Curiöse Gedancken Von Deutschen Versen (Q120)

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Deutsch
Curiöse Gedancken Von Deutschen Versen
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    1692
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    Leipzig
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    (4-73) [26-95]
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    (74-124) [96-146]
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    (124-213) [146-235]
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    (22-43) [508-529]
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    (44-60) [530-546]
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    (78-122) [564-598]
    [aq]IV[/aq]. Ein Poët/ welcher den Nahmen in der That führen soll/ ist ein solcher Mann/ der in artigen und annehmlichen Gedichten die Göttliche und Menschliche Weißheit vorstellen kan/ wie etwan der alte [aq]Plato[/aq] die Poëterey [griech.], das ist/ alles mit einander/ und den gantzen Begriff der Weißheit zunennen pflegt. Und eben deswegen ist [aq]Homerus[/aq] auch hernach [aq]Virgilius[/aq] in allen Schulen/ so sehr [aq]aestim[/aq]irt und getrieben worden/ nicht/ daß die jungen Leute solten lernen Verse machen/ sondern/ daß sie von den [aq]arcanis[/aq] der Götter/ der Opfer/ und aller Tugenden etwas ausführliches begriffen solten. Und wie etwan bey unsrer waren und von GOtt erleuchteten Religion die Psalmen und Propheten gelesen werden/ nicht daß wir neue Psalmen und Prophezeyungen solten nachmachen/ sondern/ daß wir uns daraus zu unserer Seeligkeit erbauen sollen: so hatten sich die Heyden in ihrer Blindheit auch gewisse [aq]vates[/aq] ausgelesen/ welche bey der Jugend auch nachgehends bey den Leuten/ die man aus Schulen zu nehmen pflegt/ mehr zur [aq]admiration[/aq] als zur [aq]imitation[/aq] dienen solten. [S] ¶ [aq]V[/aq]. Je mehr aber dieselben Gedichte theils [aq]ad theologiam mythicam[/aq], theils [aq]ad prudentiam hieroglyphicam[/aq] geneigt sind; desto weniger haben wir einen Staat darvon zu machen/ nach dem wir die Erkäntniß Gottes und die Lehre der Politischen Klugheit etwas deutlicher und verständlicher in unsren Büchern enthalten wissen. Also ist es kein Wunder/ daß mancher in den alten Poeten weniger findet/ als die Leute vorzeiten darinnen gesucht haben. Wenn auch jemand bey den Christen auff so ein Gedichte gedencken wolte/ so würde doch solches mehr zum Zeitvertrieb angenommen/ als den Schulen/ unter dem Titul eines hochnöthigen Buches/ [aq]recommendiret[/aq] werden.
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    (6-7) [492-493]
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    (133-134) [155-156]
    [aq]VI[/aq]. Doch so schlecht als sich die Sorge von vielen [aq]seculis[/aq] angelassen/ so ein guter Wechsel entstund auch mit der Deutschen Sprache zu Anfang des vorigen seculi, welchen wir der wunderbaren [aq]providenz[/aq] Gottes zuschreiben müssen. Denn gleich wie GOtt/ als er dort eine Stiffts-Hütten vonnöthen hatte/ den [aq]Bezaleel[/aq] mit einer geschickten Hand begabete/ daß er in Sti-[S]cken/ Schnitzen/ Goldarbeiten/ Steinschneiden und andern/ dergleichen Dinge [aq]praesti[/aq]rte/ die er von andern weder gesehen noch gelernet hatte; so war es auch dazumahl beschaffen/ als Gott das wichtige [aq]reformations[/aq]-Werck wolte vor sich gehen lassen/ da bekam der Herr Lutherus so eine unvergleichliche und wunderschöne Manier deutsch zuschreiben/ daß er bey seiner guten Sache zugleich mit dem ungemeinen [aq]stylo[/aq] durchdringen konte. ¶ [aq]VII[/aq]. Nun kamen allerhand gute [aq]studia[/aq] mit der Religion empor/ und da man der Jugend die besten [aq]Autores[/aq] wiederum in die Hände kommen ließ/ so kunte es nicht fehlen/ es muste auch etwas darvon den deutschen Versen eingepflantzet werden; ja der Herr Lutherus war ein guter [aq]Musicus[/aq] darbey/ hatte auch [aq]correspondenz[/aq] mit den vornehmsten [aq]Musicis[/aq], und dannenhero ward er in seinen Versen durch drey sonderbahre Stücke treflich [aq]secundi[/aq]rt. Vor eins hatte er die [aq]Reali[/aq]tät/ das ist/ er verstund die Sache wol/ und ließ sichs einen Ernst seyn die Worte mit einem tapffren Nachdruck hinzuschreiben. Darnach hat-[S]te er die Reinigkeit und die geschickte [aq]construction[/aq] der Sprache. Endlich den Verstand von der [aq]Scansion[/aq] und der Liebligkeit/ das ist/ die [aq]conformi[/aq]tät der Worte mit dem Gesange. ¶ [aq]VIII[/aq]. Ich weiß wol/ des Herrn Lutheri Verse sind dreyerley: Etliche hat er gezwungen gemacht/ wenn er ein Lateinisch Lied hat [aq]verti[/aq]ren wollen; etliche hat er geschwinde hingemacht/ wenn er guten Freunden zugefallen etwas geschrieben/ dazu er keinen sonderlichen Fleiß gebraucht/ und also zu reden/ die damahlige Mode der Meister-Sänger mit gehalten hat: an etlichen aber hat er seine Kunst und seine Andacht gewiesen/ hat auch vermuthlich etwas [aq]praesti[/aq]ret/ darinne er noch von keinem [aq]poëten[/aq] ist übertroffen worden. ¶ [aq]1[/aq]. Wenn dieser theure Mann kein Lied gemacht hätte/ als: Nun freuet euch/ lieben Christen gemein/ oder: Eine feste Burg ist unser GOtt etc. so würde er dieß Lob verdienen; denn wie hat jedwedere Zeile ihren eigenen Verstand? Wie deutlich und ungezwungen läufft der [aq]Sensus[/aq]? und war vor ein unvergleichlicher Macht-Spruch steckt allzeit in der letzten Zeile/ welche deswegen an keinen Reim gebunden ist/ damit der [aq]emphati[/aq]schen Rede nichts abgebrochen wird. [S] ¶ [aq]2[/aq]. Ist etwas [aq]curieuses[/aq] in diesen Liedern/ so ist es die freye Madrigalische Art mit der letzten Zeile: Denn ob gleich die Brüder in Böhmen ihre Lieder meistens so eingerichtet haben/ daß die letzte Zeile mit den obigen den dritten Reim macht; ob auch wohl die meisten/ zu unserer Zeit etwas kluges in dem Reime gesucht haben. Z. E. Herr Rist: ¶ GOtt sey gelobet/ der allein ¶ [...] ¶ So hab ich doch aus besserem Nachdencken gefunden/ daß man sich durch den gezwungenen Reim viel Krafft und Nachdruck muß entgehen lassen. ¶ [aq]3[/aq]. Ja/ wenn der Herr Lutherus nach Erfoderung der Sache/ wenn er einen eyfrigen [aq]raptum[/aq] hatte/ was hohes und [aq]oratori[/aq]sches mit einmischen wolte/ so gieng es ihm nicht unglücklich von statten. Man sehe nur das Lied an/ welches er [aq]1522[/aq]. auf die zwey Studenten gemacht/ die zu Brüssel wegen der Religion verbrant wurden. Die zehende [aq]Strophe[/aq] ist diese: ¶ Die Asche will nicht lassen ab/ ¶ [...][S][...] ¶ Und mit dieser ward beschlossen: ¶ Die laß man liegen immerhin/ ¶ [...] ¶ [aq]IX[/aq]. Nachdem nun die Schrifften und die Lieder allenthalben ausgebreitet und gelesen wurden/ so liessen sich viel [aq]ingenia[/aq] darzu auffmuntern/ daß sie vornehmlich in geistlichen Liedern/ die wir noch in der Kirche behalten haben/ was sonderliches thaten. ¶ [aq]1[/aq]. Was [aq]D[/aq]. Justus Jonas vor einen Geist gehabt/ und wie schön er die freye Zeile hat anbringen können/ solches sieht man aus dem Liede: Wo GOtt der HErr nicht bey uns hält. [S] ¶ [aq]2[/aq]. Es hat sich auch der Herr Lutherus trefflich gefreuet/ wenn sich etliche geistreiche Männer des Werckes wol angenommen haben. Z. E. Es hatte der bekandte [aq]Paulus Speratus[/aq] in Preussen das Lied gemacht: Es ist das Heil uns kommen her. Solches bringt ein Bettler mit nach Wittenberg/ und singet es gleich gegen über/ wo der Herr Lutherus sein [aq]Logement[/aq] hat. Der rufft den Bettler und läst sichs auch singen/ und erfreut sich von Hertzen drüber/ daß GOtt sein Evangelium auch durch solche wolgesetzte Lieder ausbreiten wolte. ¶ [aq]3[/aq]. Wiewol unter allen/ welche sich in diesem Stücke wol hervor gethan haben/ hat meines Bedünckens niemand so eine liebliche und richtige Manier zuführen gewust/ als [aq]Bartholomaeus[/aq] Ringewald Pfarrherr zu Langenfeld in der Marck unter dem Amte Sonnenburg gelegen/ davon man nur die zwey Lieder zur Probe nehmen kan: Es ist gewißlich an der Zeit/ und: HErr JEsu Christ du höchstes Gut. Wenn man auch seine zwey Bücher die lautere Warheit und den treuen Eckhart ansiehet: so merckt man wol/ daß sich der stylus allemahl durch etwas ungezwungenes [aq]recommendirt[/aq]. Z. E. Wenn er eine böse Magd beschreibt: ¶ Darzu zerbricht auch dieser Rüssel ¶ [...][S] ¶ [aq]X[/aq]. Im Jochims Thal hat der Pfarrher Johannes [aq]Matthesius[/aq] und der [aq]Cantor[/aq] Nicol Herman was sonderliches gethan: denn mehrentheils hat Herr [aq]Matthesius[/aq] die realia und der andere die [aq]formalia[/aq] darzu getragen. Also muß man sich vielmahl über die [aq]sententiö[/aq]se Manier verwundern. Denn der vielfältigen Kirchen-Lieder zugeschweigen/ so sehe man nur die Haus-Regeln an/ da ich nur etwas zum Exempel setze: ¶ [...] ¶ Ferner: ¶ Was du wilst/ das man dir nicht thu/
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    (26-32) [512-518]
    [aq]IV[/aq]. Ein Poët/ welcher den Nahmen in der That führen soll/ ist ein solcher Mann/ der in artigen und annehmlichen Gedichten die Göttliche und Menschliche Weißheit vorstellen kan/ wie etwan der alte [aq]Plato[/aq] die Poëterey [griech.], das ist/ alles mit einander/ und den gantzen Begriff der Weißheit zunennen pflegt. Und eben deswegen ist [aq]Homerus[/aq] auch hernach [aq]Virgilius[/aq] in allen Schulen/ so sehr [aq]aestim[/aq]irt und getrieben worden/ nicht/ daß die jungen Leute solten lernen Verse machen/ sondern/ daß sie von den [aq]arcanis[/aq] der Götter/ der Opfer/ und aller Tugenden etwas ausführliches begriffen solten. Und wie etwan bey unsrer waren und von GOtt erleuchteten Religion die Psalmen und Propheten gelesen werden/ nicht daß wir neue Psalmen und Prophezeyungen solten nachmachen/ sondern/ daß wir uns daraus zu unserer Seeligkeit erbauen sollen: so hatten sich die Heyden in ihrer Blindheit auch gewisse [aq]vates[/aq] ausgelesen/ welche bey der Jugend auch nachgehends bey den Leuten/ die man aus Schulen zu nehmen pflegt/ mehr zur [aq]admiration[/aq] als zur [aq]imitation[/aq] dienen solten. [S] ¶ [aq]V[/aq]. Je mehr aber dieselben Gedichte theils [aq]ad theologiam mythicam[/aq], theils [aq]ad prudentiam hieroglyphicam[/aq] geneigt sind; desto weniger haben wir einen Staat darvon zu machen/ nach dem wir die Erkäntniß Gottes und die Lehre der Politischen Klugheit etwas deutlicher und verständlicher in unsren Büchern enthalten wissen. Also ist es kein Wunder/ daß mancher in den alten Poeten weniger findet/ als die Leute vorzeiten darinnen gesucht haben. Wenn auch jemand bey den Christen auff so ein Gedichte gedencken wolte/ so würde doch solches mehr zum Zeitvertrieb angenommen/ als den Schulen/ unter dem Titul eines hochnöthigen Buches/ [aq]recommendiret[/aq] werden.
    Eine Fundstelle
    (6-7) [492-493]
    [aq]VI[/aq]. Doch so schlecht als sich die Sorge von vielen [aq]seculis[/aq] angelassen/ so ein guter Wechsel entstund auch mit der Deutschen Sprache zu Anfang des vorigen seculi, welchen wir der wunderbaren [aq]providenz[/aq] Gottes zuschreiben müssen. Denn gleich wie GOtt/ als er dort eine Stiffts-Hütten vonnöthen hatte/ den [aq]Bezaleel[/aq] mit einer geschickten Hand begabete/ daß er in Sti-[S]cken/ Schnitzen/ Goldarbeiten/ Steinschneiden und andern/ dergleichen Dinge [aq]praesti[/aq]rte/ die er von andern weder gesehen noch gelernet hatte; so war es auch dazumahl beschaffen/ als Gott das wichtige [aq]reformations[/aq]-Werck wolte vor sich gehen lassen/ da bekam der Herr Lutherus so eine unvergleichliche und wunderschöne Manier deutsch zuschreiben/ daß er bey seiner guten Sache zugleich mit dem ungemeinen [aq]stylo[/aq] durchdringen konte. ¶ [aq]VII[/aq]. Nun kamen allerhand gute [aq]studia[/aq] mit der Religion empor/ und da man der Jugend die besten [aq]Autores[/aq] wiederum in die Hände kommen ließ/ so kunte es nicht fehlen/ es muste auch etwas darvon den deutschen Versen eingepflantzet werden; ja der Herr Lutherus war ein guter [aq]Musicus[/aq] darbey/ hatte auch [aq]correspondenz[/aq] mit den vornehmsten [aq]Musicis[/aq], und dannenhero ward er in seinen Versen durch drey sonderbahre Stücke treflich [aq]secundi[/aq]rt. Vor eins hatte er die [aq]Reali[/aq]tät/ das ist/ er verstund die Sache wol/ und ließ sichs einen Ernst seyn die Worte mit einem tapffren Nachdruck hinzuschreiben. Darnach hat-[S]te er die Reinigkeit und die geschickte [aq]construction[/aq] der Sprache. Endlich den Verstand von der [aq]Scansion[/aq] und der Liebligkeit/ das ist/ die [aq]conformi[/aq]tät der Worte mit dem Gesange. ¶ [aq]VIII[/aq]. Ich weiß wol/ des Herrn Lutheri Verse sind dreyerley: Etliche hat er gezwungen gemacht/ wenn er ein Lateinisch Lied hat [aq]verti[/aq]ren wollen; etliche hat er geschwinde hingemacht/ wenn er guten Freunden zugefallen etwas geschrieben/ dazu er keinen sonderlichen Fleiß gebraucht/ und also zu reden/ die damahlige Mode der Meister-Sänger mit gehalten hat: an etlichen aber hat er seine Kunst und seine Andacht gewiesen/ hat auch vermuthlich etwas [aq]praesti[/aq]ret/ darinne er noch von keinem [aq]poëten[/aq] ist übertroffen worden. ¶ [aq]1[/aq]. Wenn dieser theure Mann kein Lied gemacht hätte/ als: Nun freuet euch/ lieben Christen gemein/ oder: Eine feste Burg ist unser GOtt etc. so würde er dieß Lob verdienen; denn wie hat jedwedere Zeile ihren eigenen Verstand? Wie deutlich und ungezwungen läufft der [aq]Sensus[/aq]? und war vor ein unvergleichlicher Macht-Spruch steckt allzeit in der letzten Zeile/ welche deswegen an keinen Reim gebunden ist/ damit der [aq]emphati[/aq]schen Rede nichts abgebrochen wird. [S] ¶ [aq]2[/aq]. Ist etwas [aq]curieuses[/aq] in diesen Liedern/ so ist es die freye Madrigalische Art mit der letzten Zeile: Denn ob gleich die Brüder in Böhmen ihre Lieder meistens so eingerichtet haben/ daß die letzte Zeile mit den obigen den dritten Reim macht; ob auch wohl die meisten/ zu unserer Zeit etwas kluges in dem Reime gesucht haben. Z. E. Herr Rist: ¶ GOtt sey gelobet/ der allein ¶ [...] ¶ So hab ich doch aus besserem Nachdencken gefunden/ daß man sich durch den gezwungenen Reim viel Krafft und Nachdruck muß entgehen lassen. ¶ [aq]3[/aq]. Ja/ wenn der Herr Lutherus nach Erfoderung der Sache/ wenn er einen eyfrigen [aq]raptum[/aq] hatte/ was hohes und [aq]oratori[/aq]sches mit einmischen wolte/ so gieng es ihm nicht unglücklich von statten. Man sehe nur das Lied an/ welches er [aq]1522[/aq]. auf die zwey Studenten gemacht/ die zu Brüssel wegen der Religion verbrant wurden. Die zehende [aq]Strophe[/aq] ist diese: ¶ Die Asche will nicht lassen ab/ ¶ [...][S][...] ¶ Und mit dieser ward beschlossen: ¶ Die laß man liegen immerhin/ ¶ [...] ¶ [aq]IX[/aq]. Nachdem nun die Schrifften und die Lieder allenthalben ausgebreitet und gelesen wurden/ so liessen sich viel [aq]ingenia[/aq] darzu auffmuntern/ daß sie vornehmlich in geistlichen Liedern/ die wir noch in der Kirche behalten haben/ was sonderliches thaten. ¶ [aq]1[/aq]. Was [aq]D[/aq]. Justus Jonas vor einen Geist gehabt/ und wie schön er die freye Zeile hat anbringen können/ solches sieht man aus dem Liede: Wo GOtt der HErr nicht bey uns hält. [S] ¶ [aq]2[/aq]. Es hat sich auch der Herr Lutherus trefflich gefreuet/ wenn sich etliche geistreiche Männer des Werckes wol angenommen haben. Z. E. Es hatte der bekandte [aq]Paulus Speratus[/aq] in Preussen das Lied gemacht: Es ist das Heil uns kommen her. Solches bringt ein Bettler mit nach Wittenberg/ und singet es gleich gegen über/ wo der Herr Lutherus sein [aq]Logement[/aq] hat. Der rufft den Bettler und läst sichs auch singen/ und erfreut sich von Hertzen drüber/ daß GOtt sein Evangelium auch durch solche wolgesetzte Lieder ausbreiten wolte. ¶ [aq]3[/aq]. Wiewol unter allen/ welche sich in diesem Stücke wol hervor gethan haben/ hat meines Bedünckens niemand so eine liebliche und richtige Manier zuführen gewust/ als [aq]Bartholomaeus[/aq] Ringewald Pfarrherr zu Langenfeld in der Marck unter dem Amte Sonnenburg gelegen/ davon man nur die zwey Lieder zur Probe nehmen kan: Es ist gewißlich an der Zeit/ und: HErr JEsu Christ du höchstes Gut. Wenn man auch seine zwey Bücher die lautere Warheit und den treuen Eckhart ansiehet: so merckt man wol/ daß sich der stylus allemahl durch etwas ungezwungenes [aq]recommendirt[/aq]. Z. E. Wenn er eine böse Magd beschreibt: ¶ Darzu zerbricht auch dieser Rüssel ¶ [...][S] ¶ [aq]X[/aq]. Im Jochims Thal hat der Pfarrher Johannes [aq]Matthesius[/aq] und der [aq]Cantor[/aq] Nicol Herman was sonderliches gethan: denn mehrentheils hat Herr [aq]Matthesius[/aq] die realia und der andere die [aq]formalia[/aq] darzu getragen. Also muß man sich vielmahl über die [aq]sententiö[/aq]se Manier verwundern. Denn der vielfältigen Kirchen-Lieder zugeschweigen/ so sehe man nur die Haus-Regeln an/ da ich nur etwas zum Exempel setze: ¶ [...] ¶ Ferner: ¶ Was du wilst/ das man dir nicht thu/
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    (26-32) [512-518]
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    (7) [29]
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    (54) [76]
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    (106) [128]
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    (153) [175]
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    (179) [201]
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    (180) [202]
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    (183) [205]
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    (184) [206]
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    (273) [295]
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    (360) [382]
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    (388) [410]
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    (389) [411]
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    (392) [414]
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    (392) [414]
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    (440) [462]
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    (35) [521]
    [aq]IV[/aq]. Ein Poët/ welcher den Nahmen in der That führen soll/ ist ein solcher Mann/ der in artigen und annehmlichen Gedichten die Göttliche und Menschliche Weißheit vorstellen kan/ wie etwan der alte [aq]Plato[/aq] die Poëterey [griech.], das ist/ alles mit einander/ und den gantzen Begriff der Weißheit zunennen pflegt. Und eben deswegen ist [aq]Homerus[/aq] auch hernach [aq]Virgilius[/aq] in allen Schulen/ so sehr [aq]aestim[/aq]irt und getrieben worden/ nicht/ daß die jungen Leute solten lernen Verse machen/ sondern/ daß sie von den [aq]arcanis[/aq] der Götter/ der Opfer/ und aller Tugenden etwas ausführliches begriffen solten. Und wie etwan bey unsrer waren und von GOtt erleuchteten Religion die Psalmen und Propheten gelesen werden/ nicht daß wir neue Psalmen und Prophezeyungen solten nachmachen/ sondern/ daß wir uns daraus zu unserer Seeligkeit erbauen sollen: so hatten sich die Heyden in ihrer Blindheit auch gewisse [aq]vates[/aq] ausgelesen/ welche bey der Jugend auch nachgehends bey den Leuten/ die man aus Schulen zu nehmen pflegt/ mehr zur [aq]admiration[/aq] als zur [aq]imitation[/aq] dienen solten. [S] ¶ [aq]V[/aq]. Je mehr aber dieselben Gedichte theils [aq]ad theologiam mythicam[/aq], theils [aq]ad prudentiam hieroglyphicam[/aq] geneigt sind; desto weniger haben wir einen Staat darvon zu machen/ nach dem wir die Erkäntniß Gottes und die Lehre der Politischen Klugheit etwas deutlicher und verständlicher in unsren Büchern enthalten wissen. Also ist es kein Wunder/ daß mancher in den alten Poeten weniger findet/ als die Leute vorzeiten darinnen gesucht haben. Wenn auch jemand bey den Christen auff so ein Gedichte gedencken wolte/ so würde doch solches mehr zum Zeitvertrieb angenommen/ als den Schulen/ unter dem Titul eines hochnöthigen Buches/ [aq]recommendiret[/aq] werden.
    Eine Fundstelle
    (6-7) [492-493]
    [aq]VI[/aq]. Doch so schlecht als sich die Sorge von vielen [aq]seculis[/aq] angelassen/ so ein guter Wechsel entstund auch mit der Deutschen Sprache zu Anfang des vorigen seculi, welchen wir der wunderbaren [aq]providenz[/aq] Gottes zuschreiben müssen. Denn gleich wie GOtt/ als er dort eine Stiffts-Hütten vonnöthen hatte/ den [aq]Bezaleel[/aq] mit einer geschickten Hand begabete/ daß er in Sti-[S]cken/ Schnitzen/ Goldarbeiten/ Steinschneiden und andern/ dergleichen Dinge [aq]praesti[/aq]rte/ die er von andern weder gesehen noch gelernet hatte; so war es auch dazumahl beschaffen/ als Gott das wichtige [aq]reformations[/aq]-Werck wolte vor sich gehen lassen/ da bekam der Herr Lutherus so eine unvergleichliche und wunderschöne Manier deutsch zuschreiben/ daß er bey seiner guten Sache zugleich mit dem ungemeinen [aq]stylo[/aq] durchdringen konte. ¶ [aq]VII[/aq]. Nun kamen allerhand gute [aq]studia[/aq] mit der Religion empor/ und da man der Jugend die besten [aq]Autores[/aq] wiederum in die Hände kommen ließ/ so kunte es nicht fehlen/ es muste auch etwas darvon den deutschen Versen eingepflantzet werden; ja der Herr Lutherus war ein guter [aq]Musicus[/aq] darbey/ hatte auch [aq]correspondenz[/aq] mit den vornehmsten [aq]Musicis[/aq], und dannenhero ward er in seinen Versen durch drey sonderbahre Stücke treflich [aq]secundi[/aq]rt. Vor eins hatte er die [aq]Reali[/aq]tät/ das ist/ er verstund die Sache wol/ und ließ sichs einen Ernst seyn die Worte mit einem tapffren Nachdruck hinzuschreiben. Darnach hat-[S]te er die Reinigkeit und die geschickte [aq]construction[/aq] der Sprache. Endlich den Verstand von der [aq]Scansion[/aq] und der Liebligkeit/ das ist/ die [aq]conformi[/aq]tät der Worte mit dem Gesange. ¶ [aq]VIII[/aq]. Ich weiß wol/ des Herrn Lutheri Verse sind dreyerley: Etliche hat er gezwungen gemacht/ wenn er ein Lateinisch Lied hat [aq]verti[/aq]ren wollen; etliche hat er geschwinde hingemacht/ wenn er guten Freunden zugefallen etwas geschrieben/ dazu er keinen sonderlichen Fleiß gebraucht/ und also zu reden/ die damahlige Mode der Meister-Sänger mit gehalten hat: an etlichen aber hat er seine Kunst und seine Andacht gewiesen/ hat auch vermuthlich etwas [aq]praesti[/aq]ret/ darinne er noch von keinem [aq]poëten[/aq] ist übertroffen worden. ¶ [aq]1[/aq]. Wenn dieser theure Mann kein Lied gemacht hätte/ als: Nun freuet euch/ lieben Christen gemein/ oder: Eine feste Burg ist unser GOtt etc. so würde er dieß Lob verdienen; denn wie hat jedwedere Zeile ihren eigenen Verstand? Wie deutlich und ungezwungen läufft der [aq]Sensus[/aq]? und war vor ein unvergleichlicher Macht-Spruch steckt allzeit in der letzten Zeile/ welche deswegen an keinen Reim gebunden ist/ damit der [aq]emphati[/aq]schen Rede nichts abgebrochen wird. [S] ¶ [aq]2[/aq]. Ist etwas [aq]curieuses[/aq] in diesen Liedern/ so ist es die freye Madrigalische Art mit der letzten Zeile: Denn ob gleich die Brüder in Böhmen ihre Lieder meistens so eingerichtet haben/ daß die letzte Zeile mit den obigen den dritten Reim macht; ob auch wohl die meisten/ zu unserer Zeit etwas kluges in dem Reime gesucht haben. Z. E. Herr Rist: ¶ GOtt sey gelobet/ der allein ¶ [...] ¶ So hab ich doch aus besserem Nachdencken gefunden/ daß man sich durch den gezwungenen Reim viel Krafft und Nachdruck muß entgehen lassen. ¶ [aq]3[/aq]. Ja/ wenn der Herr Lutherus nach Erfoderung der Sache/ wenn er einen eyfrigen [aq]raptum[/aq] hatte/ was hohes und [aq]oratori[/aq]sches mit einmischen wolte/ so gieng es ihm nicht unglücklich von statten. Man sehe nur das Lied an/ welches er [aq]1522[/aq]. auf die zwey Studenten gemacht/ die zu Brüssel wegen der Religion verbrant wurden. Die zehende [aq]Strophe[/aq] ist diese: ¶ Die Asche will nicht lassen ab/ ¶ [...][S][...] ¶ Und mit dieser ward beschlossen: ¶ Die laß man liegen immerhin/ ¶ [...] ¶ [aq]IX[/aq]. Nachdem nun die Schrifften und die Lieder allenthalben ausgebreitet und gelesen wurden/ so liessen sich viel [aq]ingenia[/aq] darzu auffmuntern/ daß sie vornehmlich in geistlichen Liedern/ die wir noch in der Kirche behalten haben/ was sonderliches thaten. ¶ [aq]1[/aq]. Was [aq]D[/aq]. Justus Jonas vor einen Geist gehabt/ und wie schön er die freye Zeile hat anbringen können/ solches sieht man aus dem Liede: Wo GOtt der HErr nicht bey uns hält. [S] ¶ [aq]2[/aq]. Es hat sich auch der Herr Lutherus trefflich gefreuet/ wenn sich etliche geistreiche Männer des Werckes wol angenommen haben. Z. E. Es hatte der bekandte [aq]Paulus Speratus[/aq] in Preussen das Lied gemacht: Es ist das Heil uns kommen her. Solches bringt ein Bettler mit nach Wittenberg/ und singet es gleich gegen über/ wo der Herr Lutherus sein [aq]Logement[/aq] hat. Der rufft den Bettler und läst sichs auch singen/ und erfreut sich von Hertzen drüber/ daß GOtt sein Evangelium auch durch solche wolgesetzte Lieder ausbreiten wolte. ¶ [aq]3[/aq]. Wiewol unter allen/ welche sich in diesem Stücke wol hervor gethan haben/ hat meines Bedünckens niemand so eine liebliche und richtige Manier zuführen gewust/ als [aq]Bartholomaeus[/aq] Ringewald Pfarrherr zu Langenfeld in der Marck unter dem Amte Sonnenburg gelegen/ davon man nur die zwey Lieder zur Probe nehmen kan: Es ist gewißlich an der Zeit/ und: HErr JEsu Christ du höchstes Gut. Wenn man auch seine zwey Bücher die lautere Warheit und den treuen Eckhart ansiehet: so merckt man wol/ daß sich der stylus allemahl durch etwas ungezwungenes [aq]recommendirt[/aq]. Z. E. Wenn er eine böse Magd beschreibt: ¶ Darzu zerbricht auch dieser Rüssel ¶ [...][S] ¶ [aq]X[/aq]. Im Jochims Thal hat der Pfarrher Johannes [aq]Matthesius[/aq] und der [aq]Cantor[/aq] Nicol Herman was sonderliches gethan: denn mehrentheils hat Herr [aq]Matthesius[/aq] die realia und der andere die [aq]formalia[/aq] darzu getragen. Also muß man sich vielmahl über die [aq]sententiö[/aq]se Manier verwundern. Denn der vielfältigen Kirchen-Lieder zugeschweigen/ so sehe man nur die Haus-Regeln an/ da ich nur etwas zum Exempel setze: ¶ [...] ¶ Ferner: ¶ Was du wilst/ das man dir nicht thu/
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    (26-32) [512-518]