Einführung

Ziele und Aufbau der Wikibase[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Wikibase „Barockpoetik: Religion und Konfession“ richtet sich auf die thesaurierende Erschließung sämtlicher Aspekte, welche die christliche Religion und ihre konfessionelle Ausdifferenzierung in den deutschen Poesielehrbüchern der Barockzeit betreffen. Das barocke Poetikparadigma, welches Martin Opitz‘ Buch von der deutschen Poeterey (1624) initiiert und Johann Christoph Gottscheds Critische Dichtkunst (1730) beendet, wird damit erstmals systematisch im Hinblick auf Fragen der Religion und Konfession beforscht, die gerade für das 17. und 18. Jahrhundert in dynamischem Wechselspiel von Konfessionalisierung und Säkularisierung von zentraler historischer Bedeutung sind. Bisher hat sich die poetologische Forschung vor allem um die Einbettung in Zusammenhänge der Rhetorik- sowie Sozialgeschichte verdient gemacht. Die Frage nach religions- bzw. konfessionshistorischen Aspekten blieb skizzenhaft (vgl. Kemper 1995) oder auf Fallstudien (z.B. Fechner) beschränkt.

Demgegenüber setzte sich das Projekt zum Ziel, die religions- bzw. konfessionsgeschichtlich relevanten Inhalte von insgesamt 54 Poetiken offen zugänglich und durchsuchbar zu machen, wobei eine mit den Mitteln des VD 17 und VD 18 überarbeitete Version der von Wesche 2004, 299-302 zusammengestellten Liste als Materialgrundlage dient. Folgende Präzisierung der Textsorte Poetik wurde dabei zugrunde gelegt: „Es handelt sich um einen eigenständigen Text, der eine Darstellung der wichtigsten poetologischen Ebenen (Prosodie, Metrik, Reim, Versarten, Gattungssystem) einschließt. Die Textillokution – zumeist bereits durch explizite Formulierung im Titel nach dem Muster ‚Anleitung‘, ‚Anweisung‘ oder ‚Unterweisung‘ erkennbar – ist auf die Vermittlung poesiebezogener Quasi-Normen gerichtet, die die deutschsprachige Poesie zum Gegenstand haben. Der Text ist gegenüber poetologischen Schriften abgrenzbar“ (Wesche 2004, 161-162).

In diesem Sinne stellt die Wikibase Einzelartikel zu den 54 Barockpoetiken zur Verfügung. Über die spezifische Fragestellung der Religion und Konfession hinaus bietet sie allgemeine Grundlageninformationen. Dazu gehören erstens umfangreiche Metadaten der zugrundeliegenden Texte, die einschlägige Linked Open Data (insbes. GND-Identifier) integrieren. Zweitens verlinkt sie auf die benutzten Poetikdigitalisate, so dass die Texte jeweils in einem historischen Druck abrufbar sind. Drittens gibt sie Hinweise zur Forschungsliteratur und Überblicke zu den Kapitelüberschriften der einzelnen Poetiken. Die Wikibase kann insofern auch als Hilfsmittel zur Erforschung der Barockpoetik im Allgemeinen dienen.

Das spezifische Thema Religion und Konfession erschließt die Datenbank anhand einer Reihe von Kategorien, die in der monographischen Studie von Thelen (vsl. 2024) entwickelt und mit Blick auf Harsdörffer, Klaj und Birken erprobt wurden: Widmungen und allographe Peritexte, Dichtung/Theologie, Inspiration, Mythenkritik, Sprachgenealogien, Themen und Gattungen, Autoritäten und Exempelpolitik sowie Textanhänge. Die Kategorien bilden Einzelüberschriften, unter denen die jeweils passenden Textstellen aus den Poetiken versammelt werden. Dabei wurden Textabschnitte, auf die mehrere Kategorien zutreffen, mehrfach verschlagwortet.

Erläuterung der Kategorien zum Thema Religion und Konfession:[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

a) Widmungen und allographe Peritexte: Hier sind sowohl Widmungen der Poetikautoren an religiös/konfessionell relevante Personen (Pfarrer u.a.) als auch Peritexte von anderen religiös/konfessionell relevanten Personen verzeichnet.

Hinweis: Bei längeren Textausschnitten wurde nur der Titel, bei Gedichten das Incipit notiert.

b) Dichtung/Theologie: Hier wurden solche Textelemente aufgenommen, die Aussagen über das Verhältnis von Dichtung und Theologie machen.

c) Inspiration: Unter ‚Inspiration‘ sind solche Stellen versammelt, welche die Fähigkeit, Gabe oder Anlage zum Dichten in irgendeiner Weise auf einen göttlichen Ursprung zurückführen.

Hinweis: In diesem Zusammenhang wurden auch die entsprechenden Loci aus Platon oder Ovid verzeichnet.

d) Mythenkritik: Unter ‚Mythenkritik‘ sind die Passagen exzerpiert, welche die Verwendung ‚heidnischer‘ Mythologie aus religiösen Gründen kritisieren.

e) Sprachgenealogien: Hier wurden solche Textstellen verzeichnet, die das Deutsche über historische Konstruktionen in einen religiösen Kontext stellen.

Hinweis: Eine wesentliche Bedeutung kommt der besonderen Nähe zum Hebräischen zu. Es wurden dabei nur diejenigen Referenzen aufs Hebräische vermerkt, welche die Sprache genealogisch in Beziehung zum Deutschen setzen. Referenzen auf den hebräischen Reim etc. sind unter Themen/Gattungen verzeichnet. Aussagen zum Verhältnis von Deutsch und Latein wurden notiert, wenn sie genealogische Informationen enthalten, die für eine religiöse Sprachvorstellung einschlägig sein können. Sie müssen nicht selbst direkt mit Religion in Verbindung gebracht werden.

f) Themen und Gattungen: Der Bereich bündelt Textpassagen, in denen Themen und Gattungen (etwa die Liebe oder die Tragödie) in einen christlichen Horizont gestellt werden.

Hinweis: Die Zuschreibung von „Göttlichkeit“, „göttlich“ etc. wird nur dann verzeichnet, wenn ein christlicher Sinn damit verbunden ist. In Übereinstimmung dazu wurden ‚Hölle‘ oder vergleichbare Lexeme ausgeklammert, sofern sie deutlich als Ort der ‚heidnischen‘ Unterwelt ausgewiesen sind. Die systematische Erschließung der ‚heidnischen‘ Mythologie konnte nicht geleistet werden. Verweise auf Hebräisches/Jüdisches werden vermerkt (dies gilt auch für Exempel), ebenso Hinweise auf die nordische Mythologie.

g) Autoritäten: Gemeint sind religiöse Autoritäten, d.h. hauptsächlich christliche, im Einzelfall aber auch islamische Autoren. Eine religiöse Autorität gilt, wer im zeitgenössischen Diskurszusammenhang vornehmlich als solche aufgestanden wird bzw. wer einen wesentlichen Beitrag zu diesem Diskurs geleistet hat. Das gilt auch für solche Autoren, die in der ausgewiesenen Passage mit religiösen Attributen, Berufsbezeichnungen etc. versehen sind. Wie im Falle der Mythenkritik wurden Autoritäten der ‚heidnischen‘ antiken Religion nicht verzeichnet.

Hinweis: Ovid, Platon etc. gelten in diesem Sinn nicht als religiöse Autoritäten. Aufgrund der großen Bedeutung des Hermetikkontextes in der Konfessionsdebatte stellen Autoritäten wie Zarathustra oder Hermes eine Ausnahme dar. Verweise auf den Teufel finden sich unter ‚Themen‘. Die Bücher der Bibel, die nach ihren Autoren benannt sind, wurden ebenfalls hier aufgenommen.

h) Exempelpolitik: Dieser Teil enthält die in die Poetiken inserierten literarischen Beispiele, welche christliche Textelemente aufweisen. Dabei wurden jeweils nur die Incipits aufgenommen. Insgesamt gelten alle direkten Zitate, die länger als ein Wort sind, als Exempla.

Hinweis: Die Incipits wurden nicht weiter verschlagwortet. Einschlägige Ovid- und Platonzitate sind nur unter ‚Inspiration‘ gesammelt. Bibelstellen wurden hier verzeichnet. Wenn der Verfasser des biblischen Buchs genannt ist, wird dieser unter Autoritäten aufgeführt. Der Verweis auf die Bibel als Ganze wird ebenfalls hier registriert. Neben dem Incipit wurden nur solche Informationen aufgenommen, die Aufschluss über Autor und Titel geben oder das Exempel religiös kommentieren. Direkte Zitate wurden, wenn es sich nicht um Dichtung handelt, weiter verschlagwortet. Auch Reihungen exemplarischer Wörter sind enthalten, ebenso Hinweise auf Bücher der nordischen Mythologie wie z.B. die Edda.

i) Textanhänge: Hier wurden solche Texte aufgeführt, welche den Poetiken im verwendeten Druck beigegeben sind und die religiöse/konfessionelle Elemente enthalten. Es sind nur die Titel verzeichnet, die zudem nicht weiter verschlagwortet wurden. Eine Ausnahme besteht, wenn der Titel eine Autorität nennt.