit Liebssachen/ zu poetisiren anfangen. Sidonius verlachet solche Brunn-Poeten/ und saget/ Ein Gedichte müße/ nicht aus dem Strom/ sondern aus der Stirn hervorschwitzen. (l [Carmen non tàm fonte, quàm fronte Sudari. I. 8. Cp. 3.]) ¶ 14 Es ist aber ein anderes Wasser/ mit welchem die Dicht-fähigkeit einfließet/ nämlich die Feuer-Flut des himlischen Geistes/ von welchem Plato also redet: Das Gemüte kan keine Brut empfangen oder gebähren/ es werde dann durch einen Strom von Himmel herab über-[S]gossen und beschwämmet. Der Himmel/ oder die Wohnung der Herrlichkeit Gottes/ wo nicht nur Neune/ sondern viel 1000000 Musen wohnen und ein LobLied nach dem andern anstimmen/ ist der rechte Parnassus/ daraus diese Geistes-Flut erqwillet und herabschießet. Gleichwie aber das von oben abfallende Wasser/ wann es durch Röhren in ein Brunngefäß geleitet wird/ in demselben wieder empor und hervorspringet: also soll die DichtKunst/ weil sie vom Himmel einfließet/ wieder gen Himmel steigen und Gott zu Ehren verwendet werden. Sind also die Poeten himlische Spring Brunnen/ oder sie sollen solche seyn/ und das Himmels-Flut Feuer nicht Irdisch verwenden: worauf mit dem Titel-Sinnbild gezielet worden/ da die Poesy und Andacht/ als die wahre Uranie in zweyen Personen/ vor einem solchen Brunnen sitzet. Solcher gestalt wird/ die Erde/ zum Echo und Gegenhall des Him-[S]mels/ und GOtt/ wie billig/ droben und hierunten beehret. ¶ 15 Es haben jederzeit Welt-Hohe sich gefunden/ die nicht allein die Poesy geliebt/ sondern auch selber Poeten gewesen. Waren nicht/ wie erwehnt/ David und Salomon große Könige?' | '141 Das Absehen oder der Zweck/ wornach ein Poet zielet/ ware bei den Heiden/ Nutzen und Belusten/ prodesse & delectare, wie Horatius redet/ oder simul jucunda & utilia, vel utilia jucundè dicere, nützliche Sachen lieblich ausreden/ lieblich nutzen und nützlich belustigen. Es haben aber die Heiden/ auch zur Ehre ihrer Götter/ die Poesy mit Lobgesängen verwendet/ daher Horatius saget: [S] ¶ Disceret unde preces, Vatem nisi Musa dedisset? ¶ Woher könt man lernen beten/ ¶ wan nicht wären die Poeten? ¶ So nennen dann wir Christen den dritten Zweck der Poesy/ vielmehr den ersten/ die Ehre Gottes. Die Poetische Dichtfähigkeit/ wie zuvor erwehnt/ und der Geist/ komt von Himmel: so ist ja billig/ daß dessen Wirkung in seinen Ursprung wiederkehre. Aller Thon/ alle Rede und Schrift/ sol Gott loben: weil Gott allein/ das Leben/ die Redfähigkeit/ den Geist und die Kraft/ gibet. Der Heidenlehrer befihlet: Alles/ was ihr thut/ mit Worten oder Werken/ das thut im Namen und zur Ehre GOttes. (a [I Cor. 10 V. 31]) Und wann schon das Absehen nicht eigentlich auf Gott zielet/ soll doch iedes Gedicht also abgehandelt werden/ daß es anmutig zur Gottes-Ehre und Tugend-Lehre gereiche. ¶ 142 Zu einem wahren rechten Poeten/ der da fähig seyn soll/ von allen Dingen zu poetisiren/ gehört notwendig die Wissenschaft aller/ sonderlich [S] himlisch- und natürlicher Dinge.' | '146 Wir wollen nun die Gedichtarten nach einander beschauen/ und wie solche zu erfinden seyen/ in betrachtung ziehen. Die erste unter denselben sind/ die so-genannte Hymni oder GOtt und den Himmel zu Ehren verfasste Geistliche Lieder: dergleichen zwar billig alle Lieder seyn solten. Droben ist erinnert worden/ wie übel es stehe/ wann ein Christlicher Poet/ die Namen der Heidnischen Götzen/ in seinen Gedichten anführet. Was ist dann erst dieses für ein Ubelstand/ wann man solches thut/ in Geistlichen Liedern und Gedichten/ und also die Lade des [S] Bunds neben den Dagon/ den Belial neben Christum/ setztet? Dergleichen Unform/ erscheinet in diesen Reimen: ¶ Wann soll doch mein Leid sich enden/ ¶ […] ¶ Weil Geistliche Lieder für jederman/ auch für Ungelehrte/ gesetzet werden/ so hat man auch darum diesen Unform zu vermeiden. ¶ 147 Es folget aber hieraus nicht/ daß man/ zum gegenspiel/ in dergleichen Gedichten/ alle Poetische und Figürliche Redzierden hinweg lassen/ und nur schlechthin leblose Reimen leimen und daher lirlen müße. GOtt/ der uns den Verstand und die Rede verliehen/ hat uns ja nicht verboten/ zierlich von und vor ihm zu reden. Er hat auch befohlen/ daß man ihm ja nichts gebrechlichs/ dürres oder dergleichen/ sondern etwas gutes und unmangelhaftes/ opfern solle/ (a [3 B. Mos. 22 V. 22]) sonst [S] werde es nicht angenehm seyn. Und wie solte es können GOtt gefallen/ wann ein fauler Gesell/ der das Gehirne nicht anstrengen mag/ ein rechtschaffenes Gedicht zu verfärtigen/ oder verfärtigen zu lernen/ ein leeres Gewörtel ohne Geist und Andacht/ wie es ihm ungefähr und in der Eile zwischen die Backen und Finger kommet/ auf das Papier sudelt/ und solche Schalen ohne Kern/ wie jener/ ihm aufopfert? ¶ 148 Da auch Geistliche Lieder zu des Nächsten Gebrauch/ und daß auch andere GOtt damit verehren/ geschrieben werden: wie kan/ durch ein solches HülfenLied/ die Andacht bei jemand erwecket und dessen Geist angefeuret werden/ da es ohne Geist und Andacht geschrieben worden? Ich setze/ zum Beispiel/ dieses Geschmiere. ¶ Was sagt König Salomon/ ¶ […]' | 'Daß/ auf Christlichen Schaubühnen/ Heidnische Götzen nicht auftreten sollen/ ist droben im VI Cap. erinnert worden: und können/ an derer stat/ Göttliche Eigenschaften/ Tugenden und Laster/ auch Flüße/ Länder und Städte in Frauen Gestalt/ oder als gute und böse Engel/ Genii und Knaben/ in der Luft erscheinen/ oder durch Machinen heruntergelassen werden/ und wieder verschwinden. Damit werden wir erlangen/ daß auch Gott und seine Engel unsere Spielschauer seyen/ und Wolgefallen daran haben: die hingegen fliehen/ wann sie Teufel oder deren Qwalgenoßen auftreten sehen. ¶ 226 Der Held/ welchen man als Hauptperson vorstellet/ muß ein Für-[S]bild aller Tugenden/ und zwar erstlich gekränkt seyn/ aber endlich ergetzet werden. Ist er aber ja ein Tyrann oder Böswicht/ so soll ihm seine Straffe auf dem Fus nachfolgen/ oder er endlich/ wie der König Manasse/ bekehrt werden. Dann wann/ in Schauspielen/ die Tugend nicht belohnt/ und die Laster nicht gestrafft erscheinen/ so ist solches ärgerlich und eine Gottslästerung/ weil es der Göttlichen Regirung zuwider lauffet.'

Morhof, Daniel Georg

Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie

| 'Und wird sich niemand verwundern daß aus dem Norden dieser Götzendienst auff die [S] Römer verpflantzet/ wenn er beym Diodoro Siculo lib. 2. c. 47. lesen wird/ wie die alten Heidnischen bey den Griechen gewöhnliche Götzendienste bey den Hyperboreis uhrsprünglich gewesen/ und von dannen dahin gekommen.' | 'Bey den Ißländern hat man ein sonderlich Buch die Edda gehabt/ welches war die Mythologia Poetica der alten Nordischen Völcker/ oder vielmehr ihre Theologia, Physica und Ethica. Es sind zweyerley Eddae gewesen/ die eine als die älteste/ ist in alte unverständliche Verse verfasset von Sämund Sigfuson/ der mit dem Zunahmen Froda/ daß ist/ der Weise genant worden/ und An. 1077. zu Odde in Ißland Prediger gewesen. Die neue Edda hat gemacht Snorrre Sturläson/ ein Vornehmer kluger Mann/ und Ober-Richter über Ißland im Jahr 1222. und auß der ältern des Sämunden zusammen gezogen/ welche Petrus Resenius mit sehr nützlichen Anmerckungen/ und einer weitläufftigen Vorrede heraußgegeben/ darinnen er mit mehren von diesen beyden ddis handelt. In der Königlichen Schwe-[S]dischen Bibliothec soll noch eine andere und besser verhanden sein/ wie Herr Rudbeck meldet. Dieser Snorre Sturleson hat die alte Eddam etwas verändert/ und auff ihre Poeterey gerichtet. Wie nun die Edda ihre Mythologia, so ist die Scalda ihre Metrica und Prosodia gewesen. Arngrimus sagt von dieser also: Scalda est liber de arte Poëticâ Islandorum, qui est quasi praxis Eddae ut Edda inventionem, Scalda usum vel artem adiuvet,' | "Es können alle Sachen sich zu den Oden schicken/ Geistliche/ Sittliche/ Liebreitzende/ Kriegrische und dergleichen mehr: da dann zum Theil auch die Redensart sich nach der materie schicken muß. Was die Geistlichen anlanget/ so sein bey den Griechen und Lateinern des vielfältigen Götzendienstes halber unterschiedliche Arten derselben gewesen/ welche Franc. Patricius in seinem andern Theil della poetica nach der länge erzehlt. Das gemeine Wort/ damit sie genennet worden ist Hymnus ein Lobgesang. Bey den alten ward die höheste Redensart in denselben gebraucht/ im Teutschen aber wird der Music und des gemeinen Gebrauchs halber eine Maasse hierin zu halten sein. Es sein aber die Geistlichen Lieder nicht alle Hymni, son-[S]dern haben auch andere verschiedene Arten unter sich. Wir müssen hie von den Liedern gedencken/ die der Sehl. Herr Lutherus gemacht/ welche voll Geistes und nachdrücklicher Wörter sein/ darin ein richtiges metrum ist: dann er hat gar genau auff die Sylben gesehen/ welches von den Frantzosen und Italiänern nur am meisten in acht genommen wird. Die quantitas ist zwar nicht allezeit beobachtet; Es müssen aber solche kleine Fehler in so wichtigen Dingen/ da die Wörter und der Verstand vollenkommen/ über sehen werden. Dann man würde der Vollenkommenheit eine Gewalt anthun/ wann man hierin etwas ändern wolte. Vor Lutheri Zeiten sein auch verschiedene Hymni und Geistliche Lieder auch im Pabstthum schon geschrieben/ darin etliche nicht so gar übel gemacht/ und des Alters halben in Ehren zu halten/ und hat mir einer berichtet/ daß ein absonderlich Gesang-Buch von denselben zusammen gelesen und [S] jemand heraußgegeben/ das ich aber nicht gesehen. Man hat im übrigen Hr. Risten/ Hn. von Stöcken/ und vieler anderer Geistliche Lieder/ welche ihren Fleiß hierin rühmlich angewandt/ und niemand unbekant sein. Hr. Rölings seine Geistliche Oden sein voll Tieffsinnigkeit und an Erfindung reich. In der alten Kirchen hat man keine andre Psalmen zugeben wollen/ als die aus den Büchern der Heil. Schrifft genommen/ nemblich die Psalmen Davids und andre Lobgesänge. Die sonsten gemacht wurden/ würden [griech.] Psalmi Plebei genant/ und waren verboten in öffentlichen Versamlungen zu singen. Davon sagt der LIX. Canon des Concilii Laodiceni also: [griech.] Quod non oportet plebeios Psalmos in Ecclesiâ legere; aut libros non canonicos. Balsamon und Zonaras erwehnen allhie in ihren Anmerckungen/ daß unter den Psalmis Plebeis die Psalmi Salomonis verstanden werden/ [S] die man damahls gehabt/ und nicht für auffrichtig gehalten. Es erhellet aber aus unterschiedlichen Oehrtern der Historia Ecclesiasticae des Eusebii, das viele Psalmi von privatis gemacht/ die man in den Kirchen gesungen/ wie dergleichen einer bey dem Clemens Alexandrino am Ende seines dritten Buchs sich findet auff den Herrn Christum/ und auch Plinius lib. 10. Ep. 97. von den Christen solches erwehnet. Von den Therapeutis (davon doch noch zweiffelhafftig ob sie Christen gewesen) schreibt Eusebius lib. 2. c. 17. [griech.]. [...] Widerum lib. 5. c. 28. sagt er/ daß viel Psalmen von den gläubigen Brüdern geschrieben/ die Christum als einen wahren GOtt loben und erkennen/ und lib. 7. c. 30. von dem Paulo Samosateno, daß er die zu Christi Ehren gemachte Psalme/ unter diesem [S] Vorwand abgethan/ daß sie neulich erstlich/ und nicht von den alten gemacht/ welches dann der Synodus so wieder ihn außgeschrieben getadelt/ weil er dadurch die Ehre Christi angefochten. Ist also gläublich daß solcher Psalmen viel in der Kirchen gewesen/ welcher aber in dem angeführten Canone deßhalben verbotten worden/ weiln man zur Ehren GOttes lieber die von dem Geist GOttes selbst gesetzte/ als die von Menschen erdachte Hymnos gebrauchen wollen. Valesius hat dieses angemerckt in seinem Commentario über den Euseb. lib. 7. c. 24. Disertè prohibetur ne Psalmi [griech.] id est à privatis hominibus compositi in Ecclesiâ recitentur. Invaluerat enim haec consuetudo, ut multi Psalmos in honorem Christi componerent, eosque in Ecclesiâ cantari facerent. Deßhalben wurden auch [griech.] in den Kirchen bestellet/ welche gewisse Psalmen auff gewisse art und Weise singen müsten/ wie Bevereggius in den Anmerckungen ü-[S]ber den XV. Canon. Conc. Laodiceni weitläufftiger außführet/ und insonderheit der Cardinal Bona in seiner Psalmodia. S. Agorbardus, der im Jahr 840. gestorben/ dessen Wercke der Stephanus Baluzius heraußgegeben/ handelt hievon auch in einem absonderlichen Buch de divinâ Psalmodia. Dann er spricht: Reverenda concilia Patrum decernunt nequaquam plebeios psalmos in Ecclesia decantandos, & nihil poëtice compositum in divinis laudibus usurpandum. Durch welche letzten Verse der Baluzius verstehet levia carmina & faciles versus, cujusmodi sunt, quae moteta hodie dicimus. Zu dessen Beweiß führet er einen Ohrt an aus den Gulielmo Durandi, Episcopo Mimatensi, in seinem andern Buche de modo generalis concilii celebrandi cap. 19. Videretur valde honestum esse, quod cantus indevoti & inordinati motetorum, & similium non fierent in Ecclesia. Diese haben sie aber nur bloß einmahl im Jahr bey dem Weynachtfest gebrauchet/ [S] welche Gesänge Noels das ist Natalitia Carmina genant worden. Pasquier des Recherches de la France l. 4. ch. 14. beschreibt diese Nouels daß sie gewesen/ Chansons spirituelles faites en l'honneur de la Nativite de nostre Seigneur. Es ist aber auch diß Wort gebraucht worden/ wann das Volck Königen und Fürsten ein Freuden Geschrey gemacht/ da sie dasselbe ihnen zu geruffen/ wie Pasquier weitläufftiger an selben Ohrte anführet. Dieses habe ich bey dieser Gelegenheit von den Geistlichen Gesängen beybringen wollen/ in welchen man es gerne bey dem alten bleiben lässet. Der Heilige Agobardus ist sehr sorgfältig hierin gewesen; daß er nichts hat zugeben wollen/ als was auß den Büchern der Heil. Schrifft genommen/ wie aus seinem Buche de correctione Antiphonarii zu sehen. Der Baluzius thut denckwürdig hinzu. Constat res semel receptas in Ecclesia non facile mutari, cautioresque in his rebus debere esse Pontifices, ne ministerium eorum vi-[S]tuperetur. Sic Urbanus VIII. hymnos correxit, & tamen semper hymni antiqui canuntur in Ecclesiâ. Deßhalben erinnert auch Campanella Poeticor. c. 8. art. 2. daß man auff einige kleine Fehler des metri nicht so gar genau in den Geistlichen Gesängen sehen soll. Non tam metri curanda est regula, quam sonus auribus gratus & doctrina recondita bene restricta & destillata. Si S. Thomas mensuras inspexisset, non sic altè locutus esset, mirabili lepore doctrinam profundissimam exprimendo. Derselbe Autor, der ein Mann von seltzamer und wunderlicher Wissenschaft gewesen/ hat selbst einige Hymnos geschrieben/ wie er art. 4. an dem vorigen Ohrte schreibet. Nos triplicem Psalmodiam scripsimus de rerum naturâ: in primâ caelestia & incolas, in secunda terrestria, in tertia hominem cecinimus & Dei laudes ex his & gratiarum actiones expressimus. Fecimus & poemata metaphysica, unum de summa potentia, unum in tribus cantilenis de summâ sapientiâ: [S] unum de primo Amore: duo de summo bono. Er hat auch an denselben Ohrte art. 1. gar artig dargethan/ wie in den Psalmen Davids alle arten der Carminum, so viel ihr sein mögen enthalten; Drum man billig demselben als einem Göttlichen Wercke seiner Vollenkommenheit halber den Vorzug geben muß. ¶ Nechst den Geistlichen Oden folgen die/ welche ein argumentum morale haben/ welches sich zu den Oden sehr wol schicket."

Männling, Johann Christoph

Europäische Parnassus, Oder kurtze und deutliche Anweisung Zu der Deutschen Dicht-Kunst

| 'Absonderlich aber soll man sich befleißigen die Heydnischen Götter und ihre Nahmen so viel möglich zu vermeiden/ wie Hoffmannswaldau in der Vorrede seiner Helden-Brieffe/ und Zesius in seinem deutschen <aq>Helicon<aq> davon handeln.'

Stieler, Kaspar von

Die Dichtkunst des Spaten 1685

| "Will schon ein Kato hier von Götzendienern schreyen, ¶ und nennt solch Fabelwerk kurzüm Abgöttereyen; ¶ So wiß' er, daß ich sey so Christlich wol als Er. ¶ Was gehn mich Heyden an, als Heyden? doch klagt wer ¶ den Misbrauch an, wolan! so sind wir schon entschieden. ¶ Die Mordkartaune schützt und wirkt auch edlen Frieden. [S.i.O.] ¶ Die Schrift hingegen Zwist; Ein iedes Ding will Art, ¶ hat seine Zeit und Raum. Viel beßer ists, man spart [S] ¶ dergleichen Spiel beym Ernst und geistlichen Gedichten, ¶ wo Venus und ihr Sohn sich finden darf mit nichten ¶ und keine Flora tanzt, als wenn man mit Verdruß, ¶ mit Spott und Aergernüß sticht an den Pegasus, ¶ wie mancher wol getahn, der hölzern nicht gewesen: ¶ In Freudenliedern mag man wol vom Komus lesen, ¶ ja von der Galatee, wie sie ein Satyr hascht, ¶ und wie der Buckel ihm gebleut wird, eh' er nascht." | "Verneinen kan man nicht, daß Griechen und Lateiner ¶ den Schauplatz misgebraucht und ihrer selten einer ¶ der Spiele Zweck erreicht. Von Götzen sag' ich nichts: ¶ Dieweil der Blindheit Nacht die Heyden dieses Lichts, [S] ¶ so uns bestraalt, beraubt. Was sind nicht dar vor Sünden, ¶ List, Untreu, Zauberey und Garstigkeit zufinden?" | 'Vergeblich schreyt man Lermen ¶ üm solches Sinnenspiel, nennts ärgernuß und schwermen, ¶ da man vielmehr sich selbst zu einem Abgott macht ¶ durch seinen Eigensinn, wenn man kurzum veracht [S] ¶ verdeckte Blümerey, wormit wol oft ein Dichter ¶ mehr Nutzen zehnfach schafft, als solcher Stachelrichter ¶ betrübter Lehrsatz tuht.' | "Durch Venus süßen Orden ¶ ist, ich bekenn es gern, oft ein Poete worden; ¶ doch, wett' ich, einer kaum, ja keiner, glaub' ich, hat ¶ im leben so gelebt, wie ihn gezeiht sein Blat. ¶ Die Heyden nehm' ich aus, die doch auch Tugend ehrten ¶ und mit dem Laster Schäm oft ihre Stirn verkehrten ¶ da doch ihr herz blieb rein. Wer meint, daß Opitz, Rist, ¶ Dach, Flemming, Tscherning, nicht gewesen sey ein Christ, ¶ Ob schon die Flavien, Amanden, Amaryllen, ¶ Dorind' und Galatee viel ihrer Blätter füllen? ¶ Die liebe schleifft den Sinn, macht munter, schärft den Geist, ¶ daß er sich von der Erd' ab- und zur Luft hinreißt, ¶ sucht aus, was zärtlich ist, entzuckend, voller Leben, ¶ geht die Affekten durch, die wir herzneigung geben, ¶ und klaubet wörter aus die niemand fallen ein ¶ und gleichsam von der Sprach' ein fünftes Wesen seyn. ¶ hat ein Garsthammel nun sich gleich hierinn vergangen ¶ und mit der Sauklock wo zu läuten angefangen; ¶ was kan der Misbrauch tuhn? Man schüttet aus dem Haus' ¶ ein kind ie nicht gleich mit dem Badewaßer aus."

Händel, Christoph Christian

Deo. O. M. Clementer

| 'Commodè adhuc hìc quaeritur: Utrum ad Decus Poëmatis pertineat, immiscere ei Nomina Deorum Gentilium, eorumque Fabulas? Nos respondemus, quòd non! Quam vis enim sint, qui putent, omnem Ornatum Carminis, omnemque Dictionem Poëticam in eo ipso consistere, ut mendacia afferantur Ethnicorum, suisque rebus applicentur, nos tamen dissentimus toti, seriò & citra jocum afferentes, illud Christianum Poëtam minimè decere, utpotè qui Sacras habet Literas, è quibus, tanquam è profundissimo thesauro, omnis generis inventiones depromi possunt, ut ita Idolorum nomina, citra ullum Carminis detrimentum, oprimô exulent jure. Quodsi tamen quis superstitione perversâ captus sit, ac si omne Decus Carmen amitteret, si excludantur Gentilium Fabulae & Iodolorum Nomina, ille remotivè, aut cum additamento quodam, ex quo, quid de istis sentiamus, cognosci possit, mentionem eorum faciat'

Weise, Christian

Curiöse Gedancken Von Deutschen Versen

| 'X. Bey so gestalten Sachen fragt sichs auch/ ob man die Heydnischen Götter Nahmen mit in die Construction bringen soll? Denn das weiß ich wol/ daß die Heydnischen Fantasien mehrentheils durch eine Prosopopoeiam können excusirt werden; aber die meisten Leser verstehen es nicht/ also werden die Nahmen auch so wol/ als die ungewöhnlichen Wörter zuverwerffen seyn. ¶ Ich weiß wol/ die Leute/ welche sich die Admiration der alten Poeten/ einnehmen lassen/ halten ein Carmen vor tod/ wenn dergleichen Zierrath nicht eingeflicket wird/ und wer ein bißgen nachdencken gelernet hat/ der siehet gar leichte/ was der Concipiente vor ein Absehen haben mag. Ge-[S]setzt er schriebe/ er hätte dem Cupido eine Feder aus dem Flügel gerissen/ und damit das Hochzeit Carmen aufgesetzt/ so weiß ich wol/ daß es propriè/ so viel bedeuten soll: Ich habe entweder meinen eigenen affectum amoris, oder doch das Exempel des verliebten Freundes betrachtet/ daß ich mich einer guten Invention habe versichern können. Allein/ ob man nicht ausser diesen Fabeln eben so curieus schreiben könne/ das soll mir niemand in Zweiffel ziehen. [...] ¶ XI. Wenn aber die Nahmen bekant seyn/ und gleichsam als eine Allusio Rhetorica zu der Elocution/ was annehmliches contribuiren sollen/ so kan es gar wol gedultet werden.' | 'XXIV. Ich weiß wol/ daß etliche von den carminibus am meisten halten/ wenn sie mit einem Gedichte prangen können. Allein wer mit abgedroschenen Zeuge viel Wesens macht/ daß entweder die Heydnischen Götter gar viel herum lauffen läst/ oder daß die Schäffer und Schäfferinnen allemahl was zu thun bekommen/ der möchte sein dichten nur bleiben lassen.' | '3. Ich besinne mich/ daß mir einmahl ein carmen in die censur kommen/ darinnen der Dicht-Meister eine Unterredung der seligen Seelen mit dem HErrn Christo vorgestellt/ darinnen aber hatte der HErr Christus diese Worte zureden. ¶ Die Clotho hat Befehl den Faden abzuschneiden. ¶ Denn es solte so viel heissen: die Todesstunde ist vorhanden; gleichwol war im Phrases-Buche oder im Poëtischen Trichter das schöne Förmulgen verhanden/ und da fragte niemand/ ob der HErr CHristus/ der die Heydnischen Götter vor Greuel gehalten/ auch zu einer solchen greulichen Formul könte genöthiget werden.'

Hofmann, Johann

Lehr-mässige Anweisung/ Zu der Teutschen Verß- und Ticht-Kunst

| '17. Die erdichtete Personen aber sind unterschiedlich/ als [griech.]. Die Heydnische Götter: Apollo, Venus, Cupido, Neptunus, welche dann dorten (e. [= recensente Lauremb. in Acerra P. Cent. I. §. 86. Conf. Mythol. Nat. Comitis.]) ausführlich beschrieben werden. Und bedienen sich derselbigen etzliche in ihren Gedichten zu Vorstellung des Tags/ der Liebe/ der Begierde/ deß Wassers; [S] Wiewol denen Christlichen Poeten nicht wohl anstehet/ sich solcher Heydnischen Sachen zu bedienen. Und können also an statt dieser/ viel verantwortlicher und füglicher gesetzt werden [griech.] die Tugenden/ die Laster/ der Krieg/ der Friede/ die Zeit/ und dergleichen mehr.' | '6. Diesem nach findet sich eine andere Art der Gedichte/ so nicht gar gemein sind Dythyrambi genennt/ welche auch Bachische Gedichte heissen/ weil nemlich die Alten dergleichen dem Abgott Bachus zu Ehren gesungen.'

Ludwig, Gottfried

Deutsche Poesie dieser Zeit

| 'Die so genannte Poetische Inventiones, oder wenn/ was simpliciter hätte sollen vorgetragen werden/ mit Fictionibus (darinnen die zugeeignete Nahmen in der Mythologie und Antiquität ihren Grund haben/ und die durch Hypotyposin, Prosopopoeiam und solche Mittel angestellte Ausführung auff die möglichst sich ereignenden Umstände fussen müssen/ sonsten aber wider GOtt und Erbarkeit nichts lauffen soll) vorgestellet wird/ lassen sich nicht minder zu oben angezogenen Fontibus bringen/ wenn man die Masque abgedecket hat. Vor Anfänger derer Judicium noch nicht wohl ausgeübet/ sind solche Dinge nicht/ wiewohl es an einem Exempel unten nicht ermangeln soll.'

Uhse, Erdmann

Wohl-informirter Poët

| 'VIII. Die Namen der heydnischen Götter kan man zwar in Politischen/ nicht aber in Theologischen Materien brauchen. z. e. [S] ¶ Dieses ist recht: ¶ In Ungarn hört man jetzt nicht viel von Krieges-Waffen/ ¶ […] ¶ Dieses aber ist unrecht: ¶ Jupiter giebt Sonnenschein'

Omeis, Magnus Daniel

Gründliche Anleitung zur Teutschen accuraten Reim- und Dicht-Kunst

| 'Im andern Theil dieses Werkes zeiget sich eine Teutsche Mythologie/ oder Lehre von den Poëtischen Fabeln/ welche ich iederzeit [S] zu Ende meiner Collegiorum Poëticorum kürzlich tractiret; nicht zwar/ daß wir bloß hin der erdichteten heidnischen Gottheiten Herkunft und Begrebniße erzehlet/ und also nur an der Schale wären hangend geblieben/ (wie es gemeiniglich von den Mythologischen Scribenten zu geschehen pfleget) sondern wir haben anbei den Kern gekostet/ und den Theologischen/ Sittlichen/ Natürlichen/ Historischen Verstand und Bedeutung kürzlich an- und hier viel weitläuftiger ausgeführet; auch nun in dem gedruckten Anhang zugleich gezeiget/ wie die meinste dieser heidnisch-Poëtischen Gedichte aus den Büchern Mose und andern Schrifften des Alten Testaments ihren Ursprung genommen.' | 'Jedoch sind hiedurch nicht zu verstehen der heidnischen Götter und Göttinnen Namen/ welche/ so es ohne Abgötterei und Aberglauben geschiehet/ in einem Teutschen Gedicht/ iedoch mit Maas/ zu erdulten sind. Es müßen aber diese Götter-Namen/ und andere Nomina Propria, alsdann auch mit Teutschen Buchstaben geschrieben werden;' | 'Hieher gehören die Hymni oder Lob-Gesänge/ so zu Ehren der Heidnischen Götter abgesungen werden: als des Opitzen Lobgesänge dem Bacchus und dem Kriegs-Gotte zu Ehren verfaßet; dergleichen zwar zu verfertigen einem Christen nicht wol anstehet. Vielmehr sind hier zu loben Dan. Heinsii Lobgesang JEsu Christi/ welches erstermeldter Herr Opitz aus dem Holländischen ins Hochteutsche gebracht; item selbsten des Opitzen Lobgesang über die Geburt Christi u. d. m. ¶ Von den Lateinern kan hier gelesen werden Claudianus de Laudibus Stiliconis, & Serenae Reginae; Panegyris Heroica Caroli V, in Masenii Palaestra Eloqv. Lig. p. 214 & seqq. Barlaeus Tom. I Carm. de Laudibus Card. Richelii, & Friderici Arausiorum Principis, P. II p. 251 u. a. m. Insonderheit aber vid. Morhosii Hyle Invent. Poët. p. 142. allwo die Encomiastica Carmina Personarum, und p. 143. 144 variarum Rerum & Imaginum Laudes angezeiget werden. Add. Jo. Dekeni Observatt. Poët. Edit. Kilon. p. 90 & seqq. wo von dem Carmine Panegyrico oder exornativo gehandelt wird.' | 'Ein accurates Symbolum stellet weder eines waarhaften noch erdichteten Menschen Gestalt für; ingleichen keines Heidnischen GOttes oder Göttin; und schicket sich der Hercules mit seiner clava, Jupiter mit seinem Donner-Keile/ Cupido mit seinem Köcher und Pfeilen/ beßer zu einer emblematischen als symbolischen Figur.' | 'Von diesen und dergleichen mehreren sind zu besehen die schon belobte Caes. Ripae Iconologia, und Jac. Masenii Speculum Imaginum Capp. 19 & 20. Absonderlich von Ausbildung- und Vorstellungen der heidnischen Götter und Göttinnen/ besiehe erstgedachten Masenii Speculum Imag. Capp. 22. 23. 24. Ant. Verderii Imagines Deorum; Balbinus in Verisimil. Cap. V §. 4, da er handelt de Imaginibus Poëticis; wie auch P. Franc. Pomey in seinem Pantheo Mythico sive Fabulosa Deorum Historia, Francofurti f. 8. 1701.' | 'Viele der Heiden haben derer Erfindung dem Apollo/ die Aegyptier dem Osiris/ die Thracier dem Orpheus zugeschrieben. Andere haben denen Musen die Pallas vorgesetzet/ und gedichtet/ daß diese aus des Jupiters Gehirne gebohren worden: anzudeuten/ daß alle Weißheit und [S] gute Wissenschafften von GOtt herkommen. Einige Christ-gelehrte stehen in dieser frommen Meinung/ als hätten schon die aller-älteste heilige Väter/ wann sie im grünen/ bei unschuldig-guter Muße sich erlustiret/ oder ihrem Feld- und Welt-Bau obgelegen/ Lob- und Dank-Lieder/ zur Ehre GOttes/ gedichtet und angestimmet. Zumaln aus heiliger Verwunderung und Erforschung der Natur und Welt-Geschöpfe/ die Hymni oder Göttliche Lobgesänge entsproßen; gleichwie aus der Betrachtung des menschlichen Lebens und Wandels/ die Sitten- und Tugend-Lieder/ auch Straff- und Stichel-Gedichte/ in Gebrauch gekommen. Ingleichen seye es warscheinlich/ fügen sie hinzu/ daß noch vor der Sündflut in der Schule Henoch/ der ein göttliches Leben geführet/ der Höchste mit geistlichen Psalmen und Liedern wäre verehret worden. Ob Noah/ bald nach der Sündflut/ bei dem Opfer etwann auch einen Lob- und Dank-Gesang gen Himmel geschicket/ daran ist fast nicht zu zweifeln: gewißer aber dieses/ daß einige hundert Jahre hernach Hiob und Moses/ als geistig- und geistliche Dichter/ sich haben hervor gethan; und dieser absonderlich ein schönes Dank-Lied dem HErrn angestimmet/ nach dem triumfirenden Auszug der Kinder Israel durch das rohte Meer: * [2. B. Mos. XV.] worbei auch seine Schwester Mirjam das ihrige beigetragen/ und den Weibern am Reigen vorgesungen. Welcher Gestalt besagt-Israelisches Volk an der Gränze von Moab/ über einen Brunnen/ ein Lied wechselweiß gesungen/ hat eben deßelben Heer-[S]führer und Capellmeister Moses in seinem IV Buch ** [Cap. XXI. v. 17. 18.] angeführet. Nicht gar anderthalb-hundert Jahr hernach trat im Volke GOttes hervor die Richterin/ Prophetin und Poëtin Debora; welche samt dem Barac/ nachdem sie die Cananiter besieget/ GOtt mit einem herrlichen Triumph-Lied gedanket. ***[B. der Richter Cap. V.] Und glauben etliche/ daß diese Debora eine von den alten Sibyllen gewesen; welche auch Poëtinnen waren/ und ihre Weißagungen in Versen beschrieben. Bald darauf haben die Griechen ihren Amphion aufgestellet/ und von ihm erzehlet/ daß er durch seine liebliche Dicht- und Sing-Kunst die Steine zu den Mauren der Stadt Thebe versammlet; oder vielmehr/ durch seine geschickte Poësie und Wolredenheit/ die hart- und wilden Leute bezähmet habe/ Städte zu erbauen/ und friedlich beisammen zu wohnen. Diesem folgten ihre annoch-berühmte alte Poëten/ Linus/ Orpheus/ Musaeus; wie auch in Italien die Carmenta/ Evanders Mutter/ welche aus Arcadien/ einer Griechischen Provinz/ die Poësie solle dahin gebracht haben. ¶ Um das Jahr der Welt 2890 schwange sich die Poësie mit dem David auf den Könglichen Thron; von welchem Mann und Dichter nach dem Herzen GOttes/ die Poëtische Fabel von dem Apollo und seinen Musen auf dem Parnassus-Berg/ nach etlicher fromm-gelehrter Meinung/ soll herstammen. David nemlich hatte um sich viel Hof-Musicanten/ den Assaph/ Ethan/ Heman/ Jedithun/ und andere/ mit denen er heilige Sängereien [S] angeordnet/ und er selbst auf der Harpfe gespielet. Also hat der Satan/ GOttes Affe/ zu Delphis Pythische Gesang-Spiele angestellet/ und dem Apollo die Leyer/ auch seinen Musen verschiedene Instrumenten in die Hand gegeben. David hat den Riesen Goliath/ und der Sohn Davids den höllischen Python erwürget: dergleichen Thaten werden auch dem Apollo angedichtet. Zu Jerusalem waren zween heilige Berge/ Sion und Morijah/ auf derer jenem David residirte; diesen beeden Bergen wurde der zwei-gespitzte Parnaßus nachgebildet. In Jerusalem war das Jüdische Sanhedrim; also auch zu Delphis der hohe Griechen-Raht der Amphictyonen. Aus dem Berg Sion entsprang der Brunn Siloah/ daraus ein blind-gebohrner sich sehend gewaschen/ und anderseits die Brunnen Gihon/ Rogel und mehrere; welche durch die Dichter in die Kunst-Brunnen am Parnaßus und Helicon verwandelt worden/ als daraus man sich Kunstsehend und gelehrt trinken könne. Diese geistliche Erklärung lassen wir in ihrem Wehrt: und wißen freilich/ daß die Heiden/ weil sie vieler Sachen und Künste Ursachen nicht erkennen können noch mögen/ selbige ihren Göttern zugeschrieben; dahero auch die Erfindung der Dicht-Kunst (wie schon gemeldet worden) dem Apollo zugeeignet/ weil er durch das Delphische Orakel/ von uralten Zeiten her/ in gebundener Rede geantwortet/ und andere dergleichen Oracula oder Götzen-Stimmen Versweiße geweissaget. ¶ Nach Davids und seines Sohnes Salomo (welcher über tausend Lieder gedichtet/ * [1 B. der König. IV. 32.] von denen [S] das so genannte Hohe Lied noch vorhanden ist) weisester Regierung/ ließ sich in Griechenland hören Homerus/ der Fürst selbiger Poësie/ und Vater der Mythischen/ das ist/ der allerältesten Philosophie;'

Hunold, Christian Friedrich

Die Allerneueste Art/ Zur Reinen und Galanten Poesie zu gelangen

| 'CCLVII. Wie aber dieses meistentheils in Heidnischen Fabeln vorzukommen pfleget; so haben im Gegentheil andere einen Eckel daran/ und delectiren sich lieber an einer Christlichen oder Politischen Hi-[S]storie/ worinnen aber wenig oder gar nicht von solchen Machinis coelo delapsis zu sehen ist.' | 'LXXX. Sließlich soll ich diesem Capitul noch ein Paar nohtwendige Remarquen beyfügen. Es fraget sich nehmlich: Ob man auch die Nahmen der Heydnischen Götter brauchen? ob man auch seinen Versen einen Commentarium oder Notas hinzusetzen darff? und wie man sich bey der Ubersetzung aus fremden Sprachen verhalten soll? ¶ LXXXI. Es ist mehr als zu sehr zu beklagen/ daß sich manche nicht scheuen/ solche Dinge den Heydnischen Götzen anzudichten/ welche unmittelbahr von der Allmacht des wahren GOttes dependiren. Ja ich habe wohl eher Weynacht- und Oster-Carmina gesehen/ welche mit Heydnischen Schlamme sind besudelt gewesen. ¶ LXXXII. Man solte nicht wähnen/ daß sich die [griech.] eines Christen nicht weiter erstreckete. Woher kömmts? die Uhrsache ist leicht zu errahten. Denn da wird einem gleich Anfangs in der Schule die Pedanterey beygebracht/ daß alle Verse nach den alten Poeten schmecken müsten; und also werden per Consequens die Deastri nicht ausgeschlossen. ¶ LXXXIII. Allein/ wie wir immer das Consilium gegeben/ alle Mythologien und Heydnischen Fabeln in unserer Christlich-Teutschen Poesie auszumunstern; Also mögen um so vielmehr die Phantastischen Götter wegbleiben. ¶ LXXXIV. Ich weiß wohl/ daß man dieses mit einer Prosopopoeia zu entschuldigen pfleget. Doch [S] ich dächte/ man könte auch ohne dieses Zeug eine gute Invention, und eben so wohl andere Prosopopoeias zu Wege bringen. ¶ LXXXV. Und gesetzt/ es liesse sich alles entschuldigen/ daß nichts wider die Christliche Pietaet gesündiget würde/ so soll man doch lieber die Obscurität vermeiden. Denn der Zehendte wird die Fabel-Possen nicht verstehen/ ob man auch gleich alle Elegantias Poeticas darinnen zusammen gestoppelt hat. ¶ LXXXVI Jedoch will ich gar gern condescendiren/ und es geschehen lassen/ daß man sich derjenigen Nahmen bisweilen bediene/ welche auch unter den Ungelehrten nicht unbekandt sind. Z. E. Cupido/ Venus/ Saturnus/ Mars/ Phöbus/ Musen etc. Nur aber alles cum grano salis und sparsam/ und wenn man eine sonderliche und schöne Invention dadurch gewinnen kan. ¶ LXXXVII. Also wenn ein Pedante den Narren an dergleichen Dingen gefressen hat/ so kan man leichtlich ihm zu Gefallen/ ein Carmen mit solchen Heydnischen Alfantzereyen meubliren. Und gewiß/ wenn es ein Patron ist/ der unser Interesse befördern soll/ so lehret uns die zuläßliche Politique, daß man sich allerdings nach seinem Humeur richten müsse.'

Weise, Johann Ernst

Unvorgreiffliche Gedancken von Von Teutschen Versen

| 'Man meyde die weit hergesuchte Allusiones auf die heydnische Fabeln, und befleisse sich einer deutlichen Reinlichkeit.' | 'Ursent. Monsieur legt mir eine Frage vor/ die so spitzig ist/ daß ich wünschen möchte/ mit der Antwort verschont zu bleiben. Ich weiß gar wohl/ daß die meisten denjenigen auß dem teutschen Helicon verbannen/ welcher seine Arbeit mit solchem Schnitzwerck und Mythologischem Cram nicht aufzuputzen weißt/ und bedaure deßwegen/ daß so viel auf eine blinde Nachahmung gefallen. [S] Jedoch der Wahrheit zum Schutz/ will ich meine Meynung keines Wegs verhalten/ sondern frey gestehen/ daß solche Leuthe Meilenweiß auß dem Gleisse schreiten/ dann die Poësie soll ja der gefallenen teutschen Sprache wieder auf die Beine helffen/ wie mag aber solches geschehen/ da man sie mit dergleichen Obscuritäten je mehr und mehr unterdrücket und unter die Banck stosset. Im übrigen aber lasse ich gern jedem seine Schreibart/ doch muß ich denjenigen gratuliren/ welche den weitberühmten Herrn Weisen und seinen vielen Nachfolgern zu Wegweisern erwählen. Will man aber die heydnische Götter-Fabeln anbringen/ so hat mehrgelobter Zittauische Redner gewiesen/ daß es ohne Verduncklung des Verstands auf gewisse Weise (den Mißgebrauch will ich außgeschlossen haben) möglich sey.' | 'Jetzt glaube ich erst/ daß ihr die jenige Kinder seyd/ welche jener Scharffsinnige Mahler das Gespihene ihres Alt-VattersHomeri aufleckend gemahlet/ sintemahlen ihr bald hie bald dorten einen Brocken Mythologischer Finsternussen ans Tage-Liecht gelangen lasset.' | 'I. Ob die Mythologische Allusiones den Stylum Sublimem außmachen? Es blehen sich zwar viele/ und leben in der falschen Einbildung/ daß wann sie in ihren Gedichten fast jede Zeile mit diesem Gram außspicken/ so hätten sie schon den Titul eines gekrönten Poëten verdient/ daß aber solche Meilen weg von dem rechten Weg abweichen/ ist kundbar und am Tag: Denn die Allusiones absonderlich auf die Mythologie seyn nur ein Stuck von dem hohen Oratorischen Stylo, und muß man sich in der Mythologie trefflich wohl vorsehen/ daß man nicht in eine sündliche und schandliche Abgötterey verfällt: Wie manche in ihren Hochzeit-Gedichten als Ecstatici bald die geile Venus bald ihren blinden Sohn u.a.m. anruffen. Wer sie brauchen will muß mit kluger Behutsamkeit handlen/ daß er sich ja nicht verstosse. Z.E. Wir solten dem gewesen Chur-Fürsten zu Cölln ein Mythologisches Epigramma setzen/ ich hoffte mit diesem wohl hindurch zu kommen: [S] ¶ Chur-Cölln wolte jüngst der Götter Mitgott seyn/ […] ¶ Demnach ist klar/ daß die Mythologische Allusiones den hohen Stylum keines wegs allein außmachen/ sondern daß sie bloß ein Particul seyn/ und über das behutsam müssen gebraucht werden.'

Wahll, Johann Samuel

Poetischer Wegweiser

| '§. 7. ¶ Die Nahmen der Heydnischen Götter und Göttinnen brauchen etliche gar zusehr, und bethen sie gleichsam noch an. Etliche verwerffen sie gar. Beyde aber thun unrecht. Denn man kan sie wohl auf gewisse masse brauchen, wenn man dadurch etliche Geschöpffe, Künste und Wissenschafften abbildet. Aber vor den wahren einigen GOtt selber darff man sie keines weges setzen. Und so man von deren Gedichte Inventiones nehmen will, muß man sie ordentlich vorstellen, deutlich erklären, und was gutes durch die Application daraus herführen. ¶ Also ist es sehr abgeschmackt, wenn man allezeit vor Himmel: Olympus, vor Erde: Tellus, vor Sonne: Titan oder Phoebus, vor Mond; Frau Luna setzet. Hingegen kan man dann und wann vor Schule oder Academie: Pindus, Helicon, oder Parnassus, vor das Studiren: Musa, oder einen Nahmen der Musen setzen.'

Neumeister, Erdmann

Die Allerneueste Art/ Zur Reinen und Galanten Poesie zu gelangen

| 'CCLVII. Wie aber dieses meistentheils in Heidnischen Fabeln vorzukommen pfleget; so haben im Gegentheil andere einen Eckel daran/ und delectiren sich lieber an einer Christlichen oder Politischen Hi-[S]storie/ worinnen aber wenig oder gar nicht von solchen Machinis coelo delapsis zu sehen ist.' | 'LXXX. Sließlich soll ich diesem Capitul noch ein Paar nohtwendige Remarquen beyfügen. Es fraget sich nehmlich: Ob man auch die Nahmen der Heydnischen Götter brauchen? ob man auch seinen Versen einen Commentarium oder Notas hinzusetzen darff? und wie man sich bey der Ubersetzung aus fremden Sprachen verhalten soll? ¶ LXXXI. Es ist mehr als zu sehr zu beklagen/ daß sich manche nicht scheuen/ solche Dinge den Heydnischen Götzen anzudichten/ welche unmittelbahr von der Allmacht des wahren GOttes dependiren. Ja ich habe wohl eher Weynacht- und Oster-Carmina gesehen/ welche mit Heydnischen Schlamme sind besudelt gewesen. ¶ LXXXII. Man solte nicht wähnen/ daß sich die [griech.] eines Christen nicht weiter erstreckete. Woher kömmts? die Uhrsache ist leicht zu errahten. Denn da wird einem gleich Anfangs in der Schule die Pedanterey beygebracht/ daß alle Verse nach den alten Poeten schmecken müsten; und also werden per Consequens die Deastri nicht ausgeschlossen. ¶ LXXXIII. Allein/ wie wir immer das Consilium gegeben/ alle Mythologien und Heydnischen Fabeln in unserer Christlich-Teutschen Poesie auszumunstern; Also mögen um so vielmehr die Phantastischen Götter wegbleiben. ¶ LXXXIV. Ich weiß wohl/ daß man dieses mit einer Prosopopoeia zu entschuldigen pfleget. Doch [S] ich dächte/ man könte auch ohne dieses Zeug eine gute Invention, und eben so wohl andere Prosopopoeias zu Wege bringen. ¶ LXXXV. Und gesetzt/ es liesse sich alles entschuldigen/ daß nichts wider die Christliche Pietaet gesündiget würde/ so soll man doch lieber die Obscurität vermeiden. Denn der Zehendte wird die Fabel-Possen nicht verstehen/ ob man auch gleich alle Elegantias Poeticas darinnen zusammen gestoppelt hat. ¶ LXXXVI Jedoch will ich gar gern condescendiren/ und es geschehen lassen/ daß man sich derjenigen Nahmen bisweilen bediene/ welche auch unter den Ungelehrten nicht unbekandt sind. Z. E. Cupido/ Venus/ Saturnus/ Mars/ Phöbus/ Musen etc. Nur aber alles cum grano salis und sparsam/ und wenn man eine sonderliche und schöne Invention dadurch gewinnen kan. ¶ LXXXVII. Also wenn ein Pedante den Narren an dergleichen Dingen gefressen hat/ so kan man leichtlich ihm zu Gefallen/ ein Carmen mit solchen Heydnischen Alfantzereyen meubliren. Und gewiß/ wenn es ein Patron ist/ der unser Interesse befördern soll/ so lehret uns die zuläßliche Politique, daß man sich allerdings nach seinem Humeur richten müsse.'