§. 3. Und freylich wenn wir elenden Menschen nach dem Fall noch so viel Vermögen hätten/ daß wir die himmlischen und irrdischen Dinge recht klar erkennen/ und dieselben so wohl nach ihrem [S] Wesen als auch nach ihren Eigenschafften fein gründlich vor Augen stellen könten: So wolte ich dem Empedocli selst Beyfall geben und die Oratores und Poetas Parabolicos dem AEsopischen Hund vergleichen helffen/ der nach dem Schatten schnappete und das Fleisch aus dem Munde entfallen ließ; Allein weil nebst der Heil. Schrifft auch die tägliche Erfahrung bezeuget/ daß es unserm Verstand in dem Erkäntnis der Dinge nicht viel besser gehet als denen blöden Augen der Fleder-Mäuse/ die in dem schönsten Lichte der Sonnen erblinden müssen: So kan ich biß dato noch nicht absehen/ warum die Oratores und Poeten zu tadeln seyn/ die die Beschaffenheit der Sache mit einem Gleichnis erleutern/ davon sie das wahre Wesen noch nicht deutlich vor Augen stellen können. Ein Bräutigam vergnüget sich an dem Brust-Bilde seiner Geliebten/ wenn er dieselbe in Person noch [S] nicht besitzen kan. Und wir alle mit einander halten das Contrafait unsers Heylandes JESu Christi in hohen Ehren/ ungeachtet wir von der Aehnlichkeit desselben nichts allerdings überzeuget sind. Und wenn wir hiebey bemercken/ wie sehr sich der Heil. Geist in denen Schrifften des Alten und Neuen Testaments in die Gleichnisse verliebet hat; so werden wir von uns selbst erkennen/ daß wir den wahren Gebrauch derselben wegen des vielfältigen Mißbrauchs nicht gäntzlich aufheben dürffen. Ich geschweige daß unter einem Logico und Oratore eine grosse Klufft befestiget/ und daß der Augustinus in seiner 119. Epist. von denen Similibus nicht unrecht geschrieben hat; Quemadmodum multa per vitrum & succinum per lucent jucundius; Ita magis delectat veritas per allegoriam relucens. (Q4815)

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Sprache Bezeichnung Beschreibung Auch bekannt als
Deutsch
§. 3. Und freylich wenn wir elenden Menschen nach dem Fall noch so viel Vermögen hätten/ daß wir die himmlischen und irrdischen Dinge recht klar erkennen/ und dieselben so wohl nach ihrem [S] Wesen als auch nach ihren Eigenschafften fein gründlich vor Augen stellen könten: So wolte ich dem Empedocli selst Beyfall geben und die Oratores und Poetas Parabolicos dem AEsopischen Hund vergleichen helffen/ der nach dem Schatten schnappete und das Fleisch aus dem Munde entfallen ließ; Allein weil nebst der Heil. Schrifft auch die tägliche Erfahrung bezeuget/ daß es unserm Verstand in dem Erkäntnis der Dinge nicht viel besser gehet als denen blöden Augen der Fleder-Mäuse/ die in dem schönsten Lichte der Sonnen erblinden müssen: So kan ich biß dato noch nicht absehen/ warum die Oratores und Poeten zu tadeln seyn/ die die Beschaffenheit der Sache mit einem Gleichnis erleutern/ davon sie das wahre Wesen noch nicht deutlich vor Augen stellen können. Ein Bräutigam vergnüget sich an dem Brust-Bilde seiner Geliebten/ wenn er dieselbe in Person noch [S] nicht besitzen kan. Und wir alle mit einander halten das Contrafait unsers Heylandes JESu Christi in hohen Ehren/ ungeachtet wir von der Aehnlichkeit desselben nichts allerdings überzeuget sind. Und wenn wir hiebey bemercken/ wie sehr sich der Heil. Geist in denen Schrifften des Alten und Neuen Testaments in die Gleichnisse verliebet hat; so werden wir von uns selbst erkennen/ daß wir den wahren Gebrauch derselben wegen des vielfältigen Mißbrauchs nicht gäntzlich aufheben dürffen. Ich geschweige daß unter einem Logico und Oratore eine grosse Klufft befestiget/ und daß der Augustinus in seiner 119. Epist. von denen Similibus nicht unrecht geschrieben hat; Quemadmodum multa per vitrum & succinum per lucent jucundius; Ita magis delectat veritas per allegoriam relucens.
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