[aq]SECTIO V[/aq]. ¶ Von geistlichen Liedern. ¶ [aq]§. 1[/aq]. ¶ Geistliche Lieder gehören entweder zur Lehre oder Wiederlegung/ oder zur an- und Abmahnung/ oder auch zum Troste. Denn wie alle geistliche Texte zu einem unter diesen können gezogen werden/ also werden auch leichtlich die geistlichen Lieder zu einem derselben gezogen. Jedoch sind die meisten geistlichen Lieder aus etlichen/ wo nicht aus allen/ zusammen vermischt/ und als denn [aq]fit denominatio à potiori[/aq]. ¶ [aq]§. 2[/aq]. Die Ausarbeitung derselben nun ist nicht einerley/ auch wenn wir die Materie an und vor sich betrachten (daß ich itzo von der Arth vorzutragen nichts erwehne). Denn etliche derselben müssen [aq]themata simplicia[/aq], etliche als [aq]themata composita[/aq] ausgearbeitet werden. [aq]vid. supra cap. I. §. 3. 4. & seqq[/aq]. und von der Ausarbeitung derselben [aq]cap. 3[/aq]. durch und durch. ¶ [aq]§. 3[/aq]. Wiewohl wir einem andächtigem Gemüthe nicht eben regeln setzen wollen/ sondern es in diesem Fall vielmehr dem Triebe des H. Geistes frey überlassen. Denn es gewis ist/ daß die ohne Regel gemachte Lieder offt die kräfftigsten und nachdruck-[S]ligsten sind/ wie ich an meiner eigenen Arbeit sehr offt gespühret. Jedoch ists nicht unrecht/ daß man die Fußtapfen der Kunst dabey wol anmerckt/ wenn dieselben schon ausgearbeitet sind/ und lernet denselben nachgehen. ¶ [aq]§. 4[/aq]. Was demnach die Arien betrifft/ so zur Lehre gehören/ (wie den unter diesem [aq]genere[/aq] gar viel [aq]species[/aq] begriffen sind; von welchen allen insonderheit hier nicht zu reden ist/) so beschreiben sie entweder etwas bloß hin ohne Beweiß/ als wen ich etwan die Barmhertzigkeit Gottes beschreibe nach ihrer Natur/ Wirckung/ Eigenschafften und andern Stücken; oder erzehlen etwas; oder führen eine gewisse [aq]proposition[/aq] oder Satz aus und erweisen denselben zu weilen. Die ersten beyden Arthen gehören zu einem [aq]themate simplice[/aq]; Die letzte aber zu einem [aq]themate composito[/aq]. Und obleich unter die beyden ersten Arthen etwas von Troste/ Vermahnung/ Abmahung [aq]&c[/aq]. mit eingeruckt were/ so bleiben sie doch noch [aq]themata simplicia[/aq]/ weil daß andere nur zufälliger Weise mit darzu kömt. ¶ [aq]§. 5[/aq]. Was die Wiederlegung betrifft; desgleichen die An- und Abmahnungen; weiter auch den Trost (unter welchen [aq]generibus[/aq] abermahl viel [aq]species[/aq] enthalten sind)/ so haben dieselben allemahl [aq]themata composita[/aq], von deren Ausarbeitung oben [aq]c. 3. t. 4[/aq]. weitlaufftig gehandelt worden. ¶ [aq]§. 6[/aq]. Die Vermischung unter einander hat keine Gesetz/ wenn nur die Lehre/ so dabey vorlaufft/ zu [S] einem Troste/ Vermahnung etc. angewendet wird/ daß dadurch das Gemüthe eines Menschen (welches die Seele eines Geistl. Liedes ist) zu einer Andacht beweget wird. Ich will eine und die andere Ode erst noch einem jedem [aq]genere[/aq] und denn [aq]promiscuè[/aq] untereinander hersetzen/ damit ein Anfänger ein wenig anleitung haben kan. (Q6947)

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Sprache Bezeichnung Beschreibung Auch bekannt als
Deutsch
[aq]SECTIO V[/aq]. ¶ Von geistlichen Liedern. ¶ [aq]§. 1[/aq]. ¶ Geistliche Lieder gehören entweder zur Lehre oder Wiederlegung/ oder zur an- und Abmahnung/ oder auch zum Troste. Denn wie alle geistliche Texte zu einem unter diesen können gezogen werden/ also werden auch leichtlich die geistlichen Lieder zu einem derselben gezogen. Jedoch sind die meisten geistlichen Lieder aus etlichen/ wo nicht aus allen/ zusammen vermischt/ und als denn [aq]fit denominatio à potiori[/aq]. ¶ [aq]§. 2[/aq]. Die Ausarbeitung derselben nun ist nicht einerley/ auch wenn wir die Materie an und vor sich betrachten (daß ich itzo von der Arth vorzutragen nichts erwehne). Denn etliche derselben müssen [aq]themata simplicia[/aq], etliche als [aq]themata composita[/aq] ausgearbeitet werden. [aq]vid. supra cap. I. §. 3. 4. & seqq[/aq]. und von der Ausarbeitung derselben [aq]cap. 3[/aq]. durch und durch. ¶ [aq]§. 3[/aq]. Wiewohl wir einem andächtigem Gemüthe nicht eben regeln setzen wollen/ sondern es in diesem Fall vielmehr dem Triebe des H. Geistes frey überlassen. Denn es gewis ist/ daß die ohne Regel gemachte Lieder offt die kräfftigsten und nachdruck-[S]ligsten sind/ wie ich an meiner eigenen Arbeit sehr offt gespühret. Jedoch ists nicht unrecht/ daß man die Fußtapfen der Kunst dabey wol anmerckt/ wenn dieselben schon ausgearbeitet sind/ und lernet denselben nachgehen. ¶ [aq]§. 4[/aq]. Was demnach die Arien betrifft/ so zur Lehre gehören/ (wie den unter diesem [aq]genere[/aq] gar viel [aq]species[/aq] begriffen sind; von welchen allen insonderheit hier nicht zu reden ist/) so beschreiben sie entweder etwas bloß hin ohne Beweiß/ als wen ich etwan die Barmhertzigkeit Gottes beschreibe nach ihrer Natur/ Wirckung/ Eigenschafften und andern Stücken; oder erzehlen etwas; oder führen eine gewisse [aq]proposition[/aq] oder Satz aus und erweisen denselben zu weilen. Die ersten beyden Arthen gehören zu einem [aq]themate simplice[/aq]; Die letzte aber zu einem [aq]themate composito[/aq]. Und obleich unter die beyden ersten Arthen etwas von Troste/ Vermahnung/ Abmahung [aq]&c[/aq]. mit eingeruckt were/ so bleiben sie doch noch [aq]themata simplicia[/aq]/ weil daß andere nur zufälliger Weise mit darzu kömt. ¶ [aq]§. 5[/aq]. Was die Wiederlegung betrifft; desgleichen die An- und Abmahnungen; weiter auch den Trost (unter welchen [aq]generibus[/aq] abermahl viel [aq]species[/aq] enthalten sind)/ so haben dieselben allemahl [aq]themata composita[/aq], von deren Ausarbeitung oben [aq]c. 3. t. 4[/aq]. weitlaufftig gehandelt worden. ¶ [aq]§. 6[/aq]. Die Vermischung unter einander hat keine Gesetz/ wenn nur die Lehre/ so dabey vorlaufft/ zu [S] einem Troste/ Vermahnung etc. angewendet wird/ daß dadurch das Gemüthe eines Menschen (welches die Seele eines Geistl. Liedes ist) zu einer Andacht beweget wird. Ich will eine und die andere Ode erst noch einem jedem [aq]genere[/aq] und denn [aq]promiscuè[/aq] untereinander hersetzen/ damit ein Anfänger ein wenig anleitung haben kan.
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