Buchner, August
Anleitung Zur Deutschen Poeterey
[1]So kann ich sagen/ wenn ich den Himmel ümbschreiben will: Der schöne Himmelsbau/ das Haus der Götter/ die Himmels-burg/ das Gewelbe des Himmels[2]
Hanmann, Enoch
Anmerckungen In die Teutsche Prosodie
[3]WEnn man die stets unterschidenen Thone unnd mancherley Außsprüche deß Mundes bedencket/ kan man anderst nicht/ als mit dem Cicero in dem 1. Buch seiner Tusculanischen Fragen eine Göttlichkeit deß Menschlichen Verstandes hierauß schliessen.[4]
Opitz, Martin
Buch von der Deutschen Poeterey
[5]Die erfindung der dinge ist nichts anders als eine sinnreiche faßung aller sachen die wir uns einbilden können/ der Himlischen und jrrdischen/ die Leben haben und nicht haben/ welche ein Poete jhm zue beschreiben und herfür zue bringen vornimpt:[6]Nachmals haben die heiden jhre Götter angerufen/ das sie jhnen zue vollbringung des werckes beystehen wollen: denen wir Christen nicht allein folgen/ sondern auch an frömigkeit billich sollen uberlegen sein.[7]Hymni oder Lobgesänge waren vorzeiten/ die sie jhren Göttern vor dem altare zue singen pflagen/ und wir unserem GOtt singen sollen. Dergleichen ist der lobgesang den Heinsius unserem erlöser/ und der den ich auff die Christnacht geschrieben habe.[8]zu den Sylven, J.T.: sie begreiffen auch allerley geistliche unnd weltliche getichte[9]Dann Juuenalis setzet inn einem orte griech., eben dieselben auß zue lachen/ die sich in jhren buhlereyen mit griechischen wörtern behelffen: in dem andern orte aber thut er es darumb/ das er die schändliche sünde/ daran Christen auch nicht gedencken sollen/ lateinisch auß zuesprechen abschew treget[10]Dann solches stehet eben so ubel als die reimen der lateini-Sschen verse; deren exempel zwar bey den gutten Autoren wenig zue finden/ der Mönche bücher aber vor etzlich hundert Jahren alle voll sindt gewesen.[11]
Weise, Christian
Curiöse Gedancken Von Deutschen Versen
[12]Nec poenitere methodi me potuit, cujus quidem ea constar veritas, ut nihil in carminibus Gentilium, nihil in canticis Psalmorum sacris, nihil in casibus nunc obviis reperiatur, quod facilem dispondendi vel imitandi rationem non admittat.[13]VIII. Vor Alters brauchte man lauter kurtze und einsylbichte Reime/ welches man in vielen Kirchen-Liedern noch zu ersehen hat. Und man kan es auch zu unserer Zeit gar wol inacht nehmen. ¶ Ich gebe diß Exempel: Auff den Todes-Fall eines geliebten Kindes/ welches bey dem letzten Abschiede den vornehmen Eltern noch die Hand gereichet hatte: S ¶ Ihr Eltern/ weint ihr noch? Denckt an den Sterbens-Tag/[14]Und also muß ich mich wundern/ warum etliche die Kirchen-Lieder aus dem vorigen Seculo, Z. E. Nun freut euch lieben Christen gemein: Da die erste Zeile nicht gereimet wird/ durch den dritten Reim gleichsam verbessern wollen.[15]XXXV. Was in den gemeinen Kirchen-Liedern vor Madrigalische Oden sind/ da sonderlich der Herr Lutherus und andere/ welche ihm gefolget sind/ dessentwegen freye Zeilen gelassen haben/ daß sie mit ihren Centner-Worten/ desto besser haben können zurechte kommen/ das ist eine Sache/ die wenig von unsern neuen Leuten verstehen wollen/ und die sich wol der Mühe verlohnt/ daß unten absonderlich und ausführlich davon gehandelt wird.[16]XXXVII. An sich selber/ ist es in der Music nichts unangenehmes/ wenn gleich ein Text in prosa gesungen wird. Wir haben auch Kirchen-Lieder/ als: Gieb unsern Fürsten und aller Obrigkeit/ etc. Meine Seele erhebet den HErren/ etc. GOtt sey uns gnädig und barmhertzig/ u. d. gl. welche von den Leuten mit eben so guter Anmuth gesungen werden/ als wenn sich alle Zeilen noch so lieblich reimten/ und ich muß bekennen/ das alte Grabelied: Ich war ein kleines Kindelein/ hat etwas charmantes in sich/ ob gleich die letzte Strophe wegen der Reime schlecht bestellet ist. ¶ GOtt gsegn' euch/ Vatr und Mutter/[17]Und wie bey den Jesuitischen Operen solche Dinge mehrentheils per Protasin und Apodosin tractiret werden; Also geschach allemahl in der Apodosi die Application auff die schwere Mühwaltung der Obrigkeit.[18]Denn es ist doch nunmehr zu langsam/ wenn etliche einfältige Deutschen sich über die Sprache erzürnen wollen/ daß sie lieber den schwartzen Mann in der sechsten Bitte im Catechismo/ als ein Frantzösisches Wörtgen in Brieffen oder Versen ansehen.[19]XXXVII. Und dannenhero/ ob wol die trochaeischen in Geistl. Liedern zu finden seyn/ wenn sich gleichsam ein verliebter raptus mercken läst/ als in den Liedern: JESU meine Freude etc. Freu dich sehr/ O meine Seele/ etc. Dennoch gibt es die Erfahrung daß die jambischen einen bessern Nachdruck haben/ und öffters gebraucht werden. Ge-Sstalt ich von dieser Gattung etliche wenig Exempel weisen kan. ¶ Als 1683. der Entsatz vor Wien glücklich erfolgte; hatte ich in unserm Gymnasio bey einem Actu wenig Tage vorher diese Arie singen lassen: ¶ GOtt/ wende dich von deinem Grimme/[20]X. In Kirchen-Musicken giebt es viel Aenderungen/ wenn dergleichen Verse zu gewisser Zeit angebracht werden. Ich will doch etwas setzen/ daß ich unsern Hrn. Kriegern zugefallen/ bey der Raths-Wahl/ nach der Music eingerichtet habe. ¶ An. M DC LXXXIV. ¶ WOl dir du hast es gut![21]An. M DC LXXXV. ¶ IHr Väter freuet euch/ die Wohlfahrt bleibt bestehn/[22]An. M DC LXXXVI. ¶ DEr HErr ist groß/ Er ist erhöht/[23]An. M DC LXXXVIII. ¶ PReise Jerusalem den HErrn/ lobe Zion deinen GOtt. ¶ Liebstes Zittau tritt herfür/[24]XVIII. Der innerliche Nutzen/ da die Verse vor sich selbst etwas verrichten können/ ist dreyerley. ... 2. Man lernet seine und andere affecten vergnügen/ daß sie einer gewissen meditation desto lieber nachhängen/ man mag es nun mit geistlichen Liedern/ mit Tugend-Liedern/ auch wol mit verliebten arien versuchen.[25]III. Als auch Deutschland hin und wieder mit Klöstern und consequenter mit guten Schulen besetzt war/ so muste doch der Lateinischen Kirche zu Ehren lauter Latein/ mit der Jugend tractirt werden/ S und was die Mutter-Sprache belangete/ so blieb sie einmahl wie das andere bey ihrer Einfalt/ und gleich wie es die Griechen und Lateiner viel Mühe gekostet hatte ihre Mutter-Sprache bey den Grammaticis, Oratoribus & Poëtis zu excoliren; so kunte man leicht gedencken/ daß den Deutschen ihre Zierligkeit nicht von sich selbst kommen oder von dem Himmel fallen würde.[26]VI. Doch so schlecht als sich die Sorge von vielen seculis angelassen/ so ein guter Wechsel entstund auch mit der Deutschen Sprache zu Anfang des vorigen seculi, welchen wir der wunderbaren providenz Gottes zuschreiben müssen. Denn gleich wie GOtt/ als er dort eine Stiffts-Hütten vonnöthen hatte/ den Bezaleel mit einer geschickten Hand begabete/ daß er in Sti-Scken/ Schnitzen/ Goldarbeiten/ Steinschneiden und andern/ dergleichen Dinge praestirte/ die er von andern weder gesehen noch gelernet hatte; so war es auch dazumahl beschaffen/ als Gott das wichtige reformations-Werck wolte vor sich gehen lassen/ da bekam der Herr Lutherus so eine unvergleichliche und wunderschöne Manier deutsch zuschreiben/ daß er bey seiner guten Sache zugleich mit dem ungemeinen stylo durchdringen konte. ¶ VII. Nun kamen allerhand gute studia mit der Religion empor/ und da man der Jugend die besten Autores wiederum in die Hände kommen ließ/ so kunte es nicht fehlen/ es muste auch etwas darvon den deutschen Versen eingepflantzet werden; ja der Herr Lutherus war ein guter Musicus darbey/ hatte auch correspondenz mit den vornehmsten Musicis, und dannenhero ward er in seinen Versen durch drey sonderbahre Stücke treflich secundirt. Vor eins hatte er die Realität/ das ist/ er verstund die Sache wol/ und ließ sichs einen Ernst seyn die Worte mit einem tapffren Nachdruck hinzuschreiben. Darnach hat-Ste er die Reinigkeit und die geschickte construction der Sprache. Endlich den Verstand von der Scansion und der Liebligkeit/ das ist/ die conformität der Worte mit dem Gesange. ¶ VIII. Ich weiß wol/ des Herrn Lutheri Verse sind dreyerley: Etliche hat er gezwungen gemacht/ wenn er ein Lateinisch Lied hat vertiren wollen; etliche hat er geschwinde hingemacht/ wenn er guten Freunden zugefallen etwas geschrieben/ dazu er keinen sonderlichen Fleiß gebraucht/ und also zu reden/ die damahlige Mode der Meister-Sänger mit gehalten hat: an etlichen aber hat er seine Kunst und seine Andacht gewiesen/ hat auch vermuthlich etwas praestiret/ darinne er noch von keinem poëten ist übertroffen worden. ¶ 1. Wenn dieser theure Mann kein Lied gemacht hätte/ als: Nun freuet euch/ lieben Christen gemein/ oder: Eine feste Burg ist unser GOtt etc. so würde er dieß Lob verdienen; denn wie hat jedwedere Zeile ihren eigenen Verstand? Wie deutlich und ungezwungen läufft der Sensus? und war vor ein unvergleichlicher Macht-Spruch steckt allzeit in der letzten Zeile/ welche deswegen an keinen Reim gebunden ist/ damit der emphatischen Rede nichts abgebrochen wird. S ¶ 2. Ist etwas curieuses in diesen Liedern/ so ist es die freye Madrigalische Art mit der letzten Zeile: Denn ob gleich die Brüder in Böhmen ihre Lieder meistens so eingerichtet haben/ daß die letzte Zeile mit den obigen den dritten Reim macht; ob auch wohl die meisten/ zu unserer Zeit etwas kluges in dem Reime gesucht haben. Z. E. Herr Rist: ¶ GOtt sey gelobet/ der allein ¶ ... ¶ So hab ich doch aus besserem Nachdencken gefunden/ daß man sich durch den gezwungenen Reim viel Krafft und Nachdruck muß entgehen lassen. ¶ 3. Ja/ wenn der Herr Lutherus nach Erfoderung der Sache/ wenn er einen eyfrigen raptum hatte/ was hohes und oratorisches mit einmischen wolte/ so gieng es ihm nicht unglücklich von statten. Man sehe nur das Lied an/ welches er 1522. auf die zwey Studenten gemacht/ die zu Brüssel wegen der Religion verbrant wurden. Die zehende Strophe ist diese: ¶ Die Asche will nicht lassen ab/ ¶ ...S... ¶ Und mit dieser ward beschlossen: ¶ Die laß man liegen immerhin/ ¶ ... ¶ IX. Nachdem nun die Schrifften und die Lieder allenthalben ausgebreitet und gelesen wurden/ so liessen sich viel ingenia darzu auffmuntern/ daß sie vornehmlich in geistlichen Liedern/ die wir noch in der Kirche behalten haben/ was sonderliches thaten. ¶ 1. Was D. Justus Jonas vor einen Geist gehabt/ und wie schön er die freye Zeile hat anbringen können/ solches sieht man aus dem Liede: Wo GOtt der HErr nicht bey uns hält. S ¶ 2. Es hat sich auch der Herr Lutherus trefflich gefreuet/ wenn sich etliche geistreiche Männer des Werckes wol angenommen haben. Z. E. Es hatte der bekandte Paulus Speratus in Preussen das Lied gemacht: Es ist das Heil uns kommen her. Solches bringt ein Bettler mit nach Wittenberg/ und singet es gleich gegen über/ wo der Herr Lutherus sein Logement hat. Der rufft den Bettler und läst sichs auch singen/ und erfreut sich von Hertzen drüber/ daß GOtt sein Evangelium auch durch solche wolgesetzte Lieder ausbreiten wolte. ¶ 3. Wiewol unter allen/ welche sich in diesem Stücke wol hervor gethan haben/ hat meines Bedünckens niemand so eine liebliche und richtige Manier zuführen gewust/ als Bartholomaeus Ringewald Pfarrherr zu Langenfeld in der Marck unter dem Amte Sonnenburg gelegen/ davon man nur die zwey Lieder zur Probe nehmen kan: Es ist gewißlich an der Zeit/ und: HErr JEsu Christ du höchstes Gut. Wenn man auch seine zwey Bücher die lautere Warheit und den treuen Eckhart ansiehet: so merckt man wol/ daß sich der stylus allemahl durch etwas ungezwungenes recommendirt. Z. E. Wenn er eine böse Magd beschreibt: ¶ Darzu zerbricht auch dieser Rüssel ¶ ...S ¶ X. Im Jochims Thal hat der Pfarrher Johannes Matthesius und der Cantor Nicol Herman was sonderliches gethan: denn mehrentheils hat Herr Matthesius die realia und der andere die formalia darzu getragen. Also muß man sich vielmahl über die sententiöse Manier verwundern. Denn der vielfältigen Kirchen-Lieder zugeschweigen/ so sehe man nur die Haus-Regeln an/ da ich nur etwas zum Exempel setze: ¶ ... ¶ Ferner: ¶ Was du wilst/ das man dir nicht thu/[27]XVI. Und bey so gestalten Sachen ist der Erudition, wie man dieselbige bey dieser Zeit in Deutschland zu führen pfleget/ sehr viel daran gelegen/ daß man bey der Mode bleibt/ wie sie von Hr. Opitzen eingeführet worden/ und daß wir vergnügt seyn in geistlichen und weltlichen Stande gute Redner/ zuerziehen.[28]XVIII. Doch solches wird vielleicht in Deutschland so leicht nicht zu practiciren seyn: denn an denselben Orten wohnen vor eins viel Standes-Personen beysammen/ zum andern sind Geistliche/ die köstliche praebenden haben/ und dergestalt auch im Studiren nach ihren blossen plaisir leben S können/ da hingegen bey uns die curieusen Leute hin und wieder zerstreuet sind.[29]IV. Aus den disciplinen bekommen wir die generalia, wie eine jedwede Sache nach ihrem fundamente beschaffen ist. Drum wer ein Buß-Lied schreiben will/ der muß aus der Theologie wissen/ was der Articulus de Poenitentia vor ein Absehen hat .... ¶ V. Aus der Experienz bekommen wir allerhand specialia. Z. E. Wenn einer ein Buß-Lied schreibet/ der entweder selbst in Sünden-Angst gestecket/ oder andern betrübten Gewissen in der Schwermuth hat rathen sollen/ dem werden die Einfälle gewiß viel besser von statten gehen/[30]XIV. Und ich hab es viel Jahr nacheinander probiret/ wenn man im dociren begriffen ist/ und das Seine bey der Ju-Sgend würcklich thut/ so ist GOttes Gnade viel kräfftiger/ die Einfälle sind auch viel glückseliger/ als wenn man zu Hause noch so fleißig meditiren will/[31]XVII. Doch haben die Acrosticha, welche die Zeile mit einem gewissen Buchstaben anfangen/ was sonderliches/ wenn man einen gewissen Nahmen darunter lesen kan. Vornehmlich wenn das Thema von geistlichen Sachen handelt/ so giebt es bey der Person/ welche den Nahmen hier findet/ sonderlich bey den Frauenzimmer eine gute Vergnügung.[32]IV. Ein Poët/ welcher den Nahmen in der That führen soll/ ist ein solcher Mann/ der in artigen und annehmlichen Gedichten die Göttliche und Menschliche Weißheit vorstellen kan/ wie etwan der alte Plato die Poëterey griech., das ist/ alles mit einander/ und den gantzen Begriff der Weißheit zunennen pflegt. Und eben deswegen ist Homerus auch hernach Virgilius in allen Schulen/ so sehr aestimirt und getrieben worden/ nicht/ daß die jungen Leute solten lernen Verse machen/ sondern/ daß sie von den arcanis der Götter/ der Opfer/ und aller Tugenden etwas ausführliches begriffen solten. Und wie etwan bey unsrer waren und von GOtt erleuchteten Religion die Psalmen und Propheten gelesen werden/ nicht daß wir neue Psalmen und Prophezeyungen solten nachmachen/ sondern/ daß wir uns daraus zu unserer Seeligkeit erbauen sollen: so hatten sich die Heyden in ihrer Blindheit auch gewisse vates ausgelesen/ welche bey der Jugend auch nachgehends bey den Leuten/ die man aus Schulen zu nehmen pflegt/ mehr zur admiration als zur imitation dienen solten. S ¶ V. Je mehr aber dieselben Gedichte theils ad theologiam mythicam, theils ad prudentiam hieroglyphicam geneigt sind; desto weniger haben wir einen Staat darvon zu machen/ nach dem wir die Erkäntniß Gottes und die Lehre der Politischen Klugheit etwas deutlicher und verständlicher in unsren Büchern enthalten wissen. Also ist es kein Wunder/ daß mancher in den alten Poeten weniger findet/ als die Leute vorzeiten darinnen gesucht haben. Wenn auch jemand bey den Christen auff so ein Gedichte gedencken wolte/ so würde doch solches mehr zum Zeitvertrieb angenommen/ als den Schulen/ unter dem Titul eines hochnöthigen Buches/ recommendiret werden.[33]XIII. Hingegen sind die Studiosi poeseos und hernach die Professores von welchen die Studiosi lernen sollen/ nur solche Leute/ welche die Verse vor ein manierliches Ne-Sbenwerck halten/ und die gantze Zierligkeit als ein Instrumental-Wesen ansehen/ damit andern und höhern studiis gedienet wird/ dahero verlangen sie auch an diesem Stücke keinen sonderbaren Vorzug/ so wenig als ein Zimmermann der schönen Art wegen das Meister-Recht verdienet; sondern es werden die jungen Leute bald dahin angehalten/ daß sie lieber den Nahmen eines guten Predigers/ Hoff-Raths/ Advocatens/ Rathherrns/ Secretarii und dergleichen/ als eines guten Poetens verdienen.[34]DEUS autem, quem ordinis, luminis & veritatis auctorem honoramus, fortunam Tibi servet ordinatissimam, lucidissimam, certissimam, h. e. qualem omnes boni studioremque fautores precantur.[35]Bey so bestalten Sachen/ kan man die Madrigale in geistlichen Inventionen gebrauchen/ als Z. E. auf ein Söhngen/ welches um Ostern begraben ward. ¶ GOtt Lob/ nun fangen wir die Oster-Wochen an.[36]XXXIX. So must ich auch einmahl den gewissen Trost/ welchen Christliche Eltern bey unverhoffter und betrübter Beerdigung eines todtgebohrnen und also ungetaufften Kindes bey sich erwegen sollen/ den 5. Febr. 1688. dergestalt besingen lassen. ¶ WIe kan sich unsre Seele grämen?[37]Hat doch zu Anfang dieses Seculi Jacob Vogel ein Bader zu Stössen im Ammte Weissenfels, welcher auf Anordnung eines Comitis Pala-Stini zum Deutschen Poeten ist gekrönt worden/ dadurch so hochmüthige Gedancken geschöpfet/ daß er den Prologum in einer comoedie so anfangen läst: ¶ Deutschland hat zwar einen Lutherum, ¶ ... ¶ So viel wuste sich der einfältige Mann/ daß er sich rühmen kunte/ wie der Herr Lutherus das donum propheticum oder die Gabe zu lehren in einem unvergleichlichen gradu bekommen hätte/ so wäre ihm auch das donum poëticum oder die Gabe zierliche Verse zumachen/ so kräfftig beygelegt/ daß er niemand seines gleichen/ in gantz Deutschland finden könte.[38]XIIX. Ich habe hier die Gewohnheit/ in dem ich alle viertel Jahr/ meine untergebenen zum Heil. Abendmahl führe/ so pfleg ich sie durch eine meditation zu praepariren/ daraus sie hernach ein gewisses Buß-Lied machen müssen/ und weil ich ihnen dergestalt meine elaboration schuldig bin/ so hab ich von vielen Jahren her nichts anders gethan/ als daß ich die alten in ihrer deutlichen realen simplicität habe imitiren wollen/ und da bin ich viel Dings gewar worden/ welches manchem in seinem Lorber-Krantze verborgen ist. Ich will nur etliche Exempel setzen: ¶ XIX. Eine Ubersetzung des 46. Psalm. ¶ Nach der Melodey: ¶ Nun freut euch lieben Christen gemein. ¶ DEr HErr ist unser Zuversicht/[39]Man sehe nur die Ode, welche meines Erachtens eine von den besten ist/ darinn er Opitz, J.T. auff die variablen conjuncturen/ die sich im Deutschen Kriege dem Ansehn nach der Religion zum schlechten Vorthel hervorthaten/ recht heroische meditationes suchet. ¶ AUf/ auf/ wer Deutsche Freyheit liebet/[40]Es wird dem geneigten Leser nicht unangenehm seyn/ wenn ich etliche kurtze Proben anführe/ damit ich Gottergebenen und Christliebenden Frauenzimmer zuweilen gedie-Snet habe. ... ¶ 1. ¶ ACh mein JEsu/ laß den Segen/[41]X. Als Herr Johann Christian Meyer Vornehmer Herr des Raths/ seine Eheliebste Fr. Annen Rosinen geb. Baderin begraben ließ/ floß die Allegorie von der unergründlichen See der Göttlichen Liebe/ aus dem Dicto Chrysostomi ad 2. Corinth. I. Homil. I. p. m. 729. ¶ Quemadmodum, si exiguam scintillam in magnum pelagus injicias, eam protinus extinxerit: eodem modo molestia omnis, quamlibet ingens, si in animum bene sibi conscium inciderit, confestim perit & evanescit. ¶ EIn Kind ist schon zu viel/ wann solches unsre Thränen/[42]XIII. Ein Abschied um Weynachten/ darinn auff die Christ-Bescherung alludirt wird. ¶ NUn weist die liebe Zeit schon auff das Weihnacht-Fest/[43]
Kindermann, Balthasar
Der Deutsche Poët
[44]Und hab ich mich offters zum höchsten verwundern müssen/ daß auch an den allerheiligsten Oertern/ da man dem unsterblichem GOtt die Farren der Lippen/ in Geist und in der Wahrheit/ hätte opffern sollen/ der berühmtesten Scribenten nicht ist geschonet worden. ¶ Ob ich nu zwar mich/ unter denen/ welche ihr von Gott geliehenes und anvertrautes Talent der studierenden Jugend zum besten anwenden/ für den allergeringsten erkennen und nennen muß;[45]Nun könte ich vieleicht der einfältigen Leute/ mit besserem Rechte lachen/ demnach ich befinde/ daß sie entweder eines gar geringen und blöden Verstandes sind/ oder ja ihrer guten und gesunden Vernunfft sich nicht recht zu-Sbedienen wissen: Allein ich habe billich ein hertzliches Mitleiden mit ihrer Schwachheit/ und wünsche von grund meiner Seelen/ daß sie GOtt erleuchten/ und zu besseren Gedancken bringen wolle[46]Das IV Kapit. ¶ Darinnen erwiesen wird/ daß Deutschland eine Mutter und Seugamme sey der Göttlichen Poesie/ und wie dasselbige sich bereit für so viel hundert Jahren/ mit dieser herrlichen Wissenschafft/ durch ihre Barden oder Druiden/ so trefflich herfür gethan habe/ wobey dann auch zugleich von den Meister-Sängern etwas gedacht wird. ¶ § 1. So wenig das gelobte Land seines Davids/ Salomons/ Assaphs/ Calchals/ Dardans/ und Ethans;[47]Denn es ist bekant/ daß sie/ ehe sie weder lesen noch schreiben können/ schon gereimet/ und ihre Gesetze/ Rechte und Religion in kurtze Verse und Gesänge gefasset/ welche/ damit sie in frischem Gedächtnis blieben/ auf Gastereyen und anderen löbl. Zusammenkunfften sind gesungen worden.[48]§. 6. Und solches geschah durch ihre Priester/ die sie Barden oder Druiden hiessen/ oder Gesang-Meister. Herr Hanneman/ in den Anmerckungen/ in die deutsche Opitzianische Prosodie/ hat dieser Barden Urkunft und Wesen/ aus des grundgelehrten M. Cyriacs Spangenbergers seinem Buche/ von den Meister-Sängern/ vollkömmlich zusammen gezogen/ darinnen dann gedacht wird/ daß um die zeit/ als Abraham gestorben/ bey den Celten Deutschen des Orts/ da itzo Franckreich ist/ der erste Bardus die KunstLieder in gewisse Reime/ Verse und unterschiedene Thöne zufassen/ erfunden habe/ nach welchem Bardo man hernach alle SangMeister die Barden/ das ist/ die werthen dignos, venerandos, reverendos, die Würdigen und Herbarden oder Ehrwürdige honorandos genannt.[49]§. 12. Daß nun diese alle/ eine von dergleichen grundmässigen Richtigkeit/ in der Poeterey/ solten gehabt haben/ als wol wir/ Gott lob/ itzt haben/ ist weit gefehlet. Denn sie beobachteten allein die Anzahl der Sylben und Reimen; Daß aber eine Sylben lang-die ander kurtzlautend sey/ das galt ihnen gleich viel. Dennoch/ ob schon ihre Gedichte schlecht waren/ und der Gesang dem Choral/ oder der Ebreer Music nicht ungleich zuhören/ so hatten sie doch feine Regeln/ und ihre Wissenschafft in solcher Verfassung/ daß sie ungezweifelt sagen konten/ was gut oder böse sey.[50]Denn die Critici meinen/ S daß Astoreth oder Astaroth, bey den Syren/ herkomme von dem Hebräischen hebr., divitem esse; oder von hebr. gregibus pecudum, darinnen vorzeiten das höchste Reichthum bestand.[51]§. 46. Hieher können auch gezogen werden alle Tugenden/ welche/ als Göttinnen/ von dem Poeten/ auf mancherley weise/ beschrieben/ und eingeführet werden. Ingleichen die Engel/ Außerwehlten/ Sternen/ Winde/ und andere Creaturen.[52]§. 3. Die LustFabel nennet oben gedachter Herr Hübner/ ein solches Gedicht/ welches zwar auch ziemlich weitläuftig/ und mit einführung allerhand irrdischer und himlischer Personen/ kan gesetzet werden/ darf aber/ an Pracht und Majestät der Rede/ der vorigen Fabel nicht gleiche gehen/ zumahlen es nur auff gemeine und geringere Leute gerichtet/ auch nur einig dahin ziehlet/ daß es den Leser mit vorstellung seltzamer Dinge/ und poßirlichen Schertzreden belustigen möge.[53]§. 14. Endlich so giebet uns auch nicht eine geringe Erfindung an die Hand/ die Anführung der alten Geschichten/ so sich von Anfang der Welt biß auf diese Zeit begeben/ in gleichen alle Sitten/ Gesetze und Gebräuche der Welt/ wie nicht minder die Eigenschafften aller Geschöpffe Gottes u.s.f.[54]§. 2. Die I. Ahrt ist ein Heroisch oder Helden-Gedicht/ welches gemeiniglich sehr weitläufftig/ und von hohen Wesen/ als von vortrefflichen Heldenthaten/ langwierigen Kriegen/ auch wol von natürlichen/ Himmlischen/ Politischen/ und andern Sachen/ so zu einen Tugendhafften Leben gehören/ zu reden pfleget. Es wird aber in denselben stracks der Inhalt gesetzt/ (A) hernachmals Gott um Beystand angeruffen/ S (B) und drittens die Zuschreibung und Ursache/ warum man eben dieses Werck vor sich genommen/ angefüget. (C) ¶ §. 3. Ein Exempel dessen stehet in Herrn Opitzen Vesuvio: ¶ A. Natur/ von derer Kraft/ Lufft/ Welt und Himmel sind/ ¶ ... S ... ¶ §. 4. Und in seinem Vielguet an Hn. Heinrich Wentzeln/ Hertzogen zu Münsterberg u.s.f. hat er sich eben dergleichen Ahrt gebrauchet: ¶ A. In dessen daß mein Sinn der Welt gemeines Ziel[55]§. 1. Das IX. Gedichte/ sind die Hymni oder Lobgesänge/ darin zwar vornehmlich Gott/ iedoch zuweilen auch andere Sachen/ als die Engel/ die Sternen/ Gerechtigkeit/ Ehestand/ das Gold/ der Wein/ das Bier/ die Druckerey/ u. d. gl. gelobet werden:[56]§. 6. Oder wir ermuntern ¶ Anfänglich den Himmel und desselben Bürger/ daß sie das junge Kund in ihre Gemeinschafft annehmen/ (a) ihm die Bahn zur heil. Taufe bereiten (b) und den Weh weisen sollen. A. ¶ Danach reden wir das neugebohrne Kind selbst an/ und preisen seinen seligen Zustand/ bey der Wiedergeburt. B. S ¶ Drittens weissagen wir demselben alles guts/ und sagen/ wie es seinen Eltern (die wir dan nach ihrem Verdienst heraus streichen können/ (c) an Tugend/ Frömmigkeit und Zucht/ nachschlachten werde. C. ¶ Endlich ermahnen wir die Eltern zur Freude/ und beschliessen mit einem kurtzen Wunsch (d) daß sie GOtt/ mit dergleichen Frucht noch weiter segnen und ergetzen. D. ¶ §. 7. Als Herr Heinrich Adam von der Osten/ S. Churf. Durchl. zu Brandenb. über dero Armee hochbestalter General Quartier-Meister/ uf Karstorf/ am 2. Julius/ des 1660sten HeilJahrs/ in Brandenburg sein erstes Söhnchen tauffen ließ/ haben wir folgendes gedichtet/ und überschicket: ¶ A. Der Himmel freue sich/ und seine Bürgerschafft.[57]§. 8. Wir rühmen auch: ¶ Erstlich des HErren Segen/ womit er Land und Leute reichlich fruchtbar machet. A. ¶ Darnach ziehen wir solches auff das Land/ darinnen wir sind und schreiben/ und sagen/ wie GOtt sonderlich dasselbe habe reich gemacht an Kindern/ in allen Ständen. B. ¶ Drittens bestätigen wir dieses fürnemlich mit dem Exempel gegenwärtiger Eltern/ welche der Himmel abermahl/ mit einer gesunden Leibesfrucht erfreuet. C.[58]§. 10. Wir können auch also bald ¶ ... ¶ Drittens den Eltern hierzu Gottes Segen wünschen. C. ¶ §. 11. Nur gedachter Poet/ Herr Sieber/ hat an Herrn Siegmund Gottfried Peißkern/ S. S. Theol. D. und wolverdeinten Superintendenten zu Bischoffswerda/ als seine geliebte Hauß-Ehre eines Söhnchens genesen war/ nachgesetztes geschrieben: ¶ A Ich freue mich mit dir/ du hochgelehrter Lehrer/[59]§. 3. Dafern wir auf den Nahmnens Tag einer hohen Standes-Person etwas wolten aufsetzen/ solte es sich nicht übel schicken/ daß wir ¶ ... ¶ Drittens auch um ihre fernere Gunst uns bewerben und GOTT anruffen/ daß Er dieselbe mit seinen Himmlischen Segen erfreuen wolle. C. ¶ Und Endlich/ so wir mercken/ daß dieselbe Person nach was sonderliches Verlangen hat/ daß wir den Höchsten GOtt bitten/ Er wolle ihrer Bitte statt und Gehöre geben. D. ¶ §. 4. Ein Exempel hierauf/ finden wir beym Herrn Tscherning/ auf einer hohen Standes-Person NahmensTag/ welcher einfiel den vier- und zwantzigsten Christmonats: ¶ A O Morgenstern des Landes/[60]§. 40. Es kömmt auch wol/ das eben diese Person/ welcher wir zu ehren was schreiben wollen/ um dieselbe Zeit einiges Bekümmernis im Hertzen hat/ und sehr betrübt ist. Derowegen müssen wir unser Pöema darnach anstellen/ und sagen/ ¶ Erstlich/ wie doch GOTT gemeiniglich gute und böse Zeit zusammen füge/ doch aber auch auf den Regen uns die Sonne wieder scheinen lasse. A. ¶ Darnach machen wir die Application, und trösten die Person in ihrem betrübten Zustande/ mit der Allmächtigen Hülffe GOttes/ nach welcher Er/ in einem Augenblicke/ all unser Anliegen wenden kan; Ingleichen mit ihren wolgerathenen Kindern/ so sie derselben welche hat/ B. ¶ ...S ¶ §. 41. Ein Exempel stellet uns Herr Sieber für/ in seiner Poetis. Jug. da Er an eine Adeliche Frau/ wie an derselben Nahmens Tage Ihr liebstes Söhnchen kranck lag/ also schreibet: ¶ A TugendBild/ Ihr Tag erscheint/[61]§. 42. Es pflegen auch wol die Kinder ihre Eltern anzubinden/ und mit einigem Gedichte zubeehren/ darinnen sie sich ... ¶ Zum Dritten einen Christlichen Wunsch dazu thun. ¶ §. 43. Ein Exempel stehet beym Herrn Sieber: ¶ A. Es ist mein Federkiel zwar noch nicht da gewesen/[62]§. 56. Wir mahnen sie auch an/ daß sie ¶ Erstlich GOtt sollen dancken um das böse/ welches er diesen Tag von ihnen wendet/ und daß er sie und uns diesen Tag in guter Gesundheit erstreben lässt; A. ¶ Darnach ermahnen wir sie zur Fröligkeit/ weil sichs gar wol reimet/ Gott dancken/ und sich frölich bey seinen Freunden bezeigen. B. ¶ §. 57. Herr Flemming hat/ nach dieser Art/ an Herrn Hartmann Grahmannen folgender gestalt geschrieben: ¶ A. Danck erstlich deinem Gott mit zwiefach frohem Muthe/[63]§. 1. Nach den Geburts und Nahmens Gedichten/ setzen wir nun auch die Hochzeit Gedichte/ oder Braut-Lieder/ welche Braut und Bräutigam zu ehren auf ihr Hochzeit Fest geschrieben werden. Und machen wir billich den Anfang von den Vornehmen und Standes Personen/ bey dero Beylager wir ¶ ... ¶ Drittens Gott für solches Werck dancken/ C. ¶ ... ¶ §. 2. Ein Exempel hierauf finden wir beym Hn. Opitz/ auf S. Fürstl. Durchl. Friederichens/ Hertzogen zu Holstein/ und Fräulein Marien Elisabethen/ aus dem Churfürstl. Hause Sachsen/ Beylager/ im 2. B. der Poet. Wälder. ¶ A. Sonne/ derer schönes Licht[64]§. 19. Man nimmt auch die Erfindung von der Natur/ und schreibet ... ¶ Darnach kommen wir auf unser Land/ (a) und folgends auf unsere Stadt (b) und rühmen alle die Vortheil/ welche Gott derselben vor Andern gegönnnet/ entweder den Fischfang/ Felder/ Wälder/ u. d. g. oder gelehrte Leute/ (c) oder schönes Weibesvolck (d) u. d. g.[65]§. 35 Schreiben wir an eine Wittwe/ so wundern wir uns/ ¶ ... ¶ Drittens loben wir/ an unser Braut/ etliche Tugenden einer rechtschaffenen Wittwen/ in derer Ansehen GOtt ihr wiederumb zum Manne geholffen. C ¶ ... ¶ §. 36. Ein Exemprl finden wir/ beym Opitz auff Herrn Valentin Sanfftleben/ und Frauen Elisabethen Queisserin Hochzeit Tag. S ¶ A So sind dan dieses nun die eysernen Gedancken/[66]§. 1. Demnach wir in diesem Kapitel von den Liedern/ so den Verstorbenen zu ehren geschrieben werden/ handeln/ wenden wir erstlich Unsern Fleiß auf hohe Standes-Personen/ und führen bey derselben Hintrit ¶ ... ¶ Vierdtens/ sagen wir/ daß GOtt die Seele des Verstorbenen zu denen Helden versetzet/ welche durch einen seligen Todt dieser Welt vorlängst gute Nacht gegeben/ und erzehlen hierauf S etliche derselben/ und wie sie sämtlich vor des Verstorbenen Ankunfft auffgestanden und sich gebücket. D. ¶ Zum Fünfften/ gedencken wir auch/ daß die Seele des Verstorbenen nun im Himmel wohne/ und auf das Thun der Sterblichen herab sehe/ und wie sie wünsche/ daß GOtt seinem Nachfolger in der Regierung das Leben wolle gönnen/ welches Er Ihme zu früh entnommen. E. ¶ ... ¶ §. 2. Ein Exempel hierauf setzet Herr Opitz im 3. Buch seiner Poetisch. Wäld./ über den Abschied ihrer Hochfürstl. Durchl. Ertzhertzogen Carlens von Oesterreich/ welches Er Ihrer Kays. Majestät dazumahl übergeben: ¶ A. Allhier in diese Grufft liegt Carolus gesencket/[67]Zum Siebenden thun wir einen Wunsch für die hinterlassene Wittwe/ daß sie GOtt wolle trösten u. s. f. Ingleichen für die nachgelassene Erben/ dafern welche verhanden. G.[68]Vierdtens halten wir seine Glückseligkeit im Himmel/ und unsere Unglückseligkeit auf Erden gegen einander/ und beklagen unsern Zustand/ den seinigen aber rühmen wir. D. ¶ ... ¶ §. 10. Ein Exempel hierauf schreibet Herr Tscherning auf Herrn D. Caspar Cunrads/ berühmten Medici und Poeten Absterben: ¶ A. Wie eine Taube kirret/[69]§. 11. Sollen wir an einen Wittwer/ der ein guter Poet ist/ schreiben/ so mahnen wir S ... ¶ Zum vierdten trösten wir den Wittwer/ mit dem Willen GOttes. D. ¶ ... ¶ Zum Beschluß der Seligen auch eine Grabschrifft: I. ¶ §. 12. Ein Exempel hierauff hat der niedliche Dreßnische Poet/ Herr David Schir-Smer/ auff das selige Absterben Frauen Annen Margarethen/ gebohrner Voigtin/ Ihrer Churf. und Chur-Printzlicher Durchl. zu Sachsen vornehmen Hoff-Bedienten/ Herrn Christian Brehmen hertzgeliebten Eheweibes/ auffgesetzet: ¶ A. So stimme nun die Goldne Leyer an/[70]§. 17. Wan Kinder sterben/ schreiben wir an die Eltern folgender gestalt/ daß wir ¶ ... ¶ Drittens trösten wir sie/ daß ob sie wol zeitlich gestorben/ doch desto eher in Himmel kommen sind. C. ¶ Und endlich auch mit der Hoffnung/ daß GOtt ihnen noch mehr dergleichen Kinder bescheren werde. D. ¶ §. 18. Auf Herrn Johann Mochingers/ geliebten Söhnleins Ehrenfriedes Begräbnis/ hat Herr Tscherning nachgesetzten Pindarischen Gesang geschrieben: ¶ I. Satz. ¶ A. Wer ihm Hoffnung macht auf Erden[71]§. 20. Auf Begräbnisse der Jungfrauen können wir sagen, J.T. ¶ ... ¶ Zum Andern/ daß sie nicht gestorben/ sondern ihre Seele bey GOtt lebe. B. ... ¶ §. 21. Ein Exempel stehet beym Herrn Opitz auf Jungf. Susannen/ gebohrner Eichhäuserin seligen Hintrit. ¶ A. So viel hier Menschen sterben/[72]§. 25. Wan wir auf den Abschied einer Braut was schreiben/ sagen wir S ¶ Vornehmlich/ wie GOTT alle unsere Anschläge so bald zu nichte mache/ und ziehn unser eigen Exempel an/ in dem wir uns vorgenommen/ der Seligen ein HochzeitLied zu schreiben/ nun aber dasselbe in einen Leichen-Gesang verwandelt werde. A. ¶ ... ¶ §. 26. Ein Exempel hat Herr Tscherning: ¶ A. Hilf GOTT/ wie eitel ist/ was krancke Menschen tichten![73]Auf das Absterben eines Kindes/ das nur jung worden. ¶ §. 27. Uber das Absterben eines Kindes/ das nur jung worden/ schreiben wir ... ¶ Drittens/ daß es GOttes Gabe sey/ welcher macht hat dieselbe nach seinem Gefallen wiederum von uns abzufodern. C. ... S ... ¶ §. 28. Ein Exempel hat Herr Flemming/ auf Herrn Timothei Poli neugebohrnen Töchterleins/ Christinen/ Ihr Absterben gesetzet: ¶ A. Ists dan wieder schon verlohren?[74]§. 29. Auf den Hintrit eines Studenten dichten wir also/ daß wir denselben ... S ¶ Drittens/ den Schluß des Höchsten darauff setzen/ welchem nach/ er der Sterbligkeit habe müssen gute Nacht geben. C. Auf welchen dan ... ¶ Zum fünfften gleichwol einen Trost daraus schöpffen/ in dem wir desto eher zum Himmel kommen. E. ... ¶ Und endlich ihn selig preisen. G. ¶ §. 30. Herr Flemming/ hat auff Herrn Christoph Schürers/ Studentens Leichbegängnis folgendes gedichtet: ¶ A. Preiß der Jugend/ Lob der Stadt/[75]§. 32. Oder wir billichen das weinen der Eltern anfänglich. A. ... ¶ Zum fünfften trösten wir die Betrübten/ (a) mit GOttes unerforschlicher Weißheit/ und alle dem (b) welchen er der Welt entgangen; Ingleichen (c) weil er bey so vielen herrlichen Leuten ruhet/ und in seine solche Schule durch den Tod versetzet worden/ (d) in welcher GOtt selbst die außerwehlten unerforschliche Dinge lehret. E. S ¶ Und endlich reden wir den Verstorbenen selbst an/ daß er seiner Fröligkeit solle geniessen/ und wir/ nach GOttes Wolgefallen/ zu ihn kommen wollen. F. ¶ §. 33. Ein Exempel ist Herrn Opitzen/ auff Herrn David Rhenisches von Breßlau/ welcher zu Straßburg auf der Universitet gestorben/ sein Grabelied: ¶ A Die Thränen voller Angst/ die Seuffzer mannigfalt/[76]§. 1. Bey der Kröhnung eines vornehmen Potentaten/ ermahnet man ... ¶ Drittens ermahnet man die Räthe des Reichs/ die Priester/ Bürger u. s. f. zur Danckbarkeit. C. ¶ ... ¶ §. 2. Ein Exempel hierauf hat Herr Rist/ seinem deutschen Parnaß einverleibet/ als dem Durchläuchtigsten/ Großmächtigsten Fürsten und Herren/ Herren Friede-Srich/ dieses Nahmens dem Dritten zu Dennemarck/ Norwegen/ der Gothen und Wenden Könige/ .... In deroselben Haubt- und ResidentsStadt Kopenhagen die Königliche Krohn ward aufgesetzet/ welches geschehen am 23. des HerbstMonats/ im 1648. Jahre. ¶ A. Laß/ altes Dennemarck/ laß itzt mit tausend Freuden[77]Zum fünfften/ wünschen wir/ daß ihnen beyden Gott wiederum gesund wolle zusammen helffen/ und bitten/ daß sie vor ihre Person/ uns ihre Fürstl. Gegenwart/ auf etliche Zeit/ wolle gönnen. E. ¶ ... ¶ §. 6. Ein Exempel hat Herr Flemming schon im 1631. Jahre auff der Durchläuchtigsten Frauen/ Frauen Marien Eleonoren/ der Schweden/ Gothen und Wenden Königin/ Ihr. Maj. Ankunfft in Leipzig verfertiget: ¶ A. Nimphe/ welcher ich zuehren[78]Darnach melden wir die Person/ welcher solche Ehre erwiesen wird/ und sagen/ daß solches seine Tugenden verdienet haben/ mit welchen ihn der Himmel vollkömmlich ausgezieret. B. ...S... ¶ §. 8. Ein Exempel hierauf hat/ der vornehme Poet/ Hr. Christian Hübner/ auf des Erleuchten ... Herren Magnus Gabriels de la Gardie/ Grafen zu Leckoo und Arnsburg/ ... der Königl. Maj. und Reiche Schweden Raht und Krieges-Raht/ Generalen über die Schwedischen und Finnischen Völcker in Deutschland/ wie auch General Gouverneur über Liefland/ Einzug in Stettin gedichtet: ¶ A. Wem erregt sich das Gezitter?[79]§. 2. Bey Empfahungen fürnehmer Leute können wir wol die Erfindung von der Zeit hernehmen/ und/ da es zur Herbstzeitz geschehe/ reden wir ...S... ¶ Endlich Ihm/ Glück und Segen/ von GOtt dem Höchsten. E. ¶ §. 3. Als der HochEdle/ Veste und Hochgelahrte Herr/ Augustin Strauch/ weitberühmter ICtus, Comes Palatinus Caesareus/ Churfürstl. Durchl. zu Sachsen Hochansehnlicher Geheimbter Raht/ ... Senior, des Churf. Sächs. Hofgerichts/ Schöppenstuls und geistlichen Consistorii daselbst .../ nach dem Frankfurtischen Käyserlichen Wahltage/ den 8. Octobr. des 1658. Jahres/ in Wittenberg/ einkam/ ward derselbige/ von denen daselbst studierenden Dreßdnern/ mittelst einer Nachtmusic/ mit nachgesetzten empfangen: ¶ A. Blase nur du rauher Nord.[80]Darnach unsere Zufriedenheit/ nach dem Willen deß Höchsten/ hierüber außdrücken. B.[81]§. 4. Oder wir nehmen die Erfindung von der Tugend/ und derselben Belohnung/ und sagen ... ¶ Darnach preisen wir der Ehre ihr Lob/ und schreiben/ wie nicht allein rechtschaffene Gemühter nach derselben streben/ sondern daß auch Gott selbst begierig sey/ von uns geehret zu werden. B. ¶ ... ¶ Und vierdtens bekräfftigen wir/ daß/ ob schon die Welt zuweilen unsere Arbeit nicht belohnet/ dennoch GOtt und der Keiser die treuen Dienste nicht unbelohnet lassen. D. ...S... ¶ §. 5. Als dem Hoch- und Wolgebohrnen Herrn/ Herrn Gottlieb Grafen und Herrn von Windischgrätz ... Die Hochansehnliche ReichsHof RahtStelle/ zugleich auch/ unter dem Namen des Kühnen/ die Mitgliedschafft der Hochlöbl. Fruchtbringenden Gesellschafft/ und kurtz hernach die Gräfliche Standshoheit auffgetragen worden/ hat der edle Herr von Bircken nachfolgende Ode abgesungen: ¶ A. Die Tugend muß doch Tugend bleiben[82]§. 3. Oder/ wir reden bald ¶ Anfänglich den neuen regierenden Bürger-Meister an/ daß Er das ihme auffgetragene Amt willig annehmen/ und die Gaben/ so ihme GOtt gegeben/ hierbey anlegen wolle. A. ¶ Darnach sagen wir/ wie alles/ so wol im Himmel als auch auff Erden/ an guter Regierung sich ergetze/ und/ ausser GOtt/ derselben nicht entrahten könne. B. ¶ ... ¶ §. 4. Als der selige Herr AEgidius Siegler/ in Wittenberg/ das BürgerMeister-Amt antrat/ wurde ihm nachgesetztes zu ehren verfertiget: S ¶ A. Nehmt an/ Geehrter Herr/ die auffgetragne Würde/[83]Fünfftes folget das Glück zu/ welches verbunden ist/ theils (a) mit der Schwere des Amts/ theils (b) auch mit dem Göttlichen Beystande und Segen. u. s. w. E. ¶ §. 8. Als Herr M. Martin Lehman/ von Guben zum Archidiaconat/ in sein Vaterland beruffen worden/ hat mehrgerühmter Herr Francke folgendes ausgefertiget: ¶ A. Daß ungesparter Fleiß dennoch den Thron der Ehren[84]§. 9. Solte aber iemand von einem Orte zu dem andern/ aus einem Lande in das ander/ oder nur aus einer Stadt in die ander befördert werden/ so sagen wir ¶ Anfänglich/ wie unser Leben recht eine Pilgerfahrt sey/ und wir/ auf des Himmels Geboht/ von einem Ort zu dem andern wallen müssen. A. ¶ Darnach ziehen wir solches auf den Neubeamteten/ und bestetigen GOttes Weise/ mit desselben Exempel. B. ¶ ... ¶ Vierdtens wünschen wir/ wie auch mit noch andern lieben Freunden/ denselben länger/ an unserm Ort/ zubehalten; trösten uns aber hierauf mit der wunderbahren Regierung Gottes. D. ¶ ...S ¶ §. 10. Als Herr M. Johann Rotlöben/ dero Königl. Majestät zu Dennemarck/ Norwegen bestalter Hoffprediger/ und der Graffschafft Pinneberg wolverordneter Probst/ von höchstgedachter Ihrer Königl. Majestät/ nach Hadersleben zur Probstey daselbst allergnädigst ward beruffen/ und numehr seine Reise daselbst hin anstellete/ schrieb Unser Ruhmwürdigster Herr Rist/ nachgesetzte Glückwünschung/ so zu finden auf dem 179. Blate/ seines Deutschen Parnassus: ¶ A. Nun werdet ihr samt mir/ Hochwehrter Probst/ bekennen/[85]Drittens mahnen wir ihn an/ der Regierung GOTTes zu folgen/ und seine Reise anzugehn. C. ¶ ... ¶ §. 14. Als der Hochwürdige/ Fürtreffliche und Hochgelahrte Herr Sebastian Gottfried Starck/ der Heil. Schrifft berühmter Doctor sich von dem Ertz-Englischen Lüneburgischen Pastorat/ die Freybergische Superintendentur anzutreten/ auf die Reise begab/ schrieb Herr Sieber nachgesetzte Ode: ¶ A. Delia/ die edle Nimphe/[86]§. 23. Ins gemein ist hierbey zumercken/ daß man fast allen Erfindungen könne zur Einfassung Kindlein zuordnen/ welche man zu geistlichen Sachen/ mit Federflügeln/ als Engel; in andern Tugendlehren/ mit Mückenflügeln/ als flüchtige Stunden/ zieret. Sollen aber die Kindlein was böses bedeuten/ so machet man sie ungestalt/ und mit Fledermäußflügeln.[87]§. 34. Gewißlich ist es zu betrauren/ schreibet der Herr von Harsdorf/ daß die edle Poeterey so verächtlich gehalten wird. Sie ist eine keusche Jungfrau/ wleche alle Unreinigkeit hasset/ und anfangs sonderlich zu dem Gottesdienst gewidmet gewesen/ auch von denen Völckern/ welche sonsten aller andern Wissenschafften und Künste unwissend gewesen. Nun wird sie/ als eine gemeine Metze/ zur Wollust und Uppigkeut gezogen. ¶ §. 35. Doch kan man dieses nicht alsobald von denen sagen/ welche eine oder die andere keusche Liebessachen/ in ihren Schrifften/ mit unter gemenget haben/ weil ihre Liebe in der Warheit nichts anders ist/ als ein eiferiges Gemüht zur Tugend/ Kunst und hohen Wissenschafften/ welches von dem Himmel angereitzet worden.[88]Das II. Kapit. ¶ Darinnen die beyde Fragen erörtert werden/ ob man die heidnischen Poeten/ in Schulen/ gebrauchen/ und der falschen erdichteten Götter-Nahmen/ in unsern Gedichten und Liedern sich bedienen dürffe? S ¶ §. 1. Wann wir aber die Liebhaber der Göttlichen Poesie zu beharrlicher ausübung ihres geistigen Gehirns/ aufzumuntern gedencken/ so ist dieß nicht unsere Meinung/ als wenn solches allein und fürnehmlich durch Hülffe der Heidnischen Scribenten geschehen müsse. Zu dergleichen wil ich der studierenden Jugend/ welche wir allhier allein gemeinet seyn/ zur himmlischen Poeterey/ nechst Göttlicher Hülffe/ anzuführen/ keines weges rathen. ¶ §. 2. Denn wer ist wol/ unter den Christlichen Theologen und Philosophen/ welcher nicht gestehen müsse/ daß die jenigen Lehrer gar übel thun/ welche die Zarte Jugend/ in ihren Schulen/ auf die Klugheit und Kunst der Heidnischen Scribenten führen/ und mehr noch wol zuweilen/ als auf die heilige Bibel selbst? ¶ §. 3. Sagt mit doch/ lieber! was es sey/ das wir in Schulen lehren und lernen sollen? Ohne allen zweiffel die Tugend und Weißheit/ welcher wir aber nicht so sehr aus den Fabeln der Heiden/ als aus dem von Gott selbst geoffenbahrtem Worte/ können und müssen schöpffen. ¶ §. 4. Wir fragen Euch/ die ihr in Schulen sitzet/ was doch die rechte Weißheit sey? Daß wir/ nemlich/ dich/ O GOtt/ und den du gesand hast/ JEsum CHristum/ recht erkennen/ und in solcher seiner Erkenntniß/ Ihn/ von grund un-Ssrer Seelen/ lieben und ehren. Daß aber dieses hohe Erkänntnis solte aus den Büchern der verdammten Heiden können erlernet werden/ das wird niemand/ im fall Er nur weis/ wie weit sich solches Erkenntnis erstrecke/ leichtlich erweisen. ¶ §. 5. Denn wie solte doch von denen der warhafftige GOtt mögen erkennet werden/ die sich so vieler Götter berühmt/ so manches von ihnen getichtet/ und in beteurung einer oder der andern wichtigen Sache/ ihnen so vielfältige gantz erlogene Nahmen zugeschrieben? Es ist unmüglich/ und nicht wol zugläuben/ daß ein blinder Führer sich und den/ welchen er führet/ vor einer Grube/ ohne gewissen hineinfall/ sicher kan fürüber führen. ¶ §. 6. Ich mag für diesesmahl nichts gedencken/ von dem hohen Geheimnis der heiligen DreyEinigkeit/ von welchem die Heiden nicht das geringste verstehen und reden können. Denn Gott hat alle Heiden ihre eigene Wege wandeln/ und sie/ nach dem Er von ihnen gnugsam verachtet/ in ihrem verstockten Sinne wandeln lassen. Nun ist es ja Fleisch und Blut nicht möglich/ daß es dergleichen hohes und unerforschliches Geheimnis einigem Menschen offenbahren solte; sondern der Vater muß es thun/ der im Himmel wohnet. S ¶ §. 7. Dahero trauen wir/ weder dem Homerus/ noch dem Hesiodus/ noch dem Pindarus/ und andern heidnischen Poeten/ zu/ daß sie/ von dem einigen und wahren GOTT/ was warhafftiges hätten reden und schreiben sollen. Und sind eben diese Leute auf eine solche Thorheit gerahten/ daß sie auch dasjenige von ihren stummen Götzen getichtet und gegläubet/ welches wir uns/ nur nachzusagen/ schämen müssen. Sie haben sich solche höfliche Götter eingebildet/ welche/ so es Menschen weren/ gewiß in keiner erbahren Stadt würden geduldet werden. Wie dann daher Palingenius im I. Buch/ welches Er den Widder nennet/ geschrieben hat: ¶ In coelo est meretrix, in caelo est turpis adulter. ¶ ...S ¶ §. 8. Und das heisst recht den von Natur verterbten Menschen noch mehr verterben/ und Feuer zum Feuer tragen/ dafern wir dergleichen ärgerliche Schrifften/ der noch zarten Jugend/ ohne unterscheid und gantz unbedachtsam in die Hände geben. Wir sagen/ ohne unterscheid und gantz unbedachtsam. Denn sonst haben die heidnische Schrifften auch ihren sonderbahren Nutz/ bey den erwachsenen/ welcher doch so groß nicht sein kan/ bey den unerwachsenen. ¶ §. 9. Es lesen ihrer viel/ saget H. D. Mengering in Scrut. Consc. in der 103. GewissensFrage/ die doch gut Evangelisch sein wollen/ den Knaben in der Schulen ehe und mehr Ovidium de arte amandi, dann den lieben Catechismum des heil. Vaters Lutheri. Ja die gantze Woche haben die alte heidnische Hurenjäger und Schandlappen/ Ovidius, Terentius, Virgilius &c. stat und raum in den meisten Schulen; Christus aber auf seinem Esel/ mit dem heil. Catechismo und Gottseliger Kinderzucht/ muß kaum auf den Sonnabend eine Stunde haben. Nun hat es wol seine Maaß/ daß die Kinder die Lateinische Sprache/ auß den Scribenten lernen/ wann man auch Christum zu rechter zeit mit zuliese/ und nicht gar lateinisch würde. Es rühmen auch solche viel-Smehr von ihren Knaben/ daß sie viel guter Sententz und Verse aus den heidnischen Poeten können/ dann daß sie sich solten vernehmen lassen/ sie hätten ihre Knaben dazu gehalten/ daß sie viel feiner Trostsprüche/ aus den Sontags- und FestEvangelien/ oder sonst aus Göttlicher heiliger Schrifft gelernet hätten/ wie/ Gott lob! dennoch in etlichen Herrschafften und wenig Städten geschehen ist/ und noch geschicht: Dancken nu auch Gott desfals/ wegen dieses Orts. Des Pfaffenwercks/ meinen sie/ hätten sie schande/ und jenes lassen sie sich düncken/ haben sie grosse Ehre. Denn es diene ad Eloquentiam. Aber sie werden/ an jenem Tage sehen/ daß ihre Zeit und Arbeit übel angelegt/ so sie allein an die Eloquentiam/ in heidnischen Büchern/ gewendet/ mit verlassung des heiligen Catechismi und Vermahnung zur Gottseligkeit. ¶ §. 10. Das HochEhrwürdige Ministerium zu Hamburg schreibet hiervon also: Wir haltens dafür/ wenn man zu des Hn. Lutheri Zeiten/ des Frischlini und Schonaei Comoedien und Tragoedien hätte gehabt/ Er diese viel eher/ als den Plautum und Terentium der Jugend würde recommendiret haben/ biß dieselbe confirmatius Judicium hätte/ und solche heidnische Autores selbst lesen/ und das pretiosum â vili discerniren könte. S Und ob gleich ein Unterscheid zwischen einem und andern ist/ und dem Plauto, Terentio, Ciceroni, Demostheni, Virgilio und anderen/ die so allerzierlichst geredet und geschrieben haben/ die neuen Comici, Oratores und Poeten/ vielleicht nicht gleich thun; so ist doch keiner zu verwerffen/ insonderheit sol bey uns Christen die Jugend also informiret werden/ daß sie nicht allein in guten Künsten und Sprachen/ sondern für allen dingen/ in wahrer Gottseeligkeit/ proficire und zunehme/ und solte ja einerley fehlen/ ists viel besser etwas zuentbehren/ in den grossen freyen Künsten und hohen Sprachen/ als an der wahren Gottseligkeit. Denn mit herrlicher Geschickligkeit/ und vieler Gottseligkeit/ kan man den Himmel erben/ und dieser Welt auch nutzbar dienen: Aber mit Epicurischer WeltWeißheit und hohen Sprachen/ ohne Gottseligkeit/ ist weder GOtt noch Menschen recht gedienet. Und für solche hochgelahrte Atheisten ist der Himmel verschlossen. ¶ §. II. Hiermit stimmet auch überein/ der Hocherleuchte Rist/ Mein Ruhmwürdigster Kröhner/ wann Er in seinem Nothwendigen Vorbericht/ bey dem neuen Teutschen Parnaß/ ein solches Urtheil von sich giebet: Wir dürffen/ spricht Er/ uns in aufsetzung vielerhand Getichten/ der heidni-Sschen Lügen/ und ihrer verfluchten Abgötzen schändlicher Laster und Untugenden/ so wenig bedienen/ so wenig wir von nöthen haben/ daß wir aus Deutschland in die Indien schiffen/ und daselbst/ zu erhaltung des Lebens/ ihre Wurtzeln Aypi und Maniot genannt/ oder auch ihr Korn/ welches sie Abati/ andere aber Mais nennen/ in diese Länder bringen/ dieweil wir/ GOTT lob/ aus Weitzen und Rocken viel besser Brod/ als aus den dürren Indianischen Wurtzeln und gar zu dichten Korn oder Mais können machen. Und daß ich nur dessen ein eintziges Exempel gebe: Warum muß man der lieben Jugend/ in den Schulen eben des Terentien Schauspiele oder Comoedien so gar fleissig fürlesen? ist dann solches gantz nicht zu endern? Antwort. Unsere Herren Schulfüchse (etliche meine ich/ aber nicht alle) sind der gäntzlichen Meinung/ daß dieses herrliche Buch ja so fleissig/ ja auch wol fleissiger/ als der Catechismus oder die Evangelien und Episteln/ in die Jugend müsse geblauet/ und ihnen viel besser/ als die heilige Schrifft/ bekant gemacht werden. Fragestu aber/ warum? Eben darum/ das nicht allein dieses Buch in der Lateinischen Sprache eine gute Redensart führet/ sondern auch/ dieweil wol zwantzig schöne Sprüche oder sententien (welche sie die Schulfüchse Gemmulas Te-Srentianas, oder Terentianische Perlen nennen) in denselben zu finden. Ist aber das nicht eine überaus grosse Blindheit/ daß man um etlicher gar wenig guter Zeiten willen/ welche doch gegen wolausgearbeiteten Christlichen Schriften/ nur wie Koht sind zu schätzen/ ein gantzes Buch/ mit heidnischen Narrenpossen angefüllet/ den Knaben in die Köpffe bringet/ und sie zugleich dadurch unterweiset/ wie sie mit der zeit gute Pamphili werden/ mit den schönen Glycerien Kundschaft machen/ ja wol gar von dem Plautinischen Jupiter erlernen sollen/ mit was Behendigkeit man dem Amphitruo Hörner könne auf setzen. Pfuy der grossen Schande/ daß man Christen Kinder/ mit heidnischen Greueln/ wil klug machen: Ich frage aber ein anders: Warum werden doch des überausgelehrten und fürtrefflichen Erasmens von Rotterdam/ unschätzbahre Bücher und Schriften/ an stat dieser Heidnischen/ nicht in die Schulen geführet? Wil man fürwenden: Es finde sich in den Büchern des Erasmen keine so gute Redens- oder Schreibensart/ als bey den Terentien/ Plauten/ uud anderen dieses schlages: So antwortete ich abermahl: daß der jenige/ der dieses darf fürgeben/ gantz und gar kein Latein verstehet. Es hat ja der Erasmus rein/ deutlich und zierlich geschrieben/ wie mir dessen S alle rechtschaffene gelahrte Leute werden Zeugnis geben. Will man sagen: Man könne in des Erasmi Büchern solche schöne sententien oder Sprüche nicht haben/ als bey denen heidnischen Schauspielschreibern/ so antworte ich abermahl: daß/ wer solches gläubet/ derselbe verstehe weder gute/ noch böse Sprüche: Ich wil klärlich darthun und beweisen/ daß auf vier Blätern/ in des Erasmens Milite Christiano, oder Christlichen Ritter/ (anderer seiner herrlichen Schrifften zugeschweigen) mehr nützliches und der Jugend zuwissen dienliches/ als in allen Schauspielen des Terentien zufinden/ noch machet man sich dieser wegen kein Gewissen/ wann man die liebe Jugend/ mit sondern Fleisse und Ernst/ verhindert/ daß sie mit den Sprachen ja nicht zugleich den Grund ihres Christentums erlernen/ und so wol zur Gottseligkeit/ als Sprachübung werde gehalten. ¶ Bißhieher mein Ewiggeliebter Herr Ristius. ¶ §. 12. Ob es nu gleich höchstscheltbahr und gantz unverantwortlich ist/ den Kunstverstand der lieben Jugend/ mit den ärgerlichen Schrifften/ der heidnischen Scribenten/ anzufüllen; so folget doch hieraus noch lange nicht/ das Christliche Poeten nicht solten befüget seyn/ in ihren Gedichten/ der Heidni-Sschen Götter Nahmen bisweilen zugebrauchen. ¶ §. 13. Die Liebe/ saget an einem Orte Herr Harsdörffer/ der Neid/ die Furcht/ die Gewissensplage/ sind so mächtig in den Menschen/ das die Heiden solche für Götter und Beherscher der Menschen Hertzen gehalten. Wir Christen lassen sie für Götzen gelten/ nennen ihren Nahmen/ und gebrauchen ihrer Gestalt/ um sie abscheulich und verhasst zu machen: Weil ihre Vorstellung sich mit der Eigenschafft der Laster/ und Laster straffen/ artig vergleichet: So ist mir wol erläubet/ von dem Avernischen Reiche/ von den Elyserfeldern zusagen/ aber ich muß sie nicht beschreiben/ wie sie die Heiden beschrieben haben.[89]§. 38. So iemand hievon weitern Nachricht begehret/ der ersehe sich nur in dem Nothwendigen Vorbericht/ zu dem andern Theil/ des Musicalischen Seelen-Paradieses/ Meines Väterlichen Gönners/ des unsterblichen Ristii/ mit dessen Worten ich dieses Kapit. wil beschliessen/ wann Er/ an gedachtem Orte/ saget: Wann alle die Bücher ärgerlich/ und des lesens unwürdig solten geschätzet werden/ in welchen von lieben/ küssen und hertzen etwas gedacht wird: So müste man offt die allerChristlichste Bücher/ ja die heilige Schrifft selber nicht S lesen/ zumahlen in derselben so viel mahlen/ nicht allein des liebens/ küssens/ umfangens/ sondern auch so gar des Beischlaffens wird erwehnet/ und zwar mit so klaren Worten/ daß man es fast nicht deutlicher könte geben.[90]§. 8. Diese/ sagt obgemeldter Herr Spangenberg/ haben auch ihr besonder Stifft und Hayn gehabt/ an der IlmenAu/ nicht weit von der Elbe/ so nach ihnen Bardwich geheissen/ des Orts/ da vor zeiten den gantzen Strich die Longobarder bewohnet/ und itzt das Lüneburger Land ist/ da sich allezeit im Heidenthum solche Barden enthalten/ biß auf die Zeit des grossen KönigsCarols zu Francken/ welcher alle die SachsenLande etliche Jahr lang bekrieget/ und letzlich bezwungen/ und zum Christl. Glauben gebracht hat. Nach derselben zeit haben sich die zum Christlichen Glauben bekehrte Barden auch befliessen Christliche Lieder/ von den Zehen Geboten Gottes und dem Glauben/ deßgleichen von den Sacramenten/ auch etliche andächtige Gebeth zu GOtt/ in Reime/ und unter ihre gewöhnliche Thöne zu bringen/ und dem gemeinen Volcke vorzusingen/ welches ihm König Carol/ so hernach Anno 801. ist Römischer Kayser worden/ hat so wol gefallen lassen/ daß Er auch selbst/ nach solcher Art/ Geistliche und andere Lieder gedichtet/ und wenn Er etwa gereiset/ im Felde/ mit Lust/ gesungen. Welche auch hernachmahls von dem Kayser Otto stattliche Privilegia bekommen/ nebest einem goldenen Krantz/ d'auf ordentlich ausgeschriebenen Singschulen/ demjenigen/ welcher für andern das beste that/ eine zeitlang mit Ehren zutragen S gegeben ward; aber doch für und für bey der Gesellschaft bleiben/ und insonderheit zu Meintz/ in guter Verwahrung/ muste behalten werden/ wie dann dieser erste Krantz noch daselbst sol verhanden sein.[91]Von diesen wird gerühmet/ daß Er Frauenlob, J.T. den ZugThon erfunden/ welchen auch Anno 1317. am S Sanct Andreas-Tage/ zu Meintz etliche ehliche Matronen/ aus seiner Herberge/ bis in den Dom/ zu Grabe getragen/ mit vielen Thränen und Weinen/ auch so viel Weins ihm auf sein Grab gegossen/ daß es umb das Grab von lauterem Weine geschwommen.[92]§. 16. Ingleichen/ als itzund gedachter Herr Tscherning an Herrn Baumann geschrieben/ saget Er/ daß derselbe recht den Nahmen führe von Bauen/ denn er baue (a) sich schon bey seinem Leben einen Sitz im Himmel/ und verlache die Eitelkeit der Welt. Er baue (b) nicht auf Geld und Gut/ sondern auf CHristum (c) Nicht auf Menschen Tand/ sondern auf die heilige Schrifft selbst. (d) Nicht auf die betrieglichen Menschen/ sondern auf den treuen GOTT. (e) Er baue sich durch seine Druckerkunst/ Gunst bey Leuten/ und einen unsterblichen Nahmen bey den Poeten: Und endlich (f) weil es eben zur Zeit des Frülings war/ da die Vögel ihre Nester bauten/ ermahnet ihn der Poet Er solle auch sein Ehbet wieder aufbauen u. s. f. ¶ §. 17. Wir wollen das Gedicht selbst hieher schreiben: ¶ So viel ich etwa kan[93]Zuzeiten müssen sie zweene Cupidines führen/ auf einen Wagen/ und halten wir dafür/ als sey hiermit auf des Göttlichen Platonis seinen Spruch gezielet worden/ in welchen er der Meinung ist/ als wenn zweene Cupidines gefunden würden/ ein irrdischer und ein Himmlischer/ von welchen dieser eine Himmlische/ jener aber eine irdische Liebe in uns entzündete.[94]Der grundgütige GOtt erhalte unsere weitbe-Sruffene Vater-Stadt/ bey solcher ruhmwürdigen Glückseligkeit; Die Väter aber derselben/ für so sorgfältiges fortpflantzen/ der Göttlichen Studien/ bey ewigen Friede/ Ruhe und Segen/ daß auch wir sagen können: Von Machir sind Regenten kommen/ und von Sebulon sind Regierer worden/ durch die Schreibfeder/ aus dem Buch der Richter am 5. 15.[95]§. 26. Die Humoristen oder Befeuchtenden zu Rom führen/ in ihrem Sinnbilde eine Wolcke/ welche sich von dem Meer in die Lufft erhebt/ und von dar wiederum hernieder tauet/ mit der Beischrifft: Redit agmine dulci: Mit süsser Macht es wieder tropfft. Anzudeuten/ weil durch des Pabsts/ Cardinäl/ und anderer vornehmer Herrn Gegenwart/ Ihre Versamlung gleichsam biß an die Wolcken erhaben worden/ so müsse auch ihre saure und bittere Arbeit/ zu Ihren Anhörern S und zugethanen/ gleich dem Thau wiederkehren/ und zu Nutz gelangen.[96]§. 10. Also ist es unrecht/ wie Herr Tscherning schreibet/ wan man in des Herren Gebete spricht: Verlaß uns unsere Schuld. Denn man saget nicht recht/ einem die Schuld verlassen/ sondern erlassen. Man muß allhier auf den rechtmässigen Gebrauch/ und des Wortes Eigenschaft sehen. Wir wissen ja/ wie der seel. Herr Lutherus jenen Ort Matth. 18. cap. im 27. v. verdolmetschet: Da jammert den Herren desselben Knechts/ und ließ ihn loß/ und die Schuld erließ Er ihm auch. Item Joh. am 20. cap. im 20. v. Welchen ihr die Sünde erlasset/ denen sind sie erlassen. Nun ist ja der theure Wundermann S Lutherus eben der jenige/ der sich zuföderst um die Reinligkeit und Ausbreitung unsrer Muttersprache/ vor dieser Zeit/ treflich verdienet/ daß Er auch deßwegen/ bey den Außländern selbst/ hochgerühmet worden. Wie dan der fürnehme Frantzösische Poet/ der Herr von Bartas/ in seinem Babylon/ die Zier und Reinligkeit unsrer Sprache/ auf ihn und Peucern/ mit ihrem unsterblichen Lobe/ gegründet hat. Herr Buchner/ in seiner Anleitung zur deutschen Poeterey.[97]§. 4. Ein solches LobLied ist des Anthyri, des Königes der Wenden. Von welchen die hochlöbliche Hertzogen zu Mecklenburg ihren Ursprung genommen und gewonnen/ welches/ nach dem es vor etlichen Jahren in dem Kloster Dobberau/ im Fürstenthum Mecklenburg/ von etlichen Kayserlichen Soldaten/ in einem vermaureten heimlichen Schranck/ wunderbahrer weise gefunden/ von dem hochberühmten Unverdrossenen in seinem Deutschen PalmBaum in Gothischer Schrifft/ wie folget/ versetzet worden: ¶ I. ¶ Dü Tugend hat ken Rast/ sy schlaffet nicht in Betten/[98]§. 4. An den Durchläuchtigsten/ Hochgebohrnen Fürsten und Herrn/ Herrn Fridrich/ Erben zu Norwegen ... hat der HochEhrwürdige/ und Hochedle Herr Rist/ eine solche LobRede geschrieben/ daß Er in derselben auch die hohen Fürstlichen Tugenden/ als die Gottesfurcht/ Geschickligkeit in den Himmlischen/ irdischen und unterirrdischen Sachen/ die kluge Regierung/ S und der gleichen mehr/ auf das Allerziehrlichste anführet/ in seinem nie zur gnüge gepriesenen Teutschen Parnaß: ¶ §. 5. ¶ Laß/ meine Feder itzt/ all andre Fürsten stehen[99]§. 43. Jener rühmet ein Nonnen-Kloster/ daß es eine sehr gesunde Lufft hätte/ weil in hundert Jahren keine Jungfrau daraus gestorben; Aus welchem wir folgendes Gedicht machen: ¶ Warlich dieses NonnenKloster mag von guter Luft wol sagen/[100]§. 48. Soldaten sind fromme gutthätige Leute/ weil sie so viel arme Häuser stifften: ¶ Es ist ein frommes Volck/ Soldaten/[101]§. 14. Wan die Sechswöchnerin zur Kirchen gehet/ mit ihrem Kinde/ kan man sein Gedicht solcher gestalt einrichten/ daß man ¶ Anfänglich die Freude der Heiligen Engel beschreibe/ so sie empfinden/ bey darstellung des kleinen Kindes/ in dem Tempel. A. ¶ Darnach auch die Eltern zur Freude ermahne. B. S ¶ Drittens dero löbliche Ordnung lobe/ welche darinnen verfasset ist/ daß sie den ersten Gang zur Kirchen/ den folgenden zum Tische/ den dritten aber ins Bette thun u. s. w. C. ¶ §. 15. Ein Exempel hierauf hat Herr Sieber/ auf den Kirchgang der HochEdlen Frauen Marthen von Gerstorf/ Gebohrnen Löbinn/ ausgearbeitet: ¶ A. Die Engel werden ihn itzt eine Freude machen/[102]Insonderheit aber können wir/ nach beschaffenheit der Person/ dieselbe wol andern vorziehen wegen der guten LeibesGesundheit/ welche dan von männiglich für ein hohes Geschenck der Barmhertzigkeit des Himmels zu achten ist/ (a) wegen der Schönheit; (b) wegen der wolgerahtenen Aufferziehung (c) wegen der Ruh (d) der sie in ihrem Ehestand zu geniessen hat/ u.s.f. A. ¶ Hernachmals wüschen/ daß sie GOtt bey dergleichen Glückseligkeit ewig erhalten wolle. B. ¶ Und endlich sie zur Fröligkeit und Vertrauen auf GOtt anmahnen u.s.w. C.[103]Hernach kan man die Person/ an die wir schreiben/ zum Exempel aller frommen/ fried- und tugendliebenden Matronen anführen/ und dieselbe/ nach allen ihren guten Eigenschaften/ rühmen/ von der Zucht und Schönheit/ von der Geschickligkeit im Haußhalten/ von der Treu und Freundligkeit u.s.w. B.[104]
Stieler, Kaspar von
Die Dichtkunst des Spaten 1685
[105]Ein ieder Reicher auch ¶ steckt voll vom Eigensinn, bleht auf den dicken Bauch, ¶ ist eitel, zärtlich, streng, ruhmredig, voller Winde: ¶ Was Armen man verhebt, heißt bey ihm keine Sünde. S.i.O. ¶ Wie ein Soldat auch tuht, der noch hierüber frech, ¶ gottlos' und grausam ist und Hände hat wie Pech, ¶ dran alles klebend bleibt:[106]Ein Edelmann kan fromm, ein Bauer böse seyn,[107]Mann sucht bey Degen Trost, Pistol, Strick, Gift und Teufeln, ¶ verzagt und gibt verspielt, wenn Ehrdurst, Silbersucht ¶ und Liebesbrunst mislingt, und des Begehrten Frucht S.i.O. ¶ nun unerstreblich wird, wiewol sich oft in Wüte ¶ ein zagend Herz verkehrt.[108]Ein unverschämter aber, ¶ Fuchsschwänzer, Hurenwirt, Markschreyer, Geltliebhaber, ¶ ein Schwelger, Tuhnichtgut, Gottohn und geiler Sinn, ¶ der seinen Leib verkaufft, verlachen, üm Gewinn, ¶ Soffreyheit, schnöde Lust, was man von ihnen richtet, ¶ sind taub auf allen Raht, in grund verbösewichtet, ¶ und rühmen noch darzu, was sie verrucht begehn, ¶ darob ein frommer seuffzt und Unmuht läßet sehn, ¶ zumal wenn Ehr' und Glück dem unverdienten füget, ¶ und, der von Tugend glänzt, unbillig unterlieget.[109]Hier, wenn die Frömmigkeit und Unschuld wird beschweeret, ¶ ob einem andern gleich nichts beßers wiederfähret, ¶ man üm Unbilligkeit und Undank wird entrüst,[110]Weltsucht sucht ihr Gesuch, ist wankelmütig, frech, ¶ wiegt Gott hin üm das Gold.[111]Kommts dann aufs Eyfren an, ¶ wenn Amt, Beruf, Gesetz und der gemeine Nutzen, ¶ Gott, Nechster, Vaterland fühlt der Verbrecher Trutzen, S.i.O. ¶ So wird die scharfe Streng' in Lindigkeit getaucht, ¶ an statt der Grausamkeit die milde Zucht gebraucht, S ¶ wie wol zur Unzeit nicht, nicht Frechheit sanft zulegen, ¶ nicht Muhtwill, Meuterey, noch Aergernüß zuhegen.[112]Gerecht seyn ist die Stütze, ¶ worauf der Stat sich lähnt, glänzt auf der Fürsten Sitze, ¶ ist aller Herrschaft Seel' und Herz, Form, Band und Hand: ¶ Von Menschen Händeln darf sie werden nie verbannt, ¶ stellt iedem zu sein Teil: Belohnung gibt sie Frommen, ¶ der Böse wird in Straf' allein durch Sie genommen.[113]Wenn Josef wird verkauft, versucht und kommt in Banden, ¶ bald Landesvater wird, zeugt Kinder, schüttet auf ¶ redt mit den Brüdern hart bey dem GetreydeKauf, S ¶ versöhnt sich, weint und gibt sich endlich zuerkennen. ¶ Ist so ein Mischmach wol ein Schauspiel zubenennen?[114]Kan er seyn weggenommen, ¶ gleich einem Habakuk, vom Engel durch die Luft?[115]Wie wol die Schmeicheley oft macht den Dichter lügen, ¶ daß er sich minder schämt, nachdem auch Kanzeln trügen ¶ und bey der Priestertreu' ein ieder heißt ein Christ, ¶ der eine Predigt zahlt, wenn er gestorben ist.[116]Ein ander Wunsch entsteht, ¶ wenn was noch künftig ist, und nicht nach Wollen geht, ¶ man suchet und verlangt: als bey Neujahressegen, ¶ üm algemeines Heil, wann Gift, Glut, Flut und Degen ¶ verstören Schlaf und Ruh' und man den Kranken gönnt ¶ gesundes Auferstehn, der Acker ungesönnt S ¶ und ungenetzet lechzt, da schreyt man Göttlichkeiten ¶ üm Hülf' und Beystand an.[117]Nicht selten auch erhebt man seine Würdigkeit, ¶ wie deßen Großverdienst erwerb' ein frey Geleit ¶ und unbekränkt zu seyn erfordr' auf Weg- und Stegen, ¶ wie an dem Zuge sey der Kirch' und Stat gelegen, ¶ und er erwartet werd' in brünstiger Begier ¶ dort, wo der Zug geht hin.[118]Noch pflegt bey Leichgedichten ¶ man auf das Christentum den Trostvers auch zurichten, ¶ und diß greift stärker ein. Wenn man den Tod sieht an ¶ als einen Port und Tühr zum Leben aufgetahn, ¶ das Larfenspiel der Welt als einen Tod hingegen, ¶ als einen Nohtstall, da man hat in Haft gelegen, ¶ und andern Dinges mehr, das Nerons Meisters Fleiß ¶ nicht als ein Heyd', als Christ, uns zubeschreiben weyß.[119]sagt, daß der Himmel das, was von ihm ab- war -kommen, ¶ vor ihn zu spat, zu früh vor uns, zurück genommen, ¶ daß dieser treue Riß der Kirch' ein Haubt, dem Raht ¶ kost' einen klugen Raht, und Schutz gesammter Stadt:[120]Mehr, schweifft man auch nicht selten ¶ in Einschaltung hier aus, beschreibt der Zeiten Stand ¶ Krieg, Hunger, Mangel, Pest und anders, drein das Land ¶ ietzt eingewickelt ächzt, den Abgang frommer Leute ¶ zustehen vor den Riß, lebt aber wer noch heute ¶ und ist noch übrig, der ersetze den Verlust;[121]Doch ist es nicht gewehrt ¶ wenn solch ein Rasekiel an- den Verrähter -fährt, ¶ schärft am Herostratus, am Nero seine Spitze, ¶ tobt wieder Julian mit Wuht und toller Hitze ¶ und macht des Timons Haß mit scharfem Schelten aus. ¶ Der Kain, Absolon, und, der in stetem Saus' ¶ ohn Nahmen zwar, gelebt, verdienen wol diß Wüten, ¶ Herodes, Judas auch. Sonst soll ein Christ sich hüten ¶ von Ehrraub Schmach und Fluch, wormit ein solch Gedicht ¶ dicht' angefüllet ist.[122]Zur Lust und Munterkeit sind Predigten nicht eben.[123]Wer teutscht Privatperson ¶ Altar und Sakrament, Natur, Kommunion? ¶ So wird das Amen auch und Alleluja bleiben, ¶ und Sela, Zebaot kein Zesen ie vertreiben.[124]Was springt und lachet, kan ¶ das Hüpfmaaß stellen vor, so wol auch das Kurzlange: ¶ langkurz dagegen tritt einher im ernsten Gange ¶ und druckt die Sitten aus, ist voller Herrenpracht ¶ und Andacht, lobet Gott, vermahnet, schilt und acht.[125]Dort ist ein Held ein Löw', ein Engel, Palmgerecht, ¶ Hans Unverschämt ein Bloch und schandbeschmitzte Fliege.[126]Was acht ich Zoils Zung' und Katons Ernstgesicht? ¶ Vor Gottes Aug' und ohr birgt sich ein Frefler nicht, ¶ bald wird er andern seyn ein Abscheu und Exempel. ¶ Jetzt leidet hohe Noht so Rahthaus, als der Tempel.[127]Das Glücke Gottes Raht, Verhängnüß und Geschicke, ¶ Heil, wolfart, Sternenschluß.[128]Man glaubt nicht, was zur Kraft die Dichter Lesung tuht! ¶ wie da der Geist empor sich von der Erde schwinget, ¶ wie durch die Mittelluft Er nach dem heitern dringet ¶ und heilge Wärm' empfindt, die Herz und Andacht stärkt, ¶ daß der erklärte Sinn erstaunend wunderwerkt ¶ und Einfallsreich wie traumt![129]Will wer beweglich greiffen ¶ dem Leser in sein Herz, der muß Affekten heuffen. ¶ Was göttlich, wunderbar, und heldenmäßig ist, ¶ auf große händel zielt, sich streubet und vermißt, S ¶ will eine Redeform von ungemeinen Bünden, ¶ worinn sich hohe wort und Sprüche laßen finden, ¶ sich Pracht und Nachdruck zeigt, da alles sich empor ¶ fast bis zum blehen schwingt und reichlich füllt das Ohr.[130]Seit, daß, an statt der werke, ¶ die worte schwollen auf, und man kaum ein Gemärke ¶ der alten Treue sieht, kömmt knechten nur das du ¶ Gott, Feinden, Tugenden, und tummen Tieren zu.[131]Ein Mann ist ein Mann nicht, ein Gott ist auch den Heyden, ¶ den Christen ein Gott nur.[132]Gott hat Poeten lieb. Ihr Geist wird aufgelüftet ¶ durch mehr als Menschenwitz. Wenn Moses dicht und stiftet ¶ ein hohes Heldenlied, Debora sieghaft singt, ¶ und Davin einen Reim in seine harfe zwingt ¶ hört ihnen merksam zu das himmelheer und schallet ¶ ein schönstes Echo nach. Also, wenn nachtigallet ¶ das Ständlein Salomos üms Bett der Sulamit, ¶ brennt ihres Freundes herz, erwallet, hitzt und glüht, ¶ mit Flammen, die mehr stark sind, als der Tod und helle. ¶ Wer stürzt ein Trähnen Meer nicht aus der Augenquelle ¶ wenn er das winseln hört, das Jeremias treibt, ¶ in dem er Salems Sturz und Mauerfall beschreibt ¶ mit einem kiel, den ihm recht in Parnaßen Mitten, ¶ (Ich meine Sions Burg) Melpomene geschnitten? S.i.O. ¶ kein Redner, möcht er auch Demostenen bestehn, ¶ und deme von Arpin an Nachdruck übergehn, ¶ gleicht ie dem donnermund' aus dem ein hiob wittert ¶ und Gottes Recht verficht, daß Unschuld drob auch zittert. ¶ Fällt schon ein Zweyfel vor, wie der und jener denkt, ¶ die Schriften wären nicht in Versen eingeschrenkt! ¶ macht doch der große Geist, wär' auch die Red' unbündig, ¶ den Himmelstrieb verklärt und den Poeten kündig, ¶ der sich nicht bergen kan, wie tief er gleich sich deckt:[133]Durch Venus süßen Orden ¶ ist, ich bekenn es gern, oft ein Poete worden; ¶ doch, wett' ich, einer kaum, ja keiner, glaub' ich, hat ¶ im leben so gelebt, wie ihn gezeiht sein Blat. ¶ Die Heyden nehm' ich aus, die doch auch Tugend ehrten ¶ und mit dem Laster Schäm oft ihre Stirn verkehrten ¶ da doch ihr herz blieb rein. Wer meint, daß Opitz, Rist, ¶ Dach, Flemming, Tscherning, nicht gewesen sey ein Christ, ¶ Ob schon die Flavien, Amanden, Amaryllen, ¶ Dorind' und Galatee viel ihrer Blätter füllen? ¶ Die liebe schleifft den Sinn, macht munter, schärft den Geist, ¶ daß er sich von der Erd' ab- und zur Luft hinreißt, ¶ sucht aus, was zärtlich ist, entzuckend, voller Leben, ¶ geht die Affekten durch, die wir herzneigung geben, ¶ und klaubet wörter aus die niemand fallen ein ¶ und gleichsam von der Sprach' ein fünftes Wesen seyn. ¶ hat ein Garsthammel nun sich gleich hierinn vergangen ¶ und mit der Sauklock wo zu läuten angefangen; ¶ was kan der Misbrauch tuhn? Man schüttet aus dem Haus' ¶ ein kind ie nicht gleich mit dem Badewaßer aus.[134]Was kan auch Menschenhand, ¶ wie mühsam sie schon ist, der sterbliche Verstand ¶ und eitle Bettelkunst, die man doch nur muß borgen, ¶ wol gegen Gottes Macht mit allem Fleiß und Sorgen? ¶ Vor solch ein Meisterstück bleibt es ein Flickwerk nur ¶ und Schönes auf den Schein. Des Höchsten Magd, Natur, ¶ macht das Original: Wir ahmen in Kopeyen ¶ den Hauptriß spöttlich nach.[135]ja Gottes Konterfey, der Mensch, hat selbst sein Leben ¶ nicht sicher und gewiß. Wie eine Lilje schlafft, ¶ wird todtengelb und faul: So wird auch hingerafft ¶ der Mensch das edle Tier: Und dennoch ist diß Ganze ¶ üm seinetwegen da. Der Liljen Fürst der Franze, ¶ hat einen Liljenschild, wormit Er würdig prangt, ¶ aus eines Engels Hand vom Himmel selbst erlangt. ¶ Was waren anders dort die Blumen an den Schalen, ¶ der Leuchter, so der Sohn des Amrams dem Bezalen ¶ zubilden anbefohl? Was anders jene Pracht, ¶ so König Salomo durch Hiram hat gemacht, S.i.O. ¶ als güldne Lilien? So läßt ihm Gott gefallen ¶ der Liljen Meisterguß von andern Blumen allen. ¶ Der Liljen Ursprung wird von Heyden auch geschätzt ¶ und in die Galaxie zu ihrem Ruhm gesetzt.[136]Drückt Gottlieb, Dagobert nicht Gottesfurcht und Tugend, ¶ Haldan nicht den Bestand, nicht Trautwin Lieb' und Jugend, ¶ nicht Reinhart Ehrlichkeit, Ernst, Grimhold strengen Sinn ¶ Alwin den Adel nicht, nicht Winbrecht Sieg, Gewinn, ¶ und Asch den Priester aus?[137]
Ludwig, Gottfried
Deutsche Poesie dieser Zeit
[138]I. Eine Ode läst sich auff allerley Fälle/ geistliche/ lustige/ traurige/ u. s. f. machen;[139]V. Viel Oden werden nach den bekandten Kirchen-Melodien gemacht/ davon einige zum Exempel unten folgen sollen; nur/ daß sie gewisser massen auch Madrigalische Oden heissen/ besonders/ so der Reim zurücke bleibt.[140](8.) Der Nutz von Madrigalen ist ungemein groß/ und erstrecket sich auf geist- und weltliche Gedichte.[141]2.) Die Rätzel pflegen offt den Hochzeit-Carminibus und insgemein aus den Nahmen der Verlobten angehängt zu werden/ welches/ so man in seinen Schrancken bleibt/ nicht uneben ist/ weil die Ge-Swonheit Rätzsel auf den Hochzeiten vorzutragen von den alten Hebräern auf die Griechen/ und von diesen auf die Römer gekommen. Ich weiß auch/ daß An. 1693. der sel. Theologus, Herr D. Carpzov in Leipzig/ vermöge seines damahligen Methodi Schematicae ex Evangelio Dom. II. post. Epiph. seinen Zuhörern drey Hochzeit-Rätzel vorlegte: ¶ 1. Bey der allerherrlichsten Hochzeit mangelt es am Getränck. ...[142]2.) Ob nun wohl solche Chronosticha nicht unbequem in guten Versen kommen/ so scheint doch gar öffters dergleichen Eteostichon ein Biblischer Spruch sehr wohl abzugeben: Und diß vielleicht nach der Hebräischen Art/ da man ein Wort in einem Biblischen Spruche sucht/ das die Zahlen/ die man verlanget/ hat/ und wird so dann der gantze Biblische Spruch beygesetzet.[143]XIV. Die Cabbalistischen oder Paragrammatischen Verse. Dabey zu mercken vorkömmt: S ¶ 1.) Die Cabbalistischen oder Paragrammatischen Inventiones beruhen auf Erklärung unterschiedener Wörter oder wohl gar Zeilen durch andere Wörter und Zeilen/ und diß zwar durch Beyhülffe gewisser Zahlen/ die man aus gleichfalls gewissen Cabbalistischen Registern sucht. Der Uhrsprung solcher Cabbalen oder Auslegungen kömmt von der Juden/ welchen es Michael Stiefel/ der bekandte Rechen-Meister/ zu erst nachthun wollen: Und vor einiger Zeit haben sich Leute gefunden/ die dergleichen so wohl in Teutschen als Lateinischen Carminibus anzuwenden gesucht. ¶ 2.) Da aber solch Cabbalistisch oder Paragrammatisch Wesen gar weitläufftig ist/ und mehr/ als ein Alphabeth hat/ darinn ein Buchstabe bald diß den Zahlen nach/ bald ein anders/ aus gesetzten Proportionen/ gilt; so will ich mich hierbey wieder nicht auffhalten/ sondern den/ so ein mehrers verlangt/ auf Hn. Hennings Cabbalologiam weisen/ und indeß zu einiger Wissenschafft von solchen Cabbalistischen/ Alphabeten viere hersetzen ...S... ¶ Wenn man nun zu einer Materie die Invention haben will/ suchet man aus seinem Themate, wie viel wohl solches nach diesem und jenem Cabbalistischen Alphabet an Zahlen austrage/ und so man in andern nachdencklichen Worten eben diese Zahl finden kan/ scheint hernach die Ausarbeitung desto leichter zu werden.[144]Und so kömmt das erste Alphabet Cabbalae Triangulis heraus.[145]XXI. Ich dörffte fast bey den Spiel-Gedichten zum Beschluß diejenigen Klapp-Reime anführen/ deren sich ihrer annoch viel in den Dispositionibus ihrer Predigten bedienen/ solcher Gestalt aber mit Zwang den Vortrag in Reimen abfassen/ weil ich keine andere Ursache solches Verfahrens sehen kan/ als daß man sein Poetisch Ingenium zur Unzeit zu weisen denckt/ und dem Text öffters die höchste Gewalt thut. Also trug einer einst in einem Collegio Homiletico ex I. Petr. V, 10. vor: GOttes Treuheit/ und des Creutzes Schlechtheit/ wozu der Theologus in der Censura sagte: Warum nicht auch/ der Menschen Narrheit? Doch wider diesen Lusum, der vor Alters noch (besiehe Hn. Morhof. Unterricht p. m. 606.) hat mögen excusiret werden/ wird mehr in den Libellis und Collegiis Homileticis geredt. ¶ XXII. Es giebt auch endlich noch einige/ die es denen Alten nachthun wollen/ und nach denen in der Kirche beliebten Liedern/ Puer natus &c. In dulci, &c. Teutsche und Lateinische/ oder auch anderer Sprachen Verse unter einander mischen. Welches aber/ wie es sich durch genannte Lieder nicht behaupten läst/ bey deren Ursprung S gantz ein andrer Zustand war/ viel weniger durch ältere Zeugnisse/ als da die Wissenschafft der Teutschen Poësie nicht so weit kommen; also kan man es anietzo nicht anders/ als Lusum ingenii tituliren. Und so viel von den Spiel-Gedichten/ über welchen ich mich fast müde geschrieben habe.[146]allermassen ich noch hieher zu zehlen kein Bedencken trage die Braut-Messen/ die Dramatischen Verse/ die völligen Dramata, die Jäger-Lieder/ die Berg-Reyhen/ die Poetischen Wälder/ die Braut-Suppen/ und endlich die Versiones oder Ubersetzungen. Von ieder Art etwas. ¶ I. Braut-Messen sind Gedichte/ die bey Copulationen pflegen abgesungen zu werden/ solcher Gestalt aber in der Invention was Geistliches/ zur Composition was Geschicktes/ und zwar meistentheils in Oden-Art praesentiren. Ich will eine solche S Braut-Messe hierbey fügen/ die zum Grunde die Worte hat aus Psal. XLVIII, v. 10. ¶ GOtt/ wir warten deiner Güte in deinem Tempel. ¶ Sonata. ¶ G: Cant. I. & II. GOtt/ durch dessen weises Fügen[147]Ob nicht gewisser massen hieher zu rechnen/ Wenn die Paßions-Historie mit untermischten Versen abgesungen wird/ mögen andere urtheilen. Denn obgleich die Fictiones abgehen/ so werden iedoch frommer Christen Suspiria an derer Stelle gesetzt/ und hat man andere Biblische Historien unter diesem Nahmen vorgestellet/ warum wolte man hier den Titul eines Dramatis nicht auch brauchen? Also ist auf Hoch-Fürstl. Durchl. zu Sachsen-Römhild gnädigsten Befehl An. 1701. die Geburt und Beschneidung unsers Heylandes in solcher Dramatischen Art recht erbaulich zusammen gezogen und abgesungen worden.[148]Es kan aber nicht nur unter dem Titul der Poetischen Wälder ein solche Buch passiren/ das allerhand Gedichte/ geist- und weltliche/ Hochzeit- und Geburts-Lieder u. s. f. in S sich hält/ wie die also bekandt gewordene Bücher zeugen; sondern es mögen auch solchen Nahmen alle die Gedichte führen/ welche in geschwinder Hitze/ oder/ wie man zu reden pflegt/ ex tempore gemacht werden.[149]V. Es ist zwar ein Unterscheid in Erwehlung des Generis zum Carmine in Acht zu nehmen/ davon unten; ein Anfänger aber bleibet am besten entweder bey dem Alexandrinischen/ oder in den metris der Kirchen-Lieder.[150]Wie so gar geistliche Materien in berührter Brieff- und Liebes-Gestalt vorkommen können/ ist in Herrn von Zieglers Helden-Liede/ a. T. zu sehen; und wird vielleicht besser zu sehen seyn/ wenn die versprochene Epistolae Heroicae Herrn Pritii, de amore mystico Jesu & fidelium, solten an das Tages-Licht kommen.[151]VII. Folgen dahero einige Exempel zur Erläuterung obiger Reguln/ daraus die unterschiedliche Arten von blossen und vermischten Oden/ die Alexandrinischen Oden/ die Imitationes der Kirchen-Melodien/ die Endigung des Sensus mit einer Strophe/ die bräuchliche Zahl der Zeilen in einer Strophe/ und a. m. zu erkennen; sonderlich/ wenn man dazu nimmt/ was unten von Madrigalischen Oden wird gesagt werden. ¶ I. ¶ Als dem Hoch-Wohlgebohrnen Herrn/ Herrn Adam Liebmann von Beust ... ein Hoch Adel. Männl. Erbe erwünscht gebohren wurde/ erwieß das Gymnasium allhier seinen gehorsamsten Respect in einer Nacht-Music und folgender Ode: S ¶ I. ¶ Wir wollen nicht hinfort als Schuldner bleiben/ ¶ ...S... ¶ II. ¶ Herrn Ephori, Friedrich Ernst Meisens/ Hoch-Ehrwürden ward nach dem am 10. Nov. 1699. in Leipzig erhaltenen Gradu Doctoris Theologiae folgende Ode in geziemender Observantz und unter einer A-Sbend-Music vom gedachten Gymnasio abgesungen: ¶ 1. ¶ O du wohlgeprießner Mann! ¶ ...S... ¶ III. ¶ In mehr genanntem Gymnasio gehn die me-Sditationes poenitentiales acht Tage vor der Beichte an. Da ich nun A. 1697. solche mit einer Buß-Ode anzufangen pflegte/ hierzu aber im Winter das Evang. IV. Adv. und der Tag Thomae gute Anlaß gaben/ geriethen die Verse auff die Melodey: Wer nur den lieben GOtt läst walten etc. also: ¶ 1. ¶ Wer bistu? heist ietzund die Frage/[152]II. ¶ Der fürnehme Theologus und Hochfürstl. Hof-Prediger zu Moritzburg an der Elster/ Herr Michael Christian Ludwig/ starb den 27. May An. 1700. und ich stellte aus behöriger Observantz in einer solennen Lateinischen Oration in hiesigem Gymnasio denselben als HEROEM ECCLESIAE CIZENSIS vor/ wozu mir Gelegenheit gab das Elogium, so man BUCERO an einem Ort gesetzt: In Bucero fuit Augustini acumen, Hieronymi linguarum varietas & doctrina, disciplina Cypriani, Ambrosii autoritas, Origenis scientia, Chrysostomi in docendo perspicuitas, Bernhardi integritas in vita. Etsi uberiora haec fuerint in illis priscis ECCLESIAE HEROIBUS, tamen particulas ex omnibus excellentissimis Bucerus tanto studio arripuit, tot ornamentis perpolivit, ut, si non unus cum omnibus, tamen separatim cum singulis comparari possit. ¶ Er selbst/ der selige Theologus, hatte diese Verse in dem von ihm hinterlassenen Curriculo vitae zu Anfang gebraucht: ¶ Jesus me fecit, Jesu cum sanguine purus ¶ ...S... ¶ Nun solten sothane Materien zugleich zu einem Inscriptions-Exempel/ vielleicht nach folgendem Abriß/ wohl gedienet haben: ¶ Zu so vielen unglückseligen Oertern muß sich nunmehro leider! auch die Hochfürstl. Residentz zur Moritzburg an der Elster zehlen![153]Ich habe in den Lectionibus poëticis bißher die Cantica Hennebergica zum Griechisch-Lateinisch- und Teutsch-Poetischem Exercitio angewendet/ und besinne mich/ daß/ da des seel. Herrn D. Samuel. Zehneri Lied/ Ach HErre du gerechter GOtt/ etc. zu einer teutschen Variation im Genere Alexandrino dienen solte/ ich S den Sensum behielt/ die Phrases/Aq auch guten theils/ den Rhythmum aber zum gemeldten Genere aussuchte: Welches/ damit es klärer erhelle/ und die Jugend erkenne/ wie auch aus den Kirchen-Gesängen so gottselige als Poetische Ubungen vorzunehmen/ will ich (1.) gedachten Herrn Zehners drey Verse/ so variiret worden sind/ und im Gesang-Buch stehen/ ordentlich hersetzen/ (2.) die Materie, die von mir zur Variation gegeben ist/ beyfügen/ (3.) das Carmen selbst hinzu thun/ das sich auff obgemeldte Freyheit im variiren bezieht. ¶ I. ¶ Herrn D. Sam. Zehners Lied: ¶ Drum laß auch ietzt die gottloß Rott[154]Noch besser geschicht eine solche Ubersetzung aus Biblischen Sprüchen/ worinnen zum Exempel dienen kan die Ubersetzung des Macht-Spruchs Joh. III. Also hat GOtt die Welt geliebet/ etc. in folgende Ode: ¶ I. ¶ Also/ also hat GOtt die Welt/[155]Casus. ¶ Am verstrichenen 18. Octobr. Anno. 1702. hat die Academie zu Wittenberg durch GOttes Gnade ihr andres Jubel-Jahr/ nach zurück-gelegten 200. Jahren seint ihrem Ursprung/ erlebt. Was mir hierbey vor Themata zu Jubel-Carminibus aus genennten Fontibus eingefallen sind/ will ich kürtzlich anmercken: ¶ à re ipsa, heissen die ¶ Themata: ¶ Das A. 1702. gefällige Wittenbergische Jubel-Fest.[156]
Zesen, Philipp von
Deütscher Helicon/ oder Kurtze verfassung aller Arten der Deütschen jetzt üblichen Verse
[157]daß ich doch am meisten/ auff anhalten guter Freunde/ ein Büchlein gleichlautender Worte/ nicht mit geringer mühe zusammen getragen/ denenselben/ so hierinnen noch ungeübt/ die hand zu bieten/ weil eben der mangel solcher Worte mehr nachsinnens und zeit/ so wohl in Deütschen als Hebräischen Reimen erfodert/ welche in diesem fall ein ander fast ähnlich scheinen; wiewohl die Hebreer dreyerley Reimworte haben/ als erstlich die ein-Sfachen/ hebr. und nennen ein Gedichte von solchen Reimen hebr. carmen transiens, tolerabile, dergleichen Reim Wort haben wir Deütschen auch/ und nennen sie Männliche .... Zum andern die zweyfache/ als: hebr. diß wird hebr. carmen conveniens, aptum, dignum, ... bey uns aber ein Weiblichs ... genennt. Zum dritten haben sie auch dreyfache Reim: als: hebr./ diß wird hebr. carmen laudabile genennet/ wird bey ihnen gar selten/ bey uns aber gar nicht gebraucht.[158]nun wunderts mich nicht wenig/ daß sich niemand unterwindet/ dieser art Verse weiter auszuarbeiten/ in dem sie nicht weniger anmuth mit ihrer so flüchtigen liebligkeit den ohren erwecken als etwan andere/ wo sie nur recht ausgemacht und zu rechter zeit gebraucht werden/ denn bey begräbnüssen haben sie schon solche anmuth nicht/ als bey Hochzeiten und andern frölichen dingen/ es sey denn sache/ daß ich deß verstorbenen freünde trösten und die übergrosse lust der Himlischen Bürgerschafft/ dahin er durch den zeitlichen todt versetzt/ ihnen vorlegen und beschreiben wolte/ so könten sie etlicher massen vergönnet werden.[159]Es hat aber die Deütsche mit der Hebräischen/ wie auch alle andre Sprachen gar eine andre beschaffenheit in Versen als die Griechische und Lateinische/ welche beyde allein was sonderlichs haben/ wie Scaliger erinnert/ kann also die Deütsche denen beyden nicht verglichen werden.[160]Die Elegien werden entweder aus Alexandrinischen oder gemeinen versen/ gemacht/ und wird allzeit der männliche und weibliche vers S abgewechselt/ und mögen sich weiblich oder männlich anfangen/ doch ist das erste besser/ weil auch die Hebreer den ersten vers hebr. ostium, introitum seu ingressum metri und den andern so hier der männliche hebr. oder wie es Buxdorf: p. 582. schreibt hebr. hoc est, clausuram nennen/ undder weibliche anstatt des Hexameters der männliche anstatt des pentameters stehen soll/[161]
Händel, Christoph Christian
Deo. O. M. Clementer
[162]Quod fieret, si, contra naturam alicujus rei, Emblema aliquod excogitaremus; item ubi grandibus applicaremus vilia, & vice versâ. Lemma sive Inscriptio maximè à Brevitate commendatur, & mutuatur optimè à Sacris Literis, ab Excellentissimis Poëtis, Oratoribusque. ... Caeterùm tamen usitatum admodùm est, ipsa Emblemata, cujuscunque ea Inventionis fuerint, teneri à pusillis sive Infantibus quibusdam denudatis: quae, si Emblemata sacras res tractant, Angelorum; si morale quid continent, muscarum alas gerunt; si verò mali quid denotant, verspertilionum remigiis deformantur.[163]Inventio eorum der 'Anagramme', J. T. longè est vetustissima, antiquissimisque Judaeis cognita & usurpata.[164]Nempe ego, cùm, solenni ante annum ritu, Philosophiae Magister, & Poëta Caesareus, in hac Alma nostra Musarum Sede, crearer, actis, variô Carmine, Gratiis, DEO T. O. M. Reliquisque, queis post DEUM grates debui; Studiosis denique & Hospitibus easdem, ceu mos fasque erat, sequenti solvi Echo, omnemque eâdem Actum clausi: ¶ Annon jam satis imbibêre prata?[165]
Schelwig, Samuel
Entwurff/ Der Lehrmäßigen Anweisung Zur Teutschen Ticht-Kunst
[166]Z. B. Wenn ich den Glauben einer Laute vergleiche/ weil jene ohne die Hand des Künstlers; dieser ohne die Wercke keinen Klang von sich giebet.[167]Bisweilen setzet man ein kleines gegen das grosse. Z.B. Wo das Licht der Sonnen uns Menschen erfreuet; wie viel annehmlicher wird uns seyn das Licht des ewigen Lebens. Bisweilen setzet man ein grosses gegen das kleine. Z.B. Wo GOtt den Menschen erhöret/ wenn er um zeitliche S Sachen anhält/ was wird er nicht thun/ wenn er umb das Ewige bittet.[168]Also beschreibe Ich den dreimal grossen Gott[169]Also nenne Ich die H. Maria eine Gotts-Gebehrerin[170]Also heisse Ich den Himmel die blaugestirnte Burg/ das Götter-Hauß/ die rundgewölbte Feste/ u.d.gl.[171]167. In den Lob-Getichten rühmen wir Gott/ die Menschen: auch unvernünftige/ ja unbelebte Sachen[172]
Männling, Johann Christoph
Europäische Parnassus, Oder kurtze und deutliche Anweisung Zu der Deutschen Dicht-Kunst
[173]EIne <aq>Parodie<aq> sonst Gegen-Gedichte genannt ist/ wann ich eines Gedichtes Meinung auff gar andere Sachen <aq>applicire<aq>, als wenn man die weltlichen Erfindungen ins geistliche setzt/ und sind solche bey denen alten grichischen und lateinischen Poeten üblich gewesen/ weilen sie eine liebliche Anmuth/ durch die <aq>Metamorphosin<aq> geben.[174]Ein dichter soll vornehmlich seine Arbeit dahin anstellen/ daß er GOtt zu Ehren dichte/ wie solches absonderlich die Oden erfodern.[175]Die Fabeln und Gedichte waren nichts anders als der Mantel der Alten/ worein sie ihre Sachen wickelten/ und wer etwas verborgenes wolte vorstellen/ der that es in Versen/ in welchen die Warheit verborgen lag. Denn gleich wie eine vergoldete Pille/ die Bitterkeit verdeckt/ also verdeckte man den Nachdruck seiner Rede mit dieser Art zu schreiben/ wie <aq>Georgius Sabinus<aq> redet/ weilen keine andere Wissenschafft die Freyheit hat/ die diese Kunst ihr nimmet. Sie war der Spiegel/ so den Menschen in geist- und weltlichem Leben alles vorstellete/ was ihnen zur Sitten und Tugend lehre/ ja selbst zur Gottesfurcht vonnöthen solte seyn. ¶ §. 4. <aq>Marcellinus Lib. 5.<aq> und <aq>Strabo Lib. 5. Geograph.<aq> schreiben: Es waren dreyerley Leute/ die man in höchsten Ehren hielt: <aq>Bardi, Vates<aq>, und <aq>Druiden<aq>. Die <aq>Bardi<aq>, welche Sachsen und die <aq>Lombardeu<aq> bewohneten/ so hernach von <aq>Carolo M<aq>.sind bekehret worden/ die sungen ihre Lob-Gedichte/ und waren Poeten/ welche <aq>Nonius, Nobilitatis Cantores<aq>, und <aq>Diodorus Siculus, Poetas Melodiarum<aq> nennen <aq>Lib. 16.<aq> Von diesen kamen hernach die Meister-Sänger. Die Vates opfferten und betrachteten die Natur aller Dinge. Die Druiden pflegten über die natürliche Wissenschafft auch von guten Sitten zu unterrichten. Besiehe hievon <aq>Lucanum L. 1.<aq> von bürgerlichem Kriege. <aq>Polydorum Virgilium<aq>. Herr <aq>D. Scharffens<aq>, meines hochgeehrten <aq>Patro-<aq> S <aq>nis<aq>, welchen Gott mit Segen kröne/ seine <aq>Disputation, de Gallorum Druidis<aq>. ¶ §. 5. <aq>Zoroaster, Eumulphus, Museus, Orpheus, Homerus, Plato, Johannes Grammaticus<aq> und andere vornemlich Grichen/ die sind die ersten Anherren dieser Kunst gewesen/ daß man also wohl sagen kan: die Dichter waren eher als die Redner und Geschicht-Schreiber: welchem <aq>Lactantius<aq> selbst und <aq>Strabo Lib. I. Geograph.<aq> Beyfall giebet: Die Poeterey sey nach der Alten Sprichwort/ die erste <aq>Philosophi<aq>, daher sie in den grichischen Städten zu erst die Knaben in der Dichterey unterweisen ließen/ daß sie theils Sittsamkeit lehreten/ theils auch desto grössere Lust zum Studiren schöpfften; und hielten die Heyden die Poeten vor Propheten wie die Schrifft weiset <aq>Act. 17. 28. Tit. I. 12. I. Cor. 15. 33<aq>. besiehe Sr. <aq>Excellentz<aq> Herr <aq>D. Scharffens Problemata Poetica<aq>. ¶ §. 6. <aq>Aristoteles, Cicero<aq>, die gaben zu erst ihre Meinungen in gebundener Rede heraus; Ja wie <aq>Livius<aq> und <aq>Cicero<aq> selbst gedencket/ so habe man alles damahls abgesungen. Und so wir das Zeit-Maß von Adam anziehen/ so will <aq>Polydorus Virgilius Lib. I. c. 14. de rerum invent<aq>. daß die Reim-Kunst dem Adam wäre von GOtt nebst andern Wissenschafften mitseinem Leben eingeblasen worden/ welcher sie den dem Seth, und der folgends seinen Nachkommen beygebracht hätte. Daher hernach Moses/ als er durch das rothe S Meer glücklich gegangen wäre/ Gott zu Ehren/ in Versen sein Danck-Opffer gebracht; nach <aq>Josephi<aq> Bericht <aq>Lib. 2. Antiquit. Judaic<aq>. welchem David hernach mit seinen Psalmen/ Assaph mit seinen Liedern/ Salomon mit seinem Hohenliede/ und andere mehr gefolget. Besiehe Herr <aq>M. Küpffenders Disput<aq>. vom Lob der Poesie/ desgleichen <aq>Meisnerum de Leg. p. 8<aq>. ¶ §. 7. Was <aq>Homerus<aq>, der zur Zeit des Königes Assä lebte/ und also noch vor Elia/ vor Erfindungen gehabt/ davon will noch nicht der Ruhm schweigen. Von den Griechen worde solche Kunst in dem ersten <aq>Seculo<aq> durch <aq>Livium Andronicum<aq>, und <aq>Paccuvium<aq> zu den Römern gebracht& biß sie nach und nach solche <aq>Maecenates<aq>, und Augustos erweckte/ die sie beföderten/ und es hernach <aq>Seculo X. XII. & :III<aq>. so hoch darinnen kam/ daß man es die goldene Zeit der Poeten nennete.[176]Alle Künste so nicht einen Nutzen sollen nach sich ziehen/ die verdienen mehr geflohen als geliebt zu werden; Allein unsre edle Poesie erzeiget einen dreyfachen Nutzen; Da ist sie (1) nützlich wegen GOttes/ (2) wegen unsers Nechsten (3) wegen unser selbsten. ¶ §. 2. Nützlich ist diese annehmliche Wissenschafft wegen Gottes/ denn da kan ein verpflichteter Mensch die Ehre seines Schöpffers ausbreiten/ wie Rist/ Opitz und andere gethan. Kayser Ludwig der Gottselige genannt/ wolte diesen Nutzen im Wercke weisen/ in dem er aus Liebe zu der Poesie die Biebel in Reime bringen ließ/ wie das Register <aq>Testium Veritatis pag. 1035<aq>. berichtet / und <aq>Otfridus Wissemburgensis<aq>, wie eben daselbst <aq>pag. 934<aq>. zu finden ist/ ließ ein Theil des Evangelien-Buches in deutsches Verse bringen/ um seine <aq>Devotion<aq> gegen GOtt zu bezeugen.[177]§. 4. Nicht genung ists/ wie etliche meinen/ wenn man nur reimen könne/ und dörffe man dahero keiner nothwendigen <aq>prosodi<aq>; allein von denen heist es/ was Lutherus zu einem sagte/ welcher meinete/ er könne eine Predigt vom Zaune brechen/ ja sprach Lutherus/ man hört es auch ziemlich prasseln. Wer ohne Regeln schreibet/ der ist gewiß aus der Stamm-Linie der Meister-Sänger die Knittel-Reyme machen.[178]
Zesen, Philipp von
Hochdeutsche Helikonische Hechel
[179]ROsemund, J.T.: Ach! wie glüklich ist die seelige Laure/ indem sie noch vor ihrem tode so einen geschikten Dichtmeister gefunden: welcher ihre hohe himmelstugend/ nicht allein bei ihrem leben ein S und zwanzig/ und nach ihrem tode zehen jahr/ geliebet; sondern auch/ üm solcher ihrer vereinbahrten treuen Liebe willen/ dem unvergänglichen buche der ewigkeit einverleibet[180]M., J.T. Und es bleibet doch ewig darbei/ daß nüchterne gedanken heiliger/ volkommener/ weiser/ und unsträflicher seind/ als trunkene.[181]M., J.T. Jedoch wolte ich darbei bedungen haben/ daß ein solcher Nahme nur den volkomnesten Meistern der Dichtkunst zugeeignet werde: den andern aber/ die mit ihrem lappen- und lumpen-werke bei allen begräbnüssen/ hochzeiten/ kindertauffen/ gebuhrts- und nahmens-tagen/ mit des Ertzvaters Abrahams groß knechte/ dem hohen adel der Dichtkunst zum höchsten nachteile/ betteln lauffen als auch denen/ derer Reime nach des ersten Egiptischen Königes tantze so anmuhtig klingen/ daß seine gemahlin/ die liebliche Vene/ wan sie noch lebete/ ohren und augen verstopfen würde[182]Wan sterbliche bei irdischen geschöpfen iedmahls eine götliche weisheit vernommen/ ein Englisches wesen verspühret/ eine himlische gestalt geschauet/ eine überirdische schönheit erblikket/ und solches auch wohl alles zusammen/ und auf eine zeit bei einem Erdenkinde; so ist es doch schweerlich so gewis und so volkommen/ als alhier bei unserer Schönen/ an diesem zehenden Rosentage/ noch niemahls geschehen.[183]Ob es ein mans- oder weibes-bild sei/ konte er nicht erkennen. Das angesicht war überaus schön gebildet/ weis wie der schnee/ mit einer anmuhtigen röhte vermischet: über die achseln/ die halb entblößet/ flog ein sehr schönes goldgefärbtes haar/ dadurch ein so liebliches Englisches wesen herfürblikte. Die kleidung befand sich eben also/ wie sonst die mahlerkunst die tracht der Engel S zu bilden pfleget/ lang und weis.[184]Dis hohe fest/ ist auch zu hoch gesprochen von menschlichen fest- oder gebuhrts-tagen/ und kömt den Götlichen allein zu.[185]vom zwitschern und gleissen: bergpech/ d.i. kamfer damit/ nach Gottes befehle/ des Noe kasten/ und Moses papiernes schilfkästlein verpicht gewesen[186]Deuwille (a) = d.i. Sibylla, vom alten Griechischen griech., d.i. griech., und griech.: welches so viel als unser Deuwille (daraus das hartklingende t/ des wohllautes wegen/ weggeworfen) d.i. Gottes wille/ heisset.[187]M., J.T. Die Bluhtpfennige/ dafür Judas unsern Heiland verrahten/ nennet der Heilverkündiger in der grundsprache auch griech.; die wohl arg genug gewesen. Der seelige Luhter giebt es nach dem buchstablichem verstande Silberlinge[188]M., J.T. NAch volendeten diesen reden/ gelangten sie ans land/ und besuchten/ mit noch andern fremden/ die schon des vorigen abendes daselbsten angelanget/ das GOtteshaus. Von hier/ so bald sie ihren Gottesdienst verrichtet/ begab sich die gantze geselschaft in das nähstgelegene würtshaus[189]M., J.T. Dan wil ein Dichtmeister von Geist-und Göttlichen sachen schreiben; so mus er ein Gottsgelehrter sein. Wil oder sol er/ durch seine feder/ etwan die Rechte/ und derselben an-Shang / die Stahtsgeschäfte/ nur ein wenig berühren/ wie oft fürfället/ wan eine Rechts- oder Stahtssache sol erörtert werden; so mus ihm des zweifachen Rechtes heiligtuhm samt der Stahtskunde/ wohl bekant sein.[190]M. Es ist eben dieselbe Stadt an der Elbe/ die noch itzund Magdeburg heisset: da üm die zeit der gebuhrt unsers Heilandes der Röhmische Feldherr Drusus Nero/ und nicht sein sohn/ Drusus der Deutsche/ (a) wie etliche wollen/ das Bild und Heiligtuhm der Vene oder Feine gestiftet;[191]M., J.T. Nun ist ja S. oder J. Durchl. lange so ein hohes wort nicht/ als Hoheit: welches das allerhöchste in unserer gantzen sprache/ und keinem andern/ als dem allerhöchsten GOTTE/ der sich so hoch gesetzet hat/ und schauet auf das niedrige im Himmel und auf erden/ und dan seinen Stathaltern hienieden/ als den höchsten irdischen Göttern/ den Weltherren/ Keisern/ Ertzkönigen/ Großkönigen/ Großherren/ Großfürsten/ Königen/ udg. zukomt.[192]D. Mein Herr geruhe günstig und im besten zu vermerken/ daß ich wider seine kluge gedanken den Niederländern das wort rede/ und bejahen darf/ daß sie recht getahn/ wan sie ihren Fürsten S. Hoheit genennet; weil er das höchste Heupt bei Ihnen/ sein eigner Herr ist/ und keinen andern/ als GOTT im Himmel/ über sich erkennet.[193]Itzund war eben die sonne aufgegangen/ als sich Mahrhold aus seiner nachtruhe erhub/ diesem des HERrn ruhetage sein recht zu tuhn/ und dem Höchsten der Götter/ durch etliche andachten/ seine gebühr zu erweisen/ ehe sein Deutschlieb ihn abforderte: welcher mit ihm hinüber ins Wasserland/ zur kirche/ zu fahren versprochen. Und so hatte er kaum ein stündlein mit lesen verschlossen/ als sich sein Hertzensfreund schon einstellete. Weil es aber in etwas zu früh war/ auch die wasserbeume noch nicht eröfnet/ ergetzten sie sich beiderseits noch eine guhteweile mit lesen der h. Schrift;[194]Ich versichere Ihn/ daß Er tausend guhte redliche Leute bei uns finden wird/ die zweier oder dreier Neidhämmel boßheit/ die sich wider seinen hertzlich guhtgemeinten fleis rüsten und brüsten/ in die hölle verdammen. Einer Seiner boßhaftigsten Verleumder/ denen Er doch nichts anders getahn/ als daß Er/ durch Seine himlische Tugend und Göttliche gaben/ in erhöbung unserer Heldensprache aus ihrem schlamme/ das natterngift ihrer lästerzungen erreget/ mus itzund vor seine boßheit/ an Seiner un-Sschuld bewiesen/ mehr als genug büßen/ nam. Er kan wohl errahten/ wen ich meine. Nun er stehet schon vor Gottes Gerichte/ und mein Herr hat sich seinet wegen nichts mehr zu bekümmern. Besser ist es/ daß er hier zeitlich/ als dort ewig leidet: welches fürwahr eine sonderliche gnade Gottes ist/ die ihn zur buße lokket. Der Wohlriechende, J.T.[195]Es were sünde/ wan man könte/ und es unterliesse/ ja die gaben des Götlichen lichtes also unter den scheffel stekte. Was vor einen lieben dank mein Herr bei den frommen Sprachliebenden/ durch ausfärtigung seiner Verschmäheten doch wieder Erhöheten Majestäht/ verdienet/ ja was vor ein unsterbliches lob Er hierdurch erlanget/ kan ich nicht gnugsam aussprechen. Der Wohlriechende, J.T.[196]Ach! es ist eine solche schwacheit/ die/ sonderlich itzund/ in vieler/ auch wohl großer Männer hertzen herschet; welche noch darzu Andächtige und Gottsfürchtige heissen wollen. Man weis doch wohl/ daß Er nach dem seeligen Opitz der erste ist/ der von der Deutschen Dichtkunst etwas tüchtiges heraus gegeben. Der Wohlriechende, J.T.[197]Aber darüm darf Er sich nicht ärgern/ daß nach der zeit/ da Er sich/ in seinem reiffen alter/ in der Deutschen Sprache/ durch unvergleichlichen scharfsinnigen verstand/ und unaussprechlichen fleis immer höher und höher geschwungen/ der Neid die wahrheit verkehret/ und man gerufen/ Kreutzige/ kreutzige Ihn/ er ist ein verführer des Volks. Der Wohlriechende, J.T.[198]Mein Herr fahre nur fort in seiner höchst-rühmlichen Tugend: darinnen Er schon so hoch gestiegen/ daß man itzund mehr als wahr zu sein befindet/ was jener Hohe Priester Kaifas/ der das Hochdeutsche Gedicht vor seine Sprachübung gemacht/ in der letzten zeile desselben von Ihm gleichsam geweissaget. Und so ist Saul noch unter den Profeten/ und saget zu weilen wahr/ wan er nicht wil. Hiermit befehle ich Denselben der Göttlichen beschirmung/ Der Wohlriechende, J.T.[199]D. Bei diesem fehler im worte des verlangen/ den mein Herr eben verbessert/ erinnere ich mich itzund/ daß ich in einem liede gelesen: hilf mir/ du Schutzherr Israel ach! hilf/ hilf meiner seel'. Nuhn habe ich mich allezeit daran gestoßen/ und es für eine sünde wider das erste geboht gehalten/ daß man solcher gestalt redete/ indem alhier Israel/ als ein schutzherr/ angebehtet würde. Ja ich meinte nicht anders/ als daß es ein Päbstler gemacht. Aber nun sehe ich aus seiner erinnerung/ daß es du Schutzherr Israels heissen sol: darunter ich dan den wahren GOTT verstehe/ nähmlich den GOTT Israels oder Jakobs. ¶ M. Freilich ist es nicht wohl getahn/ daß etliche zuweilen/ des reimes wegen/ das end-s von derglei-Schen wörtern weglaßen/ und also den gantzen sin der rede verändern/ verkehren und verwürren: gleich wie man alhier im worte Israels getahn/ nur darum/ daß es sich mit seel' reimen könte. Auch kan ich demselben nicht gleich geben/ der nach Lateinischem gebrauche/ fürgiebet/ man möchte die fremden eigenen nahmen in unserer sprache/ durch ihre beugendungen und fälle/ den eingebohrnen Deutschen wörtern nach/ beugen/ oder nicht/ es sei alles eins. Ja wan in obangezogenem liede dem worte Israel das geschlechtswort des vorgesetzt were/ daß man daraus die fälle sehen/ und den eigendlichen sin vernehmen könte/ damit es hiesse/ du schutzherr des Israel; so möchte es zwar/ als eine pritschmeisterische freiheit/ hingehen. Aber der rechtmäßige gebrauch wil auch dieses in denen fremden wörtern/ die nicht schon auf ein s ausgehen/ gantz nicht billigen; sondern man mus dannoch das s darzu setzen/ ob gleich das geschlechtswörtlein des voran stehet/ und sagen: du Schutzherr des Israels/ des Jakobs/ des Abrahams/ des Davids; oder du Schutzherr Israels/ Jakobs/ Abrahams/ Davids/ usf. ohne das geschlechtswörtlein des. Ein anders ist es/ wie wir nur itzund gesagt/ wan dergleichen undeutsche eigene nahmen schon auf ein s ausgehen/ als Demostenes/ Pindarus/ Jesaias/ Enos usf. Als/ dan sagt man nicht unrecht: der GOtt des Jesaias/ des Enos/ die rede des Demostenes/ das lied des Pindarus. Aber wan man auch bei diesen das geschlechtswort des allezeit weglaßen wolte; so würde es zuweilen ohne verwürrung und verdunkelung des sinnes nicht geschehen: es sei dan/ daß man solche nah-Smen auf unsere ahrt/ wo es sich schikken kan/ beugen wolle/ und sagen: der Gott Jeremisens/ oder Jesaisens Gott/ Pinders lied/ usf. Die rede Demostenesens kan ich nicht sagen/ weil das wort zu lang wird: auch nicht/ die rede Demostenes: aber wohl Demostenes rede/ wan der eigene nahme voran stehet. Dan also kan iederman wohl vernehmen/ was ich sagen wil. Hierbei mus ich noch eins erinnern. Einsmahls kahm mir ein Lied vom Leiden unsers Heilandes zu handen/ darinnen sein künstler unsern Heiland also anredete: Du starker zwinger Belial/ erhöre meiner stimme schal: das reimete sich zwar/ aber was es dem sinne vor eine verdunkelung gebracht/ habe ich wohl erfahren. Dan ich fragte straks sechs ümstehende/ die doch sonst ziemliches verstandes waren: wer alhier durch die worte/ du zwinger Belial/ angeredet würde? Diese gaben alle zur antwort: der Teufel; dan also werde er ja in den h. Schrift genennet. Das war erschröklich zu hören/ daß die leser den Teufel verstunden/ wie dan auch die worte/ dem buchstaben nach/ keinen andern verstand hatten; da doch der Reimenschmid (dan anders konte es nicht sein) unsern HERRN und Heiland/ den Widersacher und Bezwinger des Teufels/ wolte verstanden haben. So bald ich sie aber ferner fragte: wen sie dan durch diese worte/ der überwinder Belials (die ich mit fleis also veränderte) verstünden? gaben sie zur antwort: den Heiland der welt/ der ein überwinder des Belias oder des Teufels sei. Daraus sage ich/ was vor erschröklicher irtuhm aus dem falschen und unbedachtsamen schreiben und reden entsprüßet. Dan einfältiger leute verstand S gehet gemeiniglich dem buchstaben nach: ist nun der buchstab falsch/ so ist ihr verstand auch falsch. ¶ D. Der verfasser solches Gesanges mus ohne zweifel auf die worte des bekanten Harfenliedes/ die Bäche Belial/ usf. gesehen haben: da Belial eben also gesetzt ist. ¶ M. Es ist zwar eben also gesetzt: aber gleichwohl verdunkelt es alhier den verstand und sin nicht so gar/ wie in denen reden/ da ein selbständiges wort/ welches ein amt oder verrichtung eines menschen bedeutet/ darbei stehet/ als in den obangezogenen reimen. Zudem möchten wohl zehen darüm streiten/ ob es der hocherleuchte Luhter also gesetzet: dan in einem der ersten drükke seiner übersetzung habe ich die Bäche Belials deutlich gedrükt gefunden. Und wan er es schon also gesetzt hette/ so ist er doch auch ein mensch/ als andere/ und daher zugleich mit ihnen der menschlichen gebrechligkeit unterworfen. Ja darüm sage ich/ daß ein Bücherschreiber sich wol zu hühten habe/ daß er durch dergleichen dunkele und zerstümmelte sinne (die zwar er recht verstehet und fasset/ aber andere unrecht/ und nach dem bloßen buchstaben) die einfältigen/ die mehr der wörter bloße zeichen/ als der sache/ davon die worte reden/ eigendlichen sin und verstand/ ansehen/ oder so weit nicht nachdenken können oder wollen/ ja nicht in den greulichsten irtuhm führe/ und sich also/ als einen verursacher/ desselben mitteilhaftig mache. ¶ L. Wan nun hinter dem worte Belial ein s in der gebuhrtsendung mus angefüget werden/ sol es alsdan nicht nach ahrt der Ebreer/ weil es ein Ebrei-Ssches wort ist/ lang gezogen/ oder das lange s gebraucht werden.[200]
Pfefferkorn, Georg Michael
Kurze Anleitung in kurzer Zeit einen reinen teutschen Verß zu machen
[201]IV. Man muß nicht Lust tragen an garstigen unflätigen Possen/ und ärgerlichen Liedern/ denn sonst triffts ein/ was Hieronymus beym Grutero in Face artium lib. Syll. 5. c. 7. p. 120. spricht/ Poetarum Versus esse pabulum Dæmonum, und mus darnach heissen/ was Paulinus Epist. 7. gesagt: Negant Camænis, nec patent Apollini dicata Christo pectora. Nicht alle Gedichte sind zu lesen verboten/ sagt Gregorius lib. 9. Regist. Ep. 49. sondern nur diejenige/ quae libidinis fomenta excitant, denn man opfert dem Teufel nicht nur allein/ wenn man ihm Weirauch anzündet/ sondern wenn man auch Lust hat an garstigen und lust-reizenden Rede-Arten und Liedern.[202]§. 2. Nun müssen wir Christen zwar gestehen/ daß Martialis nicht darmit auskomme/ Lasciva est nobis pagina, vita proba, und wie Adrianus von dem Voconio gesagt/ Lascivus versu, mente pudicus erat; Dann es ist nach unsers Heilandes Meinung kein einiges unhöfliches Wort zu reden vergönnt/ in Erwegung daß darvon soll Rechenschafft gegeben werden: Sondern diejenige loben wir/ welche ehrliche Scherze mit ehrlichen keuschen Worten einführen. Denen kan nicht allein das obige Urtel CHRisti nicht nachteilig seyn/ sondern sie sind noch zu loben/ weil auch der S. D. Finkius sagt/ die H. Schrift ließ solche Scherzworte auch wol zu/ wenn sie sagt: Eure Rede sey gewürzet/ da Sal so viel könte heissen/ als eine ehrliche Scherz- und Lust-Rede. ¶ §. 3 Also wann ich solt und müste Sachen einführen/ derer man sich zu schämen hat/ macht ichs wie Opiz ¶ Es kam dahin/ wohins zu kommen wehrt/ ¶ Da wo man auf die Wand den blossen Rükken kehrt. ¶ Also hat auch der edle Poet Sannazar etwas genennet: S ¶ -- Unde prodire solent ¶ Qvæ de Sabaeis nil spirant messibus auræ. ¶ Virgilius nennt/ das ich nicht sagen mag/ arvum genitale, wie solche Keuschheit auch bey den Ebräern bekannt ist/ die nennen partes genitales, Pedes, hinc urina dicta est Pedum aqva 2. reg. 18. 27. Sumere aqvam est ad secreta ventris ire Jud. 3. 25. 1. Sam. 24, 4, Drusius qq. Ebr. l. 1. q 35. p. 29. sqq. ¶ §. 4. Buhlen Lieder und garstige Hochzeit Sachen zuschreiben kömt keinem rechtschaffenen Christen viel weniger Poeten zu/ welcher dem gemeinen Wesen in Lobung der Tugenden und Scheltung der Laster dienen soll. vid. sup. p. 9. ¶ §. 5. Derowegen mag niemand meinen/ daß die unhöffliche Lieder/ so hin und her bey den Liedermännern anzutreffen/ von einem ehrlichen Gemüht/ sondern vielmehr von ungelehrten Liedes-Phantasten geschmiedet seyn.[203]Bisweilen auch von einem Anagrammate oder Letterwechsel/ cui magnam efficacitatem inesse ridiculè putant Cabbalistae. Capnio. l. 1. (wie dieser Wechsel leicht zu machen/ und daß darbey ein völliger Sésus heraus kommen müsse/ berichtet Harsdorf. im Trichter.) ... Andere machen ein Gedicht vermittels der Trigonischen oder dreyekk Zahl-art. Durch welche Zahlen/ nach Rabbinischer Cabbalae-Art/ der Name dessen/ welchem man ein Gedicht aufsezt/ in andere Wörter verändert wird/ die eben sol-Sche Zahl Summa machen/ als das nomen convertendum hatte.[204]UM GOtt/ Kunst und die Tugendhafften nach Vermögen zu ehren/ und meine andere Studien zu ver-fassen habe ich die Feder zu diesen Sachen angesezzet; und weil ihrer viel andere Ergözzungen suchen und ihre Zeit dadurch verkürzen wollen / auch solche nicht selten mit Gefahr grosser Beschimpfung verüben/ habe ich gedacht/ stat eines solchen Nebenwerks mich der göttlichen Dichtkunst zubedienen. Und ob gleich etliche sagen/ daß solche sich mit denen / so der Gottes Lehre obliegen/ nicht befreunden könte/ massen es gleiche Fügniß hätte/ als wenn man Greiffe zu denen Pferden spannen wolte/ wie H. D. Dannhawer mit solchen Worten derer obgedachten Irrtuhm erzehlet; So weis doch iedweder/ so Verstand hat/ daß solches weit vom Ziel der Warheit abgehe. Denn ich wil hier nicht anführen / daß GOTT selbsten die Dichtkunst geehret / in dem er (nach etlicher Ausleger Meinung/ wie der Ehrw. Beda in der Erkl. S des 45. Ps. des schönen Gedichts/ auf die Vermählung des HErrn JEsu mit seiner Kirchen/ p.m. 528. schreibet) also singet: Ebullit cor meum (rem) verbum bonum; alwo zwar durch das ebullire, von etlichen verstanden wird die ineffabilis generatio, und durch das Cor meum, die intima substantia DEI, quâ occultus est quicquid est; so hat doch solche Worte H. Lutherus gegeben/ mein Herz dichtet ein feines Lied; Dieses sag ich/ wil ich aniezt übergehen/ und nur das erwehnen/ wenn der obgenennten irrenden Sazz auf festem Grunde bestehen solte/ so hätte Moses nicht singen dürffen/ der sinnreicheste Orfeus auf Sion/ David hätte auch seine Lauten und Dicht-Kunst hinlegen müssen/ Salomo hätte das herrlichste und vortrefflichste Lied/ wie es Münsterus, das geistliche Gedicht/ wie es Glasius, das Carmen Spirituale Bucolicum, wie es der S. Gerhard nennet/ das hohe Lied/ von der Liebe des Himmelischen Bräutgams und seiner Braut der Kirchen/ in den Weingärten Engaddi unter den schönsten Palmen und wolriechenden Balsambaumen nicht dichten/ und über die 1005. Lieder/ (1. König 4.) nicht 500. Bücher voll Gesange/ wie Josephus 8. B. 2. Cap. bezeuget/ schreiben/ und der rechtgläubigen Kirchen hellflammende Liechter/ Lutherus/ Selnekker/ Bekker und andere hätten ihre Lieder-Schreib-Feder nicht ansezzen dürffen. Und zu dem/ wer wolte sagen/ daß es Gott mißfiele/ wenn man ihn lobte/ wer lobet aber GOtt mehr/ als ein Dichter / wie Herr Rist singt: ¶ Wenn lobet GOtt ein reiner Mund? ¶ Wer ehret ihn aus Herzen-Grund? ¶ Ich mein/ es thuns Poeten. ¶ Wer singet GOtt ein Liedelein? ¶ Ich sage/ daß es Dichter seyn. ¶ Wer wolte doch sagen/ daß die übel thäten/ welche mit Dichten die teutsche Mutter Sprache wo nicht vermehren/ doch auch nicht vermindern/ und durch dz Lobgetöne der aufrichtigen Zungen/ und mit warhafftiger Feder die S Tugendhafften also bebalsamiren/ daß sie in undenklich Jahre hinaus/ auch ob gleich entseelet/ einen lieblichen Geruch behalten können?[205]Aber das Außhöhnen/ welches alle Künste leiden müssen/ achtet ein Liebhaber der Tugend so wenig/ als jener Philosophus, welcher/ als man sagte/ es lachten ihn die Leute wegen seiner Gelehrsamkeit aus/ sprach; rident me illi, & illos rident asini, nach Aussagen des Hugonis d. S. Victore l. 3. erudit. Didasc. c. 15. p. 15. Ein Tugendhaffter/ sage ich/ achtet solches wenig/ in dem ihm über dieß wol bewust/ daß die Poesis, wie Cherus im Ersten Teil der zusammen gedrukten Holländischen Poeten sagt/ rerum divinarum humanarumqve quinta essentia, oder/ wie A. S. Minturnus in seinem Buch vom Poeten p. 18 spricht/ daß sie sey Oceanus omnium disciplinarum, S qvò illæ, ut inde ortum habuerunt, ita confluunt; Er giebt auf die Verhönung nichts/ weil er weis/ daß ihr Ursprung Göttlich sey; Dann Poëtica elocutio à Scripturis sumsit exordium/ nach dem Zeugniß des Cassiodori über die Psalmen; Wie dieses Herr D. Bakius n Prolegomenis seines erklärten Psalters weitläuftiger ausführet. Und ob gleich die Heiden was darzu gethan/ hat sie uns doch nebst der beweglichen Beredsamkeit wieder werden müssen: Dann wie die Israeliten das Gold denen Egyptier abnahmen; also haben wir Christen auch diese zwey edle Künste denen Heyden wieder entwendet/ und zu unserm Christlichen Gebrauch angewendet wie diese Redens-Art nachdenklich gelesen wird in I. Canon. can. 7. distinct. 37. Dannenhero schleust ein Verständiger/ ie höher Ursprung der Tichtkunst/ ie wol anständiger sie auch allen Zierlich-gelährten sey.[206]Wie zierlich und nützlich ist sie die Tichtkunst, J.T. einem Gottesgelehrten? Was kan der durch ein Geistliches Lied einem betrübten Menschen vor Trost und Freude von GOtt und der Seeligkeit machen? Da man geht in vollen Sprüngen/ wenn man GOTTES Wort hört singen/ wie hierinnen der Seel. Luthierus und der wolgeprüfete Paul Gerhardi, D. Müller und D. Olerarius bewehrte Meister seyn. Kein schlechtes Gebet beweget so sehr/ als dasjenige/ so in Reimen gefasset ist/ welches auch der Heyde gewust / wann er gesagt. Carmine dii superi placantur, carmine Manes.[207]so geht doch solches nur dahin/ daß man sich nicht einzig und allein drauflegen und eine Profeßion daraus machen solle/ und leßt es zu/ daß ein verständiger David/ ein kluger Salomo ein gelährter Carolus Magnus (a. Gryphiand. Weichbild c. 5. p. 10) ein verständiger Alphonsus, (b. Buchanan. l. 10. rer. Scot. p.m. 372.) ein erfahrner Jacobus in Engeland/ einen Vers mache/ und nicht aus Dürfftigkeit/ sondern zur Lust und Gemühts Ergözzlichkeit sich des Tichtens bediene/ und etwann ein geistlich Lied wie vor diesem Wilhel. IV. D. Sax. Das Lied GOTT der du hast Friede gegeben/ dem Himmel zu Ehren aufsezze/ oder sonst was Zierliches zur Ergezzung verfertige.[208]§. 2. Wie nun die Reimen in der Hebreischen Sprache anzutreffen (welches Buxdorff Gramm. p. 629. aus dem Psalter beweiset;) wie sie auch anzutreffen in der Lateinischen/ (da S man nicht allein in der Mitte des Wortes den Reim/ als bella puella decoræ more pa læstræ beobachtet/ wie P. Caroli. Aim. Gell, c. 19. p. m. 499. schreibt/ sondern auch am Ende/ wie Bernhardus und Cremcovius gethan: Also auch Lucanus: Majores in luce moras tu sola furentem, inde virum poteras atqve hinc retinere parentem. Wie hiervon zusehen seyn Massenius l. 2. Pal. E. Poët.c. 29. und Jac. Balde in Philomela, und gedachter Ph. Caroli d. I. ;) Also sind sie in der teutschen Sprache am allerbekantesten.[209]
Frohne, Johann Adolph
Kurtze und leichte METHODE Grammaticam Latinam durch meistentheils Teutsche Regeln der zarten Jugend beyzubringen
[210]In Gedichten von GOtt/ Königen/ Fürsten/ Tragischen Thaten/ Stadwesen/ u.d.g. braucht man prächtige/ hochtrabende etc. Worte.[211]
Hadewig, Johann Heinrich
Kurtze und richtige Anleitung
[212]Zu dieser poetischen Bescheidenheit gehört auch die Schamhafftigkeit/ da sich einer hütet/ daß er im Getichte nicht garstige und unverschamte Wörter einführe; dan dadurch werden ehrliebende Gemüter geärgert/ S die Poesie verachtet/ und welches das schwerste ist/ die Engel im Himmel betrübet/ und Gottes Zorn und Straffe erwekket: dan man am Jüngstenthage von einem jeden unnützen Worte Rechenschafft geben soll: Schreibet demnach Georgius Sabinus recht[213]Zum Exempel wie die Alexandrinischen Verse am übligsten gebrauchet werden/ habe auf gutachten guter Freunde/ einen Lobgesang von der Geburt Jesu Christi/ den ich ohnlängst mir/ zu gottseligen Weyhnachtgedancken/ aufzumuntern/ verfertiget/ zugleich mit dieser Prosodie absonderlich müssen drukken lassen; denselben kan der günstige S Leser/ die gegebene Regulen desto besser zu fassen/ nützlich hinter die Prosodien am Ende hinzufügen.[214]Die Hochzeit- und andere Glükwunschungs- können auch Freuden-Getichte genandt werden: So wird auch dieser Name einem solchem Getichte/ der von geistlichen Freu- Sdensachen handelt/ bequemlich zugeeignet. ¶ Dan wie man in jenen von leiblicher Freude und Ergetzligkeit handelt. Also wird in diesen die geistliche Freude entdekket; wie wir dan unsere Freude und Lust an dem HErren haben und ihm im Hertzen spielen und singen sollen. Also kan ein Getichte von der Geburt/ Auferstehung oder Himmelfart unsers HErrn Christi/ größlich verfertiget und ein Freuden-Getichte genandt werden.[215]Dan da der Geburtstag in Gesundheit S erlebet/ freuet man sich billich darüber; und zielet der Wunsch dahin/ daß er bey der Gesundheit möge gestärkket werden/ da aber in grosser LeibesSwachheit der Tag der Geburt erreychet/ wünschet man/ daß der HErr die Swachheit ändern/ und nach diesem den Tag frölicher wolle erleben lassen.[216]In den Begräbniß-Liedern aber/ wird sonderlich die Nichtigkeit menschliches Lebens/ und hergegen die Herrligkeit des zukünftigen FreudenLebens eingeführet.[217]Und weil die Traur-Getichte Traurigen zu Trost billich müssen gemachet werden/ schikken sich zu denselben die Trochaischen und Jambischen Verse am bequemlichsten; Dactylische und Anapästische aber werden dazu nicht gebraucht; man wolle dan mit frölichen himmlischen Reden/ die traurigen Hertzen aufmuntern und Trostgedankken beybringen[218]ES hat der allwissender Schöpffer vor andern Teutschland sonderlich gezieret und mit herrlichem Lobe außgeschmücket[219]Ich lasse allerley Künst- und Sinnreiche Arbeit wolwissent unberühret; Stelle dir aber zu bedencken vor/ in was Auffnehmen die Künste und Sprachen/ wie auch Geist- und Weltliche/ Himlisch- und Irrdische Sachen/ bey uns schon vorlängst kommen sind/ und wie diesen allen noch täglich mit emsigen fleiß tieffer nachgesinnet werde![220]Die Heyden machten auß blindem Eyfer ihren Götzen in ihrer Sprache unterschiedliche Ehrengetichten/ und wir Kristen solten träg seyn unsern Gott/ den wir zu Ehren ohne das höchlich verbunden/ in unser MutterSprache zu ehren? Die heiligen GOttes/ haben so wol im alten als Neuen Testament durch Antreib des H. Geistes in ihrer gewöhnlichen Sprache den Drey-Einigen Gott mit Danck-Psalmen und Ehren-Liedern gepriesen/ die von dem HErrn so wehrt geschätzet/ daß sie uns zur Nachfolge in der Schrifft sind gesetzet worden; und uns solte in unser MutterSprach dergleichen zuversuchen einzig verarget und verüblet werden![221]warum solte mit Teutschen Worten Verse zu schreiben unmüglich seyn/ da doch die Sprache vollkommen ist/ und sie alles was ihr vorkömpt außsprächen kan? Sprichstu weil sie die übliche quantität der Griechen und Lateiner nicht gebraucht? Ey so wisse daß diese beyden in diesem Stück etwas sonderliches haben/ daß ihnen andere Sprachen in solcher Zierligkeit schwerlich oder nimmer nachthun können; So aber das allein ein Versch ist/ der nach einer Sprachen erfoderung gemacht wird; so werden die Rabbinen (dann sie die quantität auch weit anders als die Griechen und Lateiner suchen;) keine Verse machen können/ und mit ihnen andere Läner sich der Poesie überall enthalten müssen.[222]Sprichstu aber wir beweisen ja ein anders in dem Gebett des HErrn/ daß wir nach des Herrn Lutherus Verdolmetschung Vatter unser anfangen: Aber daß der Herr Lutherus daselbst griechisch, Vatter unser verdeutschet/ hat er nicht auß unwissenheit der teutschen Sprache gethan/ dan seine Außlegung viel anders davon zeuget; wenn er saget/ Gott will uns damit locken daß wir gläuben/ sollener sey unser rechter Vatter. Und nicht er sey der rechter Vatter unser. So können auch seine geistreiche Schrifften annoch sattsam außweisen/ daß er vor andern die teutsche Sprache trefflich wohl verstanden/ und derselben Reinlichkeit emsich gesucht und fleißig befodert habe; besihe unter andern den 5. Jenischen Tom. am 140 und folgenden Blättern/ sondern wie das ein sonderlich Gebett/ und von Gott selber gestellet/ S so hat er auch mit dem ersten Wort einen sonderlichen Nachdruck andeuten/ und nicht eben so genaw in diesem einzigen die Art unser Muttersprache achten wollen; weil uber das die Meynung der Rede leicht begriffen und vernommen wird.[223]Dan in den Gedichten muß die Rede nicht wider den rechten Gebrauch der Sprache gesetzet werden/ sondern so wenig im hebraischen Versen wegen des Reimes wider die Art der Sprache gehandelt wird/ eben so wenig ist auch billich daß man in den teutschen Reimen die rechte Eygenschafft der Sprache aufhebe.[224]Gleicher weise wie im Hebräischen, J.T. ist auch der Reim bey den Teutschen nicht allein längst üblich/ sondern stehet auch in den Versen zierlich/ jedoch daß man den Vers nicht nach dem blossen Reim schätze[225]Und dieses nach Art der Hebreer/ den so schreibet Buxtorf.[226]hebräisches Wort[227]
Kempe, Martin
Neugrünender Palm-Zweig Der Teutschen Helden-Sprache und Poeterey
[228]Mihi tamen religio sit, heîc silentii peripetasmati planè involvere, vel etiam dissimulare, quae omnes aequitatis amantes gratâ mente agnoscunt & honorant. Nihil certè est, quod homines tàm a beneficiis de- S.i.O. terreat, quàm ingratus accipientis animus, verè quondam sapiens dixit. Quam ob rem, ne & mihi quispiam contumeliae cauteriô notam foedissimi criminis inurat, VOBIS aliquid, quantum mea supellex permittit, in gratae mentis indicinam, offerendum duxi.[229]Was vormahls Palumed und ¶ Cadmus kunt' ergründen/ ¶ Was Rom in Ertz und Wachs/ ¶ und Pergamus hernach ¶ Auf Pergament gebracht/ ist ¶ durch die schöne Sach ¶ Das Nutz-bereichte Werk/ der ¶ Drukker-kunst erfinden ¶ Uns glükklich mitgetheilt: wir ¶ haben was gelehret/ ¶ Ja die selbst eignen Wort' und ¶ Sprüch' in grosser Zahl/ ¶ Wir wissen was geschehn/ bald ¶ dieß bald jenes mahl. ¶ Wie Capua/ Corinth/ Numan- ¶ tien/ verstöret/ ¶ Und Didons grosse Stad/ wer ¶ Persien besieget/ ¶ Was Annibal versucht/ was ¶ Ninus auf erbaut/ ¶ Wie sich dem Fichten-baum' hat ¶ Jason anvertraut ¶ Um Colchis güldnes Fell/ wie ¶ Mithridat gekrieget/[230]sie die deutsche Sprache, J.T. muste traurig wallen ¶ Im Elend' hin und her als eine ¶ Bettlerinn ¶ Und wuste keinen Freund/ biß ¶ daß ein Fürsten-Sinn ¶ Durch himmlisches Geschikk' ein ¶ hertzliches Gefallen ¶ Zu ihr vor andern trug/ worauf ¶ der Palmen-Orden/ ¶ Die Hochgelehrte Zunfft ver- ¶ ständig angestellt/ ¶ So sie biß diesen Tag beschützet ¶ und erhält/[231]Du die Palme, J.T. bist und bleibest wehrt vor ¶ andern zu erheben/ ¶ Um deine Nutzbarkeit/ darauf ¶ Aegypten zielt ¶ In seiner Bilder-Schrifft/ und ¶ die als heilig hielt ¶ Das stoltze Babylon/ du nährest ¶ Leib und Leben![232]Imperator Orientis, sub quo 8. Christianorum persecutio, infensissimus literatis, quos propter summam inscitiam, pestem venenum & aulicos mures nominabat; ipse tàm rudis, ut ne nomen mandatis quidem subscribere posset. vid. Text. Offic. Tursellin libr. 5. p. 146.[233]Die alten Dähnen/ bey welchen der Bischoff Uphila die Buchstaben aufgebracht/ beschrie-S.i.O.ben ihrer Vorfahren thaten Verßweise/ und gruben sie in Stein; dieser war das Papier/ der eiserne Grieffel die Feder/ und der Schlegel oder Hammer die Dinten. legesis Hist. Danic. Sax. in. praefat. Ol. Worin. in monument. Danic. Nobiliss. D. Conringius praefat. ad Tacit. de Germ. & Dilherr tom. 2. dissertat. pag. 417. 426.[234]Bey den Ebräern heißt es das Wort Wein, J.T. hebr. Chaldaic. hebr. (à Janô, puta Noah, qui vini inventor creditur, & à quô JENAM nomen accepisse nonnulli autumant: cùm verò Janum Germanos coluisse ex Historiis non constet, probabilior videtur esse sententia eorum, qui JENAM à hebr. dictam volunt, quemadmodum etiam olim Stigelius cecinit: ¶ Hinc placet Hebraeô nobis hanc nomine dici, ¶ ...S.i.O.S ¶ vid. plura in Atlante Minori Gerardi Mercatoru pag. m. 433.) Von dem Hebräischen stammet vielleicht das griechische griech.[235]Der Heillose Schwermer Severus hat fürgegeben: der Wein wäre ein Geschöpf des Teufels/ daher auch die Weinstökke rund wären und sich wie die Schlangen krümmeten/ die nichts als Giffttropffen von sich geben könten. Fast auf S.i.O. diesen Schlag hat der Türkische Mahomet gesagt als sich einsmahls seine Soldaten am Rohten Weine bezecht[236]Prohibet mea infantia omnia ac singula tangere; Liceat igitur hîc Aegyptios sacrificulos imitari: qui Divos suos parvâ & inarticulatâ voce colere solebant, ut se facultate magis, quàm voluntate destitui, indicarent. Penicillò uti Apelleô, aut cothurno altiore vehi illum oporteret, qui adcuratam VESTRORUM praeconiorum tabulam sistere praesumeret. Meae autem pietatis in VOS, & cultus, quò vestigia in oris Germanicis relinquam, hunc libellum, VESTRO, Fulgentissima Coeli Poëtici sidera, sub umbone ad radiatum insigne diei expono.[237]Was war die alte Welt? Ein gar ¶ verwirrtes Wesen/ ¶ Ein nebel-voller Klumpf/ eh sie ¶ der Weisheit Strahl ¶ Erleuchtet/ und als sie zum al- ¶ lerersten mahl ¶ Die Weisen angehört/ und man- ¶ ches Buch gelesen. ¶ Sie ward erst angeblikkt zu Mo- ¶ ses alten Zeiten/ ¶ Der ein Prophete war/ und ¶ gleichfalls ein Poet/ ¶ (Man weiß ja/ wie er GOtt mit ¶ manchem Lied' erhöht/ ¶ Um bei der Heidenschaft ihn wei- ¶ ter auszubreiten.) ¶ In dieses Alter ist die Poesie zu ¶ zehlen: ¶ Sang Salomon und Job und ¶ David nicht ein Lied/ ¶ In dem die Gottesfurcht und ¶ Andacht feurig glüht? ¶ Nach diesem kunte sie Cecropien ¶ erwehlen/ S.i.O. ¶ Wo durch beliebten Schein die ¶ Sonn' ist aufgegangen ¶ Der wahren Wissenschafft/ hie ¶ merket man die Spur/ ¶ Als nunmehr Land und Stadt ¶ gesondert die Natur/ ¶ Bei Griechen/ wie man meint/ ¶ hat Weisheit angefangen.[238]So wurde dieses Land mit der ¶ Vernunfft geflügelt/ ¶ Der Himmel wolt' ihm wohl/ daß ¶ es in Aufwachs kam/ ¶ Und alle Wissenschafft daselbst ¶ die Wohnung nahm/[239]So ist es auch mit ihr/ der längst ¶ versühnte Himmel ¶ Erweiset unsrer Sprach' erwün- ¶ schte Gnad und Gunst/ ¶ Und breitet durch sie aus die viel- ¶ verlangte Kunst/ ¶ Nach dem ein End' erreicht des ¶ krieges mord-getümmel![240]Aventin. setzt die Zerstörung Trojas auf das 2788. Jahr der Welt/ vor Christi Geburt 1183.[241]Lotich ad Petron. Satyricon lib. 2. c. 8. tradit Poetices originem antiquissimam, ab Ebraeis inventam esse, ab Ethnicis excultam, & ab utrisque semper sanctam esse habitam: Poetas fuisse S.i.O. S plerumque Regum atque Imperatorum Praeceptores, à quibus ad summas dignitates evecti, imò Prophetas, Imperatores, Reges, Pontifices & Cardinales nomen non detrectasse Poetae.[242]Hievon spricht der Edle Spielende Seel. Gedächtniß S.i.O. S im 151. Gesprächspiel: Die Edle Poeterey ist eine keusche Jungfrau/ welche alle Unreinigkeit hasset/ und anfangs sonderlich zu dem Gottesdienste gewiedmet gewesen/ auch von denen Völckern welche sonsten aller Wissenschafft und Künste unwissend waren. Conf. Aventin. diligentissimus vetustatis indagator, (ut eum nominat Althamer. in Tacit.) G. Joh. Vossius de Arte Poet c 3 n. 12 ? 12. 13 fol. 205. Dannerher auch die Poeten Theologi genennt worden: Papias: Theologi Poetae ideò dicebantur, quoniam de Deis carmina faciebant: addit Casp. Barth. in Animadversion ad Britonis ? Philippid p. 22. Sane vero antiqua Theologia humana in literis Poeticis, & Mysteria numinum introducta ab iisdem, ut exemplo vides Orphei apud Lactant. lib. 1. Cic. lib. 3. De Natura Deor. Clem. Alexandrin. Storm. 5. Plutarch. de Pythae Oracul. p. 342. Carminibus etiam antiqua oracula dicta sunt.[243]v. 94. Sang Salomon und Job und David nicht ein Lied etc. Salomon circa Ann. M. 2930 de cujus peritiâ Poetices vid. Alex. Donat. Instit. Poet. l. 1. c. 39. p. 90. Job Josepho Patriarchae suppar, ut censet Hieronym. circa Ann. M. 2250. alii tamen multo juniorem faciunt. vid. Horat. Tursellin. Histor. pag 10. Communis Patrum est Sententia Jobum fuisse Regem Edom. qui Genes. 36. 33. vocatur Jobab filius Serah, Raguelis nepos, ex Esavo & Ismaelis filia Basmath; liber ejus vulgò inter Poeticos SS. recensetur vid. Dn. D. Heinric, Philipp Friedlieb Theolog. Exegetic. Prolegom. Sect. 4. it. in Job. Classe tertia p. 540. add. Analect. S.i.O. S Sacr. Ursini. B. D. Schupp. im geplagten Hiob.[244]Atlas Promethei Bruder/ ein vornehmer Astrologus/ 1580. Jahr vor Christi Geburt/ der die himmlische Sphäram erfunden/ und nachmahls in einen grossen Berg verwandelt/ der den Himmel auf den Achseln träget. Virgil 4 AEneid. v. 481. 482.[245]27. 28. GOtt hat von Anfang seine Werk wohlgeordnet/ und einem ieglichen sein eigen Wert gegeben/ und erhält sie für und für in solcher Ordnung/ daß sie ihr Amt immerdar ausrichten/ und keines das andere hindere/ sondern sind immerdar seinem Befehl gehorsam.[246]Der vornehme griechische Philosophus/ den die Heiden so hoch gehalten daß er auch ein Gott der Weisen benennet worden wie Cic. ad Attic. l. 4. Epist. 15. Meldung thut. Ein alter Pythagoreischer Lehrer/ schreibt bey Clem. Alexand. Strom. l. 1. griech. Quid est Plato nisi Moses, qui loquitur Atticè? Fuit apud Graecos Theologiae Doctor celeberrimus: de eo scripsit aliquando Augustinus: quod in AEgypto audiverit Prophetam Jeremiam, quam autem sententiam posteà retractavit l. 8. de C. D. c. 1. & S.i.O. S 23. lib. 18. c. 37. lib. 7. retract. cap. 4. monente D. Mich. Walthero dissertat. de praetensâ Ethnicor. Salute aeternâ. p. 73. Floruit annis ante Christum natum 428. juxta sententiam Joh. Baptist. Riccioli. Chronici part. 2. Almagesto novo annexi.[247]Epictet, J.T. Hat 100. Jahr nach Christi Geburt gelebt wie D. Quenstedt in Dialogo viror. Claror. erwehnet. Lipsius libr. 1 stoic. Phil. dissertat. ult. Ille vir totus a se, & à Deo, nihil à fortunâ fuit, de lucernâ ejus fictili quanto sit aestimata precio leg. Lucian.[248]v. 135. Protagoras. Ein Heidnischer Philosophus der griech. genennet worden/ wie Laert. lib. 9. berichtet; ist von den Atheniensern ins E-S.i.O.lend getrieben/ weil er eins seiner Bücher angefangen griech.. ... Lactant. 1. divin. Instit. c. 2. & lib. de Ira Dei. c. 9. Euseb 14. Demonstrat. Evangel. c. 6 Theodoret. 3. libr. Graecan. affect. Augustin. l. 3. contra lit. Petil. c. 21.[249]Max. Tyr. dissertat. 39 spricht von ihm Socrates, J.T.: Homo & corpore purissimus & S.i.O. S animo optimus, & vivendi ratione perfectissimus, & in dicendo suavissimus, qui piè cum Deo, & sanctè cum hominibus versabatur. Lectu dignum est, quod de illo Fab Quinctilian. habet; Illum primum omnium Philosophiam à coelo devocasse, & in urbibus collocasse. Claruit Olympiad. 89. v. Quensted. Dialog. sive juxta Aventini calculum A. M. 3503. ante Christ nat. 468.[250]Wie dieses zu verstehen sey/ berichtet Alexand. Donatus. l. c. p. 90. Ex Tyrii S.i.O. S Sermon. 21. p. 161. Mit diesen Worten: At inter Reges, Amphion Thebarum Rex vetutissimus, Judicum Hebraeorum (puta Othonielis, test. Tursellin. Hist. p. 17.) avo, poeticis cantibus Saxa permovisse perhibetur, h.e. saxeos rudesque homines, ut moenia conderent, impulisse.[251]Otto Frisingensis lib. 4. c. 13. Urbis S.i.O. S antiquae, terrarum Dominae, dignitatis tantùm ac nominis vestigium mansit, Lubet etiam adscribere verba Wurffbain. in Relat. Hist. part. 8. p. 238. cit Besold. in Thes.[252]Gifan Apolog. pro Poet. Lat. Tantae semper omnibus fuit admirationi Ovidius, ut non ingeniosus, sed ingenium ipsum, non Latinus, sed Latinitas, non musarum Sacerdos, sed ipsum Musarum numen sit habitus. Quod ad Linguam Latinam attinet, eruditiores uno ore confitentur, si funditus esset amissa, unius autem Ovidii scripta exstarent, ex illis commodissimè posse restitui. conf. Barclaj. Euphorm. p.2 . pag 174. vixit 41. ann. ante Nat. Christum post Mund. condit. 3923.[253]Davon hat M. Annaeus Lucan. geschrieben/ der umbs Jahr Christi 62. gelebet.[254]Sieh Christoph Schultz. weltbeschreib. am 4. blat. Rodornius will diesen Nahmen von einem Ebräischen Wort hebr., herführen/ daß es so viel heisse/ als omnium Primaria Superioritas.[255]Mattheus Parisius Anglicus Historiographus, Germanos jam olim ante Christi tempora scriptis praesertim Rythmicis suas Historias conscribere solitos testatur, & quosdam ejusmodi libros nominatim indicat. Conf. Cluver German. Antiq. Auctor. est Helveticae Nobilitatis S.i.O. eruditissimus Melchior Goldastus, ante hos cIɔ cc annos scripta Christianorum Latinis juxta & vernaculis literis in Germania visa: Wileramum quem, produxit P. Mercula, clɔ praeterpropter annos aequare: Rabanum Maurum, Otfridum Wisenburg, alios ab hinc 800. annis scriptis suis claruisse Frischlin. in Culic. Virgil. Praefat.[256]Von der Türken Ursprung seind bey den Scribenten unterschiedliche Meinungen; Theils halten davor/ das Geschlecht komme von Japhets Sohne Magog der im 1. B. Mos. 102. genennet wird. Dannenhero der Türk mit seinem Reich Magog heißt Ezech. 38. 39. Und mit Verkurtzung des Nahmens S.i.O. S Gog: Und streiten die Türken daß sie ihren Anfang von den Juden haben/ weil sie Hagarener von Hagar/ Abrahams Kebsweibe/ welche den Ismael gebohren/ benahmet werden.Weil sie sich aber dessen geschämet/ wollen sie nicht Hagarener/ sondern Saracenen von der Sara heissen/ deßwegen auch ihr Lügen Prophet Mahomet/ welcher der Türken Moses ist/ ihnen gleiche Ceremonien mit den Juden verordnet/ daß sie viel waschens/ fastens und reinigens haben müssen. Harsdorff im Geschichtspiegel Hist. 69. §. 3. Andere sagen ihr Ahnherr sey Esau/ der in der heiligen Schrifft 1. Mos. 25. 25. 31. Edom oder der Rothe genennet wird. Barth. Animadvers. in Briton. p. 137. ubi Joseph. l. 4. c. 6 & l. 2. c. 1. citat. Und sollen dieselbe Völker mit den Tartern/ die sonst auch die rothen Juden heissen/ ein Volk gewesen sein/ und nach der Trojanischen Schlacht in Scy-S.i.O.thien ihre Wohnung aufgeschlagen haben: Sieh Barclaj. Icon. anim. cap. 8. p. m. 308.[257]Joh. Schoefferum Moguntinum denominat auctorem, Anno Salutatis 1450.[258]v. 335. Wie sich dem Fichtenbaum hat Jason anvertraut etc. Aesons S.i.O. und Polymedae Sohn der 1231. Jahr vor Christi Geburt/ oder im 2740. der Welt/ durch Hülffe Medeae das güldne Schaff erlanget.[259]Nicht ohne sonderbahre Schikkung Gottes ist eben 100. Jahr nach der Reformation Lutheri/ nemlich 1617. die teutsche Sprache mehr und mehr empor kommen/ und von dem Christl. und teutschliebenden Fürsten/ Ludwig v. Anhalt Seel. Gedächtnüß/ die nutzreiche Fruchtbringende Gesellschaft gestifftet worden/ von derer Gebräuchen/ Satzungen und Fortgang/ der Palmbaum aufzu-S.i.O.Sschlagen. Ausführlichen bericht wird ehistes H. Neumark in einem absonderlichen Tractat erheilen.[260]Dicta autem Britannia Anglia est Anno Christi 1310.[261]Ibid. De Bartas. Ein vornehmer Französischer Poet/ dessen Biblische Geschichte/ wegen ihrer Lieblichkeit ins Niederländische/ Lateinische und Englische von etlichen Liebhabern gebracht seind: Der Nutzbare in der Fruchtbring. Gesellschafft/ Tobias Hübner hat sie auch Teutsch gemachet. Wieviel auf ihn in Frankreich gehalten meldet Sammarthanus ein vornehmer gelehrter Mann mit nachfolgenden Worten: Guilielmum Salustium, (qui ab avitô praediô Bartasii nomen habet) sublimis animi Scriptorem, nobilis in Gasconiâ locô, patre quaestore genitum, praeterire nec possum, nec debeo. Gallicum ejus Poëma de mundi primordiis Hebdomadis nomine inscriptum, in Galliâ cum admiratione & adplausu, quantô non alius liber, S.i.O. legitur passim & celebratur. Et, quis cum eô non praeclare actum putet, qui vivus vidensque celeberrimae suae famae interfuerit, Musaeque lenociniis exteras etiam nationes & principes ad sui amorem pellexerit? Obiit patriae quidem in solo, inter arma & turbas, cum sub Mantignone Legato Regio, equitum alae praefectus, ab Apolline ad Martem pro temporis & rerum perturbatione, defecisset. Claruit A. C. 1590. vid. Clariss. Fechneri oration. de Literar. & armor. concordia. & Lansii Orat. pro Galliâ p. m. 183.[262]Harsdorff schreibt an einem Ort die Teutsche Sprach ist wortreicher als die Hebräische/ .... vid. quoque Glauber. Linguae Teuton. Etymol. & in eâ Bisterfeldii Epist. Ubi Post linguam, inquit, Hebraeorum non scio, quae subtilius feliciusquè rerum naturas explicet.[263]Strabo & Plutarch. memorant Babylonios carmen cantare solitos in laudem palmae, quod CCCLX. habeat utilitates, quot in anno Lunari dies sunt. Ut proinde non immerito arbor vitae dici possit, de quâ Prov. 3. v. 18.[264]Bartholdo Schwartzen einem Cöllnischen Franciscaner München wird bey den Teutschen die Erfindung der Geschütze und Büchsen zugeschrieben/ und auf das Jahr Christi 1380. geleget/ ... S.i..O S ... Heutiges Tages wird in der weltberühmten Dresdischen Kunst-kammer/ eine solche Büchse gewiesen/ die nach des oben benanten München Manier gemachet sein soll.[265]Hieroglyphicam Lothi interpretationem videsis apud Athanas. Kircher. Obelisci Pamphilii lib. 2. c. 5. fol. 123. de Institut. & Fabrica Hieroglyphicor.[266]
Reimmann, Jacob Friedrich
Poesis Germanorum Canonica & Apocrypha Bekandte und Unbekandte Poesie der Teutschen
[267]WEnn wir die Hieroglyphica nach ihren ersten Uhrsprung betrachten/ so sind sie in der Wahrheit nichts anders/ als pallia ignorantiae, das ist solche Bilder/ derer sich die Aegyptischen Priester vor Zeiten an statt der Schrifft bedienet/ wenn sie die Blösse ihrer armseeligen Theologie und Philosophie vor denen Augen des gemeinen Mannes nicht prostituiren wollen; Denn daß ich an die elenden Sachen anitzo nicht gedencke/ die durch diese H. Bilder-Schrifften S zu weilen abgeschattet worden/ was konte wohl ungesaltzener und abgeschmackter ausgesonnen werden/ als die albernen Merckmahle selbst/ die zu der Bedeutung derselben gebrauchet wurden. Da muste ein kleines Kind den Eintritt des Menschen in die Welt/ ein alter Mann ihren Ausgang aus derselben/ ein Falcke den Allgewaltigen GOTT/ und ein Crocodill das unverschämte Wesen bedeuten. Und wenn denn diese zweifelhaffte Figuren nun endlich mit grosser Mühe fertig worden; So bestand das gantze Geheimnis darinn/ daß dadurch diese einfältige und überall bekannte Warnung solte abgebildet werden; O ihr Menschen/ die ihr in die Welt kommet und daraus gehet/ GOtt hasset das unverschämte Wesen. Wannenhero der scharffsinnige und wohl belesene Engelländer Edvardus Stillingfleet in seinen Origin. Sacris c. 2. p. m. 244. diese S Aegyptischen Characteres nicht uneben mit unter die difficiles nugas rechnet/ und sich über den Athanasium Kircherum moquiret/ daß er in seinen Oedipo Aegyptiaco mit diesen elenden Träumen so viel Zeit verspielen wollen.[268]§. 3. Und freylich wenn wir elenden Menschen nach dem Fall noch so viel Vermögen hätten/ daß wir die himmlischen und irrdischen Dinge recht klar erkennen/ und dieselben so wohl nach ihrem S Wesen als auch nach ihren Eigenschafften fein gründlich vor Augen stellen könten: So wolte ich dem Empedocli selst Beyfall geben und die Oratores und Poetas Parabolicos dem AEsopischen Hund vergleichen helffen/ der nach dem Schatten schnappete und das Fleisch aus dem Munde entfallen ließ; Allein weil nebst der Heil. Schrifft auch die tägliche Erfahrung bezeuget/ daß es unserm Verstand in dem Erkäntnis der Dinge nicht viel besser gehet als denen blöden Augen der Fleder-Mäuse/ die in dem schönsten Lichte der Sonnen erblinden müssen: So kan ich biß dato noch nicht absehen/ warum die Oratores und Poeten zu tadeln seyn/ die die Beschaffenheit der Sache mit einem Gleichnis erleutern/ davon sie das wahre Wesen noch nicht deutlich vor Augen stellen können. Ein Bräutigam vergnüget sich an dem Brust-Bilde seiner Geliebten/ wenn er dieselbe in Person noch S nicht besitzen kan. Und wir alle mit einander halten das Contrafait unsers Heylandes JESu Christi in hohen Ehren/ ungeachtet wir von der Aehnlichkeit desselben nichts allerdings überzeuget sind. Und wenn wir hiebey bemercken/ wie sehr sich der Heil. Geist in denen Schrifften des Alten und Neuen Testaments in die Gleichnisse verliebet hat; so werden wir von uns selbst erkennen/ daß wir den wahren Gebrauch derselben wegen des vielfältigen Mißbrauchs nicht gäntzlich aufheben dürffen. Ich geschweige daß unter einem Logico und Oratore eine grosse Klufft befestiget/ und daß der Augustinus in seiner 119. Epist. von denen Similibus nicht unrecht geschrieben hat; Quemadmodum multa per vitrum & succinum per lucent jucundius; Ita magis delectat veritas per allegoriam relucens.[269]§. 4. Zwar was die Exempel belanget/ so solte mirs eben wohl nicht sauer werden einige Blätter damit anzufüllen; Allein weil ich die pias fraudes dererjenigen nicht imitiren mag/ die den Verleger unter den Titul einer neuen Poësie sonst nichts als alte S Carmina verkauffen: So wird sich der geneigte Leser mit denen nachfolgenden Exempeln anitzo vergnügen laßen.[270]§. 2. Jemehr aber diese wohlgemeinte Absicht an einem Christen zu loben ist/ je weniger wird ihm von denen unpartheyischen Gemüthern verübelt werden können/ wenn er sich der Fabeln in solchen Fall als eines angenehmen Mittels der Erbauung bedienet. Als dort der Jotham denen Bürgern zu Siechem remonstriren wolte/ wie unbedachtsam sie gehandelt/ daß sie den Abimelech zu ihrem Könige erwehlet/ da S erdichtete er seinen sinnreichen Apologum von denen Bäumen. Und als der Nathan dem König David zu Gemüthe führen wolte/ wie sehr er sich vergriffen/ daß er dem Uria sein Weib weggenommen/ da erzehlet erihm vorhero eine Fabel von einem Schaafe. Und gesetzt auch daß diejenigen was Fabel-hafftes zu behaupten trachten/ die die Fabeln AEsopi dem König Salomoni zuschreiben wollen; so lässet sich doch aus denen angeregten Exempeln so viel erkennen/ daß der rechtschaffene Gebrauch der Fabuln nicht gäntzlich verbothen sey/ und daß der Paulus I. Tim. 4. v. 7. nicht alle sondern nur die Unchristlichen und Alt-Väterischen Fabuln verworffen.[271]1410. Hat Petrus Dresdensis das bekante Lied: In dulci Jubilo, nun singet und seyd froh; verfertiget und damit den Weg zu denen deutschen Kirchen-Gesängen algemach gebahnet. (13 Morhoff, J.T. I. c. p. 368.)[272]
Kaldenbach, Christoph
Poetice Germanica, Seu De ratione scribendi Carminis Teutonici Libri Duo, Cum Dispositionum Carminumq
[273]ANNO Salutis[274]Quanquam enim scribuntur Versus aliquando ad certae tantùm dimensionis, non autem Rythmi, legem: ad perfectionem tamen, & elegantiam laudati Carminis is, prout in Hebraea, Italica, Gallica, Polonica, aliisque nonnuliis, sic nostra etiam in liguae requiritur.[275]Nam Rhythmos trisyllabos, quales Hebraei non habent saltem, sed omnium perfectissimos judicant, usus respuit.[276]Quae tamen exempla quod integra non adscripsi pleno undique numero, spes facit, fieri adhuc posse, ut junctim, unoque corpore, in publicum, DACHII praesertim, Viri, vatisque ad decus & laudem Musarum in universum omnium nati factique, mittantur. Haec autem universa, quantulacunque sunt caeteroquin, quod vestro inscripta nomine luci commisi, beneficii exigebat memoria, quod vobis ego & filius meus nuper admodum debemus, quando stipendio Burckhardiano inclyto, quo frui poteratis, cedere spontè in uti-Slitatem nostram voluistis. Atque ita in Patrem & filium pater & filius, in Filium inde unicum, hinc item unicus, grati sumus pro viribus, dum ultra meritum vos benefici fuistis. Quibus proinde nec in posterum colendis, venerandis, si vires abfuerint, animus abfuturus est unquam. DEUS T. O. M. Vos ambos, fulcrum & spem patriae, familiae ac nominis columnam unicam, sospites quam diutissimè, & incolumes conservet. Tubingae, ipsis Cal. Julii, Anni salutaris M. DC. LXXIV.[277]
Neumark, Georg
Poetische Tafeln
[278]Aus dem andern/ wenn man nehmlich der empfangenen Gutthat vergisset/ fliesset das/ Gott und der gantzen ehrliebenden Welt verhassete Laster/ die abscheuliche Undankbarkeit her/ und wird dardurch das ädle Geschöpf/ der Mensch/ das Göttliche Ebenbild mit einem nicht geringen Schandflekken bemakelt/ und in seinem herrlichen Wesen dergestalt besudelt/ daß auch ein Christliches Tugendhertz/ vor einem solchen undankbaren Menschen/ (c In ingratitudine nihil mali non inest. Cic. ad attic. 8.) als einem Enthalt aller andern Laster/ nicht allein einen Abscheu hat; Sondern auch/ so viel müglich/ dessen Wandel und Gesellschaft/ wie eine Schlange fliehet.[279]Wolte GOtt aber/ es würde iede Undankbarkeit also/ wie an diesem/ belohnet[280]Denn durch dieses/ nehmlich die ädle Dankbarkeit/ (i Gratitudo omnium virturum mater est; ex qua in Deos Religio in patriam charitas in parentes pietas, inter homines amicitia profluit Cael Rhodig. antiq. lect. lib. 5 cap. 3.) als eine Mutter aller andern Tugenden wird diesem Schandflekken und seinen anhangenden Fehlern abgeholffen/ die Christliche Liebe fortgepflantzet/ das freundliche Vertrauen fest gemacht/ die Wohlthaten gegen einander erkennet/ und der Gesellschafts-Wandel/ gestalten Sachen und Stande nach/ auf einen unbeweglichen Tugend-Grund gesetzet/ (k Laudatissima virtutum omnium Gratitudo, res coelo & hominibus grata. Sabellicus lib. 7. cap. I. Exempl.) woran denn nicht allein der Allerhöchste als Liebhaber eines dankbaren Hertzens/ sondern auch die ehrliebenden Menschen/ ein innig- S liches Gefallen haben.[281]k Hebräischer Nahmen S Sylben. Als Sion und Sión/ Israel und Isráel/ Hérmon und Hermón/ besiehe Opitz Ps. 3/ 129/ 52/ 133. Doch soll man sich hüten/ damit es unserer Sprache nicht gar zu hart zu wider lauffe.[282]Trauer-Händel, als: ...S... Threni Geistliche Klage-Lieder oder Getichte.[283]Lob- und Laster-Händel/ als: ...S... Hymni Geistliche Lobes-Lieder oder Getichte.[284]Uberdieß ist der Türcken Alkoran oder Gesetz-Buch in lauter Arabischen Reimen verfaßt/ wiewohl sie nicht alle gleichförmig; denn bald ist der eine kurtz/ der andere aber zwey und mehrmahl so lang; Dannenher Scaliger Animadvers. in Chronolog. Eusebii p. 7. nicht zugeben wollen/ daß er Poetisch gesetzt wäre/ sagend: Non enim, quod vulgo persuasum video, Alcoranus ullo constat genere metrorum, non magis quàm Epistolae Ciceronis, sed ibi cola finiuntur, ubi similis desinentia est, etiamsi sit maxima membrorum inaequalitas; quae scias ibi terminari, ubi flosculi auro, aut minio picti videntur: qui nihil aliud sunt, quàm signa similium desinentiarum. Jedoch haben etliche gelehrte Leute im Alcoran nicht allein ein gewisses metrum, sondern auch recht geschränckte Reime in acht genommen/ und halten davor/ daß Mahomed etwas von der Poesie verstanden habe. Vid. Philip. Guadagnolus Instit. Ling. Arab. edit. Roman. An. 1642.[285]Folgends wurden auch bey den Gastmahlen etliche Lieder von des Himmels Lauf und des gewaltigen Schöpffers Weißheit hervor gebracht/ von der ersten Arht hat Virgilius ein Exempel/ da er in dem Banquete der Königin Dido, den singenden Jopas einführet. AEneid. I. lib.1. Argonaut.[286]Bey den Türcken soll noch heute zu Tage gebräuchlich seyn/ Jährlich an des Mahomets GeburthsTage ihre Poeten auf geschehene Proben mit grossen Geschencken/ an Gold/ Kleider und Pferden zu begaben. Leo. Afer. lib. 3. c. 38. conf. Theatr. Tragic. Zeiler. in Not. ex Histor. XV.[287]Die Barden waren bey den Celten/ (unter welchem Nahmen nach Lazii aussage die Deutschen zu verstehen. Primaevi Tuiscones atque Galatae, qui posterius Alemanni Germanive, Celtae Gallive nominati fuerunt. lib. I. p. 20.) Meistersänger; und soll/ nach Aventini Meldung/ der erste Bardus zu Abrahams Zeiten in der Gegend/ wo ietzund Franckreich ist/ die Singekunst Feyer- und Tantztage/ wie auch eine sonderlich-bewegliche Ahrt in Deutschen Reimen aufgebracht haben.[288]Imgleichen daß in dem gantzen Revier/ da ietzund das Lüneburger Land ist/ in der S blinden Heidenschafft solche Leute gewohnet/ biß der Franckische König Carolus, der hernach den Nahmen des Großen erworben/ die Sachsen-Länder eingenommen/ und zum Christlichen Glauben bekehret. Von der Zeit an seind die erleüchtete Barden mit geistlichen Liedern umgegangen/ und haben dieselbe zu Erweckung Christlicher Andacht nach ihren gewöhnlichen Weisen bey den Gemeinen eingeführet.[289]Die Druiden seind alte heidnische Priester bey den Deutschen gewesen/ die in natürlichen Dingen und der Sitten Lehre den Leuten Unterricht ertheilet. Wie aus des Caesaris Wor- S ten abzunehmen lib. b. de bell. Gall. Inprimis hoc volunt persuadere, non interire animas, sed ab aliis post mortem transire ad alios, atque hoc maximè ad virtutem excitari putant, metu mortis neglecto. Multa praeterea de sideribus, atque eorum motu: de mundi, ac terrarum magnitudine de rerum naturâ, de Deorum immortalium vi ac potestate disputant & Juventuti tradunt. Der Hochgelährte und um Deutschland wohlverdiente Hr. D. Schottelius schreibet davon in seiner Sprachkunst in der 4. LobRede also. Die Druiden haben gleich den Pythagoricis, ohne sonderliche schrifftliche Aufzeichnung ihre Geheimniße fortgepflantzet/ damit nicht durch die Gemeinmachung ihr heiliches Ansehen verringert/ auch damit das verständliche Gedächtniß/ als etwas Göttliches desto mehr ausgeübet/ und die volle Gereitschafft ihrer Weißheit darinn erhalten würde. Darauf führet gedachter Autor folgendes aus D. Schardio an: Die Deutschen haben vormahls ihre gelährte und weisen/ Druiden genant/ gehabt/ die an statt der Zeitbücher Lieder gemacht/ und dieselbe zur lebendigen Gedächtniß ihrer/ der Deutschen dapffern Thaten pflegen zu singen. etc. Haben also die Barden und Druiden ihre sonderliche und geheiligte Schulen gehabt/ Reime/ Gesänge/ Gedichte von den Göttern und den alten Deutschen Helden gemacht/ dazu die Jugend/ doch nur dieselbe/ welche zu ihrem heiligen und hohen Stande gewürdiget wurden/ gelehret und unterrichtet. Aventinus nennet diese Schüler Sananner oder Schranner. Solche Schulen hatten die Alten Deutschen/ und also ward die Jugend von den Geistlichen darinnen unterwiesen/ ruffet Cluverius aus in Germ. Antiq. lib. I. cap. 24.[290]Und überdieß berichtet noch Alfricus in Glossario Saxonico, daß die alten Sachsen in Engelland (Britannia) ihren Priester DRY genant haben. Dannenher so viel weniger zu zweiffeln/ daß dieses Wort aus der Celtischen Sprache/ die vor Zeiten bey den Britten und Gallis üblich gewesen/ herstamme. Das alte deutsche Stammwort Dru/ welches andere trou aussprechen/ heißet nach unserer hochdeutschen Mundahrt Treu/ oder Glauben. Von demselbigen haben die Alte Gott Drutin oder Trutin genant/ wie aus des Münchs Otfridi Evangelio und an- G: vid. Rodorn. Scriekk. l. 3. Adversar. c. II. Gorop. Becan. Alhamer. A. ventin. dern zu sehen. Deßwegen hat man die Priester/ divinos oder fideles, Göttliche/ und getreue Leute oder Druiden geheißen.[291]Sehen wir uns heutiges Tages in unser Hochdeutschen Sprach ein wenig um/ müssen wir uns S über ihrer Reinigkeit billich erfreuen/ und haben Ursach dieselbe in Ehren zu halten/ weil der lieblich-abfliessende Laut der Reime/ in den Ohren eine sonderbahre Ergötzlichkeit erwecket/ nach der leichtlich der Unterscheid zwischen den ietzt-üblichen und denen/ die vor 800. Jahren der Münch Otfrid geschrieben hat/ zu treffen ist. Denn Er lässet sich in der Vorrede seines Wercks also vernehmen. Hujus linguae Teutiscae proprietas nec numerum nec genera me conservare sinebat; numerum pluralem singulari, singularem plurali variavi, & tali modo in barbarismum & soloecismum saepè coactus incidi.[292]Die vortrefflichsten Gemüther können sich am allermeisten mit einer Platonischen Ergötzung in ihren Gedancken beruhigen und vergnügen. ¶ Das Hertz ist weit von dem was eine Feder schreibet/ ¶ ... ¶ Singet mein hochgeneigter Hr. von Birken. ¶ Sind derowegen gar zu scharffe Catones, die dieses alles verwerffen/ und einem Christlichen Poeten ein keusches Liebes-Lied S zu schreiben nicht gestatten wollen.[293]§. XVIII. Daß aber zu diesen Zeiten die Poeterey in grosse Verachtung kommen/ rühret vornehmlich aus zweyerley Ursachen her/ die eine ist der Neid und Unverstand etlicher Leute/ welche der Poeterey geschwonre und abgesagte Feinde seyn; denn gleich wie ihm/ zu des Käiser Valens Zeiten/ jener aufgeblasene Koch belieben ließ/ des Basilius geistliche Bücher zu verlästern/ wiewohl sich sein Verstand nicht weiter als über die Fleischtöpffe erstreckte; also finden sich noch ihrer viel/ die sich an berühmten Poeten wagen/ wie die Sau an Minerven, in der bekanten Fabel/ und wie Themistocles, der von der Leyre nichts verstand/ dieselbe verachten und vernichten.[294]Zuletzt hat der bekante Philosophus, der alle Wissenschafft durch der Fische Sprache/ das stillschweigen/ ergründen wollen/ dem Gezänck abzuhelffen/ eine neue Lehrart erfunden/ und alles in dunckele Sprichwörter verkleidet/ welches auch nach Philonis Zeugniß bey den Jüden im Gebrauch war.[295]Andere aber haben kein bedencken/ dergleichen Gedichte in Prosa, J.T. unter die S G: Masen. Palaestr. Eloq. Ligat. cap. I. p. 2. Poetische Sachen zu rechnen/ weil der vornehmste Theil darvon/ als die Erfindung und der Inhalt/ Poetisch ist. Wie das Helden-gedicht von der Diana und Dianae, und des Hochgebornen Ritters, Hn. von Stubenberg Sel. Gedächtniß. Eromena und Kalloandro; imgleichen des berühmten Theologi, Johann. Valentini Andreae Mythologia Christiana. Harsdorffs Lehrgedichte/ und seine Lateinische Comoedi Pseudo-Politicus betitelt/ die er ineinem Theil der künstlichen Gesprächspiele verteutschet. Diesen ist auch billich das herrliche Werck vom teutschen Hercule und der Valisken beyzusetzen/ wiewol es einigen nicht allerdings gefallen will. Davon mein Herr Rist in der Vorrede seines Musicalischen Seelen-Paradises/ über die Sprüche des N. T. handelt.[296]Die Hebräer haben in ihrer Cabala, welches eine Wissenschafft ist von den Geheimnissen/ so theils in eintzeln Buchstaben/ theils in gantzen Worten bestehet/ (Cabala est divinae revelationis ad salutiferam Dei & formarum separatum contemplationem tradita symbolica receptio. Johan. Reuchlin. lib. I. de arte Cabalisticâ.) sehr viel seltzame Dinge durch die Wortforschung hervorgebracht/ in dem sie einem jeden Buchstaben im Alphabeth eine Bedeutung zugelegt. Davon der H. Kirchenlehrer Hieronymus in Epist. ad Paulam, und in praefat. commentar. über die Klaglieder Jeremiae handelt. Aleph heisst doctrina, Beth domus, Ghimel plenitudo, Daleth Tabularum, welche Buchstaben/ wenn sie mit ihrer Auslegung zusammen gesetzt werden/ diesen Verstand geben: Doctrina domus plenitudo Tabularum, und also von ihm erkläret seyn: Doctrina Ecclesiae, quae est Domus DEI, G: I. B. Mos. in librorum divinorum reperiatur plenitudine, &c. Von dem ersten Wort der H. Schrift/ Bereschit, (mit welchem Nahmen sie auch ein theil der Cabalae benennen/ und ihnen so viel als Cosmologia ist/ darinn von der Kraft und Würkung aller erschaffenen Dinge am Himmel und auf Erden gehandelt wird/ und unterschieden ist von der Merchiana, als dem 2. Theil der Cabalae, so die Göttlichen Sachen/ Buchstaben/ Zahlen/ Linien und Punkten begreifft/ daher sie auch von etlichen Cabala Elementaria, von andern aber Theologia Symbolica, genennet wird) hat Picus Mirandulanus in seinem Heptaplo viel nachdenkliche Meinungen aufgezeichnet/ wie bey ihm zu S lesen. Sieh was Nicolaus Causinus in Eloq. Sacr. & profan. f. 174. seqq. und Caramuel. Apparat. Philosophic. lib. 2. de omnium gentium characteribus & literis secretis, insonderheit aber Athanasius Kircherus in Oedipo AEgypt. Tom. 2. classe 4. angemerket. Wir Deutschen können an stat der Hebräer Cabala die ZahlBuchstaben gebrauchen/ unter denen entweder ¶ a gilt 10 ¶ ... ¶ Oder den Mitlautenden wird eine gewisse Zifer zugelegt/ davon bey Hn. Harsdörffern im CXLVII. Gesprächspiel/ wie auch im Poet. Trichter 8. Stunde. §. 12. &c. ausführlich zu vernehmen ist. Daß die Griechen gleicher weise die 5. Buchstaben griech. vor heimlich und geistlich geachtet/ erwehnet Isidorus. ¶ Durch die erste das griech. ist das menschlich Leben abgebildet/ wie bekant; durch die andere der Tod/ sintemahl das griech. bey den Namen der Verurtheilten von den Richtern gesetzet worden. Die dritte zeigt auf das Creutz Christi/ damit alle Betrübte zum Trost sollen gezeichnet werden/ welche Meinung auch etliche den Hebräern beygemessen/ weil bey dem Propheten Ezechiel befohlen wird Signa Tau in fronte gementium & dolentium: Zeichne ein Tau auf die Stirne der Seuftzenden und Klagenden. Die 2. übrigen/ als griech. und griech. eignet ihm unser Heiland selbst zu/ wenn er von sich sagt: Ich bin das griech. und griech./ der Anfang und das Ende. Diesen hat Justinus Martyr in seiner 2. Apologia ad Antonium noch das X zugesellet/ wodurch gleicher weise das Creutz Christi angedeutet würde.[297]Augustinus vergleicht sie die Gleichnisse, J.T. mit einem hellen Glase: Denn wie durch selbiges alle Säffte und Blumen so viel herrlicher gläntzen/ also wird der Verstand durch die Gleichnüsse desto mehr beleuchtet und vergnüget. Es sind aber zweyerley Gleichnüsse/ die entweder etwas erklären oder beweisen/ und haben einen grossen Nachdrukk bey den Zuhörern. Dannenher der HErr Christus so viel Lehrgedichte/ welche nichts anders/ als in vielen Stükken bestehende Gleichnüsse sind/ in seinen Predigen gebraucht.[298]§. XXIV. Die beweisende Gleichnüsse sind fast wie die Exempel geartet/ und können auf eine Schlußrede gezogen werden. Ein hieher gehöriges Exempel ist in dem Eintritt von des Agrippae Fabel beygebracht/ und könte man unterschiedliche aus der Bibel anführen/ womit der HErr Christus die Jüden vielmahls widerleget hat/ wenn es die Zeit leiden wolte.[299]Etliche gelehrte Leute haben beobachtet/ daß die Ebræer mit den Deutschen G: lib. 5. Op. p. 1024. im Verse-machen ziemlich übereinkommen/ zu welchem Ende Clajus geschrieben: Germani ut Hebraei carmina scribunt, observantes in fine Rythmum, id est, griech., ut: ¶ G: Grammat. German. de ratio. Carm. German. HERR JESU Christ/ ¶ ... S ¶ Versus non quantitate (ut apud Latinos & Graecos diphthongo, vocali ante vocalem & positione) sed numero syllabarum mensurantur, sic tamen, ut griech. & griech., i. e. acutus & gravis accentus observetur. Juxta quam pedes censentur aut Jambi, aut Trochaei, & carmen fit vel Jambicum, vel Trochaicum. Syllabae enim, quae communi pronunciatione non elevantur, sed raptim, tanquam scheva apud Ebraeos, (ut geliebt/ bekannt) pronuntiantur, in compositione versûs nequaquam elevandae sunt, sed deprimendae: & contra, syllabae longae, & accentum sustinentes, nequaquam deprimendae, sed elevandae sunt, ut: ¶ Im Gesetze steht geschrieben/ ¶ ... ¶ Trochaici sunt. Nam si Jambici essent, syllabae deprimendae elevarentur, & elevandae deprimerentur. Binis enim syllabis fit dimensio, quarum prior deprimitur, altera elevatur, in carmine Jambico; in Trochaico verò prior elevatur, posterior deprimitur. ¶ §. III. Hiebey fället auch vor zu erinnern/ daß viel Lateinische Getichte/ aber Geistliche/ nicht nach ihrer rechten quantität; sondern nach dem accent gesetzet seyn. Diese Abmessung nennet Beda lib. de metris Rythmum?, und schreibt davon also: ¶ Videtur Rythmus metris esse consimilis verborum modulata compositio, non metricâ compositione, sed numero syllabarum, ad judicium aurium examinata; ut sunt carmina vulgarium Poëtarum Et quod Rhythmus per se sine metro esse potest; metrum verò sine rhythmo esse non potest. Quod liquidius ita definitur Metrum est ratio cum modulatione: Rhythmus est modulatio sine ratione. Plerunque tamen, casu quodam, invenies etiam rationem in Rhythmo, non artificii moderatione servatam; sed sono & ipsa modulatione ducente: quem vulgares Poetae necesse est faciant rusticè, docti faciant doctè. Quomodo ad instar Jambici metri pulcerrimè factus est hymnus ille praeclarus: S ¶ * * fortè O Rex, vel Rex aevierne. Rex aeterne Domine, ¶ ... ¶ Et alii Ambrosiani non pauci. Iem ad formam metri Trochaici, canunt hymnum de die Judicii per Alphabetum: ¶ Apparebit repentina dies magna DOMINI,[300]§. IV. Sonst ist bekannt/ daß bey den Hebraeern die Reime in drey Hauffen abgesondert werden. Denn I. haben sie die einsylbige Reimung/ wie wir Deutschen die männlichen Reime/ als: Welt/ G: Buxtorff. Thes. Gramm. Ebr. Tractat. de Prosodia metrica p.m. 636. Geld/ Stand/ Land/ Gunst/ Dunst. Solche nennen sie hebr. carmen transiens, (tolerabile, quod transire & ferri possit, etsi parum elegantiae, habeat & auctores raros.) II. Die zweysilbige Reimung/ als: Leben/ streben/ kennen/ brennen. hebr. Carmen conveniens, (aptum, dignum, estque omnium usitatissimum) III. Die dreysylbige Reimung/ als: Stehenden/ gehenden/ Wichtigkeit/ Nichtigkeit. hebr. Carmen laudabile (etsi ob paucitatem talium vocum non ita frequens sit, aut si usurpatur, brevius est.) Welche Ahrt bey uns Deutschen nicht löblich oder angenehm scheinet/ ob man gleich solche Worte/ die sich S dazu schikken/ hervor suchen könte/ ohne daß bisweilen dergleichen dreyreimige Verse/ in Liedern/ mit angebracht werden möchten.[301]Diese Nennung haben die Reime darum erlanget/ weil den Männern eine starke und durchdringende Rede zukommt; den Weibern aber eine gelinde und subtiele anstehet. Nicht aber/ wie etliche gemeinet/ weil die Weiber eine Riebe mehr hätten/ als die Männer: S Denn daß solches falsch und irrig sey/ erweisen die wohlerfahrnen Medici und Anatomici. Die gemeine Meinung ist/ der erste Mensch Adam hab eine Riebe weniger als sein Weib die Eva gehabt/ weil sie aus derselben von GOtt erbauet. Aber sie wird nicht von allen zugegeben und bejahet/ und dannenher ist auch nicht eben gewiß/ daß die Männer allezeit und durchgehends eine Riebe weniger haben/ sondern es trifft sich der Überschuß derselben unterweilen so wol bey dem männlichen als weiblichen Geschlecht/ nach dem die Wunderkünstlerin die Natur spielet. (Costae numero plures sunt, ut faciliùs moveatur thorax: utplurimùm utrinque sunt duodecim tam in viris, quàm in foeminis. Rarò tredecim, rarius undecim utrinque, saepiùs verò unicasuperest. Verisimile ergo est, in Adami uno latere fuisse tredecim costas, aut in uno duodecim costas, in altero undecim, schreibt der vornehme Dänische Medicus D. Caspar Bartholinus Instit. Anatomic. lib. 4. de offibus, dem andere/ darunter auch ist der hochberühmte D. Eichstadius Colleg. Anatomic. quaest. 10. widersprochen.)[302]Die Lobgetichte werden nach der Personen Stand und Eigenschaft gerichtet/ darinn der Poet von dem Redner nicht viel unterschieden ist. Diesen sind entgegen gesetzt die Verfluchungs- und Verachtungsgedichte/ von welchen/ wie auch den geistlichen Lob- und Dankgesängen/ itztbenante Scribenten gnüglichen Nachricht ertheilen.[303]Es ist merkwürdig/ daß in allen 72. Sprachen (welche/ wie die Gelehrten ins gemein davor halten/ geschrieben werden) das A den Anfang macht/ wovon Frantz Loredano in seinen Bizzarien fol. 560. dreyerley Ursachen giebt. I. Weil das A einer Thüren gleich/ dadurch man zu den andern Buchstaben allen gleichsam eingehen müsse; wiewohl in der Ebraeischen/ Syrischen und Deutschen Sprache das A so wenig einer Thüre gleicht/ was die Figur betrift/ als das hebr. einem Hause. ...S... Petrus Bungus setzt noch eine andere Ursache: weil nemlich das A einem griech. gleiche/ und GOtt wird das A, der Anfang/ und das O, das Ende genant. Dadurch die Vollkommenheit zu bedeuten/ wobey aber zu bedenken/ daß das A nur im Lateinischen einem griech. gleiche/ und angezogener Spruch nicht durchgehends alle Sprachen antreffe/ sondern sich allein auf die Grichische beziehe. Der Weltbekante Jesuit, Athanasius Kircherus suchet ein Geheimnüß in diesem Buchstaben/ und meint/ daß dadurch das Ab- und Zunehmen des gantzen Weltwesens könne abgebildet werden; GRAFIK von Eins in zwey/ von zwey bis drey gehet das Wachsthum/ denn fället es ab von drey G: vid. Column. Pamphil. fol. 385. biß vier/ von vier in fünf/ und dieses Ab- und Zunehmen wird miteinander zwey und vier gleichständig verbunden.[304]§. XX. Zum Beschluß dieser Tafel/ damit ich nun wieder auf die Stükke/ so in einer Rede zu betrachten sind/ komme/ soll sie (i) erbar und höflich seyn: Es soll sich auch der Poet höchstes Fleisses von Beschreibung abscheulicher Sachen enthalten/ wo nicht der Inhalt des Getichtes nohtwendig solche erfodert: Denn sonst wird es dem Leser oder Zuhörer einen Ekkel machen/ da doch iederzeit sein Zwekk dahin gerichtet seyn soll/ daß seine Erfindung beliebt werde. Von den Lacedaemoniern meldet Valer. Max. lib. VI. cap. IV. daß sie des Archilochi Schriften aus ihrer Stadt weggeschaft haben/ weil etliche schandbare Sachen darinnen enthalten gewesen: welche sie ihren Kindern nicht haben wollen vortragen lassen/ auf daß derselben zarte Gemüther und Sitten dadurch nicht bemakelt würden. Wie vielmehr will denn einem Christlichen Poeten geziemen/ vor so schädlichen Sachen einen Abscheu zu haben/ der künftig einmahl/ wie Christus bey Matthaeo am XII, 36. lehret/ von einem ieden unnützen Worte Rechenschaft geben soll. Augustinus schreibt im ersten Buch seiner Bekäntnüß im XVI. cap. von den heydnischen Poeten also: Non omninò per hanc turpitudinem verba ista commodiùs discuntur; sed per haec verba turpitudo ista confidentiùs perpetratur. Non accuso verba quasi vasa electa atque pretiosa; sed vinum erroris, quod in eis nobis propinatur ab erbriis doctoribus. Conf. Lactant. Firmian. lib. V. Divin. Institut.[305]Alles hüllen sie ein/ und verwirren es auf mancherley weise in lauter schwere Poetische eigene Nahmen/ daß man sie billich neue Heracliten (der vormahls den Zunahmen des Dunkelen geführt) nennen möchte. Und dieses ist eine Würkung der Ehrsucht/ in dem solche Leute angesehen seyn wollen/ daß sie die Lateinische Poeten von Anfang bis zum Ende auswendig können/ da mancher mehrmahls kaum in einen gegukket/ und an dessen statt/ auf seinem Tisch/ des Natales Comitis Fabelbuch/ und den Thesaurum Poëticum mit starken Ketten angefesselt/ und mit ihnen/ so oft er einen Vers machen will/ dermassen streng und übel verfähret/ als wohl kaum ein Türk mit einem gefangenen Christen ümgehet.[306]WIe zeiget sich nun als auf einem öffentlichen SchauPlatze das keusche und liebseelige Jungfräulein/ die Poeterey/ allen denen/ die zu ihr ein Belieben tragen/ und an Sinnreichen Erfindungen die Augen des Gemüthes belustigen wollen. Der Nahme den sie führet/ stammet nach Boccatii Bericht in Genealogiâ Deorum, von dem Griechischen Worte griech., welches so viel heißt als machen/ weil der Poet nach den Grund-sätzen seiner Kunst den Vers oder Reim machet/ damit er so wohl was wahrhafftig ist/ zierlich beschreibet/ als auch/ etwas von ihm selbst erfindet/ und solches/ ob es vorhin nichts war/ geschicklich ausbildet und gestaltet. In welchem Stücke die Poesie etwas Göttliches bey sich hat/ nach Außage des unvergleichlichen Heldes der gelehrten Jul. Caes. Scaligeri. Die andere Wissenschafften/ G: Lib. I. Pöet. c. 1. spricht er/ erzehlen blößlich das Ding oder Wesen/ wie es an ihm selbst etwa gewesen oder sey; Die Poesie aber machet gleichsam eine andere Natur/ zwinget (was sonst ungut) mehr als ein gutes zu haben: und also ist sie Göttlich/ und machet ihre Liebhaber zu Nachfolgern und Vorstellern alles dessen/ was Göttlich/ himmlisch/ herrlich/ hoch/ in der Natur das anmuthigste/ und in der Tugend das S lieblichste sein kan. ... ¶ §. II. Nicht weniger nachdencklich ist bey uns Deutschen der Nahme Tichter/ und Tichtkunst/ vom tichten/ oder dichten/ welches entweder so viel heißt als/ etwas genau zusammen fügen/ daß es an einander bleibet/ oder einem Dinge scharff nachsinnen und genau nachdencken: In welchem Verstande die H. Schrifft saget/ daß das tichten und trachten des Menschen böse sey/ von Jugend auf. I. B. Mos. VI. 5. Syrach XVII. 30.[307]§. III. Die Bild-Kunst eignet ihr ein Himmel-blaues Kleid zu/ damit man aus dem eußerlichen Zeichen ihre innerliche Eigenschafft beurtheilen könne. Keine Farbe stehet ihr besser an als diese/ weil sie ihrem ersten Ursprunge nach himmlisch ist/ und anfänglich zu dem Gottesdienst gebrauchet worden. Der gelehrte Holländer Anton. Rodorn. Scriekkius sagt davon also: Divi- G: lib. I. adversar. Scal. l d. nam esse Poeticam antiqui & recentiores omnes crediderunt, & loquuntur. Metri originem suggestam afflatu divino, quod magnum mundum certâ ratione quasi metro dirigat, ipso vero videmus. Und der Phoenix unserer Zeit Casp. Barth. meldet über die Worte Papiae: Theologi Poetae ideò dicebantur, quoniam de Diis carmina faciebant; Sane verò antiqua Theologia humana in G: V. m. Augustin. l. 6. de C. D. c. 5. p. m. 584. literis Poeticis & mysteria Numinum introducta ab iisdem, ut exemplo Orphei vides apud Lactantium. Ja auch nach dem Zeugnisse des allerberedesten unter den Römern/ Ciceronis, hat niemals ein Barbarisches und wildes Volck den Nahmen eines Poeten vernachtheiliget/ sondern sie sind allezeit hoch und heilig gehalten worden. Um welcher Ursache willen auch die alten Heyden vor gewiß und unfehlbar gegläubet: Es könte keiner sich mit dieser holdseligen Nymphen befreunden/ wenn ihn nicht die mildreiche Gunst des Himmels vor anderen Leuten S beglückseliget/ und seiner Natur eine sondere Fähigkeit eingepräget/ dadurch der Verstand erleuchtet/ und die Sinnen begeistert würden. Welches Socrates andeuten wollen/ wenn er zu dem Jone gesprochen: Wenn er (jo) von dem Homero wohl reden wolte/ so könte ihm hierinn nicht so wohl die Kunst behülfflich seyn/ als eine Göttliche Gewalt/ die ihn bewegen müste; gleich als ein Magnetstein/ welcher nicht allein das Eisen an sich zeucht/ sondern auch demselben eine Ziehungs-Krafft/ mittheilet/ daß ein ander Eisen daran hangen bleibet/ eben als das vorige am Magnet. Als wolt er sagen; man sehe zwar/ daß von dem Magneten das Eisen angezogen würde/ aber die Ursache wäre unbekant: Solche Bewandniß hätte es auch mit der Poeterey/ die sich auf eine unerforschliche Weise in dieses oder jenes Natur befindet. ¶ §. IV. Bey einem ieglichen/ der sich einer Kunst ergeben will/ werden nach Außage der Weltweisen/ dreyerley erfordert: Nemlich die Natur/ die Unterweisung und die Ubung In allen andern Wissenschafften können die zwo letzten Stücke viel verrichten/ In der Poesie aber wird nothwendig die natürliche Neigung vorangesetzet; Wohin des Ciceronis Worte zielen: Sic à summis ho- G: Orat. pro Arch. minibus eruditissimisque accepimus, coeterarum rerum studia & doctrinâ, & praeceptis & arte constare; Poetam naturâ ipsâ valere & mentis viribus excitari, & quasi divino Spiritu afflari; Welchen G: lib. 2. nicht ungleich seind die in den Tusculanischen Fragen gelesen werden: Mihi verò ne haec quidem notiora & illustriora carere vi divinâ videntur, ut ego aut Poetam grave plerumque carmen sine coelesti aliquo mentis instinctu, putem fundere & c. Und Ovidius hat frey heraus bekant: ¶ Es ist ein Gott in uns/ so bald sich der nur reget ¶ Brennt unser Geist auch an und wird mit ihm beweget.[308]§. VIII. Ins gemein wird davor gehalten/ daß die Hirten-Lieder die ältesten unter allen Gedichten seyn; Andere hergegen wollen erhärten/ daß von den Wintzern oder Weinhäckern die ersten Gedichte gesungen worden/ dahin sie denn die Sprüche der Propheten ziehen. Jerem. XXIIX. 33. 45. Der Creter wird nicht mehr sein Lied singen/ Und Esa. V. 1. Ich will meinem Lieben ein Lied meines Vetters singen. Damit sie diese Meinung desto scheinbarer machen/ gebrauchen sie das Griechische Wörtlein griech., Carmen, und wollen es von dem Hebräischen hebr. vinea vel racemus herführen. ¶ Dem sey nun wie ihm wolle/ so wird doch keiner leichtlich das undenckliche Alter der Poesie streitig machen können. Aus der H. Schrifft ist offenbahr/ daß schon zu Moses Zeiten die Lieder im Ge- G: Alsted. Chronol. p. 485. brauch gewesen/ gestaltsam er im zweytausend/ vier hundert und drey und funfzigsten Jahre der Welt/ als Pharao im Rothen Meer umgekommen/ GOtt mit einem schönen Loblied gedancket. Exod. XV. Denckwürdig ist auch/ daß das Triumph-Lied der Israeliter über den erhaltenen Sieg von den Amoritern/ zwischen dem Fluß Arnon und Jabock, Num. XXI. 27. Von einem Chananaeischen Poeten verfertiget worden. Der um die Grundsprachen Hochbelobte Buxtorfius hat aus einem Alten Rabbinen Mosche Schem tobh angemerckt/ daß auch zu Amasiae des Jüdischen Königes Zeiten/ dessen 2. Reg. XIV. gedacht wird/ auf die Leichsteine in Reimen bestehende Grabschrifften eingehauen worden. Und führet auch etwas weniges zum Beyspiel an. (a Tractat. de Prosodiâ Metricâ Thes. Grammat. annex. pag. 636.) Der S Königliche Poet/ dessen Parnassus die Burg Zion gewesen/ hat sein gantzes Leben mit heiligen Liedern und Psalmen bezeichnet. Als er ein Hirtenknabe gewesen/ hat er den XXIII. gedichtet/ vor Erlegung des Riesens Goliath. 1. Sam. XVII. Den XX. in seinem Elende I. Sam. XXII. Wieder Doeg den LII. und CIX. Bey seinem Abschied von Nobe den XXXIV. 1. Sam. XXV. Wieder die Philister den LVI. In der Höle Adullam den LVII. zu Kegila, I. Sam. XXIII. Den LV. wieder die Siphiter, I. Sam. XXIII. und XXVI. Den XI. und LIV. In der Hölen/ den CXLII. in seiner Regierung machet er den L. und CI. Als er die Bundeslade eingeholet/ 2. Sam. VI. Den CXVIII. Als ihm Christus verheissen worden/ den LXXXIX. und CX. Seine Sieg-Lieder seind der XXI. XLVI. LX. LXIIX. und LXXXIII, Psalm. Seine Buß- und Thränen-Lieder/ der III. IV. V. und LI. Seine Lob- und Danck-Lieder/ der XCIII. und LXXI. Daher der ZuchtLehrer Syrach mit Wahrheit von ihm gesagt: Cap. XLVII. 9. Für ein iegliches Werck danckt er dem Heiligen/ dem Höchsten mit einem schönen Liede. Ich wil hie nicht weitleufftig gedencken/ daß des Davids wohlgerathener Sohn/ König Salomon tausend und fünf Lieder ertichtet: von dem gleichfals in der H. Schrifft I. Kön. IV. 32. zu lesen ist. Daraus gar wohl zu schliessen/ daß die Poeterey schon dazumahl im Flor gewesen/ und lange zuvor den Leuten ist bekant worden. ¶ §. IX. Von den Hebräern und Chaldäern schreiten wir zu ihren Gräntz-Nachbarn/ den Arabern und Persern;[309]XVI. Aber lasset uns ein wenig weiter gehen/ und den vorigen Zustand der Poeterey mit dem heutigen in etwas genauer überlegen: Vorzeiten ward diese keusche Jungfrau in großen Ehren gehalten/ und von allerhand Stands-Personen bedienet. Da schämeten sich nicht die klügsten Leute/ die durch das Orakel zu Delphos vor weise ausgeruffen worden/ mit ihr Gemeinschafft zu halten. Ich will nicht von dem Orpheus, Linus, Musaeus, Thales, Cleobulus, Pittacus, Periander, Chilo, Bias, Socrates, Plato, und Aristoteles weitläufftig melden/ wie sie so wohl die Poeterey geliebet/ als auch viel darinnen verrichtet. Von dem letzten wird gelesen/ daß er mehr als fünff undn viertzig tausend Gedichte verfer- Vid. Alexand. Donatus, Instit. Poëtic. lib. I. p. 36. tiget; worinn ihm der berühmte Sternkündiger Zoroaster, der Bactrianer König vorgegangen/ als der nach Plinii Bericht im 30. Buch cap. I. zwantzig mahl hundert tausend Vers von der Philosophie soll gemachet haben. Conf. Augustin. de Civ. D. lib. XXI. p.m. 981. T. 2. Was bey den Römern darauf gehalten worden/ ist fast unnöthig zuerzehlen; Varro hat dadurch nicht den geringsten Preiß verdienet. Ja Käyser/ Fürsten und andere vornehme Herren/ haben ihre Würde durch den unverwelcklichen Lorbeer-Krantz viel herrlicher und scheinbarer gemachet. Was Augustus, Tiberius, Germanicus, Claudius, Nero und andere nach ihm/ dieser Kunst zu Ehren gethan/ ist der beständigen Unvergessenheit S längst einverleibet. Was soll ich von den alten Kirchenlehrern sagen/ unter denen die niemals genug gelobte Poeterey/ als in einem köstlichen Pallast gewohnet? Cyprianus, Hilarius, Ambrosius, Fulgentius, Nazianzenus, Juvenculus, Venantius, Licentius, Sedulius, Prudentius, Paulinus u.a.m. haben ingesamt allerhand schöne Poetische Schrifften hinterlassen/ und werden mit höchster Beliebung auch auf den heutigen Tag durchgesuchet. Diese aber wird nach Hochverständiger Leute Gutdüncken keiner zur Gnüge verstehen/ wo er nicht von der lieblichen Poeterey eine Wissenschafft und Vorschmack hat. Dannenher es auch keinem Studioso Theologiae zur Schande oder Schaden gereichet/ daß er diese Kunst in einer und andern Sprache verstehet/ wie etliche frühzeitige Klüglinge meinen; sondern es ist vielmehr nöthig/ daß der jenige/ so einmahl der Kirchen Gottes mit Nutzen vorzustehen gedencket/ nebst den Grundsprachen auch auf die Deutsche Muttersprache acht habe/ und darin ein geschickliches Lied aufsetzen lerne. Man bläuet sich viel Jahre/ voran im Griechischen/ ein wenig weiter im Lateinischen/ endlich aber ist es unsere Deutsche Sprache/ davon man sich ernähret/ und die so wohl den Geistlichen/ als Weltlichen/ ihr Brodt verdienen muß/ und gleichwohl ist man so wenig darum bekümmert. Schreibet der Edle Hr. Schottelius in seiner SprachKunst/ in der ersten Lobrede. Ein Hocherleuchteter Lehrer der H. Schrifft zu Straßburg/ hat gar verständog gerathen/ Es soll ein ieglicher/ der zu Kirchen-Diensten befördert werden will/ zu seiner erbaulichen Ergetzlichkeit deutsche Poeten lesen/ und ein Gedicht zu Papier bringen lernen: Weil man dadurch zierlich und beweglich reden/ eine Sache mit dringenden Worten vorbringen/ und zu Erweckung brünstoger Andacht/ nach Begebenheit auch ein Geistliches Lied werde verabfassen können. (Harsdorff im Sendschreiben vor die Welt- Feld- und Garten-Betrachtungen.) Auf gleichen Zweck zielet auch die Vermahnung des Laurentu à Villa Vincentio, (welcher sich sonsten nicht gescheuet/ fast sein gantzes Buch aus des Andreae Hyperu zu schreiben/ ohne daß er was weniges geendert/ wie Enoch S Hannman über Opitii Prosodie errinert am 125. Blat) an die Prediger/ wenn er sie zu Ausübung der reinen Muttersprach reitzet lib. 3. de Ratione Stud. Theolog. c. 8. p. 429. Nam quò quis sermonis patrii est peritior, & in eodem disertior, eò judicatur ad docendum populum magis idoneus. Ac decet omninò concionatorem aliquid supra vulgus praestare in Sermonis patrii munditie ac puritate: Et non modò verbis quibusdam elegantibus & acquisitis, verùm etiam copiâ eorundem locupletatum prodire. Puritatem sermonis patrii non haurias, nisi vel ex convictu familiari eorum, qui tersissimè & nitidissimè illum sonant, vel ex libris commendatissimâ dialecto editis: qualis multorum judicio censetur in Italiâ dialectus Tuscanica: in Galliâ Turonesis: in Germaniâ Misnensis, in Britanniâ Londinensis. Dannenher der Seel. Herr Lutherus sich so sehr um die Reinigkeit der Teutschen Sprache bemühet/ daß er billich von fremden Nationen gelobet wird.[310]WEil die Poeterey so wol weltliche als Göttliche Sachen in sich begreifft/ wie im Anfang des vorhergehenden 3. Cap angedeutet/ mag sie mit Recht und Ehren eine Aeltere Philosophia genennet werden: wie sie denn auch der vornehme Platonist/ Maximus Tyrius sermon. 6. p. m. 57. adde Lipsii Manuduct. ad Philosophiam Stoicam lib. I Dissertat. 7. mit diesem Titel beleget. Sintemal sie dem Alter nach/ nicht alleine den Geschichtschreibern/ sondern allen andern Scribenten vorgehet. Und seyn die Poeten/ ehe der Name Sophia, oder Philosophia aufkommen/ vor weise Leute geschätzet worden. Plato heisset sie der Weisheit Väter und Erhalter; weil sie zuerst in G: Sihe den Eingang c. 2. §. 6. dem guten Wandel und löblichen Sitten die Leute unterrichtet: als die Druides bey den alten Celtis; bey den Thraciern Zamolxis und Orpheus; bey den Griechen Musaeus und Linus. Welche alle zu ihren Zeiten berühmte Poeten gewesen. Von dem Orpheus findet man bey den Autoren unterschiedliche Meinungen/ die ich hie mit stillschweigen nicht vorüber gehen kan. Aus dem Aristotele meldet Cicero lib. I. de naturâ Deorum, daß er gemeinet/ es hätte niemals derselbe Orpheus, von dem bey den Poeten so viel gelesen wird/ gelebet. Andere wollen nicht zugeben/ daß er weise und gelehrt gewesen sey/ wie AElianus lib. VIII. Histor. Var. cap. VI. aus Androtione mit folgenden Worten anführet. Ajunt, neminem antiquorum Thracum novisse literas. Imò, quotquot barbarorum Europam inhabitant, turpissimum duxerunt literis uti. At qui in Asiâ sunt, magis, ut fama est, iis sunt usi. Unde est, quod dicere audent, Sne Orpheum quidem fuisse sapientem, quia Thrax fuerit, sed alios ejus fabulas ementitos. Hingegen hält ihn Lactantius Instit. Divin. lib. I. cap. V. vor den ältesten Poeten. Teodoretus meldet aqSerm. 2. griech.. daß er noch vor dem Trojanischen Kriege gelebet. Augustin. lib. XVIII. cap. XIV. de civit. Dei gedencket so wol seiner/ als des Lini und Musaei mit folgenden Worten: Per idem temporis intervallum (quô Haebraeis judices praeesse coeperunt, ut praecedenti capite XIII. innuit) exstiterunt Poëtae, qui etiam Theologi dicerentur, quoniam de Diis carmina faciebant, &c. Ex quorum numero fuisse perhibentur Orpheus, Musaeus, Linus. Verùm isti Theologi Deos coluerunt, non pro Diis culti sunt. Idem capite XXIV. ejusdem libri scribit: Eodem Romulo regnante Thales Milesius fuisse perhibetur, unus è septem Sapientibus, qui post Theologos Poëtas, in quibus Orpheus maximè omnium nobilitatus est, Sophi appellati sunt, quod est Latinê Sapientes. Confer. Justin. Martyr. Orat. ad Gentes.[311]§. XI. Aber wenn wier gleich alle Fabeln, so von Natürlichen G: Masen. cap. 5. Dingen und der SittenLehr handeln/ beyseit setzen und paßiren lassen/ so bleibet dennoch ein nicht geringer Scrupel und Zweiffel übrig/ ob man zulassen soll was von den Göttern gedichtet worden? Es ist unleugbar/ daß die Alten um dem gemeinen Mann ihre Geheimnisse der Lehren zu verbergen/ gleich einem köstlichen Schatz in die Erde/ unter die Fabeln verstecket haben. Solebant Poetae fabulis quasi nubeculis quibusdam sua & mysteria & praecepta Philosophiae naturalis & moralis operire atque involvere: sicut Medicus acerbiora Pharmaca exhibiturus prius oras pocula circum conspergit mellis dulcis flavoque liquore. schreibt mein hoch-geehrter Patron Hr. von Birken in Monumento Dom. August. Sacr. Teuton. praefix. §. 37. Nichts desto weniger ist übel und unrecht gethan/ daß ihrer viel von den Göttern als von groben Säuen geredet/ wie Scaliger l. 4. c. 1. Poet. p. m. 414. klaget. Imgleichen Tertullian. adversus gentes c. 14. Es sey nicht leicht einer unter den alten Poeten gefunden S worden/ der nicht die Götter solte beschimpffet haben. Etsi fabula cantat crimen Numinum falsum, delectari tamen falso crimine, crimen est, urtheilet gar wohl Augustinus lib. IX. de C. D. cap. 12. p. 556. Ja selbst der Heyden eigene Zeugnisse seind dawieder/ und bestraffen sie deshalben/ wie bey dem Isocrate in Busiride zuvernehmen. Pythagoras soll gesagt haben/ daß Homerus in der Hölle gemartert würde/ weil er so viel schändliche Fabeln in seine Gedichte gesetzet; Dionys. Longin. griech. spricht von ihm. Er hätte aus den Göttern Menschen gemacht/ weil er ihnen so viel Laster und Schand-thaten angedichtet; und die Sternen unter unzüchti- G: lib. 10. de Rep. & Dial. a. ? f. 581 ge Bildnisse verhüllet. Dieser Ursache wegen hat Plato weder den Homerum noch andere/ die ebenmäßige Freyheit der Schmachsüchtigen Feder gestattet/ im Stadwesen dulden wollen/ da er doch sonsten den Poeten nicht hat abgeneigt seyn können/ wo er sich selbst nicht hätte zu bestraffen gesuchet/ alldieweil er ein guter Poet mit gewesen/ wie Jul. Caes. Scaliger apicular. part. I. p. 13. andeutet. Dion. Chrysostom. orat. 53. schreibt von des Platonis Gesetz also: Plato Homerum reprehendit in fabulosis sermonibus de Diis, ut qui nequaquam hominibus conducentia ea dixerit, nempe cupiditates, & mutuas insidias & adulteria & contentiones, litesque de Diis recitans: undè noluit eum participem esse civitatis Reipublicaeque suae sapientis, ut ipse putabat, futurae, ne haec audirent de Diis Juvenes. Conf. Theodoret. lib. 2. de curat. Graec. affect. Euseb. lib. 13. de praeparat. Evang. cap. 1. & 2. Athenaeus lib. 2. Max. Tyrius Serm. 7. Das ärgeste ist/ daß sie allerhand Ubelthäter mit unter die Götter gezehlet. Worüber auch Nazianzenus mit diesen Versen geeyfert: ¶ Nunc Graeci fingunt, quorum vaesania Divos ¶ ... ¶ G: Verthäd. der Kunstliebenden 2. Theil p. 200. Jupiter-Jungfrau-Raub hatte nicht gnugsam an des Tages Licht kommen können/ da man solchen nicht unter die Sterne gesetzt hät- S te. Es wäre nicht genug gewest/ daß man sie in Marmel ausgehauen/ in Metall gegossen/ in die Gemähle gesetzet/ und in offentlichen Freuden-Spielen dargestellet hätte/ wenn man ihnen nicht noch dazu den Himmel zu einem Schauplatz einräumete/ die Sternen durch sie abbildete/ und die gantze Welt zum Beschau einladete. Deßwegen hat die Königin Dido von ihrer eigenen Person bey Ausonio den Leser gewarnet/ daß er nicht alles/ was bey Poeten von ihr gemeldet wäre/ gläuben solte/ wenn sie also heraus gebrachen: ¶ Vos magis Historicis lectores credite de me G: Epigramm. III. ¶ ... ¶ Was von mier Geschichte melden könnt ihr Leser besser gläuben/ ¶ ... ¶ §. XII. Etliche wollen zwar die Poeten hierin entschuldigen/ vorgebend/ sie hätten die Götter nicht nach ihrem Wesen beschrieben/ sondern nur nach dem gemeinen Wahn des Pöfels/ den er von ihnen geschöpffet. Daß sie aber so viel Götter ertichtet/ davon giebt Cicer. lib. 2. de Natur. Deor. den Bescheid: Suscepit vita hominum consuetudoque communis, ut beneficiis excellentes viros in Coelum famâ, ac voluntate tollerent. Hinc Hercules, hinc Castor & Pollux, hinc Aesculapius. Wenn von dem Jupiter geredet wird/ G: Voss. lib. I. de Idololatr. cap. 14. p. 110. so ist zu wissen/ daß die Alten ihre Fürsten und Könige mit diesem Nahmen beehret/ weil sie über alle eine Gewalt/ und also gleichsam was Göttliches an sich hatten. ... Andere meinen/ man müß einen Unterscheid halten/ unter denen Sachen die sich in Wahrheit begeben/ und de-Snen die Poeten/ also zu reden/ ein Färbchen angestrichen/ welches G: Lib. de Fals. Religion. cap. XI. p. m. 27. auch Lactantius erinnert/ wenn er von dem Jupiter und der Danae schreibet: Danaen violaturus Jupiter aureos nummos largiter in ejus sinum infudit. Haec stupri merces fuit. At Poetae, qui quasi de Deo loquebantur, ne auctoritatem creditae majestatis infringerent, finxerunt ipsum in aureo imbre delapsum, câdem figurâ, quâ imbres ferreos dicunt, cum multitudinem telorum sagittarumque describunt. Rapuisse in aquila dicitur Catamitum. Poeticus color est. Sed aut per legionem rapuit, cujus insigne aquila est; aut navis, in quâ est impositus, tutelam habuit in aquila figuratam: sicut taurum, cum rapuit & transvexit Europam. Eodem modò convertisse in bovem traditur Io, Inachi filiam, quae ut iram Junonis effugeret, ut erat jam setis obsita, jambos tranâsse dicitur mare, in Aegyptumque venisse at´que ibi receptâ pristina formâ Dea facta, quae nunc Isis vocatur, &c. Non res ipsas gestas finxerunt Poetae, sed rebus gestis addiderunt quendam colorem: cum Poetae officium sit in eo, ut ea, quae gesta sunt verè, in aliquas species obliquis figurationibus cum decore aliquo conversa traducat. ¶ §. XIII. Dem sey nun wie ihm wolle/ und ob gleich etliche Außlegungen zu den nachtheiligen Fabeln gemacht würden/ so ist doch gewiß/ daß dadurch die guten und erbaren Sitten untertretten/ und die züchtigen Gemüther geärgert werden/ deßwegen man sie gantz nicht billigen kan. Zu dem Ende ermahnen auch verständige Leute/ daß Christliche Poeten so viel als müglich dieselbe Getichte/ darinnen schandbare Possen enthalten/ mit Fleiße fliehen/ und in ihren Schrifften sich der Heidnischen Abgötterey nicht gebrauchen sollen. Denn es ist fast unverantwortlich/ daß ein Christ/ der den wahren Gott aus seinem Wort und mannichfaltigen Wunderwercken erkennet/ die ärgerliche Götzen in seinem Munde oder Feder führet/ und unter geistliche Sachen vermänget/ nicht anders als wenn ein Heyde in seinem blinden Wahn von den Göttern und Göttinnen schwärmete. Pfui des Teufflischen Wesens/ saget mein HöstchgeEhrter Hr. Rist im Vorbericht seines Schauplatzes/ und der mehr als Heydnischen Blindheit/ daß S ihr/ die ihr euch der wahren Erkäntniß Christi rühmet/ so gar nicht schämet der elenden Heyden-Götter/ welche ihrer Alten Lehrer und Mährlein-schreiber selbst-eigenem Bekäntniß nach/ Hurer/ Ehebrecher/ Diebe und Räuber/ ja gar leibhaffte Teuffel gewesen/ so andächtig anzuruffen/ und so meisterlich heraus zu streichen. Träget aber iemand sonderlich Belieben zu den Alten Poeten/ und begehret etwas daraus zu nehmen/ der sehe wohl zu/ daß er nicht gleichsam mit heißhungerigem Magen alles was ihm vorkommt/ zu sich nehme/ sondern mit Bedachtsamkeit auslese was ihm dienet/ und nicht gar zu schwer verdauen fällt/ damit er keinen Schaden davon tragen dörffe. Er soll es nach Augustini G: de Doctrin. Christian. Ermahnung anfangen/ wie die Israeliter mit den Egyptern thaten/ da sie die güldene Geschirre aber nicht die Götzen/ ob sie schon gülden waren/ mit sich genommen haben. Er kan die Sichel seines Verstandes auf der Alten Poeten Wetzstein schleiffen/ doch darff er nicht eine Aerndte von diesen Feldern ohne einiges Bedencken anstellen/ damit er nicht statt des Getreides lauter Unkraut/ und vor die Mühe Verdrüßlichkeit einsamle.[312]Zu wünschen wäre es/ daß/ nach dem die Poeterey wieder unter die Christen kommen/ sie nach dem Beyspiel der Spartanischen Venus überall erblicket würde.[313]Von wem aber haben die Griechen und Lateiner an-Sfangs etwas erlernet? Traun von den Hebraeern und Celten, als G: Harsdorff. Disquis. 9. in specim. Philol. p. 184. seqq. derer Gedichte eigentlich in Reimen bestehen; darauf weder die Lateiner noch die Griechen acht haben. Dannenher leichtlich zu ermessen/ daß die Deutsche Poeterey nicht nach der Latein- und Griechischen Thon-forschung zu zwingen sey/ sondern nach ihrer eigenen Sprachen Ahrt beurtheilet werden müsse. Wie nun ferner die Hebraeer die alten und neuen Reime haben/ also ist bey uns die alte Poeterey von der neuen und kunstrichtigen zu unterscheiden.[314]Nachgehends hat unter der Regierung des Käisers Valentis um das Jahr Christi 364. ein Gothischer Bischoff/ Gulphilas oder Ulphi-G: Petr. Crinit. lib. 17. de Honesta disciplin. las genant/ seinen Leuten eigene Buchstaben erfunden/ wie die bekanten Verse bey Lilio Gyraldo dialog. I. de Historiâ Poetarum p. 9. & 10. andeuten. ¶ Primus Hebraeas Moyses exaravit literas, ¶ ... ¶ Welcher Meinung auch beystimmet Socrates Histor. Ecclesiastic. lib. IV. c. XXVII. Jornandes in Geticis, Ricobaldus Ferrariensis in Chronico, cui titulus pomoerium Ecclesiae Ravennatis.[315]Johannes Magnus will libro I. Historiae Suecicae cap. 7. behaupten/ daß die Gothen eher als die Lateiner/ und also fast tausend und zwey hundert Jahr vor Christi Gebuhrt/ ihre Buchstaben gehabt. Welches/ wenn man es recht bedenckt/ gantz und gar der vorigen Meinung zu wieder läufft/ und dannenher nicht unbillich dem Unvergleichlichen Vossio und dem Cornelio Agrippa lib. I. de Vanit. Scientiar. cap. II. verdächtig vorkömmt. Denn weil Gulphilas, wie allbereit erwehnet/ die Gothische Buchstaben erfunden/ und um das Jahr Christi 364. gelebt hat/ so können sie ja nicht so lange zuvor/ als Johannes und Olaus wollen/ dieselbigen gehabt haben. Es wäre denn/ daß offt ernanter Bischoff nicht so wohl die Gothischen Buchstaben erfunden/ als in üblichen Gebrauch gebracht hätte: Wohin Theodorus Zwingerus in V. H. Theatr. volum. IV. lib. I. gehet. Vossius schreibet in seinem überaus gelehrten Aristarcho lib. I. cap. IX. pag. m. 38. davon/ wie folget: Plane vereor, ne hoc majori gentis suae amore scripserint, quàm veritatis. Lubens quidem illud dedero, quod Ulphilas Gothicas dicitur literas invenisse, id ex eo profectum videri, quod antequam ille Biblia in Gothicam transtulisset linguam, paucis ex eâ gente literae essent cognitae, ac propterea nec habere illas nationibus crederentur: Attamen istud persuadere mihi non possum, fuisse Gothis suas literas, antequam eas haberent Latini. Siquidem tardè admodum has didicére gentes ad Septentrionem sitae; etiam quae Orienti, unde homines & Scriptura, non paulo viciniores, ac cultioribus populis commerciis magis frequentatae, Sanè Thraces, utcunque apud eas Orphea natum fabulentur, nec dum literas nôrunt Aeliani aetate. &c.[316]Gleicher Gestalt erzehlet ein Engelländischer Geschichtschreiber Mattheus Parisius, daß die deutschen allbereit vor Christi Geburt ihre Geschichte in Reimen aufgezeichnet. Und S Tacitus, der vor anderthalb tausent Jahren gelebet/ bezeuget/ daß ob wohl weder Mann noch Weib unter ihnen zu seiner Zeit den freyen Künsten obgelegen/ sie dennoch was merckwürdig gewesen in Reime verfasset und ihre Götter mit alten Gesängen gepriesen haben: Celebrabant Carminibus antiquis (quod unum apud illos memoriae & anualium genus est,) Tuisconem Deum è terrâ editum & filium Mannum Originem Gentis, Conditoresque. Fuisse apud eos & Herculem memorant, primumque omnium virorum fortium, ituri in praelia, canunt.[317]Ein solcher Gesang ist von dem Hrn. Unverdrossenem dem Deutschen Palmbaum einverleibet/ wiewohl es nicht unter die gar Alten Deutschen Gedichte zu zehlen. Es handelt von dem Wendischen Könige Anthyro, und ist vor wenigen Jahren in einem Kloster/ Dobberau genant/ im Fürstenthum Mechelnburg gelegen/ von etlichen Kaiserlichen Soldaten/ in einem gemaurten Schrancke gefunden worden.[318]Man darf auch nicht meinen/ daß die H. Schrifft vor solchen klugen und gelehrten Fabeln einen Abscheu habe/ sintemahl nach Aussage Brentii am vor angezogenen Ohrt/ darunter gerechnet werden können die Gesichte der Propheten, und die Träume Pharaonis und Nabucadnezaris, welche traun an ihnen selbst nichts waren/ und doch der Sachen Wahrheit durch des H. Geistes Offenbahrung darthäten. Wie? Wenn wir auch die Parabeln und Gleichnüsse Christi mit darzu rechneten? durch welche er ja auch auf ietzt beschriebene Arth die Wahrheit der Dinge angedeutet.[319]Nicht alles/ was erdacht wird/ ist eine Lügen/ sondern wenn das erdachte Nichts bedeutet/ alsdenn ist es vor eine Lüge zu halten. Wenn aber ein Gedicht zur gewissen Bedeutung ertichtet wird/ so ist es eine Figur der Wahrheit/ sonst müssten alle Sachen die in figürlichem Verstande/ so wohl von Weisen und heiligen Leuten/ als auch selbst von Christo vorgebracht worden/ in die Ordnung der Lügen gerechnet werden. Weil darinn G: lib. II. Quaest. Evangelic. quaest. 51. die Warheit nach dem eigentlichen Verstande nicht gefunden wird. Seind Worte des H. Kirchenlehrers Augustini, welcher auch fer- S ner hinzu thut. Sicut autem dicta, ita etiam facta finguntur sine mendacio, ad aliquam rem significandum. Unde est etiam illud, ejusdem Domini, quod inficit arbore quaesivit fructuum eo tempore, quo illa poma nondum essent. Non enim dubium est, illam ininquisitionem non fuisse veram; quivis enim hominum sciret, si non divinitate, vel tempore, poma illam arborem non habere. Fictio igitur, quae ad aliquam veritatem refertur, figura est, quae non refertur, mendacium est.[320]§. IV. Was von den Fabeln AEsopi zu halten/ meldet der Seel. Vater Lutherus im 5. Jehnischen Theil am 247. Blat: Nach der H. Schrift/ spricht er/ sind wenig Bücher/ welche so verständig und heilsam von der Tugend und des Menschen Leben lehren/ als die Fabeln AEsopi . Ein unbenannter Autor hat vorgegeben/ als ob AEsopus Assaph des König Davids und Salomonis Capellmeister gewesen; den die Hebreer Aesop genennet/ und habe des Salomonis 3000. Sprüche/ so er über der Tafel erzehlet/ von den Fischen/ Vögeln/ Gewürm und dergleichen aufgezeichnet/ und weil etwas davon unter die Heyden kommen/ so hätten sie gedichtet/ es sey einer von ihren Philosophis beym Könige Croeso mit Namen AEsopus gewesen/ welcher diese Fabeln alle erdacht hätte/ und den Phrygiern/ die da- S mals noch einfältige Leute/ und in dem ältesten Handwerke der Viehzucht bemüssiget waren/ dardurch unterrichtet. Welche Mei- G: D. Schuppius im Fabel Hans. Lib. 5. c. XI. nung auch der vortreffliche Laurenbergius aus alten Scribenten erweisen wollen. Andre stehen in den Gedancken/ daß sie Socrates geschrieben.[321]In der H. Schrift/ damit ich etwas näher trette/ wird des königlichen Propheten Davids süßhallende Harffe sehr hoch gerühmet/ worein er denn/ ausser zweiffel/ einen lieblichen Psalm mag gesungen haben/ dadurch der höllische Geist gehemmet worden. Also daß wir fast nicht vor ein Mährlein halten dörffen/ was von dem Orpheus erzehlet wird/ daß er mit der Thon-Kunst seine Eurydice aus der Hölle zurükk geholet.[322]Ein solches ist auch Werlet/ für Welt/ welches die alten Deutschen G: id. Tscherning. p. 37. Bedenk. p. 42. Poeten/ Walther von der Vogelweid/ und Weihbekke/ der üm das Jahr Christi 1153. gelebt/ gebraucht/ und heute noch bey den Niederländern gehöret und gelesen wird.[323]